Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 16. Januar 2008
Aktenzeichen: VI-Kart 11/06 (V)

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 16.01.2008, Az.: VI-Kart 11/06 (V))

OLG Düsseldorf

Beschl. v. 16.1.2008, VI - Kart 11/06 (V)

§ 20 Abs. 1 GWB

Leitsätze:

1. Die für eine 5-jährige Vertragslaufzeit vereinbarte Alleinbezugsverpflichtung des Franchise-Nehmers stellt auch dann keine unbillige Wettbewerbsbehinderung im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB dar, wenn sie das gesamte Warensortiment umfasst. Das folgt aus den Regelungen der VO(EG) Nr. 2790/1999 (sog. Vertikal-VO), auf die im Rahmen der Billigkeitsprüfung zurückgegriffen werden kann.

2. Der Franchise-Geber, der seinen Franchise-Nehmer als Großhändler mit der Vertragsware beliefert und diesem nicht sämtliche Einkaufsvorteile weitergibt, erfüllt nicht den Tatbestand einer unbilligen Behinderung im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB.

Mit Rücksicht auf die Preisbildungsfreiheit sind Maßnahmen der Preisgestaltung nur dann unbillig im Sinne von § 20 GWB, wenn sie entweder in der Absicht der Verdrängung eingesetzt werden oder wenn aus der wettbewerbsbehindernden Preisbildung die konkrete und ernste Gefahr einer nachhaltigen Beeinträchtigung struktureller Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb erwächst, d.h. eine konkrete ernsthafte Gefahr für den Bestand des Wettbewerbs geschaffen wird.

3. Auch die Kombination einer 100 %igen Bezugsbindung mit der Nichtweitergabe sämtlicher Einkaufsvorteile stellt nicht per se eine unbillige Behinderung des gebundenen Franchise-Nehmers dar. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Franchise-Geber seinen Franchise-Nehmer als Großhändler mit der Vertragsware beliefert und für diese Großhandelstätigkeit einen Teil der Einkaufsvorteile einbehalten darf.

Tenor

I.

Der Beschluss des Bundeskartellamts vom 8. Mai 2006 - B 9 - 149/04 - wird hinsichtlich des Beschlusstenors zu 2. aufgeho-ben.

II.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die der Beschwerde-führerin entstandenen notwendigen Auslagen werden dem Bun-deskartellamt auferlegt.

III.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 250.000 €.

IV.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die P. B. GmbH mit Sitz in K.-S. (nachfolgend P. GmbH) ist eine Tochtergesellschaft der P. B.- und H. AG, K. (nachfolgend P. AG), an der die M. AG etwa 40 % der Aktien hält.

Die P. GmbH vertreibt im sog. dualen Vertriebssystem Baumarktsortimente. Sie unterhält unter der Bezeichnung "P." etwa 275 eigene Baumarkt-Filialen als Regiebetriebe. Darüber hinaus gibt es etwa 20 Franchisenehmer der P. GmbH, die zumeist unter der Bezeichnung "e. B. & H. M." oder "T.-C. B." geführt und von der Franchise-Systemzentrale der P. GmbH betreut werden. Zudem betreibt die P. AG selbst unter der Bezeichnung "T.-C." 22 weitere Baumärkte ganz überwiegend als Regiebetriebe.

Bis November 2005 war die P. AG eine 100%ige Tochtergesellschaft der M. AG, D.. Danach ist sie aus dem M.-Konzern herausgelöst worden. Bis November 2005 erfolgte der Einkauf der Sortimentsware für die eigenen Regiebetriebe und die Franchise-Betriebe über eine zentrale Beschaffungsorganisation des M.-Konzerns. Die M. G. B. GmbH (M.), D., verhandelte mit den verschiedenen Lieferanten die Rahmenbedingungen der Lieferverträge aus. Der Lieferant übermittelte nach Auslieferung der abgerufenen Waren die Rechnungen an die M. G. A. P. GmbH (M.), K.. Dort wurden die Rechnungen erfasst und an die P. GmbH weitergeleitet, die die Rechnungen nach Prüfung zur Zahlung freigab. M. leitete sodann die geprüften Rechnungen an die M. G. I., Z., weiter, die die Lieferantenrechnungen anschließend bezahlte. Die P. GmbH übermittelt ihren Franchisenehmern wöchentlich die jeweiligen Lieferantenrechnungen in Kopie und bucht die Rechnungsbeträge vom Konto des Franchise-Nehmers ab. Die von M. bei Abschluss der Rahmenverträge ausgehandelten Einkaufsvorteile (Rabatte, Boni, Rückvergütungen u.ä.) werden nicht zu 100 % an die Franchise-Nehmer weitergeleitet. Zugunsten des Franchise-Nehmers wird allerdings ein sog. Belegabzug von den Rechnungsbeträgen abgesetzt, der je nach Lieferant zwischen ca. 0,5 % und 5 % schwankt. Überdies wird eine Rückvergütung von monatlich .. % auf die getätigten Umsätze gewährt.

Zum Vertriebskonzept der P. GmbH gehört ein sog. Dauerniedrigpreisprogramm für bestimmte Artikel. Diese Artikel werden besonders beworben. Zudem ist das Dauerniedrigpreisprogramm darauf angelegt, dass der entsprechende Verkaufspreis unabhängig von der Werbung beibehalten wird. Diese Preispolitik hat zur Folge, dass bestimmte Artikel von P.-Regiebetrieben zu Einzelhandelspreisen (Verkaufspreisen) angeboten werden, die unter den Preisen liegen, zu denen die Franchise-Nehmer die Artikel bei der P. GmbH beziehen (Einkaufspreise). Die Franchise-Nehmer haben die Wahl, ob sie sich dem Dauerniedrigpreisprogramm der P. GmbH anschließen oder nicht. Nehmen sie daran teil, sieht eine Rückerstattungsregelung vor, dass die Preisdifferenz zwischen dem Einkaufspreis und dem Endkundenpreis erstattet wird.

