Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 26. September 2013
Aktenzeichen: 14c O 143/11 U.

(LG Düsseldorf: Urteil v. 26.09.2013, Az.: 14c O 143/11 U.)

Tenor

I.

Die Beklagten zu 1) und 2) werden jeweils verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen Geschäftsführern der Beklagten zu 1) - 2) zu vollziehen ist, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union

1. Fernbedienungen gemäß nachstehenden Abbildungen und jeweils unabhängig von der konkreten Farbgebung

a) b)

c) d)

2. Fernbedienungen gemäß nachstehenden Abbildungen und jeweils unabhängig von der konkreten Farbgebung

a) b)

3. Zubehör für Fernbedienungen gemäß nachstehenden Abbildungen und jeweils unabhängig von der konkreten Farbgebung

a) b)

c) d)

4. Verbindungsstecker gemäß nachstehenden Abbildungen und jeweils unabhängig von der konkreten Farbgebung

anzubieten, in Verkehr zu bringen, einzuführen, auszuführen und/oder zu gebrauchen und/oder zu diesen Zwecken zu besitzen und/oder Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1.-I.3. jeweils unabhängig von der konkreten Farbgebung, wiederzugeben bzw. entsprechende Abbildungen insbesondere in Katalogen und Produktverpackungen zu verwenden und/oder - insoweit lediglich bezogen auf die Beklagte zu 2) - herzustellen.

II.

Die Beklagten zu 1) und 2) werden jeweils verurteilt, der Klägerin schriftlich und vollständig Auskunft zu erteilen über die Herkunft und den Vertriebsweg der Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1. - I.3. seit dem 16. Juni 2006 sowie über die Herkunft und den Vertriebsweg der Erzeugnisse gemäß Ziffer I.4. seit dem 28. Dezember 2006, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse gemäß Ziffer I., der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse gemäß Ziffer I. sowie über die Preise, die für die Erzeugnisse gemäß Ziffer I. bezahlt wurden,

- wobei sich die Auskunft für die Beklagte zu 1) auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und Österreich zu erstrecken hat und sich nicht auf ihren Lieferanten bezieht,

- wobei sich die Auskunft für die Beklagte zu 2) auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und Frankreich zu erstrecken hat und nur auf solche Erzeugnisse gemäß Ziffer I. bezogen ist, die im Zusammenhang mit Lieferungen an die Beklagte zu 1) stehen.

III.

Die Beklagten zu 1) und 2) werden jeweils verurteilt, der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten zu 1) und 2) seit dem 16. Juni 2006 Handlungen gemäß Ziffer I.1. - I.3. bzw. seit dem 28. Dezember 2006 Handlungen gemäß Ziffer I.4. begangen haben, und zwar unter Angabe

1. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise, im Falle der Beklagten zu 2) auch der Lieferanten,

2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnung) sowie die Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnung) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei

- es den Beklagten zu 1) und 2) jeweils vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu benennenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten zu 1) und 2) dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist;

- die Beklagten zu 1) und 2) jeweils zum Nachweis der Angaben gemäß Ziffer III. 1. und 2. die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,

und weiterhin die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Beklagte zu 1) auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und Österreich bezogen besteht und für die Beklagte zu 2) auf das Gebiet von Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland und Österreich und nur auf solche Erzeugnisse gemäß Ziffer I. bezogen, die im Zusammenhang mit Lieferungen an die Beklagte zu 1) stehen.

IV.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) jeweils verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch seit dem 16. Juni 2006 begangene Handlungen gemäß Ziffer I.1. - I.3. und II. bzw. durch seit dem 28. Dezember 2006 begangene Handlungen gemäß Ziffer I.4 entstanden ist oder noch entstehen wird,

wobei die Verpflichtung für die Beklagte zu 1) auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und Österreich bezogen besteht und für die Beklagte zu 2) auf das Gebiet von Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland und Österreich und nur auf solche Erzeugnisse gemäß Ziffer I. bezogen, die im Zusammenhang mit Lieferungen an die Beklagte zu 1) stehen.

V.

Die Beklagten zu 1) und 2) werden jeweils verurteilt, die unmittelbar oder mittelbar in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I. zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben,

wobei die Verpflichtung für die Beklagte zu 1) auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und Österreich bezogen besteht und für die Beklagte zu 2) auf das Gebiet von Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland und Österreich und nur auf solche Erzeugnisse gemäß Ziffer I. bezogen, die im Zusammenhang mit Lieferungen an die Beklagte zu 1) stehen.

VI.

Die Beklagten zu 1) und 2) werden jeweils verurteilt, Erzeugnisse gemäß Ziffer I. gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten geschmacksmusterverletzenden Zustand der Erzeugnisse bzw. Abbildungen mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen,

wobei die Verpflichtung für die Beklagte zu 1) auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und Österreich bezogen besteht und für die Beklagte zu 2) auf das Gebiet von Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland und Österreich und nur auf solche Erzeugnisse gemäß Ziffer I. bezogen, die im Zusammenhang mit Lieferungen an die Beklagte zu 1) stehen.

VII.

Die Beklagten zu 1) und 2) werden jeweils verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 5.375,20 € an vorprozessualen Abmahnkosten zu zahlen. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, hierauf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.06.2011 zu zahlen. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, hierauf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.09.2011 zu zahlen.

VIII.

Die darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.

IX.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese zu 40 %, die Beklagte zu 1) zu 32 % und die Beklagte zu 2) zu 28 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen die Klägerin zu 35 % und die Beklagte zu 1) zu 65 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen die Klägerin zu 44 % und die Beklagte zu 2) zu 56 %.

X.

Das Urteil ist für die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 230.000,-- € und gegenüber der Beklagten zu 2) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 210.000,-- € vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagten ist das Urteil jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

X

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmustern auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Schadensersatzfeststellung, Vernichtung, Rückruf und Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit mehreren von diesen vertriebenen Zubehörteilen in Anspruch, die jeweils für die Nutzung mit der von der Klägerin vertriebenen Videospielekonsole "Wii" bestimmt sind; solche Ansprüche macht sie darüber hinaus wegen der Benutzung von Abbildungen klagegeschmacksmustergemäßer Zubehörteile zur Bewerbung weiterer Zubehörteile geltend.

Die Klägerin ist Inhaberin des nachstehend wiedergegebenen, am 16.04.2006 angemeldeten und eingetragenen und am 16.05.2006 veröffentlichten Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 483631-0001, das eine Fernbedienung zeigt (im Folgenden: Klagegeschmacksmuster 1):

0001.1

0001.2

0001.3

0001.4

0001.5

0001.6

0001.7

Sie ist weiterhin Inhaberin der nachfolgend abgebildeten, derselben Sammelanmeldung zugehörigen Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 483631-0010 und 483631-0011, die jeweils ein im Folgenden als Nunchuck bezeichnetes Bedienelement mit einem Bedienknopf auf der Oberseite und zwei auf der nach unten geführten Frontseite zeigen (im Folgenden: Klagegeschmacksmuster 2 und 3):

0010.1

0010.3

0010.4

0010.5

0010.6

0010.7

0011.1

0011.2

0011.3

0011.4

0011.5

0011.6

0011.7

Schließlich ist sie Inhaberin des am 02.11.2006 angemeldeten und eingetragenen und am 28.11.2006 veröffentlichten Gemeinschaftsgeschmackmusters Nr. 614870-0001, das einen auf die Fernbedienung aufsteckbaren Verbindungsstecker zeigt (im Folgenden: Klagegeschmacksmuster 4), von dem nachstehend Abb. 1 wiedergegeben ist:

Die Klagegeschmacksmuster stehen jeweils in Kraft.

Die Beklagten zu 1) ist die deutsche Vertriebsgesellschaft der in Frankreich ansässigen Beklagten zu 2). Sie vertreibt innerhalb der Europäischen Union in Deutschland und Österreich unter anderem über ihre Homepage und an Internetplattformen und - händler diverse Fernbedienungs- und Zubehörgeräte für die "Wii"-Videospielkonsole der Klägerin in verschiedenen Varianten (mit oder ohne Kabel) und Farbgebungen. Hierzu gehören die in den Klageanträgen zu I. 1. a) bis d) und I. 2. a) und b) wiedergegebenen Fernbedienungen in zwei Standardversionen bzw. mit der Produktbezeichnung "Red Edition" bzw. "LX" sowie in der Ausstattung mit integriertem "Wii Motion Plus" (im Folgenden der Darstellung im Tenor zu I. folgend Verletzungsmuster zu 1. a) bis d), 2., 3. a) - d) und 4. bezeichnet). Die Beklagte zu 2) beliefert mit den von ihr hergestellten Produkten unter anderem die Beklagte zu 1) und daneben jedenfalls nach Großbritannien.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 21.02.2011 (Anlage K 11, K 12) mahnte die Klägerin die Beklagten jeweils ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagten lehnten dies mit Schreiben vom 22.03.2011 (Anlage K 13) ab.

Die hier mit den Klageanträgen zu I. 1. und I. 2. angegriffenen Fernbedienungen waren bereits Gegenstand eines zwischen den Parteien vor dem Landgericht Mannheim geführten Verfahrens, in dem die Klägerin die Beklagte zu 1) auf Unterlassung und verschiedene Folgeansprüche aus einem Patent und mehreren Gebrauchsmustern in Anspruch genommen hat. Infolge der Vollstreckung der Klägerin aus dem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 05.07.2011 (Az. 2 O 113/10, Anlage B 2) erteilte die Beklagte zu 1) gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 05.08.2011 (Anlage B 3) Auskunft und legte Rechnung. Am 19.10.2011 gab sodann die Beklagte zu 1) eine bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über den Löschungsantrag gegen ein Gebrauchsmuster der Klägerin zeitlich beschränkte Unterlassungserklärung bezüglich der angegriffenen Nunchucks ab (Anlage B 1), die die Klägerin annahm.

Die Beklagten benutzen jeweils Abbildungen von Fernbedienungen, Nunchucks und Zubehörsteckern, die für die "Wii"-Spielkonsole der Klägerin bestimmt sind, zur Bewerbung von weiteren von ihnen angebotene Zubehörartikel, etwa über die Internetseite der Beklagten zu 1) www.bigbeninteractive.de bzw. der Internetseite der Beklagten zu 2) www.bigben.fr, wie im Einzelnen aus dem Klageantrag zu II. ersichtlich.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Kammer sei gemäß Art. 6 Nr. 1 EuGVVO auch zur Entscheidung über die europaweit geltend gemachten Ansprüche gegenüber der Beklagten zu 2) berufen.

Sie ist weiterhin der Ansicht, die in den Klageanträgen zu I. 1. bis I. 4. abgebildeten Verletzungsmuster verletzten die jeweiligen Klagegeschmacksmuster. Denn es sei jeweils von einem sehr weiten Schutzbereich der Klagegeschmacksmuster auszugehen, deren prägenden Merkmale vom Verletzungsmuster weitgehend identisch übernommen würden. Geringfügige Abweichungen fielen nicht ins Gewicht, zumal es sich jeweils um banale, vorbekannte bzw. technisch bedingte Merkmale handele, so dass die Verletzungsmuster denselben Gesamteindruck erweckten. Dabei sei keines der übernommenen Gestaltungsmerkmale technisch bedingt. Nicht nur die Benutzung der in den Klageanträgen zu I. 1. bis I. 4. wiedergegebenen Verletzungsmustern sei geschmacksmusterverletzend, sondern auch die unstreitige Wiedergabe der von der Klägerin nach den Klagegeschmacksmustern vertriebenen Fernbedienungen, Nunchucks und Verbindungsstecker, wie sie im Einzelnen im Klageantrag zu II. zu sehen sei. Anders als im Markenrecht gemäß Art. 12 lit. c) Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV) bzw. § 23 Nr. 3 MarkenG gäbe es im Geschmacksmusterrecht kein Recht zur freien Benutzung eines Musters als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör bzw. Ersatzteil, und sei eine solche auch nicht aus anderen Gründen gerechtfertigt.

