Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Februar 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 242/02
(BPatG: Beschluss v. 26.02.2003, Az.: 32 W (pat) 242/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die am 23. Oktober 1998 für die Waren und Dienstleistungen Wasserleitungsgeräte, sanitäre Anlagen und deren Teile, insbesondere Selbstschlussarmaturen, Hähne und Regelarmaturen, Strahlregler, Durchflussmengenregler für Wasserleitungen und Wasserleitungsgeräte, Schläuche für sanitäre Zwecke;
Planung und Beratung bei der Erstellung sanitärer Anlageneingetragene Marke 398 46 935 AVS ist Widerspruch erhoben aus der Marke 394 06 628 ASV die seit 16. August 1995 für Pumpen, soweit in Klasse 7 enthalten, insbesondere Pumpen überwiegend aus Kunststoff, Drehzahl- und Druckregler, Druckreduzierventile als Maschinenteile, Armaturen für Maschinen, hydraulische, pneumatische und elektrische Antriebe für Pumpen, Teile der vorgenannten Waren; Mess-, Regel- und Überwachungsgeräte; Grenzwert- und Durchflusssignalgeber, Fernanzeigen und Monitore, digitale Displays; Teile der vorgenannten Waren; gas- und flüssigkeitsführende Armaturen, insbesondere Hähne, Ventile, Schieber, Klappen, Belüfter, Entlüfter, Rückschlagklappenventile und Automatikarmaturen, vorwiegend aus Kunststoff, Teile von Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Klima-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräten sowie sanitären Anlagen; Wärmepumpen; Teile von Schuhwaren sowie Schuhbesohlmaterial, nämlich Absätze, Sohlen, Einlegesohlen, Pelotten, Laufflecken für Absätze und Sohlen, Absatz- und Sohleneckeneingetragen ist.
Die Markenstelle hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bei Buchstabenfolgen achte der Verbraucher auf Unterschiede genauer. Die geänderte Reihenfolge der Buchstaben genüge, eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.
Dagegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung sie vor allem darauf abstellt, die Waren seien teilweise identisch und im übrigen hochgradig ähnlich. Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke seien typische Hilfsdienstleistungen eines Anbieters der beanspruchten Geräte. Buchstabenmarken seien wie Wortmarken zu beurteilen. Die Marken bestünden jeweils aus drei gleichen Buchstaben. Der erste Buchstabe sei jeweils das A. Die Umstellung der beiden letzten Buchstaben führe auch nicht zu einer Abkürzung mit unterschiedlichem Sinn, da ASV keine gängige Abkürzung für "Allgemeinen" oder "Akademischen Sportverein" sei. In der BGH-Entscheidung "DKV/OKV" seien die ersten Buchstaben verschieden und auch nicht alle drei Buchstaben gleich.
Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben sowie die angegriffene Marke zu löschen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, ASV sei nicht aussprechbar; es sei daher erst mit dem neuen Markengesetz als Marke schutzfähig geworden. Der Schutzumfang sei dementsprechend gering. Bei solchen Zeichen achte der Verbraucher auch auf Unterschiede in nur einem Buchstaben, zumal SV als Abkürzung für "Sportverein" erkennbar sei. Außerdem bestreite sie die Benutzung der Widerspruchsmarke.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, denn die angegriffene Marke ist nicht zu löschen; mangels ihrer Ähnlichkeit mit der Widerspruchsmarke besteht trotz teilweiser Identität der Waren und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke keine Gefahr von Verwechslungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Nach diesen Vorschriften ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Ob zwei konkurrierende Marken einer Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unterliegen, hängt dabei im wesentlichen vom Zusammenwirken der Faktoren Warenähnlichkeit, Markenähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der älteren Marke ab.
Die durch die beiden Marken erfassten Waren sind im Bereich der Regelgeräte identisch. Da der Senat selbst insoweit keine Verwechslungsgefahr annimmt, kann dahingestellt bleiben, ob und in welchem Grad die übrigen Waren bzw. Dienstleistungen ähnlich sind. Auch auf die Benutzung der Widerspruchsmarke kommt es damit nicht an.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Ihr Schutzumfang ist nicht von Haus aus, als Buchstabenzeichen, geschmälert. Unter dem Markengesetz darf das früher grundsätzlich und unwiderlegbar zu Grunde gelegte Freihaltungsbedürfnis nicht mehr unterstellt werden (BGH GRUR 2002, 1067 -DKV/OKV). Anhaltspunkte für die Annahme, gerade der Buchstabenfolge der Widerspruchsmarke komme von Haus aus nur eine schwache Kennzeichnungskraft zu, liegen aber nicht vor. Weder ASV als Ganzes noch Teile davon sind, etwa durch häufige anderweitige Verwendung, farblos oder nichtssagend geworden.
Es besteht keine Verwechslungsgefahr.
Klanglich sind [avaues] und [aesvau] nicht ähnlich, weil die betonten Endungen markant verschieden sind. Dies führt zu kontrastierenden Wortmelodien.
AVS und ASV unterscheiden sich auch in der Schreibweise ausreichend. In Anbetracht der Kürze der Zeichen tritt die Abweichung selbst beim unaufmerksamen Betrachten der Vergleichsmarken noch deutlich genug in Erscheinung. Auf dem vorliegenden Gebiet existieren Fachabkürzungen und Marken aus (drei) Buchstaben; der Verbraucher wird derartigen Kurzbezeichnungen daher mit besonderer Aufmerksamkeit begegnen.
Die angesprochenen Unterschiede reichen hier jedenfalls deshalb aus, eine Verwechslungsgefahr zu verneinen, weil es sich um Spezialwaren und Dienstleistungen handelt, die in erster Linie Fachleute ansprechen. Diese sowie zumindest fachlich interessierte Laien achten mehr als das allgemeine Publikum auf Unterschiede in Kennzeichen. Sie kaufen nicht flüchtig ein, sondern prüfen Angebote sorgfältig, wobei ihnen selbst verhältnismäßig kleine Unterschiede in Benennungen nicht entgehen. Fachleute sowie informierte Laien, welche die von beiden Marken beanspruchten Waren und Dienstleistungen erwerben bzw. in Anspruch nehmen, geben bei Bestellungen die Marken sorgfältig wieder, um Falschlieferungen zu vermeiden. Hinzu kommt, dass sie in der Regel nicht aus der bloßen Erinnerung heraus bestellen kaufen, sondern an Hand von Katalogen, Preislisten etc.
Zu einer Kostenauferlegung besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Dr. Albrecht Sekretaruk Bayer Hu
BPatG:
Beschluss v. 26.02.2003
Az: 32 W (pat) 242/02
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