Zu den Franchise-Betrieben der P. GmbH gehörten von Januar 2001 bis Januar 2006 der T.-C. B. in S. a.d. M. und von Mai 2001 bis April 2004 das T.-C. in N.. Für beide Betriebe war vereinbart worden, dass der Franchise-Nehmer die Sortimentsware zu 100% bei der P. GmbH bezieht. Franchise-Nehmer für den Standort in S. war die beigeladene B. und H. B. GmbH & Co. KG, L.. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Franchise-Vertrag vom 22./23.01.2001 Bezug genommen (Bl. 44-57 AA).

Mit Beschluss vom 8. Mai 2006 hat das Bundeskartellamt die P. GmbH verpflichtet, von ihren Franchise-Nehmern für die Belieferung mit Waren des systemtypischen Sortiments keine Bezugspreise zu fordern, die über den Verkaufs- bzw. Werbepreisen von Konkurrierenden P.-Regiebaumärkten liegen (1.) und festgestellt, dass die P. GmbH einzelne Franchisenehmer des P.-Franchisesystems unbillig behindert hat, soweit sie diesen Franchise-Nehmern eine 100%ige Bezugspflicht bezüglich des systemtypischen Warensortiments auferlegt und zugleich die erzielten Einkaufsvorteile, welche bei Lieferungen für Franchisenehmer bei der P. B. GmbH oder verbundenen Unternehmen anfallen, nicht an die jeweiligen Franchise-Nehmer weitergeleitet hat (2.).

Gegen diesen Beschluss wendet sich die P. GmbH mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde. Sie wendet sich insbesondere gegen die vom Bundeskartellamt vorgenommene räumliche Marktabgrenzung. Überdies sei weder durch das Dauerniedrigpreisprogramm noch dadurch, dass sie die erzielten Einkaufsvorteile nicht an ihre Franchise-Nehmer durchreiche, eine unbillige Behinderung im Sinne von § 20 Abs. 1 Alt. 1 GWB eingetreten.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2007 haben die Verfahrensbeteiligten das Beschwerdeverfahren hinsichtlich des Beschlusstenors zu 1. übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des Bundeskartellamts vom 8. Mai 2006 bezüglich des Feststellungsausspruchs zu Ziffer 2. aufzuheben.

Das Bundeskartellamt beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Bundeskartellamts an.

II.

Die zulässige Beschwerde der P. GmbH, die sich nach der übereinstimmend erklärten Erledigung des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich des Verbotstenors zu 1. nur noch gegen den Feststellungstenor zu 2. richtet, ist begründet.

Das Bundeskartellamt hat zu Unrecht gemäß § 32 Abs. 3 GWB festgestellt, dass die P. GmbH einzelne Franchise-Nehmer des P.-Franchisesystems unbillig behindert hat, soweit sie diesen Franchise-Nehmern eine 100%ige Bezugspflicht bezüglich des systemtypischen Warensortiments auferlegt und zugleich die erzielten Einkaufsvorteile (wie z.B. Skonti, Boni, Rückvergütungen), welche bei Lieferungen für Franchise-Nehmer bei der P. GmbH oder verbundenen Unternehmen anfallen, nicht an die jeweiligen Franchise-Nehmer weitergeleitet hat.

Die vom Bundeskartellamt beanstandete Kombination einer 100%ige Bezugspflicht mit der Nichtweitergabe aller erzielten Einkaufsvorteile verstößt nicht gegen das Verbot unbilliger Behinderung gemäß § 20 Abs. 1 Alt. 1 GWB.

Nach § 20 Abs. 1 GWB ist es marktbeherrschenden Unternehmen verboten, andere Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unmittelbar noch mittelbar unbillig zu behindern. Das Behinderungsverbot gilt gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 GWB auch für Unternehmen, die zwar nicht marktbeherrschend sind, aber von denen kleine oder mittlere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf andere Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen.

Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob die P. GmbH - so wie vom Bundeskartellamt angenommen und von der Beschwerde nicht angegriffen - gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 GWB Normadressatin des Behinderungsverbotes ist, weil zwischen ihr und den Franchise-Nehmern aufgrund der mehrjährigen vertraglichen Bindung und Ausrichtung des Geschäftsbetriebs eine unternehmensbedingte Abhängigkeit besteht. Ebenso kann dahin stehen, ob zwischen dem P.-Regiebetrieb in G. und dem bis Januar 2007 als Franchise-Betrieb geführten T.-C. B. in S. a.d. M. ein Wettbewerbsverhältnis besteht, mithin die vom Bundeskartellamt im Rahmen der räumlichen Marktabgrenzung vorgenommene Radius-Betrachtung in Hinblick auf die von der P. GmbH vorgelegten Ergebnisse ihrer Postleitzahlenanalyse Bestand haben kann. Selbst wenn der Franchise-Betrieb in S. a.d. M. mit dem P.-B. in G. und mit allen anderen Baumärkten dritter Wettbewerber im Umkreis von bis zu 30 Kilometern um seinen Standort in Wettbewerb stehen sollte, kann gleichwohl eine unbillige Behinderung des Franchise-Betriebes in S. durch das vom Bundeskartellamt beanstandete Verhalten der P. GmbH nicht festgestellt werden.

1.