Die Klägerin behauptet, die Tatsache, dass die Beklagte zu 1) die angegriffenen Fernbedienungen auch noch am 10.04.2012 im Zusammenhang mit dem Vertrieb weiteren Zubehörs über die Internetseite www.bigbeninteractive.de benutzt habe, wie aus Anlage K 24 ersichtlich, stelle eine Verletzung des Klagegeschmacksmusters zu 1) dar. Ausweislich der Anlagen K 26 - 27, K 43-46 und K 74 seien die angegriffenen Produkte auch über direkte Vertriebspartner der Beklagten zu 1) wie etwa amazon, ProMarkt oder Gamestop erhältlich gewesen, zuletzt am 22.04.2013 bei amazon, die ausweislich der Anlage K 41 - 41 auf Wunsch auch in andere EU-Länder lieferten. Die Beklagten hätten wie aus den Anlagen K 31 und K 32 ersichtlich jeweils noch am 25.11.2011 das Verletzungsmuster in verschiedenen Angebotskombinationen mit weiterem Zubehör in ihren Onlineshops unter www.bigbeninteractive.de bzw. www.bigben.fr angeboten. Die Klägerin trägt ergänzend zum Verkauf durch solche Händler in weiteren EU-Mitgliedsstaaten vor (S. 34 ff. des Schriftsatzes vom 14.09.2012, siehe auch Anlagen K 47 ff.). Sie ist der Ansicht, im Ergebnis seien sämtliche Verletzungshandlungen durch den weiteren Verkauf durch Dritte den Beklagten zuzurechnen. Denn seien die Verletzungsmuster einmal mit Zustimmung der Beklagten in den Verkehr gelangt, erfolge auch die Zirkulation zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten mit Zustimmung der Beklagten. Es obliege den Beklagten, substantiiert darzulegen und zu beweisen, dass ihr Vertriebssystem nach einzelnen Mitgliedsstaaten unterscheide und ausgerechnet die Verletzungsmuster nicht europaweit erhältlich seien.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Folgeansprüche seien nicht mosaikartig an das Recht jedes Mitgliedsstaates anzuknüpfen, in dem die Verletzungserzeugnisse auf dem Markt seien (sog. Mosaikansatz), sondern einheitlich an das Recht des Mitgliedsstaates, in dem die Beklagten jeweils Verletzungshandlungen begangen hätten oder begehen würden, wobei diese Voraussetzungen vorliegend jeweils am Geschäftssitz der Beklagten, mithin in Deutschland bzw. Frankreich erfüllt seien. Sie verweist insoweit auf das von ihr als Anlage K 32 vorgelegte Gutachten von Frau Prof. Dr. Kur vom 12.03.2012. Die geltend gemachten Folgeansprüche seien mithin jeweils einheitlich hinsichtlich der Beklagten zu 1) an deutsches Recht und hinsichtlich der Beklagten zu 2) an französisches Recht anzuknüpfen. Aber auch soweit man dem Mosaikansatz folgen wolle, seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung der einzelnen Ansprüche gegenüber den Beklagten in jedem einzelnen Mitgliedsstaat erfüllt, wie sich im Einzelnen aus den Ausführungen im Ergänzungsgutachten von Frau Prof. XXX vom 14.09.2012 (Anlage K 73) ergebe.

Die geltend gemachten Folgeansprüche bestünden auch in vollem Umfang. Für den Vernichtungsanspruch sei insbesondere der erforderliche unmittelbare bzw. mittelbare Besitz bzw. Eigentum gegeben. Insoweit sei angesichts der von den Beklagten selbst als übliche Praxis vorgetragenen Lieferung unter Eigentumsvorbehalt vom fortlaufenden Eigentum bzw. (mittelbarem) Besitz der Beklagten zu 1) auszugehen. Auch der Rückrufanspruch bestehe. Ein bereits erfolgter Rückruf sei offensichtlich nicht ausreichend gewesen. Die Ansprüche aus Auskunftserteilung und Rechnungslegung seien nicht teilweise erledigt, da insoweit die Streitgegenstände nicht identisch seien und im Übrigen die Auskunft nur auf einen Teilzeitraum beschränkt und mithin unvollständig sei.

Die Klägerin beantragt, nachdem sie die Klage mit Schriftsatz vom 14.09.2012 um den Klageantrag zu II. und die darauf bezogenen Folgeanträge sowie den Antrag auf Urteilsbekanntmachung erweitert hat, wie folgt zu erkennen:

I.

Wie geschehen.

II.

Die Beklagten zu 1) - 2) werden jeweils verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen Geschäftsführern der Beklagten zu 1) - 2) zu vollziehen ist, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union Fernbedienungen gemäß nachstehenden Abbildungen, jeweils unabhängig von der konkreten Farbgebung, wiederzugeben bzw. entsprechende Abbildungen, insbesondere in Katalogen und Produktverpackungen und/oder im Internet zu verwenden:

III.

Die Beklagten zu 1) - 2) werden jeweils verurteilt, der Klägerin in Bezug auf das Gebiet der Europäischen Union schriftlich und vollständig Auskunft zu erteilen über die Herkunft und den Vertriebsweg der Erzeugnisse gemäß Ziffer I. 1. - I. 3. und Abbildungen gemäß Ziffer II., insbesondere in Katalogen und Produktverpackungen seit dem 16. Juni 2006 sowie über die Herkunft und den Vertriebsweg der Erzeugnisse gemäß Ziffer I. 4. seit dem 28. Dezember 2006, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse gemäß Ziffer I. und Abbildungen gemäß Ziffer II., der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse gemäß Ziffer I. und Abbildungen gemäß Ziffer II. sowie über die Preise, die für die Erzeugnisse gemäß Ziffer I. und Abbildungen gemäß Ziffer II. bezahlt wurden.

IV.

Die Beklagten zu 1) - 2) werden jeweils verurteilt, der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in Bezug auf das Gebiet der Europäischen Union darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten zu 1) - 2) seit dem 16. Juni 2006 Handlungen gemäß Ziffer I. 1. - I. 3. bzw. seit dem 28. Dezember 2006 Handlungen gemäß Ziffer I. 4. begangen haben, und zwar unter Angabe

1. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,

2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnung) sowie die Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnung) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei

- es den Beklagten zu 1) - 2) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu benennenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten zu 1) - 2) dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist;

- die Beklagten zu 1) - 2) zum Nachweis der Angaben gemäß Ziffer IV. 1. und 2. die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.

V.

Die Beklagten zu 1) - 2) werden jeweils verurteilt, der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in Bezug auf das Gebiet der Europäischen Union darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten zu 1) - 2) seit dem 16. Juni 2006 Handlungen gemäß Ziffer II. begangen haben, und zwar unter Angabe der

1 konkreten Medien (z.B. Zeitschriften, Kataloge, Flyer, Internetseiten), in denen die Abbildungen, insbesondere in Katalogen und Produktverpackungen verwendet wurden, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe bzw. "Hits" der Besucher von Internetseiten, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

2 der Namen und Anschriften der Hersteller der Abbildungen,

3 Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Abbildungen bestimmt waren,

4 der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei

- es den Beklagten zu 1) - 2) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu benennenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten zu 1) - 2) dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist;

- die Beklagten zu 1) - 2) zum Nachweis der Angaben gemäß Ziffer V. 1. und 2. die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.

VI.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) - 2) jeweils verpflichtet sind, der Klägerin in Bezug auf das Gebiet der Europäischen Union allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch seit dem 16. Juni 2006 begangene Handlungen gemäß Ziffer I. 1. - I. 3. und II. bzw. durch seit dem 28. Dezember 2006 begangene Handlungen gemäß Ziffer I. 4. entstanden ist oder noch entstehen wird.

VII.

Die Beklagten zu 1) - 2) werden jeweils verurteilt, in Bezug auf das Gebiet der Europäischen Union die unmittelbar oder mittelbar in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I. und Abbildungen gemäß Ziffer II., insbesondere entsprechende Kataloge und Produktverpackungen zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

VIII.

Die Beklagten zu 1) - 2) werden jeweils verurteilt, in Bezug auf das Gebiet der Europäischen Union Erzeugnisse gemäß Ziffer I. sowie Abbildungen gemäß Ziffer II., insbesondere entsprechende Kataloge und Produktverpackungen gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten geschmacksmusterverletzenden Zustand der Erzeugnisse bzw. Abbildungen mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen.

IX.

Der Klägerin wird die Befugnis zugesprochen, das Urteil auf Kosten der Beklagten zu 1) - 2) in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union öffentlich, in Form einer gut lesbaren, mindestens halbseitigen Wiedergabe in einer jeweils landesweit erscheinenden Tageszeitung bekannt zu machen, soweit das Urteil die Beklagte zu 1) betrifft.

X.

Die Beklagten zu 1) - 2) werden jeweils verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von EUR 5.375,20 an vorprozessualen Abmahnkosten zzgl. 8 % Zinsen über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten rügen die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf im Hinblick auf Ansprüche, die gegen die Beklagte zu 2) über Deutschland hinaus geltend gemacht werden. Art. 6 Abs. 1 EuGVVO könne schon deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil Düsseldorf nicht das Wohnsitzgericht der in Bergheim ansässigen Beklagten zu 1) sei. Hiervon abgesehen würde es für Handlungen in Staaten außerhalb Deutschlands an der notwendigen Konnexität fehlen. Die Beklagten bestreiten, dass die Rechtsordnungen der anderen EU-Staaten die Folgeansprüche in beantragtem Umfange vorsehen würden, so dass die Klage nicht schlüssig sei. Auch seien keine widersprechenden Entscheidungen zu besorgen. Es liege des Weiteren kein einheitlicher Lebenssachverhalt vor, da die Beklagte zu 1) Verletzungshandlungen ausschließlich in Deutschland und Österreich begangen hätte, die Beklagte zu 2) hingegen in Frankreich und anderen Mitgliedsländern.

Die Beklagten meinen, die angegriffenen Zubehörprodukte seien in ihrer Erscheinungsform weitestgehend technisch bedingt. Die Klägerin habe vor dem Landgericht Mannheim selbst geltend gemacht, die charakteristischen Merkmale der optischen Erscheinungsform der angegriffenen Controller seien Gegenstand einer technischen Erfindung. Derartige Erscheinungsformen könnten aber nicht gleichzeitig Gegenstand einer technischen Lehre und einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sein.

Die Beklagten behaupten, sie lieferten seit dem 01.11.20011 die mit dem Antrag zu I.3. angegriffenen Nunchucks nicht mehr aus, böten sie nicht mehr an und betrieben auch keine Werbung mehr. Die mit den Anträgen I.1. und I. 2. angegriffenen Fernbedienungen würden schon seit dem 08.09.2011 nicht mehr von der Beklagten zu 1) angeboten, beworben und vertrieben, auch seien diese aus den Vertriebswegen zurückgerufen worden. So habe die Beklagte zu 1) durch Schreiben an die Firmen xxx und xxx vom 12.07.2011 zurückgerufen.

Die Beklagten sind der Ansicht, sie schuldeten keine Rechnungslegung, d.h. keine Auskunft über die Einzelheiten ihrer Kalkulation. Die Auskunft sei hiervon abgesehen durch die Beklagte zu 1) teilweise erteilt. Die angegriffenen Gegenstände würde vom Verkehr primär wegen ihrer Funktion und nicht wegen ihres Designs gekauft, so dass allenfalls der Ersatz eines geringen Bruchteils des gemachten Gewinns als Schadensersatz in Betracht komme; die vermeintlichen Schäden könnten deshalb auf Grundalge von Umsätzen oder grob ermittelter Gewinne abgeschätzt werden. Es bestehe auch kein Anspruch auf Auskunft bzw. Rechnungslegung für einzelne Lieferungen aufgeschlüsselt nach Liefermengen, für Angebote und Angebotsmengen, Werbung und Werbeträger bzw. Belegherausgabe. Hinsichtlich der Verkaufsbelege sei der Antrag schon unbestimmt. Für den Vernichtungs- bzw. Herausgabeanspruch fehle es an der Anspruchsvoraussetzung des Besitzes oder Eigentums der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) jedenfalls in Deutschland. Die Beklagte zu 1) habe die angegriffenen Erzeugnisse bereits zurückgerufen; die Beklagte zu 2) habe keine inländischen Abnehmer, von denen sie zurückrufen könne. Jedenfalls sei der Anspruch auf Rückruf angesichts der kurzen Verweilfristen der angegriffenen Produkte in den Elektronikfachmärkten grob unverhältnismäßig.

Die Beklagten bestreiten die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Patentanwalts im Abmahnverfahren.

Schließlich erheben die Beklagten die Einrede der Verjährung bezüglich der vor dem 01.01.2008 begangenen Handlungen bzw. soweit mit dem Klageantrag zu II. nunmehr erstmalig in der mündlichen Verhandlung am 11.06.2013 auch Rechtsverletzungen im Internet geltend gemacht würden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die nachfolgenden Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist nur teilweise zulässig und begründet.

I.

1.

Die internationale Zuständigkeit der Kammer für die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage beruht auf Art. 82 Abs. 1 Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV). Die Jurisdiktion erstreckt sich nach Art. 83 Abs. 1 GGV auf die gesamte Europäische Union. Die örtliche Zuständigkeit beruht auf §§ 12, 13 ZPO, da die Beklagte zu 1) ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen hat. Das Landgericht Düsseldorf ist gemäß der Verordnung vom 02.06.2004, GV.NRW S. 291 i.V.m. der Verordnung vom 11.05.2004, GV-NRW S. 244/SGV.NRW.301 als Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht für alle nordrheinwestfälischen Landgerichtsbezirke zuständig.

