Oberlandesgericht München:
Urteil vom 17. März 2011
Aktenzeichen: 6 U 4037/07

(OLG München: Urteil v. 17.03.2011, Az.: 6 U 4037/07)

Tenor

1. Auf die Berufungen beider Parteien wird das Teilurteil des Landgerichts München I vom 12. Juli 2007, Az. 7 O 25258/05, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:

I. Die Beklagte wird verurteilt, in eine Abänderung des zwischen den Parteien geschlossenen Übersetzervertrages über das Werk mit dem Originaltitel "P. T. M." von B. A. vom 29.07.2002 dahingehend einzuwilligen, dass § 6 folgende Fassung erhält:

"§ 6

6.1 ... (bleibt unverändert)

6.2 Absatzvergütung

6.2.1 Übersteigt die Anzahl der verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplare im Hardcover/Trade Paperback 5.000 Exemplare, erhält die Übersetzerin ein zusätzliches Honorar in Höhe von 0,8% des Nettoladenverkaufspreises (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufspreises).

6.2.2 Übersteigt die Anzahl der verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplare im Taschenbuch 5.000 Exemplare, erhält die Übersetzerin ein zusätzliches Honorar in Höhe von 0,4% des Nettoladenverkaufspreises (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufspreises).

6.2.3 Elektronische Ausgaben werden in die Berechnung der Anzahl der verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplare derjenigen Buchausgabe einbezogen, die zuletzt vor Erscheinen der elektronischen Ausgabe veröffentlicht wurde.

6.3 Erlösbeteiligung

6.3.1 Die Übersetzerin erhält des Weiteren eine Beteiligung in Höhe von einem Fünftel des Autorenanteils an den Erlösen, die der Verlag durch die eigene Verwertung des übersetzten Werkes in Form von nicht der Buchpreisbindung unterliegenden Produkten erzielt; der Erlösanteil, den die Übersetzerin erhält, darf nicht höher sein als der Erlösanteil, der dem Verlag verbleibt; soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird, ist die Beteiligung des Übersetzers entsprechend geringer.

6.3.2 Die Übersetzerin erhält des Weiteren eine Beteiligung in Höhe von einem Fünftel des Autorenanteils an den Erlösen, die der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt oder überträgt; der Erlösanteil, den die Übersetzerin erhält, darf nicht höher sein als der Erlösanteil, der dem Verlag verbleibt; soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird, ist die Beteiligung des Übersetzers entsprechend geringer."

II. Im Übrigen wird der Klageantrag I. abgewiesen.

III. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung Vorbehalten.

2. Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I.

Die Klägerin, Übersetzerin des von dem zeitgenössischen russischen Autor B. A. verfassten Werks "P. T. M., nimmt € soweit im Berufungsverfahren noch von Belang € das beklagte Verlagshaus auf Einwilligung in eine auf § 32 UrhG gestützte Anpassung des am 29. Juli 2002 geschlossenen Übersetzervertrags (Anlage K 2) in Anspruch.

Das Landgericht hat mit Teilurteil vom 12. Juli 2007, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Klage im Hauptantrag abgewiesen und die Beklagte auf den Hilfsantrag hin entsprechend der damaligen Spruchpraxis des Senats zur Einwilligung in eine vom Gericht im Wege der freien Schätzung bestimmte Vertragsfassung dahingehend verurteilt, dass der Übersetzerin zusätzlich zum Normseitenhonorar von € 17,40 eine von der Auflagenhöhe oder der Ausgabe unabhängige Absatzbeteiligung von 1,5% des Nettoladenverkaufspreises sowie eine Beteiligung von 10% an den Nettoerlösen zusteht, die der Verlag aufgrund der eigenen Nutzung von Nebenrechten i.S.d. § 4 oder der Einräumung dieser Nebenrechte an Dritte erzielt, wenn und soweit die Benutzung der Nebenrechte die Benutzung der von der Klägerin gefertigten Übersetzung mit umfasst. Das Normseitenhonorar sollte auf die Absatzvergütung sowie die Nebenrechtsbeteiligung anzurechnen sein.

Gegen diese Entscheidung, den Parteien zugestellt am 17. bzw. 18. Juli 2007, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 01. August 2007 (bei Gericht eingegangen am 03. August 2007), die Klägerin am 09. August 2007 (Eingang am selben Tage) Berufung eingelegt. Auf übereinstimmenden Antrag beider Parteien hat der Senat unter dem 20. August 2007 das Ruhen des Verfahrens angeordnet, die Berufungsbegründungsfristen wurden wiederholt - zuletzt bis 15. März 2010 - verlängert.