Allerdings stellen sowohl die in § 6 Ziff. 1 des Franchisevertrages vom 22./23.01.2001 vereinbarte Ausschließlichkeitsbindung als auch die Nichtweitergabe sämtlicher bei den Lieferanten erzielten Einkaufsvorteile an den Franchisenehmer eine Behinderung dar.

Unter der Behinderung eines anderen Unternehmens im Sinne von § 20 Abs. 1 1. Alt. GWB ist in einem rein objektiven Sinn jede Beeinträchtigung seiner Betätigungsmöglichkeiten im Wettbewerb zu verstehen. Erforderlich ist eine tatsächliche Beeinträchtigung, d.h. eine Auswirkung auf die Wettbewerbschancen des beeinträchtigten Unternehmens gegenüber anderen Anbietern oder Nachfragern (Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 20 Rn. 116, 117).

a.

Der Franchise-Nehmer ist durch die in § 6 Ziff. 1 des Franchise-Vertrages geregelte Verpflichtung, das systemtypische Warensortiment nur vom Franchise-Geber zu beziehen, im Angebots- und/oder Nachfragewettbewerb behindert. Er wird in seiner wettbewerblichen Handlungsfreiheit beeinträchtigt, da er nicht frei entscheiden kann, bei welchen Großhändlern oder Lieferanten er welche Ware kaufen will. Er kann nur die Waren beziehen oder vertreiben, die der Franchise-Geber im Sortiment hat. Die Ware von Lieferanten, die der Franchise-Geber nicht gelistet hat, mit denen also keine Konditionen-Verträge bestehen, kann er nicht erhalten und in seinem Baumarkt anbieten. Er ist also daran gehindert, bei anderen Lieferanten unter Umständen bessere Konditionen für baumarkttypische Ware zu erhalten.

b.

Der Franchise-Nehmer wird in seinen Betätigungsmöglichkeiten im Wettbewerb ferner dadurch beeinträchtigt, dass die beim Einkauf der Ware durch die P. GmbH von den Lieferanten gewährten Einkaufsvorteile nicht vollumfänglich an ihn weitergeleitet werden. Dies gilt jedenfalls im Horizontalverhältnis gegenüber den P.-Regiebetrieben. Gegenüber dritten Baumärkten kann eine Behinderung hingegen nicht festgestellt werden.

aa.

Sollte der P.-Regiebetrieb in G. und der Franchise-Betrieb in S. a.d. M. demselben räumlichen (Angebots-)Markt für Baumarktware angehören - was nachfolgend unterstellt wird - , so ist der Franchise-Betrieb in seinen Betätigungsmöglichkeiten im Wettbewerb mit dem P.-Regiebetrieb in G. beeinträchtigt worden. Die Nichtweitergabe aller bei den Lieferanten erzielten Einkaufsvorteile an den Franchise-Nehmer in S. hat zur Folge, dass die Einstandspreise des Regiebetriebs niedriger sind als die Einstandspreise des Franchise-Betriebs.

(a)

Nach den Regelungen des am 22./23.01.2001 geschlossenen Franchise-Vertrages kommt - anders als die Beigeladene meint - zwischen dem Franchise-Nehmer und dem Franchise-Geber ein Kaufvertrag über die jeweilige Baumarktware zustande (§ 433 BGB).

Nach § 3 Ziff. 2 des Vertrages hat der Franchise-Nehmer die "vom Franchise-Geber gehandelte Waren" des "T.-C."-Sortiments anzubieten und zu verkaufen. Im Verhältnis zum Franchise-Nehmer tritt somit der Franchise-Geber als Händler der Systemware auf und nicht der Lieferant. Hiermit überein stimmt die Regelung in § 6 Ziff. 1 des Vertrages. Danach ist der Franchise-Nehmer verpflichtet, das systemtypische Warensortiment nur vom Franchise-Geber zu beziehen. Dies bedeutet, dass die Lieferbeziehungen zwischen den vertragsschließenden Parteien bestehen. Kämen die Kaufverträge indessen zwischen dem Franchise-Nehmer und den Lieferanten zustande, wären letztere gegenüber dem Franchise-Nehmer zur Lieferung verpflichtet. Überdies nimmt § 14 Nr. 3 des Vertrages auf die wirksam in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen des Franchise-Gebers Bezug. Dort ist u.a. die Bestellung, Lieferung und Bezahlung sowie der Eigentumsvorbehalt an der gelieferten Ware geregelt (Ziff. 1., 2. 3. und 9.). In Ziff. 1.2 Satz 2 und 3 heißt es, dass die Preise der bestellten Ware erst durch die Rechnungserteilung und Lieferung bestätigt werden und für die Berechung "unsere" am Tage der Lieferung geltenden Preise, also die (Verkaufs-)Preise des Franchisegebers als Verwender der Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen, maßgebend sind.

(b)

Die P. GmbH hat die Sortimentsware nicht zu denselben Preisen an ihren Franchise-Nehmer weiterverkauft, die sie selbst für den Einkauf der Ware bei den Lieferanten zahlen musste. Sie hat die von den Lieferanten gewährten Einkaufsvorteile (Skonti, Boni, Rückvergütungen u.ä.) nicht vollständig an den Franchise-Nehmer weitergeleitet. Hierüber besteht zwischen den Verfahrensbeteiligten Einigkeit. Die P. GmbH ist den Feststellungen des Bundeskartellamtes in dem angefochtenen Beschluss, wonach nur ein begrenzter Anteil der Einkaufsvorteile anteilig an den Franchise-Nehmer weitergeleitet worden ist, nicht entgegen getreten.