2.

Die internationale Zuständigkeit für von der Beklagten zu 2) in Deutschland begangene Verletzungshandlungen beruht auf Art. 82 Abs. 5 GGV mit der Maßgabe, dass insoweit gemäß Art. 83 Abs. 2 GGV nur eine Zuständigkeit für diese Verletzungshandlungen besteht. Die darüber hinausgehende EU-weite Zuständigkeit hinsichtlich der Beklagten zu 2) beruht auf Art. 79 Abs. 1 GGV i.V.m. Art. 6 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO).

Art. 6 Nr. 1 EuGVVO findet vorliegend Anwendung. Nach Art. 79 Abs. 1 GGV ist, soweit die GGV nichts anderes bestimmt, das am 27.09.1968 in Brüssel unterzeichnete Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVÜ) unter anderem auf Klagen auf Grundlage von Gemeinschaftsgeschmacksmustern anwendbar. Nach Inkrafttreten der EuGVVO zum 01.03.2002 gilt die Verweisung in Art. 79 Abs. 1 GGV gemäß Art. 68 Abs. 2 EuGVVO nunmehr als Verweisung auf die EuGVVO (vgl. Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster, 2. Aufl., Art. 79 Rz. 4 m.w.N).

Nach Art. 6 Nr. 1 EuGVVO kann eine Person, wenn mehrere Personen zusammen verklagt werden, auch vor dem Gericht des Ortes, an dem einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat, verklagt werden, sofern zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen können. Letzteres setzt nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auch voraus, dass die abweichende Entscheidung des Rechtsstreits bei derselben Sach- und Rechtslage auftritt (EuGH GRUR 2007, 47 - Roche Nederland BV u.a. ./. Primus und Goldenberg; GRUR 2012, 166 Rz. 79 - Painer ./. Standard; GRUR 2012, 1169 Rz. 23 - Solvay ./. Honeywell). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Die Kammer ist gemäß Art. 82 Abs. 1 GGV zuständig für das Verfahren gegen die Beklagte zu 1) als Primärbeklagte. Dem Argument der Beklagten, Düsseldorf sei nicht Gericht des Sitzes, sondern Köln, da die Beklagte zu 1) ihren Sitz im dortigen Landgerichtsbezirk habe und schon deshalb der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft nicht eröffnet sein könne, vermag die Kammer nicht zu folgen. Dies hätte zur Konsequenz, dass die Zuständigkeit nach Art. 6 Nr. 1 EuGVVO davon abhinge, ob eine Beklagte ihren Sitz zufällig im Landgerichtsbezirk des zuständigen Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichts hat oder nicht. Eine umfassende, ausnahmslose Begrenzung der Kognitionsbefugnis im deliktischen Gerichtsstand findet sich schließlich in der GGV nicht, so dass diese nicht als Regel und Ausgangspunkt der Gesetzesauslegung heranzuziehen ist, wie die Beklagten meinen.

b) Die Beklagte zu 2) als Sekundärbeklagte hat ihren Sitz des Weiteren in Frankreich, mithin innerhalb der EU.

c) Zwischen den Klagen besteht des Weiteren eine so enge Beziehung, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung zur Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen bei gleicher Sach- und Rechtslage notwendig erscheint (sog. Konnexität).

Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH setzt die Annahme ein und derselben Sachlage voraus, dass es sich um dieselbe Verletzungshandlung handelt (EuGH GRUR 2007, 47 Rz. 27 -). Es kann nicht auf das Vorliegen derselben Sachlage geschlossen werden, wenn verschiedene Personen verklagt werden und die in verschiedenen Vertragsstaaten begangenen Verletzungshandlungen, die ihnen vorgeworfen werden, nicht dieselben sind (EuGH GRUR 2012, 1169 Rz. 25 - Solvay ./. Honeywell). Bei der Verletzung eines einheitlichen Gemeinschaftsschutzrechts im Falle einer sog. Verletzerkette ist indes nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Urteil vom 14.12.2006 "Fahrzeugkomponenten" (GRUR 2007, 705), der sich die Kammer anschließt, dabei nicht von parallelen Verletzungshandlungen, sondern von einer Beteiligung an einer einheitlichen Schutzrechtsverletzung auszugehen und damit von einer im Wesentlichen identischen Sachlage. Eine solche Verletzerkette im Sinne einer Beteiligung von Herstellern, Importeuren, Lieferanten bzw. Groß- und Einzelhändlern, die in verschiedenen Mitgliedsstaaten ansässig sind, an einer Schutzrechtsverletzung (vgl. BGH a.a.O., Rz. 16) liegt hier vor, da unstreitig geblieben ist, dass die Beklagte zu 1) die von ihr innerhalb der EU nach Deutschland und Österreich gelieferten Balance Boards von der Beklagten zu 2) bezogen hat. Das Klagebegehren zielt mithin im Wesentlichen auf die identische Sachlage. Diese Annahme steht auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH, der selbst nur für den Fall "paralleler" Verletzungshandlungen von Konzerngesellschaften bezüglich eines Bündels nationaler Patentrechte von einer nicht gleichen Sachlage ausgegangen ist (EuGH GRUR 2007, 47 Rz. 27 -).

Die Konnexität ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil nicht dieselbe Rechtslage vorläge. Dabei bedarf es an dieser Stelle keiner Entscheidung darüber, ob hinsichtlich der Folgeansprüche eine nationale Rechtsordnung oder die nationalen Rechtsordnungen der einzelnen Mitgliedsstaaten zur Anwendung kommen (vgl. hierzu auch die nachstehenden Ausführungen unter Ziff. IV.1.). Der EuGH hatte zwar zunächst den Standpunkt vertreten, dass, wenn für jede Klage nationales Recht zugrunde zu legen wäre, etwaigen Abweichungen zwischen den Entscheidungen dieser Gerichte nicht dieselbe Rechtslage zugrunde liegen würde (GRUR 2007, 47 -). Hiervon hat er aber in der Entscheidung Painer ./. Standard Abstand genommen. Er hat dort (GRUR 2012, 166) unter Rz. 76 ff. im Einzelnen ausgeführt, dass sich dem Wortlaut von Art. 6 Nr. 1 EuGVVOnicht entnehmen lasse, dass es zu den Anwendungsvoraussetzungen dieser Vorschrift gehöre, dass die gegen die verschiedenen Beklagten erhobenen Klagen auf den gleichen Rechtsgrundlagen beruhten. Bei der Beurteilung, ob zwischen verschiedenen Klagen ein Zusammenhang gegeben sei, ob also in getrennten Verfahren die Gefahr widersprechender Entscheidungen bestünde, sei der Umstand, dass die erhobenen Klagen auf derselben Rechtsgrundlage beruhten, nur einer von mehreren erheblichen Faktoren und keine unabdingbare Voraussetzung für eine Anwendung von Art. 6 Nr. 1 EuGVVO. Dass die gegen mehrere Beklagte erhobenen Klagen auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhten, stehe daher als solches der Anwendung von Art. 6 Nr. 1 EuGVVO nicht entgegen, sofern für die Beklagten nur vorhersehbar war, dass sie in dem Mitgliedstaat, in dem mindestens einer von ihnen seinen Wohnsitz hatte, verklagt werden könnten. Dies gelte erst recht, wenn sich die nationalen Rechtsvorschriften, auf die die gegen die verschiedenen Beklagten erhobenen Klagen gestützt seien, als in den Grundzügen identisch erwiesen.

Im Hinblick auf die in den nationalen Rechtsordnungen erfolgte Harmonisierung in Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 195 vom 02.06.2004, im Folgenden: Durchsetzungsrichtlinie) ist davon auszugehen, dass auch wenn hinsichtlich der Folgeansprüche verschiedene Rechtsordnungen zur Anwendung kämen, diese jedenfalls in ihre Grundzügen identisch wären und damit bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Annahme von Konnexität nicht entgegenstehen würden.

Schließlich besteht die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen schon deshalb, weil die Verletzungsfrage durch die Gerichte der Mitgliedsstaaten unterschiedlich beurteilt werden könnte.

d) Die Reichweite der Zuständigkeit der Kammer für Rechtsverletzungen der Beklagten zu 2) besteht demgemäß allerdings nur eingeschränkt.

Wie vorstehend ausgeführt, begründet sich dieselbe Sachlage auf das Handeln der Beklagten zu 2) innerhalb einer sog. Verletzerkette mit der Beklagten zu 1). Die Kammer vertritt insoweit die Ansicht, dass für die Frage der internationalen Zuständigkeit bezüglich der Beklagten zu 2) zwischen Verletzungshandlungen im Rahmen der Verletzerkette mit der Beklagten zu 1) und den Verletzungshandlungen im Übrigen zu differenzieren ist. Der EuGH hat in seinen zu Art. 6 Nr. 1 EuGVVO ergangenen Entscheidungen immer wieder betont, dass diese besondere Zuständigkeitsregel eng auszulegen ist, da mit ihr von der Grundregel des Gerichtsstands des Wohnsitzes des Beklagten zu Art. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 abgewichen wird. Wie sich aus dem elften Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 ergibt, müssen die Zuständigkeitsvorschriften nämlich in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten (EuGH NJW 2007, 3702 Rz. 35 - Freeport, m.w.N.; GRUR 2002, 1169 Rz. 74 f.). Dies gebietet es, die internationale Zuständigkeit der Kammer auch nur im Rahmen der rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten zu 2) anzunehmen, für die die Voraussetzungen des Art. 6 Nr. 1 EuGVVO auch vorliegen. Sollte man hingegen eine unbeschränkte internationale Zuständigkeit für sämtliche Verletzungshandlungen des Sekundärbeklagten innerhalb der EU im Falle einer durch eine Verletzerkette begründete Zuständigkeit nach Art. 6 Nr. 1 EuGVVO annehmen, würde dies unter Umständen zu einer Häufung potentieller Gerichtsstände führen. Denn dann wären gegenüber dem Sekundärbeklagten, der EU-weit etwa eine Vielzahl gewerblicher Abnehmer wie Großhändler beliefert oder seinen Vertrieb über eine Vielzahl von Vertriebsgesellschaften organisiert, was durchaus den Gepflogenheiten im Wirtschaftsleben entspricht, eine Vielzahl potentieller Gerichtsstände mit umfassender Kognitionsbefugnis jeweils am Sitz des Vertragspartners eröffnet. Dies aber würde dazu führen, dass sich für den Verletzten eine breite Auswahl an Gerichtsständen eröffnen würde, wodurch einer Praxis des "forum shoppings" Vorschub geleistet würde. Dies aber würde die Vorhersehbarkeit der Zuständigkeitsregeln des Brüsseler Übereinkommens und damit den Grundsatz der Rechtssicherheit, der diesem zugrunde liegt, beeinträchtigen (vgl. EuGH GRUR 2007, 47, Roche Nederland BV ./. Primus und Goldenberg, m.w.N.).

Schließlich begegnet eine Differenzierung zwischen Verletzungshandlungen im Rahmen der Verletzerkette einerseits und sonstigen Verletzungshandlungen bei der Beurteilung der internationalen Zuständigkeit nicht deshalb Bedenken, weil es sich jeweils um Verletzungshandlungen im Hinblick auf ein einheitliches Gemeinschaftsschutzrecht handelt. Denn auch nach der GGV zeitigt nicht jede Verletzungshandlung gegen ein Schutzrecht zwingend dieselben rechtlichen Konsequenzen, wenn etwa die Reichweite der Kognitionsbefugnis eines Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichts im Gerichtsstand des Art. 82 Abs. 5 GGV gemäß Art. 83 Abs. 2 GGV territorial auf ein Mitgliedsland begrenzt ist und Art. 89 Abs. 1 lit. d) GGV bei Folgeansprüchen auf die Rechtsordnung der Mitgliedsstaaten verweist, in denen die Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht. Auch begründet eine Verletzungshandlung nach ständiger Rechtsprechung des BGH in dem Mitgliedsstaat, in dem sie begangen worden ist, eine Wiederholungsgefahr, in den übrigen Mitgliedsstaaten hingegen nur eine Erstbegehungsgefahr (BGH GRUR 2012, 512 - Kinderwagen I; BGHZ 185, 224, Rz. 56 - Verlängerte Limousinen).