Nach Erlass der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 07. Oktober 2009 "T. to A." haben die Parteien das Verfahren konkludent durch Einreichung ihrer Berufungsbegründungen wieder aufgenommen:

Die Beklagte setzt sich in ihrer am 15. März 2010 eingegangenen Berufungsbegründung in weiten Teilen zunächst mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auseinander, wobei sie insbesondere betont, dass die Absatzbeteiligung für Hardcover- und Taschenbuchausgaben gesondert, nämlich mit dem 5.000sten verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplar der jeweiligen Ausgabe, einsetze. Was die Beteiligung an den Erlösen aus der Verwertung von Nebenrechten anbelange, sei der auf den Übersetzer entfallende Anteil nach dem Erkenntnis des BGH in drei Schritten zu bestimmen: Von dem vom Verlag vereinnahmten Betrag seien zunächst die Vergütungen weiterer Rechteinhaber abzuziehen. Die verbleibende Position sei sodann um den Anteil zu reduzieren, der nicht auf die Übersetzung entfalle. Erst der sich so ergebende Betrag sei anschließend zwischen Verlag und Übersetzer hälftig zu teilen. Im Übrigen gibt die Beklagte an, bis Ende Januar 2010 von dem als Taschenbuch publizierten Kriminalroman "P. und der sch... M. 15.573 Exemplare zu einem Nettoladenverkaufspreis von € 8,31 veräußert zu haben. Soweit die Klägerin eine erhöhte Erlösbeteiligung mit Rücksicht auf die besonderen Schwierigkeiten der Übersetzung und dem damit einhergehenden Zeitaufwand für geboten halte, sei dem nicht zu folgen: Keineswegs könne eine Übertragung aus dem Russischen per se als besonders schwierig eingestuft werden; bei dem Text selbst handele es sich, wie die Klägerin in ihrem eigenen Gutachten (Anlage K 1) dargelegt habe, um Unterhaltungsliteratur. Etwaige überobligatorische Anstrengungen seien von der Klägerin nicht verlangt worden und auch nicht zu vergüten.

Die Beklagte beantragt,

das Teilurteil des Landgerichts München I vom 12. Juli 2007, Az. 7 O 25258/05, unter Zurückweisung der klägerischen Berufung abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte in Abänderung des Teilurteils des Landgerichts München I vom 12. Juli 2007, Az. 7 O 25258/05, zu verurteilen,

in eine Abänderung des mit der Klägerin bestehenden Übersetzervertrages vom 29. Juli 2002 über das Werk mit dem Originaltitel "P. T. (M. von B. A. mit folgender Fassung des § 6 einzuwilligen:

"6.1 ... (bleibt bestehen)

6.2 Zusätzlich zum Normseitenhonorar in Ziffer 6.1. erhält die Übersetzerin für ihre Tätigkeit und für die Übertragung sämtlicher Rechte als Gegenleistung eine Absatzvergütung ab dem 5.000. verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplar des übersetzten Werkes in Höhe von

6.2.a. 1% des Nettoladenverkaufspreises (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufspreises) für jedes verkaufte und bezahlte Exemplar in einer Hardcoverausgabe bis 20.000 Exemplare und 2% ab dem 20.001. Exemplar, sowie

6.2.b. 0,5% des Nettoladenverkaufspreises für jedes verkaufte und bezahlte Exemplar in der Taschenbuchausgabe bis 20.000 Exemplare, 1% ab dem 20.001. Exemplar, 1,5% ab dem 40.000. Exemplar und 2% ab dem 100.000. Exemplar.

6.3 Von jeder weiteren Nutzung der Übersetzung (§ 4.1 bis 4.10) in zur Verlagsgruppe R. H... gehörenden Unternehmen erhält die Übersetzerin 4% vom Verlagsabgabepreis.