(c)

Sind damit aber die Einkaufspreise des P.-Regiebetriebs in G. niedriger als die Einkaufspreise, die der Franchise-Betrieb in S. a.d. M. für die gleiche Ware zu zahlen hat, hat der Franchise-Betrieb ungünstigere Bedingungen als sein Wettbewerber und ist hierdurch im Preiswettbewerb um den Kunden und damit in seinen Absatzmöglichkeiten beeinträchtigt. Nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Bundeskartellamtes wird der wichtigste Kostenfaktor im Einzelhandel durch die Bezugspreise bestimmt. Der Bezugspreis ist der Ausgangspunkt für die Kalkulation des Absatzpreises. Können konkurrierende P.-Regiebaumärkte daher mit günstigeren Bezugspreisen kalkulieren als die Franchise-Betriebe, haben sie viel mehr Spielraum und Möglichkeiten, in den Preiswettbewerb um den Baumarktkunden einzutreten.

bb.

Eine Behinderung der Franchise-Nehmer im Verhältnis zu dritten Baumärkten liegt hingegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die im relevanten Markt um den Standort S. a.d. M. ansässigen Baumärkte (O., B., t. u.a.) ihre Sortimentsware zu niedrigeren Preisen einkaufen als der Franchise-Betrieb in S. a.d. M..

(1)

Das Bundeskartellamt hat die Nettonetto-Einkaufspreise, d.h. die Preise ohne Mehrwertsteuer und abzüglich gewährter Einkaufsvorteile, weder für den Franchise-Betrieb noch für die konkurrierenden Baumärkte ermittelt und gegenübergestellt. Auf Befragen des Senates hat das Amt zudem mitgeteilt, dass ein Vergleich der Nettonetto-Einkaufspreise bei einem ca. 40.000 Artikel umfassenden Gesamtsortiment selbst dann nicht mit einem vertretbaren Aufwand möglich sei, wenn die Ware in einzelne Sparten unterteilt und eine repräsentative Anzahl vergleichbarer Artikel aus jeder Sparte ausgewählt werde. Um die Nettonetto-Preise zu ermitteln, müssten sämtliche Einkaufsvorteile (Skonti, Rabatte, Boni, Rückvergütungen etc.) aus den Lieferverträgen herausgefiltert und auf den jeweiligen Artikel anteilig umgelegt werden. Im Hinblick auf die unterschiedliche Art und Gestaltung der Einkaufsvorteile und die Vielzahl der Artikel sei dies indes nicht zu bewerkstelligen. Hinzu käme - worauf die Beschwerde zutreffend hingewiesen hat -, dass die Einkaufspreise in das Verhältnis zu den Leistungen der P. GmbH gesetzt werden müssten, die sie als Weiterverkäuferin/Großhändlerin zusätzlich erbracht hat und die mit dem Verkaufspreis abgegolten sein sollten.

(2)

Entgegen dem Vorbringen des Amtes kann auch nicht aufgrund allgemeiner Plausibilitätserwägungen davon ausgegangen werden, dass die dritten Baumärkte keine schlechteren Einkaufskonditionen bei den Lieferanten erzielen als die P. GmbH.

Es ist bereits zweifelhaft, ob ein Erfahrungssatz des Inhalts besteht, dass "bundesweit tätige Unternehmen vergleichbarer Größe bei der Nachfrage von mehreren 10.000 Artikeln bei einigen hundert Lieferanten im Durchschnitt in etwa ähnliche Einstandspreise aushandeln" können. Jedenfalls hat das Bundeskartellamt einen solchen Erfahrungssatz durch keine Tatsachen belegt. Allein eine pauschal auf die Branchenkenntnis des Amtes gestützte Vermutung reicht keinesfalls aus. Dies gilt um so mehr, als das Nachfragevolumen nur ein Aspekt unter mehreren ist, ob und in welchem Umfang ein Lieferant Einkaufsvorteile gewährt. Neben der Dauer der Geschäftsbeziehung und des persönlichen Kontakts ist auch das Verhandlungsgeschick des Lieferanten und/oder Nachfragers von entscheidender Bedeutung, zumal die ausgehandelten Konditionen der Geheimhaltung unterliegen und den Nachfragern untereinander nicht bekannt sind. Dies wird letztlich auch durch die Feststellungen des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung "Konditionenanpassung" (WvW DE-R 984, 985 oben) bestätigt.

Dass die Beigeladene für 22 Artikel des Pinselsortiments bei Alternativlieferanten günstigere Einkaufskonditionen angeboten bekommen hat als von der P. GmbH, sagt über die Einkaufskonditionen der Wettbewerber nichts aus. Die Verfahrensbeteiligten sind sich darüber einig, dass bei der Nachfrage geringer Mengen günstigere Konditionen erzielt werden können. Für Großnachfrager, zu denen auch die systemexternen Wettbewerber zählen, gilt dies aber gerade nicht.

2.

Zwar wird der Franchise-Nehmer somit durch die beanstandete Nichtweitergabe sämtlicher Einkaufsvorteilen bei gleichzeitiger 100%iger Bezugsbindung in seinen Wettbewerbschancen gegenüber dem P. Regie-Betrieb beeinträchtigt, jedoch ist diese Behinderung nicht unbillig.

Für die Frage, ob eine Behinderung unbillig ist, kommt es maßgeblich darauf an, ob die Handlungsfreiheit des betroffenen Unternehmens unangemessen eingeschränkt und dadurch eigene Interessen in rechtlich zu missbilligender Weise auf Kosten des betroffenen Unternehmens verwirklicht werden sollen (BGH WuW/E BGH 2195, 2199 - Abwehrblatt II; OLG Stuttgart WuW/E OLG 2386,2388 - Stuttgarter Wochenblatt; Schultz in Langen/Bunte, aaO., § 20 Rn. 143). Hierbei ist nach ständiger Rechtsprechung eine umfassende auf den Einzelfall bezogene Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB vorzunehmen.