Die Kammer sieht sich mit der von ihr vertretenen Ansicht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung "Fahrzeugkomponenten" des BGH. Zwar hat der BGH in dem dort im - im streitentscheidenden Punkt identischen - Gemeinschaftsmarkenrecht entschiedenen Fall angenommen, dass die Zuständigkeit aus Art. 90 Abs. 1 GMV, Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ, Art. 6 Nr. 1 Brüssel-I-VO umfassend für alle in jedem Mitgliedsstaat begangenen oder drohenden Verletzungshandlungen bestehe (BGH GRUR 2007, 705, Rz. 20). Indes bestand für den BGH in dem zu entscheidenden Fall kein Anlass, wie im vorliegenden Fall zwischen Verletzungshandlungen im Rahmen der Verletzerkette und sonstigen Verletzungshandlungen zu differenzieren, da gegenüber der dortigen Sekundärbeklagten nur der Unterlassungsanspruch EU-weit geltend gemacht worden war und Folgeansprüche nicht Gegenstand der Klage waren. Da nach ständiger, vorstehend bereits zitierter Rechtsprechung des BGH eine Verletzungshandlung, die in einem Mitgliedstaat begangen wird, in der Regel eine Begehungsgefahr für das gesamte Gebiet der Europäischen Union begründet (BGH GRUR 2012, 512 - Kinderwagen I; BGHZ 185, 224, Rz. 56 - Verlängerte Limousinen), wirkt sich die von der Kammer vorgenommene Differenzierung auf die Reichweite des Unterlassungsanspruchs im Regelfall nicht aus.

Schließlich ist die Reichweite der Kognitionsbefugnis hinsichtlich der Beklagten zu 2) nicht auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Die Kammer folgt insoweit der Auffassung von Ruhl a.a.O., der sich in seiner Kommentierung von Art. 84 unter Rz. 10 f. für den hier vorliegenden Fall einer durch Art. 6 Nr. 1 EuGVVO begründeten Zuständigkeit gegenüber der Sekundärbeklagten gegen eine territoriale Begrenzung der Kognitionsbefugnis ausgesprochen hat. Dies wird überzeugend damit begründet, dass die einzig in Art. 83 Abs. 2 GGV geregelte Einschränkung der Zuständigkeit gerade die Ausnahme gegenüber der gemeinschaftsweiten Zuständigkeit als Regel darstelle und der Anlass für die Einschränkung bei der Verletzungsortzuständigkeit, nämlich die fehlende Nähe anderer Mitgliedsstaaten als dem Mitgliedsstaat, in dem die Verletzung begangen worden ist, gerade nicht vorliege, wenn die Zuständigkeit des Gerichts aus Art. 79 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Nr. 1 EuGVVO begründet sei.

II.

Der mit Klageantrag zu A.I. bzw. B.I. geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht aus Art. 10, 19 Abs. 1, 89 Abs. 1 lit. a) GGV bezüglich sämtlicher angegriffener Verletzungsmuster, da diese jeweils die Rechte der Klägerin aus den entsprechenden Klagegeschmacksmustern verletzen. Soweit gegenüber der Beklagten zu 1) der Unterlassungsanspruch auch auf die Benutzungshandlung des Herstellens bezogen geltend gemacht ist, besteht der Anspruch mangels Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr nicht.

Soweit die Beklagten eingewandt haben, die Fassung der Klageanträge sei deshalb unklar, weil die unabhängig voneinander angegriffenen Verletzungsmuster teilweise identisch wären, so greift dies nicht durch. Denn die jeweils angegriffenen Verletzungsmuster zeigen jeweils jedenfalls in Details voneinander abweichende Ausführungsformen derselben Grundgestaltung, wie die Klägerin durch ihre Gegenüberstellung auf Bl. 3 f. der Replik (Bl. 143 ff. GA) im Einzelnen gekennzeichnet hat. So unterscheiden sich etwa die Verletzungsmuster 1.a) und 2. durch die Farbe der Beschriftung der Knöpfe Home/-/+ und den hinzugefügten Schriftzug included motion sensor auf dem Verletzungsmuster 2. Die bestehenden Unterschiede werden auch nicht dadurch aufgehoben, dass die Klägerin ein Verbot unabhängig von der Farbstellung begehrt, da die Unterschiede gerade auch in der Wahl des Farbkontrastes liegen, etwa bei den Verletzungsmustern 1.b) und 1.c).

1.

a) Das Klagegeschmacksmuster 1) zeigt einen länglichen, wannenförmigen Controller, auf dessen Rückseite sich eine konkave Wölbung befindet und auf dem - wie im Einzelnen aus den hinterlegten Abbildungen ersichtlich - einzelne Bedienelemente (Knöpfe) sowie Öffnungen angeordnet sind.

b) Das Klagegeschmacksmuster 1) ist rechtsbeständig. Die Rechtsbeständigkeit wird gemäß Art. 85 Abs. 1 GGV vermutet. Diese Vermutung haben die Beklagten nicht in statthafter Weise durch die Erhebung einer Nichtigkeitswiderklage angegriffen. Der Einwand der Beklagten, das Klagegeschmacksmuster 1) sei schon gemäß Art. 8 Abs. 1 GGV, wonach ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht an Erscheinungsmerkmalen eines Erzeugnisses besteht, die ausschließlich durch ihre technische Funktion bedingt sind, vom Geschmacksmusterschutz ausgeschlossen, ist den Beklagten schon aus diesem Grund verwehrt.

c) Weiterhin sind im Wesentlichen alle Gestaltungsmerkmale, insbesondere die Grundform der Fernbedienung und die Anordnung der Knöpfe und Öffnung, für die Bestimmung des Gesamteindrucks heranzuziehen und sind nicht etwa technisch bedingt und damit für den Gesamteindruck unberücksichtigt zu lassen.

Einzelne Merkmale sind objektiv technisch bedingt, wenn keine gangbare - d.h. insbesondere keine bereits durch den Schutzrechtsinhaber oder Dritte - geschützte Designalternative besteht, mit der das Erzeugnis seine technische Funktion jedenfalls in gleicher Weise erreichen kann (BGH GRUR 2010, 718 Rz. 45 - Verlängerte Limousinen).

Zwar gilt vorliegend, dass bei einem Zubehörartikel diejenigen Gestaltung, die durch die Kompatibilität des Zubehörs mit der Spielkonsole zwingend bedingt sind, keine Berücksichtigung finden können. Das Vorhandensein eines Power-Schalter (Ein/Aus), eines Steuerkreuzes, einer A-Taste zur Eingabe von Bedienbefehlen mit dem Daumen, einer B-Taste zur Eingabe von Bedienbefehlen mit dem Zeigefinger (abzugförmig), zwei Tasten "1 und 2" zur Bestimmung der Rangfolge, drei nebeneinander liegende Tasten +/- und Home sowie Leuchtanzeigen für insgesamt vier Spieler (vgl. Wikipedia-Eintrag "Wii-Fernbedienung") ist insoweit technisch bedingt; dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Gleiches gilt für die Positionierung des Sichtfensters für die Kamera und der Schnittstelle für die Verbindung der Fernbedienung mit einem zweiten Controller.

Es lässt sich indes nicht feststellen, dass die konkrete Formgebung der Fernbedienung oder ihrer einzelnen Gestaltungselemente, insbesondere die Lage und Anordnung der Knöpfe und Lautsprecheröffnungen, von diesem Kompatibilitätserfordernis umfasst wären. Unter Berücksichtigung insbesondere der von der Klägerin als Anlagen K 28 und K 29 vorgelegten Übersicht über Fernbedienungen lässt sich für die gewählten Gestaltungsmerkmale jeweils eine gangbare Designalternative finden. Im Einzelnen:

- Nach der Patentschrift der Klägerin läge die absolute Größe, um das Gerät sowohl für Erwachsene als auch für Kinder benutzbar zu machen, bei einer Länge von 8-15 cm und einer Breite von 2-4 cm. Soweit die Beklagten meinen, diese Maße bzw. - für den Geschmacksmusterschutz relevant - die hieraus resultierenden Größenverhältnisse von Länge zu Breite seien technisch bedingt, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Es ist schon keine Notwendigkeit ersichtlich, eine Fernbedienung nur für eine einhändige Bedienung zu gestalten. Aber auch bei der Gestaltung einer einhändig bedienbaren Fernbedienung bestehen hinsichtlich der Grundform Designalternativen, wie sich den in Anlage K 28 und K 29 zitierten Beispielen entnehmen lässt. So könnte diese etwa deutlich flacher (etwa wie eine Fernbedienung eines Fernsehers) gestaltet sein oder auch mit stärker abgerundeten Seiten und trotzdem ergonomisch in der Hand liegen.

- Die konkave Wölbung der Rückseite ist auch nicht deshalb technisch bedingt, weil die B-Taste in einer Position angeordnet sein müsste, die durch den Zeigefinger erreicht werden kann, wenn ein Daumen der gleichen Hand auf der A-Taste (oberseitig) liegt (vgl. die in der als Anlage B 8 vorgelegte Gebrauchsmusterschrift der Klägerin). Denn es ist schon nicht nicht zwingend, A und B-Taste durch verschiedene Finger bedienen zu müssen. So könnten diese etwa nebeneinander liegen oder übereinander angeordnet werden, so dass sie beide unschwer mit dem Daumen bedient werden können. Eine so deutliche Verschlechterung der Bedienbarkeit, dass nicht mehr von einer gangbaren Designalternative gesprochen werden könnte, würde dies nicht darstellen.

- Auch die Anordnung der Hometaste und daneben liegenden +/ -Tasten ebenso wie der 1-/2-Tasten ist nicht technisch zwingend vorgegeben, weil alternative Gestaltungen der Tasten von der Klägerin für sich geschützt wären, wie von der Beklagten unter Bezugnahme auf die Anlage B 9 vorgetragen. Insoweit gilt für die Anordnung der Bedienelemente grundsätzlich, dass hier eine große Gestaltungsfreiheit besteht. So könnte ohne Not etwa der Powerknopf auf die Rückseite versetzt sein, der Homebutton oberhalb des Steuerkreuzes gleichwohl noch zentral für die häufige Bedienung angeordnet sein, der Lautsprecher noch darüber oder ganz am unteren Ende liegen usw.. Allein die Tatsache, dass die Anordnung der Bedienelemente sinnvoll ist, führt nicht zu dem Schluss, dass es hierzu keine gangbare Designalternative gäbe. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin für sich sämtliche Designalternativen monopolisiert hätte.

Im Übrigen ist der Geschmacksmusterschutz nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die angegriffenen Verletzungsmuster gleichzeitig durch ein Gebrauchsmuster bzw. ein Patent geschützt sind (vgl. Ruhl, a.a.O., Art. 8 Rz. 37). Der Geschmacksmusterfähigkeit bei einem Gebrauchszwecken dienenden Erzeugnis steht nicht entgegen, dass seine Gestaltung in dem maßgeblichen Merkmal zugleich oder sogar in erster Linie dem Gebrauchszweck dient und ihn fördert (BGH GRUR 2008, 153 Rz. 30 - Dacheindeckungsplatten).

d) Die angegriffenen Verletzungsmuster zu 1. a) - d) und 2. stellen jeweils eine Verletzung des Klagegeschmacksmusters 1) dar, da sie denselben Gesamteindruck erwecken.

Für die Verletzungsprüfung nach Art. 10 Abs. 1 GGV kommt es darauf an, ob der Gesamteindruck des angegriffenen Musters mit dem Gesamteindruck des eingetragenen Musters übereinstimmt, wobei nicht nur die Übereinstimmungen, sondern auch die Unterschiede zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 285, Rz. 30 - Kinderwagen II). Bei der Beurteilung des Schutzumfanges des Klagegeschmacksmusters ist der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Geschmacksmusters zu berücksichtigen, Art. 10 Abs. 2 GGV. Zwischen dem Gestaltungsspielraum des Entwerfers und dem Schutzumfang des Musters besteht dabei eine Wechselwirkung. Eine hohe Musterdichte und ein kleiner Gestaltungsspielraum des Entwerfers können zu einem engen Schutzumfang des Musters mit der Folge führen, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufen, während umgekehrt eine geringe Musterdichte und damit ein großer Gestaltungsspielraum des Entwerfers einen weiten Schutzumfang zur Folge haben können, so dass selbst größere Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer keinen unterschiedlichen Gesamteindruck erwecken (vgl. BGH a.a.O., Rz. 31 m.w.N.). Darüber hinaus wird der Schutzumfang des Klagegeschmacksmusters auch durch seinen Abstand vom vorbekannten Formenschatz bestimmt. Je größer der Abstand des Klagegeschmacksmusters zum vorbekannten Formenschatz ist, desto größer ist auch dessen Schutzumfang (vgl. BGH a.a.O., Rz. 32).

Der Schutzbereich des Klagegeschmacksmusters 1) ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze durchschnittlich. Als zu berücksichtigende Entgegenhaltung aus dem vorbekannten Formenschatz haben sich die Beklagten lediglich auf die Japanische Druckschrift 950140 gemäß Anlage B 5 beschränkt. Diese weist jedoch nicht nur eine andere Grundform auf, da die konkave Wölbung auf der Rückseite gänzlich fehlt, sondern zeigt auch keinen B-Knopf auf der Rückseite. Weiterhin sind die Knöpfe teils anders ausgeformt, etwa länglich oder pilzförmig, und jeweils völlig anders angeordnet. Eine Einschränkung des Schutzbereichs durch den Abstand vom vorbekannten Formenschatz findet damit nicht statt. Die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers ist allerdings durch die schon im Einzelnen dargestellten technischen Erfordernisse einer Kompatibilität mit der Spielkonsole und der Bedienbarkeit eingeschränkt, so dass der Schutzbereich insgesamt nicht als weit, sondern lediglich durchschnittlich anzusehen ist.

