Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Oktober 2005
Aktenzeichen: 29 W (pat) 268/03

(BPatG: Beschluss v. 26.10.2005, Az.: 29 W (pat) 268/03)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts wird aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde für die Waren und Dienstleistungen "Schallplatten; Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte; Schlichtungsdienstleistungen".

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Fit for Mobile-Servicesoll für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 9:

Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild- und/oder Daten; Datenträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; EDV- und Telekommunikationssoftware; Telekommunikationsgeräte, insbesondere für den Festnetz- und Mobilfunkbereich;

Klasse 38:

Telekommunikation; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung mit Online-Diensten, nämlich Übermittlung von Nachrichten und Informationen aller Art; telefonische Auskunftsdienste, insbesondere direkte Herstellung der Gesprächsverbindung zum gesuchten Anschluss, das Mitteilen von Telefonnummern, Anschriften, Faxnummern;

Klasse 42:

Dienstleistungen eines Ingenieurs; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen eines Programmierers; Erstellen von technischen Gutachten; Recherchen (technische und rechtliche) in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen und Computern; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Dienstleistungen eines Netzwerkbetreibers, Informationsmaklers und Providers, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datennetzen und Datenbanken, insbesondere im Internet; Dienstleistungen einer Datenbank; Wettervorhersage; Schlichtungsdienstleistungen; Forschungen auf dem Gebiet der Telekommunikationstechnik.

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 22. September 2003 vollständig wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete Wortfolge erschöpfe sich in der sloganartigen Aussage "geeignet für mobile Dienstleistungen". Im Zeitalter der mobilen Datenkommunikation und der mobilen Technologien stelle das Zeichen daher in seiner Gesamtheit für sämtliche der beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine im Vordergrund stehende Sachangabe dar.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass sich der angemeldeten Wortfolge kein eindeutiger Aussagegehalt zuordnen lasse. Die Bestandteile "fit" und "Mobile" könnten verschiedene Bedeutungen aufweisen. Die von der Markenstelle dem Beschluss zu Grunde gelegte Recherche zeige außerdem, dass der Begriff "Mobile-Service" von jedem Unternehmen unterschiedlich interpretiert werde und daher keinen präzisen Bedeutungsgehalt habe. Im Übrigen sei der Begriff sprachregelwidrig gebildet, weil im englischen Sprachgebrauch Adjektive und Substantive nicht durch Bindestrich miteinander verbunden würden.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Internetrecherche wurde der Anmelderin übermittelt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Der angemeldeten Wortfolge fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft für folgende Waren und Dienstleistungen Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild- und/oder Daten; Datenträger, Verkaufsautomaten; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; EDV- und Telekommunikationssoftware; Telekommunikationsgeräte, insbesondere für den Festnetz- und Mobilfunkbereich;

Telekommunikation; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung mit Online-Diensten, nämlich Übermittlung von Nachrichten und Informationen aller Art; telefonische Auskunftsdienste, insbesondere direkte Herstellung der Gesprächsverbindung zum gesuchten Anschluss, das Mitteilen von Telefonnummern, Anschriften, Faxnummern;

Dienstleistungen eines Ingenieurs; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen eines Programmierers; Erstellen von technischen Gutachten; Recherchen (technische und rechtliche) in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Dienstleistungen eines Netzwerkbetreibers, Informationsmaklers und Providers, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datennetzen und Datenbanken, insbesondere im Internet; Dienstleistungen einer Datenbank; Wettervorhersage; Forschungen auf dem Gebiet der Telekommunikationstechnik.

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl EuGH GRUR 2003, 604, Rn 62 - Libertel; BGH GRUR 2005, 257 - Bürogebäude). Bei der Prüfung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, so dass auch ein geringes Maß ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Wortmarke fehlt unter anderem dann, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage darstellt (vgl BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).

Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen gelten die gleichen Grundsätze. Zu prüfen ist in jedem Fall, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen zukommt. Die Annahme mangelnder Unterscheidungskraft ist daher nur bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art gerechtfertigt. Anhaltspunkte für die Unterscheidungskraft einer Wortfolge können hingegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sowie deren Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit sein. Ein selbständig kennzeichnender Bestandteil oder ein fantasievoller Überschuss sind jedenfalls nicht Voraussetzung einer unterscheidungskräftigen Wortfolge (vgl BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier; GRUR 2000, 323, 324 - Partner with the Best; GRUR 2001, 1047, 1046 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft).