Eine Abwägung der Interessen führt hier unter Berücksichtung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB zu dem Ergebnis, dass die Alleinbezugsverpflichtung und die Nichtweitergabe sämtlicher Einkaufsvorteile an den Franchise-Nehmer weder isoliert betrachtet noch in der vom Bundeskartellamt beanstandeten Kombination unbillig sind.

a.

Die für die Vertragslaufzeit von fünf Jahren vereinbarte Alleinbezugsverpflichtung des Franchise-Nehmers (§ 6 Ziff. 1) schränkt seine Handlungsfreiheit nicht unangemessen ein; zugleich werden hierdurch die eigenen Interessen des Franchise-Gebers nicht in rechtlich zu missbilligender Weise auf Kosten des Franchise-Nehmers verwirklicht.

Zwar hat der Franchise-Nehmer ein Interesse daran, zumindest einen Teil der Sortimentsware nicht beim Franchise-Geber, sondern bei Lieferanten seiner freien Wahl einkaufen zu können. Jedoch muss dieses Interesse hinter dem berechtigten Interesse des Franchise-Gebers an einer Alleinbezugsverpflichtung des Franchise-Nehmers zurücktreten.

Ausweislich der Regelung in § 6 Ziff. 1 des Franchise-Vertrages soll durch die Alleinbezugsverpflichtung die Einheitlichkeit der Qualität des "T.-C."-Angebots gewährleistet werden. Die 100%ige Bezugsbindung des Franchise-Nehmers ermöglicht dem Franchise-Geber festzulegen und zu kontrollieren, welche Ware im Franchise-Betrieb verkauft wird. Auf diese Weise schützt er die Identität und das Aussehen der Vertriebsorganisation. Die in Rede stehende Bezugsbindung ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie das gesamte Warensortiment für die Vertragslaufzeit von fünf Jahren erfasst. Eine solche Wertung lässt sich den Regelungen der VO(EG) Nr. 2790/1999 (sog. Vertikal-VO) entnehmen, auf die im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 20 GWB zurückgegriffen werden kann (vgl. Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 20 Rn. 147 a.E.; Langen/Bunte, aaO., § 20 Rn. 138; OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 1757 ff. - E.ON-Ruhrgas). Ist der Anwendungsbereich der Vertikal-VO nach Art. 2 und 3 VO 2790/1999 eröffnet, so sind grundsätzlich alle Wettbewerbsbeschränkungen in Vertikalvereinbarungen erlaubt und damit nach Art. 81 Abs. 3 EG freigestellt, die nicht ausdrücklich verboten sind. Aus Art. 5 lit. a) der Vertikal-VO folgt, dass die Freistellung nicht für unmittelbare und mittelbare Wettbewerbsverbote mit einer Laufzeit von mehr als 5 Jahren gilt, wobei zu den Wettbewerbsverboten im Sinne dieser Vorschrift auch alle unmittelbaren und mittelbaren Verpflichtungen des Käufers gehören, mehr als 80 % seiner auf der Grundlage des Einkaufswertes des vorherigen Kalenderjahres berechneten gesamten Einkäufe von Vertragswaren vom Lieferanten oder einem anderen vom Lieferanten bezeichneten Unternehmen zu beziehen (Art. 1 lit. b) Vertikal-VO). Dies bedeutet umgekehrt, dass eine 100%ige Bezugsverpflichtung mit einer Laufzeit von bis zu 5 Jahren nach Art. 2 Abs. 1 Vertikal-VO vom Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG freigestellt und damit erlaubt ist.

Ein Rückgriff auf die in der Vertikal-VO zum Ausdruck kommende Bewertung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich die in Rede stehende Alleinbezugsverpflichtung gerade nicht nur in einer bloß vertikalen Wettbewerbsbeschränkung erschöpft, sondern darüber hinaus auch horizontale Wirkung entfaltet, da sie - wie bereits oben ausgeführt - den Wettbewerb zwischen dem Franchise-Betrieb auf der einen Seite und dem P.-Regiebetrieb in G. auf der anderen Seite beschränkt. Der Regelungsgehalt der genannten Bestimmungen der Vertikal-VO kann auch zur kartellrechtlichen Beurteilung von im Horizontalverhältnis wettbewerbsbeschränkend wirkenden Vereinbarungen herangezogen werden. Nach Art. 2 Abs. 4 2. Halbsatz lit. a) Vertikal-VO ist die Freistellung auch auf horizontal wirkende Vereinbarungen anzuwenden, wenn die Wettbewerber - wie hier - eine nichtwechselseitige vertikale Vereinbarung treffen und der Jahresumsatz des Käufers 100 Mio. € nicht überschreitet. Der Vorteil der Gruppenfreistellung ist somit daran geknüpft, dass ein bestimmter Jahresumsatz des abnehmenden Partners nicht überschritten werden darf. Der Jahresumsatz des Franchise-Betriebes in S. a.d. M. betrug etwas mehr als 4 Mio. €, lag also weit unterhalb von 100 Mio. €.