Ausgehend von dem durchschnittlichen Schutzbereich des Klagegeschmacksmusters 1) erwecken die Verletzungsmuster zu 1. a) - d) und 2. jeweils denselben Gesamteindruck, da sie jeweils nicht nur die Grundform, sondern auch die Anordnung der Knöpfe und Lautsprecheröffnungen in nahezu identischer Weise übernehmen. Die wenigen Unterschiede, die die angegriffenen Verletzungsmuster zum Klagegeschmacksmuster 1) jeweils aufweisen, nämlich bei der Gestaltung der Lautsprecheröffnungen, der LED-Anzeigen bzw. der Tasten Home/+/-, sind angesichts der identischen Übernahme der Tastenform und der Anordnung im Verhältnis zu den anderen Bedienelementen nicht geeignet, aus dem Schutzbereich des Klagegeschmacksmusters 1) herausführen.

2.

a) Das Klagegeschmacksmuster 2), auf das die Klägerin ausweislich ihrer am 19.06.2012 zu Protokoll erklärten Klarstellung (Bl. 210 GA) den Klageantrag zu I. 3. in erster Linie stützt, zeigt eine Fernbedienung mit einem länglichrundlichen Korpus, der nach hinten hin deutlich nach unten abfällt und sich verjüngt, wobei der Korpus in der Seitenansicht eine Zweiteilung aufweist, und auf dessen Oberseite ein pilzförmiger Bedienknopf und an der Vorderseite übereinanderliegend ein viereckiger und ein runder Knopf aufgebracht sind, wie dies im Einzelnen aus den hinterlegten Abbildungen ersichtlich ist.

b) Das Klagegeschmacksmuster 2) ist rechtsbeständig. Die Rechtsbeständigkeit wird gemäß Art. 85 Abs. 1 GGV vermutet. Diese Vermutung haben die Beklagten nicht in statthafter Weise durch die Erhebung einer Nichtigkeitswiderklage angegriffen. Mit dem Einwand, das Klagegeschmacksmuster 2) sei schon gemäß Art. 8 Abs. 1 GGV nicht schutzfähig, sind die Beklagten schon aus diesem Grunde ausgeschlossen.

c) Unter Berücksichtigung der vorstehend wiedergegebenen Grundsätze sind die einzelnen Gestaltungsmerkmale nicht ausschließlich technisch bedingt und daher für die Berücksichtigung des Gesamteindruckes heranzuziehen.

Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch muss der Nunchuck, um zusammen mit der Verbindung verwendet werden zu können, einen Joystick (Neigungshebel) und zwei Tasten zur Bedienung durch den Zeigefinger aufweisen. Dass hierdurch gleichzeitig die Grundform der Fernbedienung vorgegeben wäre, ist nicht zu erkennen. Es wäre ohne Weiteres denkbar, die entsprechenden Bedienelemente etwa in einer nicht schrägen revolvergriffähnlichen Form anzubringen, sondern traditionell die beiden Tasten auf die Vorderseite des herkömmlichen Joysticks zu integrieren.

d) Die Verletzungsmuster zu 3. a) - d) erwecken auch denselben Gesamteindruck wie das Klagegeschmacksmuster 2).

Der Schutzbereich des Klagegeschmacksmusters 2) ist durchschnittlich. Entgegenhaltungen aus dem vorbekannten Formenschatz, die den Schutzbereich deutlich einschränken könnten, sind nicht zitiert. Die Beklagte verweist als Entgegenhaltung auf die Anlage B 12 (US D 369 901 aus dem Jahre 1996). Die Entgegenhaltung weist aber schon hinsichtlich der Grundform, die deutlich klobiger und kompakter und eben nicht ergonomisch und elegantgeschwungen wie beim Klagegeschmacksmuster 2) ist, einen deutlichen Abstand zu diesem auf. Auch fehlen die Bedienelemente auf der Vorderseite und ist auf der abweichende vom Klagegeschmacksmuster 2) abgeflachten Oberseite nicht ein pilzförmiger Knopf aufgebracht, sondern ein kugelförmiges Element eingelassen.

Eine Geschmacksmusterverletzung liegt vor, da die Verletzungsmuster wiederum sämtliche Gestaltungsmerkmale des Klagegeschmacksmusters 2) jeweils in nahezu identischer Weise übernehmen, so neben der Grundform auch die Zweiteilung des Korpus und die Anordnung und Form der Knöpfe. Die vorhandenen Unterschiede, insbesondere die bei den angegriffenen Ausführungsformen vorhandenen Rillen, führen nicht aus dem übereinstimmenden Gesamteindruck heraus, da es sich nur um marginale Details handelt, die ersichtlich einem funktionalen Nutzen, nämlich der erhöhten Griffigkeit dienen, und schon aus diesem Grund vom informierten Benutzer eher untergewichtet werden.

e) Da bereits eine Verletzung des Klagegeschmacksmusters 2) festzustellen ist, bedarf es keiner Prüfung, ob - wie von der Klägerin hilfsweise geltend gemacht - auch eine Verletzung des Klagegeschmacksmusters 3) vorliegt.

3.

a) Das Klagegeschmacksmuster 4) zeigt einen Verbindungsstecker, der eine insgesamt rechteckige Grundform aufweist. Dabei ist die dem an einer Schmalseite angebrachtem Verbindungselement gegenüberliegende Seite leicht gerundet. Der Verbindungsstecker verfügt über eine Klammer auf der Oberseite und einen Kippschalter auf einer Längsseite. Wegen der Einzelheiten wird auf die hinterlegten Abbildungen verwiesen.

b) Die Rechtsgültigkeit des Klagegeschmacksmusters 4) wird vermutet, aus den bereits dargelegten Gründen sind die Beklagten insbesondere mit dem Einwand, das Klagegeschmacksmuster 4) sei ausschließlich technisch bedingt, ausgeschlossen.

c) Die vorstehend dargestellten Gestaltungsmerkmale nehmen mit Ausnahme des zum Einstecken selbst vorgesehenen Verbindungselements am Gesamteindruck teil, da nur dieses rein technisch bedingt ist. Die Grundform des Verbindungssteckers insgesamt kann hingegen beliebig gewählt werden. So könnte der Verbindungsstecker deutlich flacher oder länglicher ausfallen. Sowohl bei der Anordnung des Bedienknopfes als auch des Kabelaustritts und auch bei der Ausgestaltung der Klammer bestehen eine Vielzahl von Designalternativen, wie etwa aus den als Anlage K 30 vorgelegten Übersicht über verschiedene Verbindungsstecker ersichtlich ist.

d) Das Verletzungsmuster 4. erweckt denselben Gesamteindruck wie das Klagegeschmacksmuster 4) und stellt mithin eine Verletzung dar.

Der Schutzbereich des Klagegeschmacksmusters 4) ist unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze zur Schutzumfangsbestimmung ebenfalls durchschnittlich. Entgegenhaltungen aus dem vorbekannten Formenschatz, die den Schutzbereich einschränken könnten, sind nicht zitiert. Allerdings gilt auch hier, dass die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers durch die bereits dargelegten technischen Vorgaben (Kompatibilität mit dem Hauptgerät und Gewährleistung der Funktionalität) eingeschränkt ist.

Sowohl Grundform an sich als auch Anordnung und die Ausgestaltung der Klammer und des seitlichen Schalters sind übernommen und damit sämtliche das Klagegeschmacksmuster 4) prägenden Gestaltungsmerkmale.

5.

In der Rechtsfolge steht der Klägerin gegen die Beklagten mithin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus Art. 89 Abs. 1 lit a) GGV zu, wobei es hinsichtlich der Beklagten zu 1) als unstreitig reiner Vertriebsgesellschaft der Beklagten zu 2) an der erforderlichen Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr bezüglich der Benutzungshandlung des Herstellens fehlt und die Klage insoweit teilweise abzuweisen war. Dass die Beklagte zu 1) rechtsverletzende Erzeugnisse hergestellt hätte, hat die Klägerin nicht geltend gemacht, so dass insoweit keine Wiederholungsgefahr besteht. Auch eine Erstbegehungsgefahr liegt nicht vor. Allein der Vertrieb der Verletzungsmuster begründet eine solche nicht (vgl. Ruhl, a.a.O., Art. 89 Rz. 51 m.w.N.), sie ist vielmehr für den Einzelfall festzustellen (BGH GRUR 2013, 285 Rz. 51 - Kinderwagen II). Anhaltspunkte für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr liegen hier nicht vor.

Im Übrigen besteht der Unterlassungsanspruch EU-weit. Die internationale Zuständigkeit der Kammer ist nur hinsichtlich der Beklagten zu 2) auf die Verletzungshandlungen im Rahmen der Verletzerkette mit der Beklagten zu 1) beschränkt. Die im Rahmen der Verletzerkette begangene Verletzung der Klagegeschmacksmuster durch die Beklagte zu 2) in Frankreich, Deutschland und Österreich begründet eine Begehungsgefahr für das gesamte Gebiet der Europäischen Union (BGH GRUR 2012, 512 - Kinderwagen I; BGHZ 185, 224, Rz. 56 - Verlängerte Limousinen).

Die Wiederholungsgefahr bzw. die Begehungsgefahr ist nicht entfallen, da keine der Beklagten eine uneingeschränkte, bedingungslose und unwiderrufliche strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat (vgl. zu den Anforderungen insoweit BGH GRUR 1983, 127, 128 - Vertragsstrafeversprechen; BGH GRUR 1993, 677 679 - Bedingte Unterwerfung). Dabei ist auch zur Beseitigung der Begehungsgefahr die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu fordern. Nach der neueren Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht muss die Frage, ob auf Grund eines Verstoßes nicht nur die Wiederholung der konkreten Verletzungshandlung, sondern darüber hinaus auch ähnliche Verletzungshandlungen drohen, nicht mehr als eine Frage der sog. Erstbegehungsgefahr, für deren Fortbestand keine Vermutung besteht (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 8 UWG Rz. 1.26), verstanden werden, sondern als eine Frage der Reichweite der Wiederholungsgefahr (BGHZ 126, 287, 295 - Rotes Kreuz). Bei einem einheitlichen Schutzrecht wie dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster muss deshalb für den Fortfall der Begehungsgefahr, die für einzelne Mitgliedsstaaten durch eine Verletzungshandlung in einem Mitgliedsstaat begründet wird, derselbe Maßstab gelten wie für den Fortfall der im Verletzerstaat bestehenden Wiederholungsgefahr.

Allein die Einstellung des Vertriebs ist für den Wegfall der Wiederholungs- bzw. Begehungsgefahr nicht ausreichend. Die Unterlassungserklärung der Beklagten zu 1) vom 19.10.2011 ist ebenfalls nicht ausreichend, da sie zum einen zeitlich befristet, mithin nicht uneingeschränkt abgegeben worden ist, und sich zum anderen auf ein anderes Schutzrecht, nämlich ein Gebrauchsmusterrecht, bezieht, das einen anderen Gegenstand hat als die hier geltend gemachten Geschmacksmusterrechte.

III.

Die mit dem Klageantrag zu II. geltend gemachten Unterlassungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagten bestehen jeweils nicht aus Art. 10, 19 Abs. 1, 89 Abs. 1 lit. a) GGV, da die beanstandete Benutzung von Abbildungen klagegeschmacksmustergemäßer Erzeugnisse bei der Bewerbung von Zubehörprodukten hierfür jeweils nicht von dem in Art. 19 Abs. 1 GGV gewährten Verbietungsrecht umfasst ist.

Nach Art. 20 Abs. 1 lit c) GGV können Rechte aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht geltend gemacht werden für die Wiedergabe zum Zweck der Zitierung, sofern solche Handlungen mit den Gepflogenheiten des redlichen Geschäftsverkehrs vereinbar sind, die normale Verwertung des Geschmacksmusters nicht über Gebühr beeinträchtigen und die Quelle angegeben wird. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

1.

Die Benutzung der Klagegeschmacksmuster durch die Beklagten erfolgt in den unter II. angegriffenen Fällen zum Zwecke der Zitierung.

