Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. November 2006
Aktenzeichen: 30 W (pat) 212/04
(BPatG: Beschluss v. 20.11.2006, Az.: 30 W (pat) 212/04)
Tenor
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Marke NOK ist am 10. Juli 2001 unter der Nummer 301 05 432 u. a. für "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Desinfektionsmittel" in das Markenregister eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 9. August 2001.
Widerspruch erhoben hat u. a. am 21. September 2001 die Inhaberin der Marke 1 186 070 NUK, eingetragen seit dem 21. Oktober 1992 für "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege in Form von Milchen, Lotionen und Cremes, kosmetischen Badezusätzen und Haarshampoos, sämtlich für Babies und Kleinkinder".
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Eintragung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 186 070 NUK teilweise, nämlich im oben genannten Umfang, gelöscht. Begründend ist insbesondere ausgeführt, dass angesichts einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und enger bis mittlerer Warenähnlichkeit im Umfang der teilweisen Löschung der Abstand in den leicht erfassbaren Kurzwörtern weder klanglich noch bildlich ausreiche, um Verwechslungsgefahr ausschließen zu können.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat Beschwerde eingelegt. Eine Äußerung zur Sache ist im Beschwerdeverfahren nicht zu den Akten gelangt.
Die Widersprechende hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache ebenfalls nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend die Beschlüsse der Markenstelle Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist in der Sache nicht begründet. Es besteht auch nach Auffassung des Senats Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hat nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren, so dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung z. B. EuGH GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) - PICASSO; BGH WRP 2006, 92, 93 (Nr. 12) - coccodrillo).
Der Senat geht mangels anderweitiger Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke insgesamt aus, da Anhaltpunkte, die in eine andere Richtung weisen könnten, nicht erkennbar sind.
Die sich gegenüberstehenden, jeweils aus drei Buchstaben bestehenden Markenwörter weisen - abgesehen von den abweichenden Mittelvokalen "O" bzw. "U" -, die sowohl im dunklen Klangbild als auch figürlich deutlich angenähert sind, in jeder Hinsicht völlige Übereinstimmung auf, was sich naturgemäß auf Klang- und Schriftbild auswirkt. Unter diesen Umständen bedarf es im Bereich der sich gegenüberstehenden Waren eines erheblichen Abstandes, um Verwechslungen in markenrechtlich erheblichem Umfang mit hinreichender Sicherheit ausschließen zu können. Ein solcher Abstand liegt im Umfang der Waren, die Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, nicht vor.
Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist entscheidend, ob die beiderseitigen Waren in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 (Nr. 23) - Canon; BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/RE-VIAN; GRUR 2003, 428, 432 - BIG BERTHA; Ströbele/Hacker MarkenG 8. Aufl. § 9 Rdn. 44 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen besteht zwischen den maßgeblichen Waren enge bis mittlere Ähnlichkeit ohne Richtung zur Warenferne. Zwischen den Waren "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege" einerseits und den Waren "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege in Form von Milchen, Lotionen und Cremes, kosmetischen Badezusätzen und Haarshampoos, sämtlich für Babies und Kleinkinder" andererseits bestehen zahlreicher Überschneidungen in der Anwendung (z. B. Hauterkrankungen, Hautparasiten), stofflicher Beschaffenheit und Vertrieb (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl. S. 209 f.). Dies gilt auch bezüglich der "Desinfektionsmittel" (vgl. Richter/Stoppel a. a. O. S. 67). Zur Annahme der Warenähnlichkeit ausreichende Berührungspunkte bestehen auch zwischen den Waren "diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke" und den Waren der Widerspruchsmarke wegen Überschneidungen in der Bestimmung, Wirkung und im Vertrieb (vgl. Richter/Stoppel a. a. O. S. 68). Zwischen der "Babykost" und den für Babies bestimmten Erzeugnissen der Widerspruchsmarke bestehen Überschneidungen im Vertrieb und Verwendungszweck, was beim Verkehr zu der Vorstellung führen kann, die Waren stammten aus demselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen (vgl. EuGH a. a. O. S. 924 Rdn. 29 - Canon).
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.
BPatG:
Beschluss v. 20.11.2006
Az: 30 W (pat) 212/04
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