Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 28. April 2005
Aktenzeichen: 5 U 156/04

(OLG Hamburg: Urteil v. 28.04.2005, Az.: 5 U 156/04)

1. Die Beschwer als von Amts wegen zu berücksichtigende Zulässigkeitsvoraussetzung der Berufung (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) bestimmt sich nach dem Sachvortrag bei Einlegung der Berufung. Die Rüge des Nichterreichens der Beschwer unterliegt nicht -weil etwa aus prozesstaktischen Gründen erst zum Schluss der mündlichen Verhandlung erhoben- dem Verspätungseinwand.

2. Rechteinhaber haben weder in direkter noch in analoger Anwendung von § 101 a Abs. 1 UrhG einen Auskunftsanspruch über die Identität eines Kunden gegenüber einem Access-Provider, wenn der Provider allein einen Internetzugang vermittelt, über den durch Download Urheberrechtsverletztungen nach § 19 a UrhG erfolgen.

3. Durch Bereitstellung des technischen Zugangs zum Internet durch den Access-Provider kommt -nach Kenntniserlangung von den Urheberrechtsverletzungen- eine Verantwortlichkeit als Mitstörer in Betracht.

4. Die "Verpflichtungen zur Entfernung und Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen" (§ 8 Abs. 2 Satz 2 TDG) eines Mitstörers umfassen nicht die Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach § 101 a Abs. 1 UrhG.

5. Eine "offensichtliche Rechtsverletzung" im Sinne von § 101 a Abs. 3 UrhG liegt nur dann vor, wenn die tatsächlichen Umstände und die Rechtslage unzweifelhaft sind, so dass eine Fehlentscheidung kaum möglich ist.

Tenor

1. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 07.07.2004 (308 O 264/04) abgeändert.

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 3.06.2004 (308 O 264/04) wird aufgehoben. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 02.06.2004 wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Gründe

I.

Die Antragstellerin betreibt eines der großen deutschen Unternehmen der Tonträgerindustrie. Sie ist Inhaberin von Urheberrechten.

Die Antragsgegnerin ist einer der größten Internetprovider Deutschlands und wird dabei u.a. als Zugangsprovider tätig. In dieser Funktion weist sie einem Kunden bei dessen Einwahl in das Internet, nach der Identifizierung durch Benutzername und Passwort, eine IP-Adresse zu. Nach Trennung der Verbindung steht diese IP-Adresse der Antragsgegnerin wieder frei zur Verfügung und kann einem anderen Kunden bei dessen Einwahl zugeteilt werden, weshalb die so verwendeten IP-Adressen auch als dynamische bezeichnet werden.

Die zum Zwecke der Zuweisung an ihre Kunden bei Einwahl verwendeten IP-Adressen hat die Antragsgegnerin von ihrem technischen Vorleister, der Deutschen Telekom AG, erhalten. Die Deutsche Telekom wiederum hat die IP-Adressen von dem RIPE ( Réseaux IP Européens ) Network Coordination Centre, der Vergabestelle für IP-Adressen in Europa, in Form sog. Nummern-Blocks zugeteilt bekommen.

Für den Kunden der Antragsgegnerin garantiert die Zuweisung einer IP-Adresse die Erreichbarkeit seines Computers im Internet, so dass er auf diese Weise sowohl Verbindungen zu anderen Computern im Internet herstellen, als auch Verbindungen von anderen Computern annehmen kann.

Gegenstand dieses Rechtsstreits ist das Auskunftsverlangen der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin hinsichtlich der Personalien eines Kunden der Antragsgegnerin, der unter einer von der Antragsgegnerin zugeteilten IP-Adresse einen sog. FTP-Server betreibt. Auf diesem Server sollen nach dem Vortrag der Antragstellerin Musikaufnahmen in Form sog. mp3-Dateien liegen, für die die Antragstellerin insbesondere das ausschließliche Recht der öffentlichen Zugänglichmachung für sich in Anspruch nimmt. Der Zugriff auf die Inhalte des FTP-Servers setzt die Kenntnis von Zugangsdaten (Benutzername und Passwort) voraus.

Der FTP-Server des Kunden ist im Internet nicht nur über die bei jeder Einwahl unterschiedliche IP-Adresse erreichbar, sondern insbesondere über die Domain tuvork.homeftp.net (im Folgenden Tuvork-Domain). Die Verknüpfung der wechselnden IP-Adresse mit der Tuvork-Domain wird unstreitig nicht von der Antragsgegnerin vorgenommen, sondern durch den Domain-Name-Server der Fa. Dynamic Network Services, Inc., mit Sitz in den USA. Diese Firma bietet unter der Bezeichnung "Dynamic DNS" einen Dienst an, bei dem ein Domain-Name kurzfristig mit einer neuen IP-Adresse verbunden werden kann. Auf diesem Wege ist auch ein nur temporär über dynamische IP-Adressen angebundener Computer unter einer gleichbleibenden Bezeichnung, einem Domain-Namen, für Dritte erreichbar, sofern er mit dem Internet verbunden ist. Die Mitteilung der aktuell zugewiesenen IP-Adresse des Kunden an den Domain-Name-Server der Fa. D... geschieht dabei entweder automatisch durch ein Programm auf dem Kunden-Computer oder manuell durch den Kunden selbst. Aufgrund der Struktur der Tuvork-Domain ist bei Verbindungsanfragen Dritter allein der Domain-Name-Server der Fa. D... in der Lage, die Verknüpfung zwischen der Tuvork-Domain und der aktuellen IP-Adresse herzustellen und auf diesem Wege die Erreichbarkeit des unter der Tuvork-Domain betriebenen FTP-Servers sicherzustellen.