Der Begriff der Zitierung im vorbenannten Sinne bedarf der Auslegung. Die Kammer folgt dabei nicht der Auffassung, dass das Zitat schon aufgrund eines Vergleiches mit der französischen bzw. niederländischen Sprachfassung von Art. 20 Abs. 1 lit. c) GGV lediglich als Illustration zu verstehen ist, da in diesen von "illustration" bzw. "illustratie" die Rede ist (so aber mit der Einschränkung, das gleichwohl eine der Erläuterung dienende Veranschaulichung erforderlich ist, Eichmann/von Falckenstein, GeschmMG, 4. Aufl., § 40 Rz. 5). Denn die deutsche Sprachfassung steht im Einklang mit der englischen, spanischen und italienischen Sprachfassung ("citations", "cita", "citatione"). Nach zutreffender Ansicht ist für die Auslegung des Begriffs "zum Zweck der Zitierung" vielmehr auf die Auslegung zurückzugreifen, die der Begriff "zum Zweck des Zitats" in § 51 UrhG erfahren hat (so BGH GRUR 2011, 1117 Rz. 44 - ICE für den gleichlautenden § 40 Nr. 3 GeschmMG; Ruhl, a.a.O., Art 20 Rz. 14). Ein Zitat ist danach nur zulässig, wenn eine innere Verbindung zwischen dem verwendeten fremden Werk und eigenen Gedanken des Zitierenden hergestellt wird und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbstständige Ausführungen des Zitierenden dient (BGHZ 175, 135 Rz. 42, - TV-Total; BGH GRUR 2011, 415, Rz. 22 - Kunstausstellung im Online-Archiv). Der BGH hat deshalb in der ICE-Entscheidung für die Zulässigkeit einer Zitierung im Sinne der geschmacksmusterrechtlichen Schranke vorausgesetzt, dass eine innere Verbindung zwischen dem wiedergegebenen Muster und eigenen Gedanken des Zitierenden besteht und die Wiedergabe des Musters als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für eigene Ausführungen des Zitierenden dienen (BGH GRUR 2011, 1117, Rz. 46). Die Kammer geht allerdings davon aus, dass die Anforderungen an den inneren Zusammenhang und die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem verwendeten Werk in diesem Sinne dabei nicht zu hoch anzusetzen sind, da ein Geschmacksmuster nach Art. 3 lit. a) GGV gerade die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils desselben und gerade keine gedanklichen Inhalte schützt. Die vorgenannten Voraussetzungen liegen damit nach zutreffender Ansicht von Ruhl (a.a.O., Art. 20 Rz. 14) bereits dann vor, wenn die Zitierung eine gewisse Auseinandersetzung mit dem fremden Erzeugnis aufweist, wozu auch die Erklärung der Funktion zählt. Dieser Auffassung folgt offenbar auch der BGH, der in der ICE-Entscheidung in Rz. 49 nahelegt, dass auch die Benutzung einer Abbildung zur Veranschaulichung eines Projektbeispiels für eine angebotene Leistung die erforderliche innere Verbindung zwischen Abbildung und dem dargestellten Leistungsspektrum aufweisen würde. Durch eine dementsprechende Auslegung des Zitatbegriffs im Sinne einer erläuternden Auseinandersetzung mit dem fremden Erzeugnis wird gleichzeitig die rein ornamentale Verwendung des Geschmacksmusters, deren Aufnehmen in die Schrankenregelung zu einer ersichtlich nicht beabsichtigten Ausweitung der Schutzschranke führen würde, ausgenommen. Dies führt im Ergebnis auch zu einem gewissen Einklang mit der markenrechtlichen Benutzungsschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG bzw. Art. 12 lit. c) GMV, wonach der Inhaber einer Marke nicht das Recht hat, Hinweise auf die Bestimmung einer Ware zu untersagen, wobei Zubehör und Ersatzteile als Beispiele ausdrücklich aufgeführt sind.

Die Wiedergabe eines Geschmacksmusters zum Zwecke der Veranschaulichung des Verwendungszweckes des vom Benutzer angebotenen Zubehör-Produktes stellt mithin eine Zitierung im Sinne des Art. 20 Abs. 1 lit c) GGV dar. Um eine solche Wiedergabe handelt es sich vorliegend jeweils, da die Beklagten die klagegeschmacksmustergemäßen Erzeugnisse jeweils zur Erläuterung der Funktion ihrer Produkte, nämlich Ladestationen, die Fernbedienung aufnehmende besondere Spielgeräte und Silikonumhüllungen für Fernbedienungen, darstellen.

2.

Die Wiedergabe der Abbildungen der klagegeschmacksmustergemäßen Fernbedienungen in der angegriffenen Weise entspricht des Weiteren jeweils den Gepflogenheiten des redlichen Geschäftsverkehrs.

Was den Gepflogenheiten des redlichen Geschäftsverkehrs entspricht, ist einzelfallbezogen zu bestimmen (Ruhl, a.a.O., Art. 20 Rz. 17). Die Beklagten haben vorgetragen, dass es in der Zubehörbranche für Unterhaltungselektronik, insbesondere Computerspielkonsolen, allgemein üblich sei, die Originalprodukte, für die das jeweils Zubehör angeboten wird, auf der Verpackung abzubilden, was gerichtsbekannt ist. Hiervon abgesehen ist die Übung, in der Produktwerbung für das Zubehör auch das Original mit abzubilden, auch verschiedentlich durch den BGH erkannt worden (vgl. BGH GRUR 2005, 163, Aluminiumräder; BGH GRUR 2011, 1158 - Teddybär). Die Kammer sieht ein solches Verhalten auch als redlich an. Der Käufer von Zubehör wird im Regelfall nicht stets die Typbezeichnung des Originalproduktes kennen, für das er einen Zubehörartikel kaufen möchte. Auch wird gerade bei Behältnissen wie im streitgegenständlichen Fall Schutzhüllen und -überzügen erst durch eine Darstellung der Funktion die Funktionsweise augenfällig und wird häufig der ästhetische Eindruck erst im benutzten Zustand wirklich beurteilt werden können.

3.

Gründe, weshalb die Verwertung der Klagegeschmacksmuster über Gebühr beeinträchtigt würde, sind nicht ersichtlich.

4.

Schließlich liegt mit der jeweiligen Angabe "POUR/For/Für/Voor WiiTM" auf den angegriffenen Produktverpackungen auch eine den Anforderungen des Art. 20 Abs. 1 lit. c) GGV genügende Quellenangabe vor.

Zwar ist die Klägerin nicht namentlich in Bezug genommen. Soweit die Beklagten zunächst pauschal vorgetragen hatten, die Angabe sei jeweils mit dem Hinweis darauf verbunden, dass "Wii" eine Marke der Klägerin sei, so hat sie diesen Vortrag auf das Bestreiten durch die Klägerin nicht mehr vertieft, so dass er als unsubstantiiert anzusehen ist. Auch erfordert die Quellenangabe in der Regel die Angabe des Herstellers oder des Schutzrechtsinhabers (vgl. Ruhl, a.a.O., Art. 20 Rz. 19). Im vorliegenden Fall handelt es sich indes bei dem Originalprodukt gerichtsbekannt um eine der bekanntesten Spielekonsolen, deren Herkunft aus dem Hause der Klägerin als einer der Marktführer dem an den Zubehörprodukten interessierten Verkehr in aller Regel bekannt ist. In den Fällen großer Bekanntheit sowohl des Originalproduktes als auch dessen Herstellers, wie etwa auch bei dem Produkt Playstation der Klägerin oder den Produkten iPad, iPod oder iPhone der Apple Inc., erachtet die Kammer deshalb die ausdrückliche Nennung des Herstellers oder Schutzrechtsinhabers für entbehrlich, da bereits die Angabe des Originalproduktes ausreichend ist, um diesen jedenfalls für den ganz überwiegenden Teil des Verkehr zu identifizieren. Denn die Angabe der Quelle dient der Information der gestalterischen und betrieblichen Herkunft des Originalproduktes (vgl. Eichmann/von Falckenstein, a.a.O., § 40 Rz. 5 a.E.); diese Information wird aber bei entsprechend bekannten Produkten allein schon durch die Produktbezeichnung übermittelt.

5.

Dahinstehen kann nach alledem, ob die markenrechtliche Benutzungsschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG bzw. Art. 12 lit. c) GMV auch im Geschmacksmusterrecht entsprechend zur Anwendung kommt, in dem sie in den Benutzungsbegriff des Art. 19 GGV hineingelesen wird (hierfür wohl Ruhl, a.a.O., vor §§ 20-23, Rz. 6; ausdrücklich offengelassen von BGH a.a.O. - ICE, Rz. 53). Gleiches gilt für die Frage, ob eine entsprechende Anwendung der urheberrechtlichen Schutzschranke des § 57 UrhG in Betracht kommt, wonach die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken zulässig ist, wenn diese als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen ist (in diesem Sinne Urteil der Kammer vom 18.05, 2007, 14c O 44/07 -), und ob diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen.

Ebenfalls dahinstehen kann nach dem Vorgesagten, ob die Einzelnen zum Gegenstand des Antrags zu II. gemachten Abbildungen jeweils ein klagegeschmacksmustergemäßes Erzeugnis erkennen lassen und damit überhaupt eine Benutzung darstellen könnten, und ob die Benutzung jeweils auch durch beide Beklagten in der angegriffenen Weise erfolgt wäre.

IV.

Der Klägerin stehen weiterhin die mit den Klageanträgen zu III. - X. geltend gemachten Folgeansprüche gegen die Beklagten nur teilweise zu, und zwar aus Art. 89 Abs. 1 lit. d) GGV i.V.m. mit den nachfolgend jeweils aufgeführten Vorschriften der einzelnen Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten, in denen die Verletzungshandlungen begangen worden sind oder drohen.

1.

Die geltend gemachten Folgenansprüche bestimmen sich vorliegend nach dem Recht von Deutschland, Frankreich und Österreich.

Gemäß Art. 89 Abs. 1 lit. d) GGV werden Geschmacksmusterverletzungen nach dem Recht des Mitgliedsstaates sanktioniert, das in der Rechtsordnung einschließlich des Internationalen Privatrechts des Mitgliedsstaates vorgesehen ist, in der die Verletzung begangen worden ist oder droht.

a) Zur Bestimmung des anwendbaren nationalen Rechts ist die jeweilige Handlung, deren Sanktionierung begehrt wird, zu lokalisieren. Die wie unter Ziff. II. festgestellte geschmacksmusterverletzende Benutzung der Klagegeschmacksmuster ist durch die Beklagte zu 1) innerhalb des Geltungsbereichs der GGV in Deutschland und Österreich erfolgt. Verletzungshandlungen der Beklagten zu 2), die die rechtsverletzenden Produkte nach dem eigenen Vortrag der Beklagten an die Beklagte zu 1) als ihre Vertriebsgesellschaft geliefert bzw. unmittelbar an deren Kunden in Deutschland und Österreich versandt hat, liegen ebenfalls in diesen Mitgliedsstaaten und darüber hinaus in Frankreich vor, wo sie ihren Sitz hat.

Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, dass Verletzungsprodukte nach wie vor über Dritte wie etwa amazon in anderen Mitgliedsländern vertrieben werden, so stellt dieser Vertrieb keine den Beklagten zuzurechnende Verletzungshandlung dar. Das Inverkehrbringen, d.h. die Überlassung des rechtsverletzenden Erzeugnisses an einen unabhängigen Dritten, stellt schon nach dem Wortlaut der Verordnung eine eigene Benutzungshandlung im Sinne des Art. 19 GGV dar. Das Inverkehrbringen durch den Dritten, hier die Vertragspartner der Beklagten zu 1), stellt sodann seinerseits eine eigene Benutzungshandlung des Dritten dar. Anlass dafür, die Art des Inverkehrbringens durch den Dritten auch dem Lieferanten zuzurechnen, besteht nicht, da dessen Benutzungshandlung mit der Überlassung an den Dritten abgeschlossen ist. Es handelt sich gerade um zwei unabhängige Verletzungshandlungen, bei denen jeder Verletzer unabhängig voneinander dem Rechtsinhaber Verwertung des Geschmacksmusters erschwert. Eine Haftung der Beklagten zu 1) als Teilnehmerin an den Rechtsverletzungen ihrer Vertragspartner kommt im Übrigen nicht in Betracht, weil sich insoweit Vorsatz bzw. Bewusstsein von der Rechtswidrigkeit sowohl des Vertragspartners als Haupttäters als auch der Beklagten zu 1) nicht feststellen lassen (vgl. hierzu Ruhl, a.a.O., Art. 89, Rz. 25).