2. Nach diesen Grundsätzen fehlt der Wortfolge "Fit for Mobile-Service" als Werbeaussage allgemeiner Art für sämtliche Waren und Dienstleistungen, die bei einem mobilen Dienst eingesetzt bzw als mobiler Dienst erbracht werden können die erforderliche Unterscheidungskraft.

2.1. Die vom Senat durchgeführte Recherche zeigt, dass der Ausdruck "fit für" ebenso wie dessen englischsprachige Übersetzung "fit for" in der Werbung für unterschiedliche Waren und Dienstleistungen auf eine besondere Tauglichkeit oder Einsatzbereitschaft einer Sache hinweist, zB Freeware macht Bluetooth-Handy fit für Skype-Nutzung - www.golem.de;

Loewe LCD fit für jegliches digitales TV - www.digitalfernsehen.de;

PowerCinema ist fit für das digitale Heim - www.computerpartner.de;

Telefone fit für Voiceover IP! - http://www.voipinfo.de/;

EUnet macht Webhoster fit fürs große Business - www.eunet.at Fit for Life - Ihr Partner für Gesundheit & Fitness Reebok Running - Fit for the way to run - www.slogans.de.

2.2. Auch der weitere Zeichenbestandteil "Mobile-Service" findet im deutschen Sprachgebrauch in verschiedenen Dienstleistungsbereichen Verwendung. So bezeichnet er zum Einen Dienstleistungen, die von Außendienstmitarbeitern erbracht werden, zB

"Mobile Service - Die Integration von mobilen Arbeitsplätzen in die Kommunikationsprozesse wird zunehmend ein wichtiger Wettbewerbsfaktor für Unternehmen" - www.avaya.de/gmc/emea/de/services/offers/mobil_service.htm;

"Mobile Service - SAP Mobile Service Quick Check - Zielsetzungen: Ermittlung fachlicher Anforderungen - Ermittlung technischer Anforderungen und eines sinnvollen Gesamtszenarios" - http://www.neopartners.com/loesungen/leistungenmobile_service.htm;

"Mobile Service - Auftragsmanagement für Wartungs-, Reparatur- und Servicearbeiten sowie Ablesedienste - Übertragung aller Tourdaten, Kundendaten, Historie von ERP/CRM-System an den PDA des Kundendienstes - Verfügbarkeitsabfrage von Ersatzteilen auf dem PDA - Erfassung der geleisteten Arbeitszeit und Dienste direkt beim Kunden" - http://www.alatis.de/produkte_service_ueberblick.html;

"Mobile Service Szenario - Frühere Generationen mobiler Servicelösungen basierten in der Regel auf Einwahlverbindungen per Modem. Nachdem sich die Servicetechniker morgens eingeloggt hatten, waren sie häufig den Rest des Tages nicht mehr in Kontakt. Mit den mobilen Servicelösungen von Fujitsu Siemens Computers könnte das Leben für Serviceanbieter heute nicht mehr einfacher sein" - www.fujitsusiemens.de/sme/it_trends/mobility/mobile_service.html.

"3 Jahre Mobiler Service - eine Bilanz. Seit drei Jahren gibt es in Rostock den Mobilen Service. Das sind 30 freundliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der RSAG, die Rostocker und Touristen kostenlos zu Fragen des Nahverkehrs in Rostock beraten." - http://www.rsagonline.de/.

Daneben ist der Begriff "Mobile Service" verbreitet zur Bezeichnung von Angeboten, die mittels Mobilfunk angeboten werden, zB

"Mit dem KODAK Mobile Service können Sie Ihre Fotos jederzeit und überall ansehen und freigeben" - http://www.kodakmobile.de/;

"Strategische Postierungsmöglichkeiten von Mobile Service Providern gegenüber Medienunternehmen im Bereich mobiler Massenmarktanwendungen" - http://-www.diplomarbeiten24.de;

"Ihre Mobile Services administrieren Sie ab jetzt selbst. Ab sofort können Sie innerhalb von MyOffice auch Ihre mobilen Services koordinieren. Mit unserem Mobile-Service-Manager. Sie haben die Möglichkeit SMS Gewinnspiele und Votings sowie MMS Services selbst zu steuern." - https://myoffice.asinteractive.de;

"Die Firma July Systems entwickelte für den Mobilebereich eine Mobile Service Delivery Plattform. Mit dieser Software ist es möglich, verschiedenste Mobileservices wie Ringtones, Realtones, Wallpapers, Musikdownloads und Streaming Angebote bequem per Web Interface zusammen zu stellen und in jeglicher Form anzubieten" - http://epimusic.silpion.de.