Die Antragsgegnerin teilt dem Kunden bei dessen Einwahl hingegen unstreitig nur eine dynamische IP-Adresse zu. Unstreitig ist auch, dass die Verknüpfung der Tuvork-Domain mit der aktuellen IP-Adresse nicht durch die DNS-Server der Antragsgegnerin vorgenommen wird.

Die Antragstellerin hat nach ihrem Vortrag am 02. und 03.05.2004 Kenntnis von mehreren konkreten Musikstücken im mp3-Format auf dem FTP-Server erlangt, hinsichtlich derer die Antragstellerin die Rechte des Tonträgerherstellers gem. § 85 UrhG wahrnimmt. Sie macht diesbezüglich insbesondere Rechte an Musikstücken von dem Tonträger "Mutter" der Gruppe Rammstein geltend, nämlich die Aufnahmen "Zwitter" und "Rein raus", die auf dem FTP-Server verfügbar sein sollen.

Die festgestellten IP-Adressen des FTP-Servers konnten von der Antragstellerin mit Hilfe der RIPE-Datenbank als zugehörig zur Deutschen Telekom AG ermittelt werden. Mit Schreiben vom 13.05.2004 forderte sie unter Darlegung des Sachverhalts die Deutsche Telekom AG auf, Namen und Anschrift des betreffenden Kunden mitzuteilen. Mit Schreiben vom 21.05.2004 teilte die Deutsche Telekom AG der Antragstellerin mit, dass die ermittelten IP-Adressen der Antragsgegnerin zugeteilt worden seien. Ebenfalls mit Schreiben vom 21.05.2004 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass die geforderte Auskunftserteilung "aufgrund gesetzlicher Vorgaben" grundsätzlich nur gegenüber den Strafverfolgungsbehörden erfolgen könne. Für zivilrechtliche Auskunftsansprüche fehle es an einer Anspruchsgrundlage.

Auch die im weiteren von der Antragstellerin bei verschiedenen Erreichbarkeitsversuchen ermittelten IP-Adressen des FTP-Servers entstammten sämtlichst dem Adressebereich, der der Antragsgegnerin überlassen worden ist.

Das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 8, hat der Antragsgegnerin nachfolgend mit einstweiliger Verfügung vom 03.06.2004 (Az. 308 O 264/04) antragsgemäß geboten, der Antragstellerin unverzüglich Auskunft zu erteilen über die Person oder Unternehmung, der sie den unter der Internetadresse ftp://tuvork.homeftp.net erreichbaren Anschluss zur Verfügung stellt bzw. gestellt hat.

Gegen diese Beschlussverfügung hat sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch vom 24.06.2004 gewendet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sie als Zugangsprovider nach § 9 TDG haftungsprivilegiert sei und die Voraussetzungen des § 101a UrhG, insbesondere die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung und die Verhältnismäßigkeit, nicht vorlägen.

Mit Urteil vom 07.07.2004 hat das Landgericht die einstweilige Verfügung bestätigt.

Die Antragsgegnerin hat form- und fristgerecht am 27.09.2004 Berufung gegen das Urteil des Landgerichts eingelegt.

Zur Begründung der Berufung trägt die Antragsgegnerin zum einen vor, der Antragstellerin fehle die Prozessführungsbefugnis, da sich der gegenständliche Rechtsstreit als unzulässige Mehrfachverfolgung der Antragsgegnerin darstelle. Die Antragstellerin sei Mitglied der IFPI und dadurch an den zahlreichen anhängigen Parallelverfahren, die anspruchsgleich gegen die Antragsgegnerin vor verschiedenen Gerichten betrieben würden, mittelbar beteiligt. Die Antragstellerin versuche politischen Druck aufzubauen und treibe den Kosten- und Zeitaufwand auf Seiten der Antragsgegnerin mutwillig in die Höhe. Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes sei von dem Landgericht zu Unrecht angenommen worden. Die Voraussetzungen für einen Verfügungsanspruch lägen nicht vor. § 9 TDG schließe im Sinne einer Filterfunktion die Anwendung von § 101 a UrhG aus. Die Antragsstellerin habe nicht die Inhaberschaft der von ihr behaupteten Tonträgerherstellerrechte glaubhaft gemacht. § 101 a UrhG sei nicht direkt oder entsprechend anwendbar. Sie sei als reiner Accessprovider nicht Verletzer oder Störer im Sinne von § 101 a UrhG. Die Auskunftserteilung sei für sie unverhältnismäßig. Der Auskunftserteilung würden zwingende datenschutzrechtliche Bestimmungen des TDDSG und TKG entgegenstehen. Mit der -erzwungenen- Auskunftserteilung würde sie sich ordnungswidrig verhalten bzw. strafbar machen.

Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 7. Juli 2004 sowie die Einstweilige Verfügung vom 3. Juni 2004 (Az.: 308 O 264/04) aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung vom 2. Juni 2004 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und trägt weiter umfangreich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vor. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat macht sie - erstmals - geltend, dass die Berufung unzulässig sei, da der nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Betrag der Beschwer nicht erreicht sei.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil und den Tatbestandsberichtigungsbeschluss des Landgerichts Hamburg vom 12.11.2004 sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

1. Die Berufung ist zulässig. Die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Summe der Beschwer ist erreicht.

a. Nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Berufung nur dann zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von EUR 600,- übersteigt. Hierbei handelt es sich um eine zwingend zu berücksichtigende Zulässigkeitsvoraussetzung der Berufung. Soweit die Antragsgegnerin im Hinblick auf die von der Antragstellerin erst nach Erörterung der Sach- und Rechtslage durch den Senat wegen nicht hinreichender Beschwer geltend gemachte Unzulässigkeit der Berufung die Verspätungsrüge erhebt, kann sie nicht gehört werden. Denn die Frage der Zulässigkeit der Berufung ist von Amts wegen in jeder Lage des Rechtsstreites zu prüfen. Es ist der Antragstellerin somit nicht verwehrt, auch noch in der letzten mündlichen Verhandlung auf die nicht ausreichende Beschwer hinzuweisen. Dieses selbst dann, wenn die Antragstellerin nicht sofort nach Einlegung der Berufung die entsprechende Rüge erhoben hat, um von dem Berufungsgericht eine Entscheidung in der Sache zu erreichen, hiervon aber unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung von dem Berufungsgericht geäußerten Einschätzung der Sach- und Rechtslage Abstand nimmt, um die Zurückweisung der Berufung als unzulässig zu erreichen.

b. Der Umfang der Beschwer ist grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Berufungseinlegung zu berechnen (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., Rn. 14 zu § 511 ZPO). Jedenfalls im Zeitpunkt der Berufungseinlegung ist zwischen den Parteien unstreitig gewesen, dass die Auskunft anhand von der Antragstellerin in erster Instanz mitgeteilten 36 dynamischen IP-Nummern erteilt werden könne. Bei Zugrundelegung der für die Überprüfung einer IP-Nummer anfallenden (unstreitigen) Kosten von EUR 35,- würden somit Gesamtkosten anfallen, die deutlich über der Beschwersumme von EUR 600,- liegen (vgl. bereits Urteil vom 24.3.2005 des OLG München (6 U 4696/04).

c. Selbst wenn das - bestrittene - Vorbringen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 7.4.2005 zutreffend sein sollte, nach dem die Erteilung der erstrebten Auskunft für die Antragsgegnerin schon bei Auswertung einer einzigen IP-Nummer möglich ist, wäre die Beschwersumme erreicht.

Es ist zwar zutreffend, dass nach der Rechtsprechung des BGH (BGH -Großer Senat- NJW 1995, 664) der Wert des Beschwerdegegenstandes im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft "vornehmlich davon abhängt, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert". In der Entscheidung wird aber weiter ausgeführt, dass "ein Interesse des Beklagten an einer Geheimhaltung der zu offenbarenden Verhältnisse, bei der Bemessung zu berücksichtigen" sei.

Im vorliegenden Fall beruft sich die Antragsgegnerin u.a. darauf, dass sie mit der Erteilung der Auskunft wegen Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen sich ordnungswidrig verhalten bzw. strafbar machen könnte und sich der Gefahr dementsprechender Ermittlungsverfahren aussetzen könnte. Sie verweist insoweit auf das Schreiben des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 24.6.2004 (Anlage AG 5), in dem für den Fall der Auskunftserteilung die Einleitung entsprechender Ermittlungen mitgeteilt wird. Dieser Umstand und das sich hieraus ergebende Interesse der Antragsgegnerin, im Hinblick auf diese Verfahren die Auskunft nicht erteilen zu müssen, ist in angemessener Weise bei der Festsetzung der Beschwer zu berücksichtigen. Denn die Einleitung entsprechender staatlicher Verfahren ist unmittelbar durch die Auskunftserteilung bedingt und mit dieser unmittelbar verbunden. Der vorliegende Sachverhalt kann deshalb auch nicht verglichen werden mit dem Fall, dass infolge einer Auskunftserteilung Rechtsansprüche Dritter gegen den die Auskunft Erteilenden geltend gemacht werden (vgl. BGH MDR 1997, 970). Unter Berücksichtigung dieses anzuerkennenden, unmittelbar mit der Auskunftserteilung verbundenen Interesses der Antragsgegnerin ist die Beschwerdesumme von EUR 600,- in jedem Fall überschritten.