6.4 Von sämtlichen Nettoerlösen, die beim Verlag insgesamt durch Einräumung von Lizenzen in Ausübung der in § 4.1 bis 4.10 eingeräumten Rechte eingehen, erhält die Übersetzerin 25%."

hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, in die Abänderung des § 6 des Übersetzervertrages vom 29. Juli 2002 zur Anpassung dahingehend einzuwilligen, dass die Klägerin eine vom Gericht im Wege der freien Schätzung festzusetzende angemessene Vergütung für die Übertragung der Urhebernutzungsrechte an ihrer Übersetzung des Werkes "P. T. M. von B. A. gewährt wird, die über das Honorar in § 6 des Übersetzervertrages vom 29. Juli 2002 hinausgeht, wobei das Gericht gebeten wird, die Änderungen des Vertrages entsprechend zu formulieren.

des Weiteren,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie moniert zunächst, die den Übersetzern vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung "T. to A." zuerkannten Beteiligungssätze seien nicht mehr als angemessen i.S.d. § 32 UrhG anzusehen, da sie den Zweck der Neuregelung, literarische Urheber grundsätzlich besser zu stellen, verpuffen ließen. Zum Streitfall führt sie aus, angesichts der Besonderheiten der Übersetzung stelle sich das an sich übliche Normseitenhonorar in Höhe von € 17,50 nicht als angemessen dar, so dass es (in Anlehnung an Tz. 56 der Entscheidung "T. to A.") einer Anhebung der vom Bundesgerichtshof für den Regelfall judizierten Erlösbeteiligung bedürfe: Dabei sei zunächst die Qualifikation der Klägerin in Betracht zu ziehen, die nicht nur über ein Studium der Slavistik, Politikwissenschaft und Osteuropäischen Geschichte mit Studienaufenthalten in Sofia/Bulgarien und Leningrad/UdSSR verfüge, sondern auch namhafte zeitgenössische wie klassische russische Autoren (darunter Michail Bulgakow, Nikolaj Gogol, Leo Tolstoj und Anton Tschechow) ins Deutsche übertrage. Des Weiteren sei die Schwierigkeit einer Übersetzung aus der (mit anderen europäischen Sprachfamilien nicht vergleichbaren) russischen Sprache im Allgemeinen wie auch spezifisch der Diktion des - herausragenden, angesichts seines Stils und seiner sprachlichen Eigenheiten indes schwierigen - Autors A. zu berücksichtigen. Zudem handele es sich bei dem streitgegenständlichen Werk um den zweiten Teil einer in der russischen Provinz des 19. Jahrhunderts angesiedelten Trilogie mit starker Vernetzung in der klassischen russischen Literatur - mit der Folge, dass nicht nur hinsichtlich der Begriffe aus der russischen Geistesgeschichte, der (z.T. abgewandelten) Bibelzitate und Wortspiele oder Anspielungen auf literarische Vorlagen (z.B. Tschechow) ein erhöhter Rechercheaufwand - auch unter Heranziehung von (beispielsweise botanischen) Speziallexika - angefallen, sondern auch ein Abgleich mit dem ersten (nicht von ihr übersetzten) Teil der Trilogie erforderlich geworden sei, um die Kontinuität des Erzählflusses zu gewährleisten. Angesichts dieser Schwierigkeiten sei auch ein unüblich hoher Zeitaufwand von bis zu 2,5 Stunden/Normseite angefallen. Bei dieser Sachlage erweise sich der mit dem gezahlten Seitenhonorar zu erzielende Stundenumsatz nicht mehr als angemessen; sondern als kläglich, was eine geringfügige Anhebung der Absatzbeteiligung auf 1% für Hardcoverausgaben und 0,5% für Taschenbuchausgaben rechtfertige. Diese absatzabhängige Vergütungsform habe nach den vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung "T. to A." aufgestellten Grundsätzen mit dem 5.000sten verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplar des Werks einzusetzen, ohne dass insoweit nach der Art der Ausgabe (Hardcover oder Taschenbuch) zu differenzieren sei. Schließlich müsse die Klägerin (anders als im Vertrag gemäß Anlage K 2 vorgesehen) auch an Erträgnissen aus der Nutzung der der Beklagten sonst eingeräumten Rechte - sei es innerhalb der Verlagsgruppe oder durch Lizenzvergabe an Dritte - partizipieren. Entgegen der Lesart der Beklagten seien als Bemessungsgrundlage für die an die Klägerin auszukehrenden Erträgnisse die beim Verlag (nach Abzug der Ansprüche sonstiger Rechtsinhaber) verbleibenden Erlöse als Ganzes heranzuziehen, ohne dass es der Ermittlung eines auf die Übersetzung entfallenden Anteils bedürfte.

Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2011 Bezug genommen.

II.