Weitere Anhaltspunkte, die der in der Vertikal-VO zum Ausdruck kommenden positive Bewertung, wonach die durch die auf fünf Jahre begrenzte Bezugsverpflichtung entstehenden Vorteile, nach Art und Umfang geeignet sind, die damit einhergehenden Nachteile für den Wettbewerb auszugleichen, entgegen stehen könnten, sind nicht ersichtlich. Im übrigen macht das Bundeskartellamt selbst nicht geltend, dass die vereinbarte Alleinbezugsverpflichtung für sich genommen eine unbillige Behinderung der Franchise-Nehmer darstellt. Das Amt hat dies vielmehr ausdrücklich offen gelassen (Beschluss Seite 39).

b.

Auch die durch die Nichtweitergabe sämtlicher Einkaufsvorteile bewirkte Behinderung des Franchise-Betriebes durch die P. GmbH ist nicht als unbillig i.S. von § 20 GWB anzusehen.

Die P. GmbH hat ein berechtigtes Interesse daran, die bei den Lieferanten erzielten Einkaufsvorteile beim Weiterverkauf der Ware nicht zu 100%, sondern nur zu einem Teil an die Franchise-Nehmer weiterzuleiten.

Im Rahmen der wettbewerblich bestimmten Interessenabwägung sind die im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen insgesamt zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen zu berücksichtigen. Dazu gehört in erster Linie das generelle Ziel, Märkte offen zu halten. Dies führt allerdings grundsätzlich nicht dazu, das die Normadressaten des § 20 Abs. 1 und 2 GWB verpflichtet wären, fremden Wettbewerb zu fördern (BGH WuW/E BGH 2755, 2758 - Aktionsbeiträge; BGH WuW/E BGH 2399, 2404 - Krankentransporte). Liegt die Behinderung durch ein marktbeherrschendes oder marktstarkes Unternehmen darin, dass den zum Konzern gehörenden Unternehmen günstigere Konditionen eingeräumt werden als konzernfremden, so ist dieses Verhalten in der Regel nicht unbillig (BGH WRP 2004, 527 - Galopprennübertragung; BGH WuW/E BGH 2755, 2758 - Aktionsbeträge; BGH WuW/E BGH 1947, 1949 - Stuttgarter Wochenblatt I; BGH WuW/E DE-R 1003, 1005 - Kommunaler Schilderprägerbetrieb; Schultz in Langen/Bunte, aaO., § 20 Rn. 143,153). Allerdings sind in Einzelfällen Differenzierungen erforderlich, insbesondere wenn sich die Außenwirkungen der konzerninternen Vorgänge auf dem Markt zwischen den Konkurrenten auswirken und zu einer wettbewerbswidrigen Schieflage führen. Dies kann bei Maßnahmen der Preisgestaltung der Fall sein. Jedoch ist bei der Bewertung nichtdiskriminierenden Preisverhaltens als unbillige Wettbewerbsbehinderung besondere Zurückhaltung geboten. Die Preisbildungsfreiheit hat für das bei der Interessenabwägung besonders zu berücksichtigende Freiheitsschutzziel des GWB eine überragende Bedeutung. Das Unbilligkeitsurteil ist deshalb in aller Regel auf Fälle zu beschränken, in denen ein solches Verhalten bereits wegen Verstoßes gegen andere gesetzlich Vorschriften, insbesondere gegen § 20 Abs. 4 GWB und § 1 UWG, rechtswidrig ist und schon deshalb auch im Rahmen der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 GWB nicht als sachlich gerechtfertigt oder billig anerkannt werden kann (so Markert in Immenga/Mestmäcker, aaO., § 20 Rn. 193). Maßnahmen der Preisgestaltung sind daher i.S. von § 20 GWB unbillig, wenn sie von Normadressaten in der Absicht der Verdrängung eingesetzt werden oder wenn - ohne Vorliegen einer Verdrängungsabsicht - aus der Behinderung im Wettbewerb die konkrete und ernste Gefahr einer nachhaltigen Beeinträchtigung struktureller Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb erwächst mithin eine konkrete ernsthafte Gefahr für den Bestand des Wettbewerbs besteht (BGH WuW/E BGH 2977, 2981- Hitlisten-Platten - zu § 26 Abs. 4 GWB a.F.; OLG Düsseldorf WuW/E OLG 4511, 4516 - Endspurt 87; Schultz in Langen/Bunte, aaO., § 20 Rn. 145; Markert in Immenga/Mestmäcker, aaO., § 20 Rn. 195).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Verhalten der P. GmbH, beim Weiterverkauf der Waren an den Franchisenehmer die bei ihren Lieferanten erzielten Einkaufsvorteile nicht zu 100 % weiterzugeben, nicht als unbillig zu bewerten.

Die P. GmbH verstößt mit diesem Verhalten nicht gegen gesetzliche Vorschriften.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Franchise-Geber nicht kraft Gesetzes verpflichtet, die bei den Lieferanten erzielten Einkaufsvorteile an den Franchise-Nehmer in vollem Umfang weiterzuleiten (BGH NJW 1999, 2671, 2675 - Sixt).