2. Die Berufung ist auch begründet. Die Antragstellerin kann nicht im Wege der einstweiligen Verfügung nach § 101 a UrhG von der Antragsgegnerin Auskunft über Namen und Anschrift des Kunden verlangen, der nach ihrem Vorbringen durch die unberechtigte öffentliche Zugänglichmachung von Musikstücken Urheberrechte als Tonträgerhersteller verletzt.

a. Zu Recht hat das Landgericht die Rechtsmissbräuchlichkeit des Verfügungsantrages verneint. Unstreitig werden dieses und die anhängigen Parallelverfahren von der Antragstellerin und anderen Unternehmen der Tonträgerindustrie betrieben, die gemeinsam mit der Antragstellerin der IFPI angehören. Wie in diesem geht es in den Parallelverfahren jeweils um einen Auskunftsanspruch nach § 101a UrhG gegen die Antragsgegnerin hinsichtlich des Kunden, der den auch hier gegenständlichen FTP-Server betreibt. Diese Mehrfachverfolgung der Antragsgegnerin ist jedoch nicht missbräuchlich, weil es sich in allen Verfahren um unterschiedliche Antragstellerinnen handelt, die jeweils eigene Rechte als Tonträgerhersteller hinsichtlich jeweils unterschiedlicher Musikstücke, die jeweils auf dem FTP-Server verfügbar sein sollen, geltend machen. Der Zusammenschluss der Tonträgerhersteller in der IFPI und das gegebenenfalls abgestimmte Vorgehen gegen die Antragsgegnerin in Bezug auf den Betreiber des FTP-Servers stellt sich für das vorliegende Verfahren nicht als Ausnutzung einer formalen Rechtsposition der Antragstellerin dar, weil es im Rahmen effektiven Rechtsschutzes der Antragstellerin nicht zuzumuten ist, die von ihr behaupteten eigenen Urheberrechte als Tonträgerhersteller durch ein anderes Mitglied der IFPI wahrnehmen zu lassen. Insbesondere muss sie sich nicht darauf beschränken, auf einen freiwilligen Informationsaustausch zu hoffen, falls eine der anderen Antragstellerinnen in den Parallelverfahren die verlangte Auskunft - was bisher nicht geschehen ist - erlangt. Daran ändert auch nichts die Tatsache, dass sich die Antragstellerin und die anderen Mitglieder der IFPI in den Parallelverfahren durch denselben Prozessbevollmächtigten vertreten lassen.

b. Mit dem Landgericht ist der Verfügungsgrund zu bejahen. Insoweit kann auf das landgerichtliche Urteil verwiesen werden. Die Antragstellerin hat im Rahmen einer nach § 101 a UrhG beantragten einstweiligen Verfügung die tatsächlichen Umstände für das Bestehen eines Verfügungsgrundes gemäß §§ 936, 917, 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Die Vermutungsregel des § 12 Abs. 2 UWG findet auf die Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche im Verfügungsverfahren keine entsprechende Anwendung (BT-Drucks. 11/4792, S. 32; Möhring/Nicolini/Lütje, UrhG, 2. Aufl., Rn. 14 zu § 101 a UrhG). Insoweit ist die Antragstellerin verpflichtet, substantiiert den Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der behaupteten Rechtsverletzung sowie den der Kenntniserlangung von der Person des Verletzers darzulegen.

Es ist der Antragsgegnerin allerdings zuzugestehen, dass die Antragstellerin weder in ihrem Verfügungsantrag noch in der Widerspruchserwiderung oder in der Berufungserwiderung den Zeitpunkt benannt hat, ab dem sie Kenntnis von der Existenz des FTP-Servers bzw. den in diesem Verfahren behaupteten urheberrechtsverletzenden Musikstücken auf dem Server erlangt hat. Entscheidend kommt es hier aber nicht nur auf die Kenntnis der Rechtsverletzung, sondern auch auf die Kenntnis des Verantwortlichen an, da der Antragstellerin erst ab diesem Zeitpunkt eine Durchsetzung ihrer Rechte möglich gewesen ist. Die Antragstellerin hat diesbezüglich glaubhaft dargelegt, dass sie erst durch die Einschaltung des Sachverständigen Dr. D. am 02. und 03.05.2004 in der Lage war, die IP-Adresse des FTP-Servers und darauf hin im Verlaufe des Monats Mai 2004 die Zugehörigkeit dieser IP-Adresse zur Deutschen Telekom AG und letztlich der Antragsgegnerin festzustellen (vgl. Anlagen 13, 14, 15). Danach ist sie mit dem am 2.6.2004 rechtshängig gemachten Verfügungsantrag hinreichend zügig gegen die Antragsgegnerin vorgegangen

c. Der Antragstellerin steht für ihr Auskunftsbegehren aber kein Verfügungsanspruch zur Seite. Sie kann sich nicht auf eine direkte Anwendung des § 101a UrhG als Grundlage ihres Auskunftsanspruchs berufen. Ob eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift möglich ist, erscheint überaus zweifelhaft zu sein. Letztlich würde die Durchsetzung eines solchen Verfügungsanspruches an der fehlenden Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung im Sinne von § 101 a Abs. 3 UrhG scheitern. Andere Anspruchsgrundlagen kommen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Betracht.

aa. Zu Recht hat das Landgericht eine direkte Anwendung des urheberrechtlichen Auskunftsanspruchs aus § 101a Abs. 1, 3 UrhG abgelehnt, weil es insoweit unstreitig an einer Verletzungshandlung der Antragsgegnerin fehlt. Benannt sind in der im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie vom 07.03.1990 (BGBl. I 422) eingefügten Vorschrift des § 101a Abs. 1 UrhG nur die Herstellung und Verbreitung von Vervielfältigungsstücken, also die körperlichen Verwertungsrechte der §§ 16 und 17 UrhG. Eine Vervielfältigung nach § 16 UrhG durch die Speicherung der Musikstücke auf dem FTP-Server ist der Antragsgegnerin aber nicht zuzurechnen, da sich die Vervielfältigungsstücke auf dem FTP-Server ebenso wie der Server selbst unstreitig außerhalb des Verfügungsbereichs der Antragsgegnerin befinden. Eine zurechenbare Verbreitung i.S.v. § 17 UrhG liegt ebenfalls nicht vor, weil der Abruf von Musikstücken von dem FTP-Server nur eine unkörperliche Übertragung zur Folge hat.