Auf die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten (§§ 519, 517 ZPO) und begründeten (§ 520 Abs. 2 Satz 1, 3; Abs. 3 ZPO) Berufungen beider Parteien hin war die angefochtene Entscheidung des Landgerichts entsprechend den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wie sie im Wesentlichen in der Entscheidung "T. to A. (GRUR 2009, 1148) dargelegt und zuletzt mit Urteil vom 20. Januar 2011 (Az. I ZR 19/09, "D... B.) zwar hinsichtlich der Bemessung der Nebenrechtsbeteiligung modifiziert, im Übrigen aber bekräftigt und konkretisiert wurden, im tenorierten Sinne abzuändern. Im Einzelnen:

1. Wie im Berufungsverfahren zwischen den Parteien nicht mehr im Streit steht, kann die Klägerin wegen der Unangemessenheit der unter dem 29. Juli 2002 vereinbarten Vergütung dem Grunde nach gemäß § 32 UrhG die Einwilligung der Beklagten in eine Anpassung des Übersetzervertrags nach Anlage K 2 verlangen.

25Der mit dem Hauptantrag formulierten Änderung des § 6 vermag der Senat zwar nicht zu entsprechen, sieht er doch in Abweichung von den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätzen (u.a.) eine nach Auflagenhöhe gestaffelte Absatzbeteiligung vor. Der Klägerin war jedoch nach dem Hilfsantrag zur Sicherstellung einer angemessenen Beteiligung an der Nutzung ihrer Übersetzung zum einen eine Absatzvergütung zuzuerkennen, die, wie in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20. Januar 2011 "Destructive Emotions" (dort Tz. 27) klargestellt, für jede Ausgabe (Hardcover/Trade Paperback oder Taschenbuch) gesondert ab dem jeweils 5.001sten verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplar des Werks "P. und der sch... M." einsetzt. Zur Höhe dieser Absatzvergütung ist zunächst mit dem Bundesgerichtshof davon auszugehen, dass eine Beteiligung von 2% des Nettoladenverkaufspreises von Hardcover-/Trade Paperback-Ausgaben bzw. 1% des Nettoladenverkaufspreises von Taschenbuchausgaben, die dann, wenn der Übersetzer ein für sich genommen übliches und adäquates Seitenhonorar als Garantiehonorar erhält und keine besonderen Umstände vorliegen, auf 0,8% (Hardcover/Trade-Paperback) bzw. 0,4% (Taschenbuch) herabzusetzen ist, regelmäßig als angemessen anzusehen ist. Wenn die Klägerin geltend macht, angesichts der besonderen Schwierigkeiten des streitgegenständlichen Textes erweise sich das Normseitenhonorar von € 17,50 - dessen Üblichkeit sie ansonsten nicht in Abrede stellt - nicht mehr als redlich, und daraus im Anschluss an die Ausführungen des Bundesgerichtshofes in der Entscheidung "T. to A." (dort Tz. 56) folgert, diesen durch das Garantiehonorar nicht abgegoltenen Erschwernissen sei durch eine moderate Erhöhung der Absatzvergütung Rechnung zu tragen, treffen ihre Ausführungen zwar im Grundsatz zu; die als besonderer Aufwand geltend gemachten Umstände des Einzelfalles vermag der Senat indes nicht dahingehend zu qualifizieren, dass sie eine Erhöhung der vom Bundesgerichtshof als regelmäßig angemessen vorgegebenen Beteiligungssätze geböten: Wie in der Entscheidung "D. E. " (dort Tz. 31) betont, lässt sich die (u.a. am Arbeitsaufwand zu orientierende) Angemessenheit eines Seitenhonorars nicht punktuell bestimmen. Vielmehr ist von einer ganzen Bandbreite von Beträgen auszugehen, die im Einzelfall als angemessen anzusehen sein können. Nur ein Seitenhonorar, das außerhalb dieser Bandbreite liegt, weil es von den durchschnittlich vereinbarten Margen "außergewöhnlich weit" (BGH a.a.O.) abweicht, kann eine Verringerung oder - wie im Streitfall geltend gemacht - Erhöhung der Absatzvergütung rechtfertigen. Wie dem Senat aus zahlreichen bei ihm (teils noch) anhängigen Verfahren bekannt ist und auch die Klägerin selbst einräumt, lag ein Normseitenhonorar von € 17,50 - zumal für Taschenbuchausgaben - im Jahr 2002 im (eher oberen) Bereich des Üblichen, so dass bereits aus diesem Grunde eine Anpassung der Absatzvergütung nach oben nicht veranlasst ist. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die als besondere Erschwernis geltend gemachten Umstände wie notwendige Recherchearbeiten, Abgleich mit den Texten literarischer Vorbilder oder Benutzung von Speziallexika ausnahmslos zu den regelmäßig anfallenden Vorarbeiten und damit zum Handwerk des Übersetzens gehören, eine Tätigkeit, die eben mit dem Garantiehonorar abgegolten wird. Dementsprechend hat es bei der Angemessenheit der (für den Fall eines - wie hier - angemessenen Seitenhonorars) regelmäßig anzusetzenden Absatzbeteiligung von 0,8% für Hardcover-/Trade-Paperback-Ausgaben bzw. 0,4% für Taschenbuchausgaben, wie in § 6.2.1 (neu) und 6.2.2 (neu) des Übersetzervertrags formuliert, sein Bewenden. In Anlehnung an die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung (vgl. Anlage K 2, dort § 6.2.1 letzter Abs.) war in § 6.2.3 (neu) klarzustellen, dass (vom Verlag veranstaltete) elektronische Ausgaben des Werks in die Berechnung der Anzahl der verkauften und bezahlten Exemplare derjenigen Buchausgabe einzubeziehen sind, die zuletzt vor Erscheinen der elektronischen Ausgabe veröffentlicht wurde.