Der Begriff "Mobile Service" kann damit abhängig vom jeweiligen Produktbereich unterschiedliche Bedeutungen aufweisen. Dies führt allerdings nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit. Denn gleichgültig, ob man darin einen Hinweis auf eine Dienstleistung im Außendienst oder einen Mobilfunkdienst sieht, steht im jeweiligen Kontext der unmittelbar beschreibende Aussagegehalt im Vordergrund. Sowohl bei den im Außendienst erbrachten Dienstleistungen als auch im Bereich des Mobilfunks ist nämlich die Tatsache der mobilen Erbringung, die den ortsunabhängigen Zugriff auf die relevanten Kunden- und technischen Daten ermöglicht, bzw die Eignung für ein Leistungsangebot mittels Mobilfunk von besonderer Bedeutung, so dass das angesprochene Publikum den Sachhinweis ohne weiteres erfasst (vgl BGH aaO - LOCAL PRESENCE - GLOBAL POWER). Dass es für die Annahme einer beschreibenden Angabe reicht, wenn ein Zeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen eine unmittelbar beschreibende Sachaussage enthält, hat der Europäische Gerichtshof im Übrigen wiederholt festgestellt (vgl EuGH GRUR 2004, 146, Rn 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 500, Rn 97 - POSTKANTOOR; GRUR 2004, 680, Rn 38 - BIOMILD).

2.3. Auf Grund der genannten Verwendungen erkennt das angesprochene Publikum in der Wortfolge "Fit for Mobile-Service" lediglich den schlagwortartigen Hinweis, dass die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen für den mobilen Dienst tauglich bzw einsatzbereit sind. Dies betrifft einerseits die im Bereich der Kommunikations- und Informationstechnologie beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die beim mobilen Datentransfer zum Einsatz kommen können oder auf einen solchen ausgerichtet sind. Den Charakter einer rein werblichen Aussage hat die Wortfolge darüber hinaus aber auch für alle Dienstleistungen, die zwar selber keinen mobilen Dienst darstellen, bei denen aber die ortsunabhängige Erhebung und Auswertung von Daten besondere Bedeutung hat, nämlich "Dienstleistungen eines Ingenieurs; Erstellen von technischen Gutachten; Recherchen (technische und rechtliche) in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit; Wettervorhersage". Auch insoweit steht daher wegen des engen Sachzusammenhangs zur mobilen Bereitstellung dieser Dienste der lediglich beschreibende Aussagegehalt der Wortfolge im Vordergrund (vgl BGH aaO - BerlinCard).

3. Etwas anderes gilt hingegen für die Waren und Dienstleistungen "Schallplatten; Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte; Schlichtungsdienstleistungen". Es lässt sich nicht feststellen, dass diese Waren bei mobilen Diensten eingesetzt werden bzw das angesprochene Publikum der mobilen Erbringung dieser Dienstleistungen eine besondere Bedeutung beimisst. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, dass die Übermittlung rechtsverbindlicher Erklärungen, wie sie im Bereich der Schutzrechtsverwaltung und -verwertung sowie des Schlichtungsverfahrens notwendig sind, mittels Mobilfunk bisher nicht üblich ist und diese Dienstleistungen regelmäßig nicht im Außendienst erbracht werden. Da es insoweit am notwendigen Sachzusammenhang mit der mobilen Erbringung fehlt, ist nicht davon auszugehen, dass für den Verkehr der beschreibende Aussagegehalt der angemeldeten Wortfolge unmittelbar im Vordergrund steht.

Grabrucker Fink Dr. Mittenberger-Huber Cl






BPatG:
Beschluss v. 26.10.2005
Az: 29 W (pat) 268/03


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https://www.admody.com/urteilsdatenbank/478129020270/BPatG_Beschluss_vom_26-Oktober-2005_Az_29-W-pat-268-03




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