Die Bereitstellung von Musikaufnahmen zum Download über das Internet stellt nach Auffassung des Senates eine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne von § 19 a UrhG dar. Diese Vorschrift wurde erst im Rahmen des Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 10.09.2003 (BGBl. I 1774) als neu benanntes nicht körperliches Verwertungsrecht eingeführt. Nur die durch Herstellung und Verbreitung von körperlichen Vervielfältigungsstücken im Sinne von §§ 16 und 17 UrhG bewirkte Rechtsverletzung ist aber Regelungsgegenstand des § 101 a UrhG. Andere Handlungsformen der Rechtsverletzung begründen keine Ansprüche aus § 101 a Abs. 1 UrhG (vgl. Möhring/Nicolini/Lütje a.a.O. Rn. 4 zu § 101 a UrhG). Der Auffassung des Landgerichts München (Urteil vom 28.7.2004 (21 O 10372/04) (Anlage A 33)/Urteil vom 11.8.2004 (21 O 10083/04 (Anlage A 33), welches im Wege der Auslegung des § 101 a Abs. 1 UrhG eine direkte Anwendung für Fälle einer unkörperlichen Vervielfältigung bejaht, folgt der Senat nicht.

bb. In Betracht kommt somit nur eine analoge Anwendung des § 101a Abs. 1, 3 UrhG in Bezug auf eine Verletzung des § 19a UrhG. Im Hinblick auf die Person der Antragsgegnerin kann diese sich an einer öffentlichen Zugänglichmachung der Musikstücke durch die Bereitstellung einer IP-Adresse, über die der Server letztlich erreichbar ist, beteiligt haben. Es bestehen jedoch nicht nur erhebliche Zweifel daran, dass die Vorschrift des § 101 a UrhG entsprechend auf die Verletzung der Rechte nach § 19 a UrhG angewendet werden kann, sondern auch an der Mitverantwortlichkeit der Antragsgegnerin in Bezug auf die öffentliche Zugänglichmachung.

aaa. Es ist entgegen der Auffassung des Landgerichts bereits zweifelhaft, ob eine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Das Landgericht ist bei der Bejahung der Planwidrigkeit der Regelungslücke insoweit dem Vortrag der Antragstellerin gefolgt, dass der Gesetzgeber bei der Einführung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung in § 19a UrhG im Jahre 2003 "schlichtweg" übersehen habe, dass der Auskunftsanspruch in § 101a Abs. 1 UrhG nur die Rechte der Verbreitung und Vervielfältigung betreffe. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden.

Der Gesetzgeber hat den durch das Produktpirateriegesetz vom 7.3.1990 eingeführten § 101 a UrhG allein in Bezug auf die Verletzungen der körperlichen Verwertungsrechte nach §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 2, 16, 17 UrhG geschaffen, nicht aber bezogen auf die Verletzungen der zu dem damaligen Zeitpunkt gesetzlich geregelten unkörperlicher Verwertungsrechte nach § 15 Abs. 2 UrhG, im Übrigen auch nicht auf das körperliche Verwertungsrecht der Ausstellung (§ 18 UrhG). Ein Auskunftsanspruch besteht nach der gesetzlichen Regelung somit überhaupt nur bei zwei spezifischen von mehreren gesetzlich geregelten Verwertungsarten. Bei der Einführung des § 101a UrhG hatte der Gesetzgeber eine konkrete Situation, nämlich die Bekämpfung der Produktpiraterie durch Offenlegung der Vertriebsketten, vor Augen (BT-Drucks. 11/4792, S. 30). Ausgehend von dem Zugriff auf körperliche Vervielfältigungsstücke wurde als Ausnahme zu den allgemeinen zivilrechtlichen, regelmäßig verschuldensabhängigen Auskunftsansprüchen ein besonderer, urheberrechtlicher Auskunftsanspruch gegen Verletzter der Rechte aus §§ 16, 17 UrhG geschaffen. Wenn das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung als Anknüpfungstatbestand für den Auskunftsanspruch - wie vom Landgericht vertreten - in § 101a UrhG nicht enthalten ist, so ist darin nicht eine Lücke des Auskunftsanspruchs, sondern ein weiteres unkörperliches Verwertungsrecht zu sehen, dass wie die anderen unkörperlichen Verwertungsrechten in § 15 Abs. 2 UrhG gerade keine körperliche Grundlage für den Auskunftsanspruch bildet. Der enge Wirkungsbereich des Auskunftsanspruchs wird im Übrigen auch dadurch bestätigt, dass das körperliche Verwertungsrecht der Ausstellung gem. § 18 UrhG in § 101a Abs. 1 UrhG ebenfalls nicht enthalten ist.

