Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juni 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 38/05

(BPatG: Beschluss v. 07.06.2005, Az.: 27 W (pat) 38/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. Dezember 2004 aufgehoben.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit dem angefochtenen Beschluss die als Wortmarke für

"Parfümerien, Ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Seifen; Brillen und Sonnenbrillen sowie Brillenetuis; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Schreibwaren, insbesondere Kugelschreiber, Füller, Druck- und Drehbleistifte; Waren aus Leder und Lederimitationen (soweit in Klasse 24 enthalten), insbesondere Taschen und andere, nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen; Gürtel; Reise- und Handkoffer; Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen"

angemeldete Bezeichnung -MORE-

nach §§ 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Das englischsprachige Wort "-MORE-" werde als Begriff des englischen Grundwortschatzes in seiner Bedeutung "mehr" von den inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres verstanden. Wie eine Internetrecherche zeige, handele es sich bei dem Begriff "more" um einen sehr beliebten, aktuell und häufig auf nahezu allen Gebieten eingesetzten werbeüblichen Sachhinweis auf zusätzliche oder besondere Eigenschaften der angebotenen Waren. Das Markenwort reihe sich damit nahtlos in die Reihe entsprechender Werbeschlagworte wie z.B. "top", "ultra" und "extra" ein, wobei "more" nicht nur in Wortverbindungen, sondern auch als eigenständiges Adverb und damit in Alleinstellung und ohne konkreten Warenbezug verwendet werde. Es handele sich damit bei der Anmeldemarke um eine ohne weiteres verständliche und werbeübliche Sachaussage. Die mit ihr gekennzeichneten Waren würden daher nur dahingehend beschrieben, dass sie über "mehr" gegenüber den Produkten anderer Anbieter verfügten. Hieran ändere auch die vorliegend gewählte Schreibweise nichts; insbesondere werde der Verkehr die als solche nicht besonderes auffälligen Bindestriche nicht als phantasievolles und charakteristisches Merkmal auffassen, das eine Eignung zum betrieblichen Herkunftshinweis begründe. Auch der Hinweis der Anmelderin auf die eingetragene Marke ": More !" ändere hieran nichts, da sich hieraus kein Eintragungsanspruch ergebe.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin geltend, die Anmeldemarke sei kein Werbeschlagwort; die gegenteilige Behauptung der Markenstelle könne allenfalls für Verbindungen des Begriffs "more" mit anderen Bestandteilen zutreffen. Bei den von der Markenstelle zum Vergleich genannten anderen Schlagworten wie "top", "ultra" oder "extra" handele es sich um häufig eingetragene Marken. Es sei zudem in keiner Weise ergründbar, in welche Richtung eine werbliche Aussage zielen sollte. Dem Verbraucher erschlösse sich schon aus der Marke nicht, für welche Waren oder Dienstleistungen sie geschützt sei. Damit bleibe auch unklar, welche Eigenschaft hiermit angepriesen werden solle. Die Interpretation der Markenstelle sei lebensfremd, weil "more" im Sinne von "mehr" weder die Qualität eines Produkts noch seine Wirkung beschreiben könne; darüber hinaus sei allein aus dem Markenwort "-MORE-" nicht ersichtlich, dass hier tatsächlich ein "mehr" in der Qualität der Ware erwartet werden könne; dies werde der Verkehr vielmehr nur in Zusammenhang mit anderen Bestandteilen annehmen. Schließlich spreche die Eintragung des Zeichens "MORE!" für eine Schutzfähigkeit, auch wenn sich hieraus kein Eintragungsanspruch ergebe.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Senat vermag die Auffassung der Markenstelle, die Anmeldemarke sei mangels Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht schutzfähig, im Ergebnis nicht zu teilen.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns) die Eignung einer Marke, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH;; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft stets dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen. Dies ist nicht nur bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m.w.N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION), sondern auch bei werbemäßigen Aussagen der Fall, die sich in beschreibenden Angaben oder Anpreisungen allgemeiner Art erschöpfen (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 - Unter uns; WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - "Test it."; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft).