Auch kann nicht festgestellt werden, dass die nicht vollständige Weitergabe der Einkaufsvorteile an die Franchisenehmer in Verdrängungsabsicht erfolgt oder hierdurch eine konkrete und ernsthafte Gefahr für den Wettbewerbsbestand begründet worden ist. Dass die P. GmbH die Einkaufsvorteile in der Absicht nicht zu 100 % an den Franchise-Nehmer weitergeleitet hat, um ihn aus dem Markt zu verdrängen, kann nicht festgestellt werden. Die P. GmbH hat eine wirtschaftlich nachvollziehbare Begründung dafür abgegeben, warum sie die Einkaufsvorteile nicht zu 100 % an den Franchise-Nehmer weitergeben hat. Zunächst sind die bei den Lieferanten ausgehandelten und erzielten Einkaufsvorteile zum weit überwiegenden Teil auf die Nachfrage der eigenen Regiebetriebe und nicht auf die Franchise-Betriebe zurückzuführen. Von dem insgesamt nachgefragten Volumen entfallen weniger als 1,5 % auf die Franchise-Betriebe. Darüber hinaus übt die P. GmbH gegenüber den Franchise-Nehmern eine Großhandelsfunktion aus, die sie sich durch den Aufschlag einer Großhandelsmarge auf ihr eigenen Nettonetto Einkaufspreise in der Form vergüten lässt, dass sie die erzielten Einkaufsvorteile nicht zu 100 % an den Franchise-Nehmer weiterleitet. Hierzu ist die P. GmbH auch berechtigt, da sie durch den Weiterverkauf der Sortimentsware an den Franchise-Nehmer in der Funktion eines Großhändlers zusätzliche Aufwendungen und Risiken hat, die sie nicht unentgeltlich erbringen muss. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die P. GmbH selbst keine eigenes Lager unterhält, sondern die von den Franchise-Nehmern bestellte Ware im sog. Streckengeschäft unmittelbar vom Lieferanten an den Franchise-Betrieb ausgeliefert wird. Ihre Tätigkeit als Großhändlerin führt zu einem größeren Koordinierungsaufwand. Sie handelt nicht nur - so wie es bei der alternativ in Betracht kommenden Konstruktion eines sog. echten Vertrages zu Gunsten Dritter der Fall ist - für ihre Franchisenehmer die Rahmenverträge mit den Lieferanten aus. Vielmehr schließt sie darüber hinaus die einzelnen Lieferverträge ab, prüft die einzelnen Rechnungen, gibt sie zur Zahlung frei und übermittelt die gesammelten Rechnungen sodann wöchentlich an die Franchise-Nehmer. Die Rechnungsbeträge bucht sie im Lastschriftverfahren vom Konto des Franchise-Nehmers ab. Sie ist für diese Koordinierung und gegenüber ihrem Franchise-Nehmer auch dafür verantwortlich, dass die Ware ordnungsgemäß und mangelfrei geliefert wird. Neben der Gewährleistungspflicht trifft sie das Insolvenzrisiko des Franchise-Nehmers, da sie gegenüber den Lieferanten zur Kaufpreiszahlung verpflichtet ist. Dieses Risiko wird nicht vollständig durch den in Ziff. 9 der Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen vereinbarten Eigentumsvorbehalt abgedeckt. So schützt der Eigentumsvorbehalt nicht vor einem gutgläubigen Eigentumserwerb Dritter, so dass die Ware trotz Zahlungsausfall des Franchise-Nehmers für den Franchise-Geber dauerhaft verloren gehen kann.

Soweit das Bundeskartellamt in diesem Zusammenhang geltend macht, die Großhandelstätigkeit sei bereits durch die in § 4 Ziff. 1 des Franchise-Vertrages vereinbarte Franchise-Gebühr abgegolten, kann diesem Vorbringen nicht gefolgt werden. Die Regelung in § 4 Ziff. 1 des Franchise-Vertrages ist nicht dahingehend zu verstehen, dass nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien mit der Franchise-Gebühr auch die Großhandelstätigkeit des Franchise-Gebers abgegolten werden soll. Nach § 4 Ziff.1 des Vertrages ist die Franchise-Gebühr als Entgelt für die gewährten Rechte und als "Kostendeckungsbeitrag für die Abwicklung des Waren-Geschäftes durch den Franchise-Geber" zu entrichten. Zutreffend weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass mit der genannten "Abwicklung des Waren-Geschäftes" die nach § 2 Ziff. 3 geschuldeten Leistungen (Beratung- und Betreuungsleistungen bei der Einkaufsdisposition, der Preisgestaltung durch Kalkulationshilfen, der Warendarbietung und bei allen sonstigen Verkaufsaufgaben) gemeint sind. Die in § 2 geregelten Pflichten des Franchise-Gebers unterteilen ebenso wie § 4 Ziff. 1 des Vertrages zwischen der Einräumung der Franchise-Rechte (§ 2 Ziff.1) und den übrigen Unterstützungs- und Betreuungsleistungen (§ 2 Ziff. 2. u. 3). Der Warenbezug ist hingegen erst in § 6 und damit nach der Franchise-Gebühr in § 4 des Vertrages geregelt. Zudem enthält § 6 keine Preisvereinbarung. Diese findet sich erst in Ziff. 1.2 der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen.

Kann somit eine Verdrängungsabsicht der P. GmbH nicht festgestellt werden, kommt es darauf an, ob die beanstandete Nichtweitergabe sämtlicher Einkaufsvorteile an den Franchise-Nehmer eine Gefährdung des Wettbewerbsbestandes in der Form bewirkt, dass Wettbewerber allgemein vom Markt verdrängt werden und in dessen Folge der Wettbewerb auf dem betroffenen Markt völlig oder nahezu aufgehoben wird. Eine solche Situation liegt hier indes nicht vor. So kann bereits in Zweifel gezogen werden, ob die beanstandete Maßnahme überhaupt geeignet war, den Bestand des Franchise-Betriebes in S. a.d. M. konkret zu gefährden. Gegen eine solche Annahme spricht, dass sich der Franchise-Betrieb über die gesamte fünfjährige Vertragslaufzeit der Wettbewerbssituation auf dem relevanten Markt hat stellen und entgegen der rückläufigen Umsatzentwicklung in der Branche seinen Umsatz in den Jahren 2003 bis 2005 (2004: +4,5 %; 2005: +5,9 %) kontinuierlich hat steigern können. Da überdies keine Feststellungen zu den Nettonetto-Einkaufspreisen der übrigen, im relevanten räumlichen Markt ansässigen dritten Baumärkte haben getroffen werden können, besagen die im Verhältnis zu den P.-Regiebetrieben höheren Einkaufspreise des Franchisenehmers nicht, dass er nicht mit den anderen im relevanten Markt ansässigen Baumärkten in Wettbewerb treten und im Wettbewerb bestehen konnte.