bbb. Selbst wenn eine Regelungslücke angenommen werden könnte, bestehen Bedenken bezüglich deren Planwidrigkeit. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung in § 19a UrhG eine Anpassung des Auskunftsanspruchs in § 101a Abs. 1 UrhG an die - wie das Landgericht ausführt - "neue Terminologie versäumt hat". Allein die fehlende Benennung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung zum Zeitpunkt der Schaffung des Auskunftsanspruchs kann die Planwidrigkeit schon deshalb nicht begründen, weil - wie bereits dargestellt - die öffentliche Zugänglichmachung nicht das einzige unerwähnte Urheberrecht in § 101a Abs. 1 UrhG ist, sondern vielmehr der Auskunftsanspruch in Kenntnis anderer Verwertungsarten bewusst auf die Vervielfältigung und Verbreitung gem. §§ 16, 17 UrhG beschränkt wurde, um die geschäftliche Produktpiraterie einzudämmen (BT-Drs. 11/4792, S. 30). Das Landgericht übersieht den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ausnahmecharakter des Auskunftsanspruchs (aaO, S. 31 f.), wenn es darauf abstellt, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des Auskunftsanspruchs nicht bereits das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gekannt habe und somit nicht darauf geschlossen werde könne, eine Verletzung dieses später benannten Urheberrechts sei als Anknüpfungspunkt für den Auskunftsanspruch ausgeschlossen. Gerade das Gegenteil dürfte der Fall. Solange der Gesetzgeber nicht explizit das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung in § 101 a Abs. 1 UrhG erwähnt, dürfte die Erstreckung des Auskunftsanspruchs auf solche Urheberrechtsverletzungen ausgeschlossen sein.

ccc. Im Übrigen ist im hier gegenständlichen Fall auch zweifelhaft, ob eine vergleichbare Situation zu den geregelten Fällen des Auskunftsanspruchs gegeben ist.

Die vom Wortlaut des § 101a Abs. 1 UrhG erfasste Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken knüpft an konkrete Verletzungshandlungen des Auskunftspflichtigen an, indem ausgehend von dem Zugriff auf (körperliche) Vervielfältigungsstücke beim Verletzer Auskunft über dessen Quellen und Vertriebswege verlangt werden kann (vgl. Meckel in HK-UrhR, § 101a Rn. 1), um den Zugriff auf die Hintermänner zu ermöglichen und auf diesem Wege die Produktpiraterie einzudämmen. Es ist aber davon auszugehen, dass unter Einbeziehung der Antragsgegnerin eine Vertriebskette im eigentlichen Sinne hier nicht vorliegt, weil das Angebot des FTP-Servers den Nutzer direkt und unmittelbar erreicht. Eine Vergleichbarkeit mit der körperlichen Verbreitung ist im hier gegenständlichen Fall jedoch insbesondere deshalb zweifelhaft, weil der Provider allenfalls - unter Außerachtlassung einer eventuellen Haftungsprivilegierung - als mittelbarer Störer angesehen werden könnte, wohingegen der Auskunftsanspruch in § 101a Abs. 1 UrhG sich gegen einen unmittelbaren Verletzer richtet. Eine Urheberrechtsverletzung durch die Antragsgegnerin als Täterin oder Gehilfin wird von der Antragsstellerin zwar behauptet, dürfte aber bei einem reinen Access-Provider wie der Antragsgegnerin regelmäßig nicht gegeben (dazu unten S. 12) sein.

Die Vergleichbarkeit lässt sich schließlich auch nicht damit begründen, dass die Antragstellerin auf die Auskunft der Antragsgegnerin angewiesen ist, weil der unmittelbare Störer seine Identität verbirgt. Es ist zwar zutreffend, dass die Antragstellerin nach ihrem Vorbringen in ihren Rechten als Tonträgerhersteller aus § 85 UrhG durch das öffentliche Zugänglichmachen von Musikstücken auf dem FTP-Server verletzt sein kann. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Antragstellerin auch ein Auskunftsanspruch - zumal im einstweiligen Rechtsschutz - gegen denjenigen zustehen muss, der rein tatsächlich ggf. zu der Auskunft in der Lage wäre.

Bestätigt wird diese Auffassung von der fehlenden Vergleichbarkeit letztlich auch durch den Inhalt des Auskunftsanspruchs gem. § 101a Abs. 2 UrhG. Danach hat der Verletzer Angaben zu machen über den Hersteller, Lieferanten und Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke sowie über den gewerblichen Abnehmer und Auftraggeber und die Menge der betroffenen Vervielfältigungsstücke. Nach Ansicht der Antragstellerin und des Landgerichts bedeutet dies angewendet auf den vorliegenden Fall, dass der Provider Auskunft zu erteilen hat über den Betreiber der Quelle der öffentlichen Zugänglichmachung der Musikstücke. Allerdings ist der Betreiber weder Hersteller, noch Lieferant oder Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke, die bei den Nutzern des FTP-Servers im Rahmen des Downloads neu entstehen. Ebenso wenig kann er als Abnehmer oder Auftraggeber i.S.v. § 101a Abs. 2 UrhG angesehen werden. Im Ergebnis würde sich die Benennung des Betreibers des FTP-Servers durch die Antragsgegnerin ausschließlich auf die Kenntlichmachung dieses einen Urheberrechtsverletzers beschränken, weil die Antragsgegnerin über die Nutzer des FTP-Servers tatsächlich keine Auskunft geben kann. Gerade diese Bezeichnung eines einzelnen Urheberrechtsverletzers dürfte jedoch mit Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 11/4792, S. 30) kaum zu vereinbaren sein.