Neben der so ausgestalteten Absatzvergütung erfordert die Billigkeit des Weiteren eine Beteiligung des Übersetzers an den Erlösen, die der Verlag zum einen aus der eigenen Verwertung des übersetzten Werks in Form von (sonstigen, d.h. neben elektronischen Ausgaben) nicht der Buchpreisbindung unterliegenden Produkten - § 6.3.1 (neu) - und zum anderen aus der Einräumung oder Übertragung des Rechts zur Nutzung des übersetzten Werks an Dritte - § 6.3.2 (neu) - erzielt. Die Bezifferung des dem Übersetzer hieraus gebührenden Anteils hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "D. E." (Tz. 42) dahingehend modifiziert, dass als Bemessungsgrundlage nunmehr nicht mehr der beim Verlag - nach Abzug der Ansprüche sonstiger Beteiligter - verbleibende Betrag heranzuziehen ist, sondern der dem Autor für diese spezielle Verwertungsform zustehende Betrag, von welchem dem Übersetzer grundsätzlich ein Fünftel, maximal jedoch ein Betrag in Höhe des dem Verlag verbleibenden Erlösanteils, gebührt. Soweit die Übersetzung bei der hier in Rede stehenden Verwertungsart in geringerem Umfang genutzt wird als das Original (beispielsweise nur die Dialoge aus der Übersetzung Eingang in eine Verfilmung des Stoffes finden), ist die Beteiligung des Übersetzers im Verhältnis herabzusetzen - bis auf Null, sofern (wie bei der Vergabe von Merchandizing-Rechten an allein vom Autor geschaffenen Romanfiguren) die Übersetzung in der konkreten Verwertungsart überhaupt nicht genutzt wird. Entsprechend diesen Vorgaben des Bundesgerichtshofes waren die Klauseln nach § 6.3.1 und § 6.3.2 im Tenor neu zu fassen.

2. Soweit die Klägerin über die ihr vom Senat zuerkannte Vertragsänderung hinaus eine Anpassung zu ihren Gunsten erstrebte (Hauptantrag), war die Klage abzuweisen, die weitergehende Berufung zurückzuweisen. Auch das nach wie vor auf vollständige Klagabweisung gerichtete Begehren der Beklagten war, soweit sie nicht teilweise durchgedrungen ist (vgl. gesonderter Schwellenwert von jeweils 5.000 Exemplaren für Hardcover- wie für Taschenbuchausgaben; Reduzierung der Höhe der Absatzvergütung), zurückzuweisen.

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 Var. 1 ZPO. Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es mangels vollstreckbaren Inhalts der Entscheidung nicht.

Eine (auch von den Parteien nicht angeregte) Zulassung der Revision ist nicht veranlasst: Nachdem der Bundesgerichtshof mit seinen Entscheidungen "T. to A." und "D... E..." die rechtsgrundsätzlichen, eine Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle betreffenden Fragen verbindlich geklärt hat, war im Streitfall nur noch über etwaige Besonderheiten der vorliegenden Konstellation zu befinden. Dies erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 543 ZPO.






OLG München:
Urteil v. 17.03.2011
Az: 6 U 4037/07


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