Nach diesen Grundsätzen kann der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nicht versagt bleiben. Einen die beanspruchten Waren beschreibenden Inhalt des Wortes "more" in der Bedeutung "mehr" vermag der Senat zu erkennen. Anders als die häufig anzutreffenden Kombinationen eines Begriffs mit den Zusätzen "and more", "& more", "und mehr" oder "+ mehr", die - vor allem wegen der in ihnen enthaltenen Konjunktionen - ohne weiteres darauf hinweisen, dass über den mit dem vorangestellten Begriff bezeichneten Gegenstand hinaus noch mehr geboten wird (vgl. etwa BPatG 29 W (pat) 132/99 - Fon + more u.a. für Telekommunikation; 27 W (pat) 221/00 - SOCKS & MORE für Strumpfwaren; 25 W (pat) 24/01 - HAIR «N« MORE u.a. für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; 33 W (pat) 16/02 - BANKING & MORE u.a. für Versicherungs- und Finanzwesen; sämtlich veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM), bleibt bei einer Verwendung des Adverbs "More" in Alleinstellung unklar, was hiermit zum Ausdruck gebracht werden soll. Soweit die Markenstelle im angefochtenen Beschluss vermutet hat, der englischsprachige Begriff werde auch in Alleinstellung beschreibend oder anpreisend verwendet, vermochte der Senat Nachweise hierfür nicht zu finden; Verwendungsbeispiele für eine solche Verwendung des Begriffs werden zudem weder im angefochtenen Beschluss genannt noch finden sie sich anderweitig in der Verwaltungsakte. Soweit die Markenstelle im angefochtenen Beschluss Werbesprüche als Beispiele anführt, wird der Begriff "more" in ihnen durchgängig nur in Verbindung mit anderen Begriffen verwendet; hierbei handelt es sich aber um keine Werbeaussagen, welche das Wort "more" in Alleinstellung enthielten.

Vielmehr deuten sowohl die über Suchmaschinen auffindbaren Internet-Webseiten als auch die Sammlung von Werbesprüchen auf der Internetseite http://www.slogans.de darauf hin, dass der Begriff "more" in Werbesprüchen üblicherweise nicht in Alleinstellung, sondern nur in Verbindung mit anderen Begriffen verwendet wird. Kann aber nicht einmal eine beschreibende oder werbeanpreisende Verwendung des Begriffs "more" in Alleinstellung festgestellt werden, fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass der Verkehr die Anmeldemarke nur als produktbeschreibende Angabe oder als Werbeaussage allgemeiner Art verstehen wird. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass die hier zu beurteilende Anmeldemarke den Begriff nicht allein, sondern in einer durch Bindestrich eingerahmten besonderen Schreibweise enthält, die infolge ihrer Ungewöhnlichkeit zusätzlich der Annahme entgegensteht, der Verkehr werde die angemeldete Gesamtbezeichnung nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Ähnlich wie den für schutzfähig erachteten Bezeichnungen "ABSOLUT" (BGH GRUR 1999, 1096), "YES" (BGH GRUR 1999, 1089; "FOR YOU" (BGH GRUR 1999, 1093), "LOGO" (BGH GRUR 2000, 722), "LOOK" (BGH GRUR 2001, 1150), aber auch "BONUS I" (BGH GRUR 1998, 465) und "BONUS II" (BGH GRUR 2002, 816) wird man der Anmeldemarke daher im Ergebnis die Schutzfähigkeit nicht absprechen können. Dies entspricht schließlich auch der Eintragungspraxis des HABM, welches insgesamt acht Marken - davon drei als Wortmarken - eingetragen hat, in denen der Begriff "more" als einziger Wortbestandteil enthalten ist.

Da aus den vorstehenden Gründen auch Anhaltspunkte für ein bestehendes Freihaltebedürfnis i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht erkennbar sind, war auf die Beschwerde der Anmelderin der Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

Dr. van Raden Prietzel-Funk Schwarz Na






BPatG:
Beschluss v. 07.06.2005
Az: 27 W (pat) 38/05


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