cc. Selbst wenn unter Zurückstellung der oben ausgeführten Bedenken § 101 a UrhG auf den vorliegenden Fall einer Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19 a UrhG durch Download grundsätzlich analog angewendet werden könnte, ist ein Auskunftsanspruch der Antragstellerin im vorliegenden Fall, zumindest im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, nicht gegeben.

aaa. Voraussetzung für den Auskunftsanspruch nach § 101 a Abs. 1 UrhG ist zunächst, dass die Antragstellerin Inhaberin der geltend gemachten Tonträgerherstellerrechte bezüglich der von ihr geltend gemachten Musikstücke ist. Die Antragstellerin hat sich zur Glaubhaftmachung ihrer Rechte auf die anwaltliche Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten sowie die eidesstattliche Versicherung ihrer Justitiarin R. vom 2.7.2004 (Anlage A 20) gestützt. Diese Versicherungen stellen in erster Linie aber nur eine rechtliche Bewertung dar, denen ein tatsächlicher Vortrag bezüglich einer auf die Antragstellerin hinweisenden Rechtekette nicht entnommen werden kann. Ein solcher Vortrag ist jedenfalls dann zu fordern, wenn die Rechtsinhaberschaft von der in Anspruch genommenen Partei - wie hier - bestritten worden ist. Der diesbezügliche tatsächliche Vortrag ist im Verfahren der einstweiligen Verfügung glaubhaft zu machen. Diesen Anforderungen genügen die Versicherungen nicht.

Der weiterhin von der Antragstellerin vorgelegte Ausdruck der phonografischen Industrie Phononet (Anlage A 2), in dem die Antragsstellerin als "Lieferant" der CD "Mutter" der Gruppe Rammstein bezeichnet wird, stellt kaum mehr als ein schwaches Indiz für die behaupteten Tonträgerherstellerrechte dar, zumal der Begriff "Lieferant" urheberrechtlich nicht aussagekräftig ist. In der Berufungsinstanz hat die Antragstellerin einen Internet-printout des Deutschen Musikarchivs vorgelegt bezüglich desselben Tonträgers, in dem die Firma "Universal Music" als "Verlegerin" benannt wird. Hier wird nicht glaubhaft gemacht, dass diese Firma identisch mit der Antragstellerin ist. Auch der Begriff der "Verlegerin" ist nicht eindeutig. Jedenfalls kann auch hierin nur ein schwaches Indiz für die geltend gemachte Rechtsinhaberschaft gesehen werden. Der Auszug aus der von MediaControl ermittelten top 100 Longplay Charts (Anlage A 2) enthält nur die CD´s der Künstlerin Nelly Furtado mit der CD "Folklore" und der Künstlerin Jeanette mit der CD "Break on Through", die ebenfalls beide auf dem tuvork-Server liegen sollen. Hier ist ein Hinweis auf "Universal" enthalten. Ob hiermit die Antragsstellerin, eine deutsche Gesellschaft, gemeint ist, bleibt unklar und ist im Hinblick auf eine substantiierte Rechtsdarlegung unzureichend.

bbb. Selbst wenn zugunsten der Antragstellerin unterstellt wird, dass sie Inhaberin der Rechte einschließlich des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19 a UrhG ist, stehen dem Auskunftsanspruch nach § 101 a UrhG Bedenken entgegen.

A1. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsgegnerin selbst Verletzerin der Tonträgerherstellerrechte der Antragsstellerin ist. Hierfür müsste die Antragsgegnerin Mittäterin oder Gehilfin der den Tuvork-Server betreibenden Person gewesen sein. Hierfür fehlt es jedoch an jeglichem substantiierten Vortrag bezüglich der subjektiven Voraussetzungen für eine (Mit-)Täterschaft oder Gehilfenschaft. Der Hinweis, dass die Antragsgegnerin nach Kenntniserlangung von der (behaupteten) Rechtsverletzung an dieser ursächlich durch die Vermittlung des Internetzuganges mitwirke, reicht nicht aus, da hierdurch nur eine Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin als Störerin belegt werden kann.