Aber selbst wenn für den Franchise-Betrieb in S. a.d. M. eine solche konkrete Verdrängungsgefahr bestanden haben sollte, wird hierdurch noch keine konkrete und ernsthafte Gefahr für den Bestand des Wettbewerbes auf dem relevanten räumlichen Markt begründet. Ausgehend von der räumlichen Marktabgrenzung des Amtes befinden sich in dem hier relevanten Markt um den Standort S. a.d. M. eine Vielzahl weiterer Baumärkte. Wie sich aus der Anlage 3 zur Beschwerdeschrift ergibt, sind neben den Baumarktketten H., O., B. und t. weitere Anbieter wie D., b. und G. vertreten. Selbst wenn daher der Franchise-Betrieb in S. a.d. M. durch die beanstandete Nichtweitergabe sämtlicher Einkaufsvorteile aus dem Markt hätte ausscheiden müssen, wäre dadurch der Wettbewerb der anderen Baumärkte untereinander nicht in seinem Bestand bedroht.

Stellt aber somit weder die Alleinbezugsverpflichtung noch die Nichtweitergabe sämtlicher Einkaufsvorteile an den Franchise-Nehmer für sich genommen eine unbillige Behinderung im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB dar, ist nicht zu erkennen, wie aus der Kombination der beiden Maßnahmen eine unbillige Behinderung des Franchise-Nehmers erwachsen soll. Der vom Bundeskartellamt aufgestellte Rechtssatz, dass bei einer 100%igen Bezugsbindung ein Anspruch auf 100% der Einkaufsvorteile besteht, ist durch nichts belegt und hält einer dogmatischen Prüfung nicht stand, da die P. GmbH aufgrund ihrer Großhandelstätigkeit für den Franchise-Nehmer jedenfalls einen Teil der Einkaufsvorteile behalten darf. Ob der einbehaltene Anteil der Höhe nach gerechtfertigt ist, ist nicht Gegenstand des Verfahrens und vom Senat nicht zu prüfen, da vom Bundeskartellamt allein die Kombination einer 100%igen Bezugsbindung mit der Nichtweitergabe aller erzielter Einkaufsvorteile beanstandet worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Abs. 1 Satz 1 GWB.

Das Bundeskartellamt hat als unterlegene Partei die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Beschwerde hat hinsichtlich des Beschlusstenors zu 2. Erfolg. Auch soweit das Beschwerdeverfahrens übereinstimmend hinsichtlich des Beschlusstenors zu 1. übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, triff das Bundeskartellamt die Kostenlast.

Nach § 78 GWB i.V.m. § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist über die Kosten des in der Hauptsache für erledigt erklärten Kartellverwaltungsprozesses nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Dabei genügt eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Ist der Verfahrensausgang danach offen, sind die Gerichtskosten hälftig zu teilen, und die außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten (BGH WuW/E DE-R 420 - Erledigte Beschwerde; BGH NJW-RR 2006, 1340 -Call Option). Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes hätte die Beschwerde auch hinsichtlich des Beschlusstenors zu 1. Erfolg gehabt. Die vom Bundeskartellamt für drei Artikel des insgesamt mehr als 40.000 Artikel umfassenden Baumarktsortiments festgestellte Preisschere hätte unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes ungeachtet der Frage der räumlichen Marktabgrenzung nicht als Verstoß gegen das Verbot unbilliger Behinderung gewertet werden können. Das Bundeskartellamt hatte keine Feststellungen dazu getroffen, ob es sich bei der beanstandeten Preisschere um eine Maßnahme des Verdrängungswettbewerbs handelt oder die Maßnahme geeignet war, die strukturellen Voraussetzungen für wirksamen Wettbewerb unter den Baumärkten nachhaltig zu beeinträchtigten. Allein die Tatsache, dass möglicherweise bei drei Artikeln eines breiten Gesamtsortiments kein Gewinn erzielt wird, rechtfertigt nicht die Annahme, dass das Unternehmen dann nicht mehr im Wettbewerb bestehen kann und vom Markt verdrängt werden wird. Bei einem Handelsbetrieb mit breitem Sortiment müssen das Unternehmensziel und die Preispolitik betriebswirtschaftlich nicht darauf gerichtet sein, für jede einzelne Ware einen Stückgewinn zu erzielen, sondern dass dort in der Regel mit dem Absatz des gesamten Sortiments ein möglichst günstiges Betriebsergebnis erzielt werden soll (BGH WuW/E BGH 2039, 2042).

Darüber hinaus hat das Bundeskartellamt aus Gründen der Billigkeit der obsiegenden Beschwerdeführerin die ihnen in der Beschwerdeinstanz entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

K. Dr. M. A.

Rechtsmittelbelehrung:

Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen beim Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen zwei Monaten zu begründen. Diese Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Verfügung und kann auf Antrag des Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Beschwerdeentscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Die Rechtsbeschwerdeschrift und die Rechtsbeschwerdebegründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.






OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 16.01.2008
Az: VI-Kart 11/06 (V)


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4819194a4900/OLG-Duesseldorf_Beschluss_vom_16-Januar-2008_Az_VI-Kart-11-06-V




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