Verletzungshandlungen in anderen Mitgliedsstaaten - infolge der beschränkten internationalen Zuständigkeit der Kammer aus den unter I. dargelegten Gründen bezüglich der Beklagten zu 2) im Rahmen der hier streitgegenständlichen Verletzerkette - hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen.

b) Das von den Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichten anzuwendende Recht bestimmt sich gemäß Art. 89 Abs. 1 lit. d) GGV nach dem nationalen Recht des jeweiligen Mitgliedsstaates einschließlich dessen internationalen Privatrechts. Für Verletzungshandlungen seit dem 11.01.2009 gilt die zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretene Verordnung Nr. 864/2007 (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverträge anzuwendende Recht vom 11.07.2007 (ABl. EU 2007 Nr. L 199, S. 40, im Folgenden Rom II - VO), Art. 31 Rom II-VO, wonach die Anwendung des nationalen Kollisionsrechts stets zur Verweisung auf das Sachrecht am jeweiligen Begehungsort führt (Art. 8 Abs. 2, 3 Rom II-VO). Die Verweisung auf das Sachrecht am jeweiligen Begehungsort entspricht auch der in den vorliegend betroffenen Mitgliedsstaaten zuvor anerkannten Anknüpfung an den Handlungs- bzw. Erfolgsort (vgl. für Deutschland Art. 40 EGBGB, für Österreich § 48 Abs. 1 IPRG a.F. und für das richterrechtlich geprägte französische internationale Privatrecht Cour de Cassation, Entscheidung vom 11.05.1999, Az. 97-13.972, ZEuP 2001, 150 ff. mit Anmerkung von Hein).

c) Ob für das anwendbare Recht eine einheitliche Anknüpfung an das Recht eines Mitgliedsstaates zu erfolgen hat, hier an das Recht des jeweiligen Sitzstaates als dem Ort der schwerpunktmäßigen Verletzung (sog. Einheitsprinzip) oder ob jeweils das Recht der Mitgliedsstaaten anzuwenden ist, in denen Verletzungshandlungen begangen wurden (sog. Mosaikansatz), ist in der Literatur umstritten (vgl. zum Meinungsstand Ruhl, a.a.O., Art. 89 Rz. 87 mit weiteren Nachweisen). Diese Frage ist Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens des BGH vom 16.08.2012 (GRUR 2012, 1253 - Gartenpavillon). Mit diesem Beschluss hat der BGH dem EuGH die Frage zur Beantwortung vorgelegt, ob Art. 89 Abs. 1 lit. d) GGV dahingehend auszulegen ist, dass für unionsweit geltend gemachte Vernichtungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche wegen Verletzung eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters das Recht der Mitgliedstaaten anzuwenden ist, in denen die Verletzungshandlungen begangen wurden. Der BGH selbst erkannt zwar unter Rz. 48 f. der Vorlageentscheidung an, dass für eine einheitliche Anknüpfung an das Recht eines Mitgliedstaats Gesichtspunkte einer effektiven Rechtsdurchsetzung und die inzwischen erfolgte Harmonisierung durch die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vom 29. April 2004 (ABl. EU Nr. L 195 vom 2. Juni 2004, S. 16) herangezogen werden dürften. Gegen diese Sichtweise spricht aber nach Ansicht des BGH der Wortlaut von Art. 89 Abs. 1 lit d) GGV. Danach bestimmen sich andere als die in Art. 89 Abs. 1 lit a) bis c) GGV genannten Anordnungen im Falle einer bereits erfolgten oder drohenden Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters nach der Rechtsordnung des Mitgliedstaats einschließlich seines internationalen Privatrechts, in dem die Verletzungshandlungen begangen worden sind oder drohen. Zu der Anordnung von Sanktionen nach Art. 89 Abs. 1 lit d) GGV zählen, so der BGH, Vernichtungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche. Für die Anwendung des Rechts der Mitgliedstaaten, auf deren Gebiet die Verletzungshandlungen begangen worden sein sollen, spreche nunmehr auch Art. 8 Abs. 2 Rom-II-VO.

Die Kammer schließt sich den überzeugenden Argumenten des BGH an und hält insbesondere angesichts des klaren Wortlautes des Art. 89 Abs. 1 lit. d) GGV, der eine segmentierte Betrachtung der Verletzungshandlungen vorsieht und sich damit gerade von dem gemeinschaftsweit einheitlich zu beurteilenden Unterlassungsanspruch abgrenzt, den Mosaikansatz für anwendbar. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf das als Anlage K 28 vorgelegte Gutachten von Frau Prof. Dr. Kur vom 12.03.2012 die Ansicht vertreten hat, dass der Verweis auf das Recht des Begehungsortes eine einheitliche Anknüpfung erfordere, deren Grenzen nicht in territorialen Aspekten, sondern allein im Gesichtspunkt des ursächlichen Zusammenhangs zu finden seien, und dies letztlich mit der Rechtsnatur des Gemeinschaftsgeschmacksmusters als einheitlichem Recht begründet hat, so vermag dies angesichts der bereits wiedergegebenen Argumente, insbesondere dem Wortlaut des Art. 89 Abs. 1 lit. d) GGV nicht zu überzeugen.

Von einer Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf das Vorabentscheidungsersuchen, das zwar ausdrücklich nur das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster betrifft, gleichwohl aber auf das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster übertragbar ist, sieht die Kammer ab, da sie das Interesse der Klägerin an einer zeitnahen Sachentscheidung unter Berücksichtigung des nach Ansicht der Kammer deutlich für die von ihr vertretene Auffassung sprechenden Wortlauts übergewichtet. Hinzu kommt, dass im Ergebnis diese Streitfrage - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt - auch nur im Hinblick auf einen Teil des Rückrufanspruches zu unterschiedlichen Entscheidungen führt.

2.

Im Hinblick auf sämtliche hier geltend gemachten Folgeansprüche gilt grundsätzlich, dass diese nur bezogen auf die bereits aufgeführten Mitgliedsländer, in denen Verletzungshandlungen begangen worden sind, geltend gemacht werden können. Die Kammer hat die Klägerin ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 210 f. GA) in der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2012 darauf hingewiesen, dass sie Benutzungshandlungen in der Europäischen Gemeinschaft vorzutragen habe. Jedenfalls im deutschen Recht erfordert die Zuerkennung von Folgeansprüchen eine Begehungshandlung. So setzt nach deutschem Recht die Zuerkennung eines Schadensersatzanspruches voraus, dass zumindest eine Handlung bereits begangen worden ist, die zur Verursachung eines konkreten Schadens geeignet war (BGH GRUR 1964, 496, 497). Entsprechendes gilt für den akzessorischen Auskunftsanspruch. Wenn in einen Unterlassungsantrag Benutzungshandlungen mit Erstbegehungsgefahr Eingang gefunden haben, kann bei Ansprüchen nicht nur auf Schadensersatz (BGH GRUR 2006, 421 Rz. 47), sondern auch auf vorbereitende Rechnungslegung, Bereicherungsherausgabe und Beseitigung nur auf eine bereits festgestellte Benutzungshandlung abgestellt werden (Eichmann/von Falckenstein, a.a.O., § 42 Rz. 14). Für die Ansprüche auf Drittauskunft, Vernichtung und Urteilsveröffentlichung gilt, dass bei Fehlen einer Verletzungshandlung es jedenfalls an einem rechtlichen Interesse des Klägers fehlt.

Dass Folgeansprüche auch ohne Vorliegen einer Verletzungshandlung allein bei Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr nach dem nationalen Recht eines anderen Mitgliedsstaates als Deutschland, Österreich und - im Falle der Beklagten zu 2) - Frankreich - zuerkannt werden können, hat die Klägerin auf den gerichtlichen Hinweis nicht vorgetragen und geht auch ersichtlich nicht davon aus.

3.

Der mit dem Klageantrag zu VI. gegenüber den Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht besteht aus den vorstehend bereits dargelegten Gründen nur bezogen auf die Verletzungshandlungen gemäß dem Antrag zu I. und territorial beschränkt auf die Mitgliedsstaaten, in denen Verletzungshandlungen erfolgt sind.

Die Anspruchsgrundlage nach deutschem Recht findet sich in § 42 Abs. 2 GeschmMG, nach österreichischem Recht in § 34 des Musterschutzgesetzes von 1990 (veröffentlicht in BGBl 1990/497 i.d.F. BGBl. 1992/772, I 2001/14 I 2003/81, I 2004/149 und I 2005/151) und für Frankreich in Art. 521-7 des Code de la Propriété Intellectuelle (CPI, veröffentlicht unter légifrance.gouv.fr)

Soweit die einschlägigen Rechtsordnungen als Anspruchsvoraussetzung - im österreichischen und französischen Recht nur für die Zuerkennung bestimmter weitergehender Rechtsfolgen - Verschulden voraussetzen, so liegt dieses vor. Die Beklagten haben jedenfalls fahrlässig gehandelt, da sie entweder ihrer Obliegenheit zur Überwachung der Schutzrechtslage nicht nachgekommen sind (vgl. Eichmann/von Falckenstein, a.a.O., § 42 Rz. 19) oder aber die Verletzung der Klagegeschmacksmuster sogar billigend in Kauf genommen haben.

4.

Die mit den Klageanträgen zu III. und IV. geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung bestehen ebenfalls beschränkt auf Verletzungshandlungen gemäß dem Antrag zu I. sowie mit den bereits dargelegten territorialen Beschränkungen nach deutschem Recht aus §§ 42 Abs. 2, 46 Abs. 1, Abs. 3 GeschmMG i.V.m. § 242 BGB. Aus den bereits vorstehend unter II. dargelegten Gründen besteht kein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gemäß dem Klageantrag zu V., da sich dieser auf Verletzungshandlungen gemäß dem Antrag zu II. bezieht und insoweit keine Verletzung vorliegt.

Der Anspruch auf Auskunft ist nur teilweise durch Erfüllung erloschen, und zwar soweit die Beklagte zu 1) die Beklagten zu 2) als ihre alleinige Lieferantin benannt hat. Darüber hinaus liegt keine Erfüllung der Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung vor. Zwar hat die Beklagte zu 1) bezogen auf die zum Gegenstand der Anträge zu I. 1. und 2. gemachten Fernbedienungen durch Schreiben vom 05.08.2011 (Anlage B 3) für den Zeitraum vom 02.01.2010 bis 05.08.2011 Auskunft erteilt und Rechnung gelegt. Indes ist dies in Erfüllung einer auf ein Gebrauchsmuster gestützten Verurteilung und mithin bezogen auf eine Gebrauchsmusterverletzung erfolgt. Da insoweit der Gegenstand des Schutzrechts ein anderer ist als der eines Geschmacksmusterrechts, ist die erteilte Auskunft und Rechnungslegung indes nicht vollständig. Denn eine geschmacksmusterverletzende Benutzungshandlung liegt etwa auch in der Verwendung eines Erzeugnisses als Dekoration oder Blickfang (vgl. Ruhl, a.a.O., Art. 19 Rz. 53); die Abbildung von Verletzungsmustern in Gestalt der Verwendung auf Umverpackungen stellt daher grundsätzlich auch eine rechtsverletzende Handlung dar, über die - anders als beim Gebrauchsmuster - Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen ist. Die Klägerin hat aber Anspruch auf die Erteilung einer vollständigen Auskunftserteilung und Rechnungslegung.

Insbesondere sind die mit dem Klageantrag zu IV. 2. und 5. geltend gemachten Ansprüche im Hinblick auf Gestehungskosten und erzielten Gewinn nach deutschem Recht ebenfalls zu erteilen. Die Erteilung dieser Auskünfte ist den Beklagten jeweils nicht unzumutbar. Zwar ist der Verletzergewinn nur insoweit herauszugeben, als er auf der Rechtsverletzung beruht und ist die Höhe dieses Anteils vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO nach seinem Ermessen zu schätzen, wenn nicht ausnahmsweise jeglicher Anhaltspunkt für eine Schätzung fehlt (BGH GRUR 2009, 856 - Tripp-Trapp; BGH GRUR 2006, 419, Rz. 15 - Noblesse). Der BGH hat deshalb unter Rz. 16 f. der Noblesse-Entscheidung entschieden, dass der Umstand, dass nicht der gesamte mit dem Absatz der widerrechtlich gekennzeichneten Ware erzielte Gewinn herausverlangt werden kann, Auswirkungen auch auf den Umfang des Auskunftsanspruchs hat. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Verletzer regelmäßig ein Interesse habe, seine Kalkulation und seine Gewinnspanne gegenüber dem Mitbewerber geheim zu halten. Zwar müsse dieses Interesse grundsätzlich zurückstehen, wenn der Verletzte auf die Angaben angewiesen sei, um seinen Schaden zu berechnen. Komme aber ohnehin nur eine grobe Schätzung in Betracht, sei dem Verletzer eine Offenbarung von Geschäftsinterna meist nicht zuzumuten, da diese Schätzung auch auf der Grundlage der Umsätze und gegebenenfalls grob ermittelter Gewinne erfolgen könne.