A2. Es bestehen auch Zweifel an einer Haftung der Antragsgegnerin als Störerin. Als Störer kann regelmäßig auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden, wer - auch ohne Verschulden - willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Rechtsbeeinträchtigung eines eigenverantwortlichen handelnden Dritten mitwirkt, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hat. Einschränkend ist erforderlich, dass der Störer ihm zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat (BGH GRUR 2001, 1038, 1039/1040 - ambiente.de). Im Hinblick auf diese Einschränkung könnte auf Grund der §§ 8 Abs. 2 Satz 1, 9 Teledienstgesetz (TDG) eine Störerhaftung ausscheiden, da die Antragsgegnerin als reiner Access-Provider (die Voraussetzungen der §§ 10 und 11 des TDG liegen nicht vor) nicht verpflichtet ist, den über sie ermöglichten Informationsaustausch zwischen dem Tuvork-Server und den einzelnen Internetnutzern zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

Allerdings wird ein Unterlassungsanspruch, der seine Grundlage in einer früheren Verletzungshandlung findet, nach Auffassung des BGH (BGH WRP 2004, 1287, 1289 -Internet-Versteigerung) durch das Haftungsprivileg nach §§ 8 Abs. 2 Satz 1, 9 bis 11 TDG nicht eingeschränkt. Denn nach § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG bleiben "Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen ... auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 9 bis 11 unberührt". § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG ist nach dieser gesetzlichen Regelung auf alle Diensteanbieter nach den §§ 9 bis 11 TDG anwendbar (BGH WRP 2004, 1287, 1290 - Internet-Versteigerung). Somit würde eine Haftung der Antragsgegnerin durch diese Regelungen nicht berührt, soweit sie als Störerin einen willentlich und adäquat kausalen Beitrag zu einer Urheberrechtsverletzung leistet. Dieses ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung. Es kommt im Wortlaut allerdings nur dadurch zum Ausdruck, dass von der Verantwortung des Diensteanbieters die Rede ist. Damit ist aber lediglich die strafrechtliche und schadensersatzrechtliche Verantwortlichkeit angesprochen. Die Regelungen besagen aber nichts darüber, ob ein Diensteanbieter nach den allgemeinen deliktsrechtlichen Maßstäben oder als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn ein Recht durch den von ihm betriebenen Dienst verletzt wird (BGH WRP 2004, 1287, 1290 - Internet-Versteigerung).

Allerdings bestehen Zweifel, ob eine Störerhaftung der Antragsgegnerin, soweit eine solche nach den obigen Ausführungen denkbar erscheint, auch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung umfasst. Denn § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG spricht allein und ausdrücklich von einer "Verpflichtung zur Entfernung oder Sperrung", also im Rahmen eines Unterlassungsgebotes liegende Maßnahmen, nicht aber von einer Auskunftsverpflichtung. Nach Auffassung des Senates kann die in § 101 a UrhG geregelte Auskunftsverpflichtung des Verletzers nicht unter eine Verpflichtung "zur Entfernung oder Sperrung" subsumiert werden, da mit der Auskunft nicht lediglich ein Unterlassen adäquat kausalen Handelns, sondern ein aktives Tun und im vorliegenden Fall der Eingriff in datenschutzrechtlich geschützte Verhältnisse Dritter begehrt werden. Bei der Auskunft handelt es sich nicht lediglich um ein "minus" zu einem Unterlassungsanspruch, sondern um einen qualitativ eigenständigen und somit "anderen" Anspruch. Bei § 101a Abs. 1 UrhG handelt es sich um einen selbständigen Auskunftsanspruch (Meckel in HK-UrhR, § 101a Rn. 1), der gerade nicht mit einem Anspruch auf Entfernung oder Sperrung i.S.v. § 8 Abs. 2 TDG verbunden ist (vgl. dazu Spindler/Dorschel, CR 2005, 38, 41). Im Übrigen findet die Störerhaftung ihre dogmatische Grundlage nicht im Deliktsrecht, sondern in den gesetzlichen Regelungen über die Besitz- und Eigentumsstörungen der §§ 862, 1004 BGB. Diese Vorschriften begründen aber lediglich Abwehransprüche (BGH WRP 2002, 532, 533 - Meißner Dekor).

ccc. Ob ein Auskunftsanspruch nach § 101 a Abs. 1 UrhG auch deshalb scheitert, weil die Auskunftserteilung im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Verbotsbestimmungen der §§ 3 Abs. 2, 5 TDDSG und des § 88 TKG unverhältnismäßig ist, kann hier dahinstehen.

ddd. Jedenfalls scheitert der Erlass einer einstweiligen Verfügung daran, dass kein Fall einer offensichtlichen Rechtsverletzung im Sinne von § 101 a Abs. 3 UrhG vorliegt. Unabhängig von der zweifelhaften Frage einer analogen Anwendung des § 101 a Abs. 1 UrhG bestehen Bedenken hinsichtlich der Rechtsinhaberschaft der Antragstellerin sowie der Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin als Störer für die Auskunftserteilung. Offensichtlich ist eine Rechtsverletzung nur dann, wenn weder die Rechtslage zweifelhaft ist noch Umstände erkennbar sind, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten wäre, wenn also die Rechtsverletzung so eindeutig ist, dass eine Fehlentscheidung (oder eine andere Beurteilung im Rahmen des richterlichen Ermessens) und damit eine ungerechtfertigte Belastung der Antragsgegnerin kaum möglich ist (Möhring/Nicolini/Lütje a.a.O. Rn 12 zu § 101 a UrhG; Meckel in HK-UrhR, § 101a Rn. 4)). Diese Voraussetzungen liegen - wie ausgeführt - nicht vor.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.






OLG Hamburg:
Urteil v. 28.04.2005
Az: 5 U 156/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4825327e43f1/OLG-Hamburg_Urteil_vom_28-April-2005_Az_5-U-156-04




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