Indes liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor. Die Kaufentscheidung für Zubehör zu einer Spielekonsole wird - anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall - auch wesentlich im Hinblick auf das Design getroffen, das nach der Erwartung des Käufers dem Design des Originalproduktes möglichst angenähert sein soll. Der - nicht übermäßig - günstigere Preis mag für die Entscheidung des Kunden mit eine Rolle spielen, wenn auch keine entscheidende. Dass die Funktionalität und technische Ausstattung besondere Merkmale aufwiesen, die die angegriffenen Produkte von anderen Zubehörartikeln dieser Art abheben würden, haben die Beklagten nicht geltend gemacht. Ein jedenfalls erheblicher Teil des Gewinnes ist deshalb herauszugeben. Damit aber bestehen auch der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch uneingeschränkt.

Der auf Rechnungslegung über Angebote und Werbung geltend gemachte Anspruch besteht deshalb, weil insoweit jedenfalls ein Marktverwirrungsschaden in Betracht kommt.

Der Anspruch auf Belegvorlage resultiert im tenorierten Umfange daraus, dass die Klägerin zur Überprüfung der von den Beklagten erteilten Auskünfte auf die Belegvorlage im beantragten Umfang angewiesen ist (vgl. BGH GRUR 2008, 896, Rz. 31 - Tintenpatrone m.w.N.). Dem jeweils berechtigten Interesse der Beklagten an der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen wird durch den vorgesehenen Wirtschaftsprüfervorbehalt in angemessener Weise Rechnung getragen.

Die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung beruhen nach österreichischem Recht aus § 34 Musterschutzgesetz und nach französischem Recht auf Art. 521-7 CPI i.V.m. Richterrecht. Zwar fehlt es bislang nach den Ausführungen von Frau Prof. Dr. Kur im Ergänzungsgutachten vom 14.09.2012 (Anlage K 73) an einer gesetzlichen Regelung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch und ist die Rechtsprechung in diesem Punkt noch relativ rar. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass auch die französische Rechtsprechung den Vorgaben in der Durchsetzungs-Richtlinie Rechnung trägt und mithin einen dem nach deutschen Recht zu gewährenden Anspruch entsprechenden Anspruch zuerkennt. Denn nach Art. 8 Abs. 1 der Durchsetzungs-Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Gerichte im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums auf einen begründeten und die Verhältnismäßigkeit wahrenden Antrag des Klägers hin anordnen können, dass Auskünfte über den Ursprung und die Vertriebswege von Waren oder Dienstleistungen, die ein Recht des geistigen Eigentums verletzen, unter anderem von dem Verletzer erteilt werden. Nach Abs. 2 erstrecken sich die Auskünfte nach Abs. 1, soweit angebracht, auf die Namen und Adressen der Hersteller, Erzeuger, Vertreiber, Lieferer und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, die Angaben über die Mengen der hergestellten, erzeugten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren und über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen gezahlt wurden. Aus den bereits dargelegten Gründen rechtfertigt dies den vorliegend geltend gemachten Anspruch, wobei den Geheimhaltungsinteressen der Beklagten zu 2) in angemessener Weise durch die Aufnahme eines Wirtschaftsprüfervorbehaltes Rechnung getragen worden ist.

5.

Der mit dem Klageantrag zu VII. gegenüber den Beklagten jeweils geltend gemachte Vernichtungsanspruch besteht nach deutschem Recht aus § 43 GeschmMG.

Es bedarf insoweit nicht der Feststellung, dass die Beklagten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung jeweils Besitz oder Eigentum an sämtlichen rechtsverletzenden Erzeugnisse haben. Nach Auffassung der Kammer ist es zur Begründung des Vernichtungsanspruchs ausreichend, dass Besitz oder Eigentum der Beklagten bestanden haben und auch zukünftig noch bestehen können. Denn ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin besteht auch in dem Fall, in dem der Verletzer zwar zufällig im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht über Besitz oder Eigentum an einem rechtsverletzenden Erzeugnis verfügt, sich dies aber nach Schluss der mündlichen Verhandlung indes ändert, etwa infolge von Reklamationen oder - bei Verbindung mit der Geltendmachung eines Rückrufanspruches besonders naheliegend - infolge einer Rückgabe des rechtsverletzenden Erzeugnisses durch den Kunden aus sonstigen Gründen. Die Kammer sieht in diesem Ansatz, der in besonderem Maße der Prozessökonomie Rechnung trägt, keine unzulässige Verlagerung der notwendigen Tatsachenfeststellung vom Erkenntnisverfahren ins Vollstreckungsverfahren (in diesem Sinne OLG Hamm GRUR 1989, 502; LG Mannheim, Urteil vom 25.02.2005, 7 O 405/04 unter Berufung auf BGH GRUR 2003, 228 - P-Vermerk; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 140 a Rn. 3; a.a.O. hingegen LG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2011, 4b O 234/10 m.w.N.).

Nach österreichischem Recht ergibt sich der Vernichtungsanspruch unter denselben Voraussetzungen aus § 34 Musterschutzgesetz i.V.m. § 148 Patentgesetz (veröffentlicht unter www.jusline.at) und nach französischem Recht in Art. 521-8 CPI.

6.

Der mit dem Klageantrag zu VIII. geltend gemachte Anspruch auf Rückruf besteht mit den bereits dargelegten Beschränkungen auf die Verletzungshandlungen gemäß dem Klageantrag zu I. sowie in territorialer Hinsicht nach deutschem Recht aus § 43 Abs. 2 GeschmMG.

Nach § 43 Abs. 2 GeschmMG kann der Verletzte den Verletzer auf Rückruf von rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Erzeugnissen oder auf denen endgültigen Entfernung aus den Vertriebswegen in Anspruch nehmen.

Der Anspruch auf Rückruf setzt mithin rechtliche Verfügungsgewalt des Anspruchsgegners voraus, wobei auch die Möglichkeit der tatsächlichen Einflussnahme genügt, weil Handelskunden ein Interesse daran haben können, nicht ihrerseits wegen des Anbietens und Inverkehrbringens von rechtsverletzenden Erzeugnissen in Anspruch genommen zu werden (vgl. Eichmann/von Falckenstein, a.a.O., § 43 Rz. 5 m.w.N.). Jedenfalls eine solche tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme liegt hier vor. Soweit die Beklagten sich damit verteidigen, dass wegen der schnellen Umschlagzeit in der Elektronikbranche bereits von einem Abverkauf durch die von ihr belieferten Handelsketten auszugehen ist, so lässt sich diesem Vortrag nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass tatsächlich in den Lagern keine Ware mehr vorhanden ist, zumal schon geringe Mengen ausreichen würden. Hiervon abgesehen hat die Klägerin Screenshots vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass nach wie vor Kunden der Beklagten zu 1) die streitgegenständlichen Produkte im Angebot haben.

Die Beklagte zu 1) kann sich deshalb auch nicht auf eine Erfüllung berufen. Da nach wie vor ersichtlich von ihr stammende, rechtsverletzende Erzeugnisse bei ihren Abnehmern erhältlich sind, ist ihr Vortrag, sie habe bereits umfassend zurückgerufen, unsubstantiiert. Sie hat diesbezüglich lediglich Bezug genommen auf zwei Schreiben vom 12.07.2011 an die Firmen expert und Gameshop. Wann und mit welchem Inhalt ein Rückruf gegenüber den übrigen Abnehmern wie etwa amazon, hat sie nicht vorgetragen. Ihrem Vortrag mangelt es damit so erkennbar an Substanz, dass die Kammer sich nicht zu einem diesbezüglichen Hinweis veranlasst gesehen hat.

Der Anspruch auf Rückruf besteht indes nach dem eigenen Vortrag der Klägerin (vgl. das von der Klägerin vorgelegte Gutachten von Frau Prof. Dr. Kur vom 12.03.2012, Anlage 73, Bl. 25) nicht nach österreichischem Recht, so dass der Tenor wie geschehen zu beschränken war. Seine Grundlage nach französischem Recht findet er in Art. 521-8 CPI.

7.

Der mit dem Klageantrag zu IX. geltend gemachte Anspruch auf Urteilsveröffentlichung besteht nicht.

Nach deutschem Recht gilt Folgendes: Nach § 47 GeschmMG kann der obsiegenden Partei im Urteil die Befugnis zugesprochen werden, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse darlegt, wobei Art und Umfang der Bekanntmachung im Urteil bestimmt werden. Ein berechtigtes Interesse besteht in Verletzungsfällen in der Regel nur, wenn der Verletzer besonders verwerflich gehandelt hat oder wenn er sich öffentlich einer Nichtverletzung oder sogar der eigentlichen Inhaberschaft an dem Schutzrecht berühmt hat (Ruhl, a.a.O., Art. 89 Rz. 117; vgl. auch Eichmann/von Falckenstein, a.a.O., § 47 Rz. 2, der eine besonders verwerfliche Rechtsverletzung oder erhebliche Öffentlichkeitswirkung verlangt, was insbesondere bei Produktpiraterie der Fall sein kann). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar haben die Beklagten sich ersichtlich bewusst an die Gestaltung der Klägerin angelehnt, so dass ein Fall von Produktpiraterie vorliegen dürfte. Allerdings handelt es sich nicht um einen besonders hervorstehenden Fall, eine besondere Öffentlichkeitswirkung ist nicht dargetan. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass seitens der Beklagten weiterhin ein nennenswerter Vertrieb stattfinden würde, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine anhaltende Marktverwirrung vorliegt, die ein gegenwärtig noch bestehendes Aufklärungsinteresse rechtfertigen könnte.

Aus den dargelegten Gründen stellt eine Urteilsveröffentlichung auch keine geeignete Maßnahme dar, wie sie die Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte nach französischem Recht gemäß Art. 521-8 CPI treffen können, und fehlt es an dem berechtigten Interesse der Klägerin an einer Urteilsveröffentlichung, wie dies nach österreichischem Recht gemäß § 34 Musterschutzgesetz i.V.m. § 149 Patentgesetz erforderlich ist.

8.

Der mit dem Klageantrag zu X. geltend gemachte Anspruch auf Ersatz vorgerichtlich durch eine Abmahnung in Deutschland entstandener Rechtsanwalts- und Patentanwaltskosten besteht gegenüber beiden Beklagten jeweils unter Schadensersatzgesichtspunkten bzw. aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB.

Die Hinzuziehung eines Patentanwaltes bereits im Abmahnverfahren war angesichts der vorliegenden Überschneidung mit technischen Schutzrechten und der erkennbar zu prüfenden technischen Bedingtheit von Merkmalen der Klagegeschmacksmuster jedenfalls erforderlich.

Der Höhe nach errechnet sich eine von der Klägerin unbeanstandet geltend gemachte 1,3 Geschäftsgebühr jeweils für Rechts- und Patentanwalt zzgl. Auslagenpauschale aus einem der berechtigten Abmahnung zugrunde zu legenden Streitwert von jeweils 250.000,-- €, mithin in tenorierter Höhe.

Die Zinsforderung beruht auf den §§ 280, 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin kann, da es sich nicht um eine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB handelt, nur einen Zinssatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz geltend machen.

V.

Die Klageansprüche sind, soweit sie bestehen, auch durchsetzbar.

Die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung bleibt nach deutschem Recht schon deshalb ohne Erfolg, weil die Verjährungsfrist gemäß § 199 BGB nicht zu laufen beginnt, solange der Eingriff noch andauert (vgl. BGH NJW 73, 2285), und es unstreitig jedenfalls bis in das Jahr der Klageerhebung Verletzungshandlungen seitens der Beklagten gegeben hat. Es kann des Weiteren dahinstehen, ob dies auch im österreichischen oder französischen Recht gilt. Denn da die Beklagten weiterhin nicht substantiiert vorgetragen haben, ab welchem Zeitpunkt die Klägerin Kenntnis oder jedenfalls fahrlässige Unkenntnis von den streitgegenständlichen Schutzrechtsverletzungen gehabt hat, und nach allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen dies Voraussetzung für den Beginn des Laufes einer Verjährungsfrist ist, ist ein Verjährungstatbestand nach einer anderen Rechtsordnung eines anderen EU-Mitgliedsstaates jedenfalls nicht ansatzweise substantiiert vorgetragen.

VI.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO. Dabei hat das Gericht insbesondere die Tatsache, dass die Beklagte zu 2) bezüglich der Folgenansprüche nur teilweise verurteilt worden ist, mit einer Obsiegens-/Verlustquote von 50 % berücksichtigt.

Streitwert: 750.000,-- €,

wobei auf den Klageantrag zu I. 350.000,-- €, zu II. 150.000,-- €, zu III. 25.000,-- €, zu IV. 15.000,-- €, zu V. 10.000,-- €, zu VI. 125.00,-- € und zu VII.-IX. jeweils 25.000,-- € entfallen und wobei jeweils der Streitwert für jeden einzelnen Klageantrag hälftig auf die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) entfällt.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 26.09.2013
Az: 14c O 143/11 U.


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/45c9b7aa9256/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_26-September-2013_Az_14c-O-143-11-U




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