Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 22. Dezember 2010
Aktenzeichen: L 19 AS 1138/10 B
(LSG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 22.12.2010, Az.: L 19 AS 1138/10 B)
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10.06.2010 geändert. Die Vergütung des Beschwerdegegners wird auf 246,93 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller bezieht vom Antragsgegner Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zum 23.10.2008 stellte das Energieversorgungsunternehmen die Lieferung von Strom an den Antragsteller ein. Durch Bescheid vom 31.10.2008 lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers vom 24.10.2008 auf Gewährung eines Darlehens in Höhe von 740,86 EUR zwecks Deckung von Energiekostenrückständen nach § 23 Abs. 1 SGB II ab. Hiergegen legte der Antragsteller am 03.11.2008 Widerspruch ein. Bei einer Vorsprache am 13.11.2008 beantragte der Antragsteller die Übernahme der Abschlagszahlung für November 2008 von 120,00 EUR als Darlehen und erklärte sich mit den zuvor zwischen dem Beschwerdegegner und dem Antragsgegner vereinbarten Rückzahlungsmodalitäten einverstanden. Er erklärte, dass durch die Gewährung des Darlehens mit den entsprechenden Vereinbarungen und der Wiederherstellung der Energiezufuhr sein Begehren aus dem Eilantrag grundsätzlich gegenstandslos geworden sei. Der Beschwerdegegner werde sich in dieser Angelegenheit mit dem Sozialgericht in Verbindung setzen. Durch Bescheid vom 20.11.2008 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller ein Darlehen in Höhe von 740,86 EUR nach § 23 Abs. 1 SGB II und verfügte die Aufrechnung der Darlehensforderung in monatlichen Raten von 35,10 EUR mit den künftigen Leistungen ab dem 01.12.2008.
Am 05.11.2008 beantragte der Antragsteller, der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihm ein Darlehen in Höhe von 740,86 EUR nach § 23 Abs. 1 SGB II zu bewilligen.
Mit Schriftsatz vom 17.11.2008 zeigte der Antragsgegner an, dass eine außergerichtliche Einigung mit der Gegenseite erfolgt sei, nachdem am 13.11.2008 eine Vereinbarung über die Bedingungen und die Rückzahlungsmodalitäten für das beantragte Energiekostendarlehen mit dem Antragsteller und dem Beschwerdegegner getroffen worden sei. Die Energiezufuhr sei am 14.11.2008 durch den Energieversorger wiederhergestellt worden. Mit Verfügung vom 18.11.2008 wurde der Schriftsatz mit der Anfrage, ob der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz für erledigt erklärt werde, vom Sozialgericht an den Beschwerdegegner weitergeleitet. Mit Schriftsatz vom 12.12.2008, eingegangen bei Gericht am 15.12.2008, übersandte der Beschwerdegegner die vollständig ausgefüllte Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und erklärte, dass er nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz für erledigt erklären werde.
Durch Beschluss vom 10.12.2008 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Beschluss wurde am 18.12.2008 abgesandt. Durch Beschluss vom 18.12.2008 bewilligte das Sozialgericht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe ab dem 15.12.2008 ohne Ratenzahlung und ordnete ihm den Beschwerdegegner bei. Durch weiteren Beschluss vom 21.01.2009 bewilligte das Sozialgericht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe ab dem 05.11.2008 ohne Ratenzahlung und ordnete ihm den Beschwerdegegner bei.
Mit Schreiben vom 23.12.2008 hat der Beschwerdegegner beantragt, seine Vergütung aus der Staatskasse auf 785,40 E festzusetzen, und zwar in Höhe von
Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Einigungsgebühr gem. Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 19% Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG 125,40 EUR.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 23.01.2009 auf 114,24 EUR festgesetzt und zwar in Höhe von
Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV RVG 80,00 EUR Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 16,00 EUR 19% Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG 18,24 EUR.
Hiergegen hat der Beschwerdegegner Erinnerung eingelegt. Er hat sich gegen die Höhe der festgesetzten Verfahrensgebühr gewandt. Es habe sich hinsichtlich des Umfangs, der Bedeutung und der Komplexität um ein durchschnittliches Verfahren gehandelt. Insbesondere habe er mehrfach mit der Richterin und der zuständigen Sachbearbeiterin des Antragsgegners telefoniert. Er habe den Inhalt der Verhandlungsniederschrift vom 13.11.2008 initiiert und telefonisch ausgehandelt. Eine Terminsgebühr sei nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG entstanden. Dies gelte auch für die Einigungsgebühr.
Der Beschwerdeführer hat die Auffassung vertreten, dass ein Durchschnittsfall, der den Ansatz einer Mittelgebühr rechtfertige, nicht vorliege. Eine Einigungsgebühr sei nicht entstanden, da das Verfahren weder durch Vergleich oder ein Anerkenntnis, sondern erst mit Beschluss vom 10.12.2008 beendet sei. Die Voraussetzungen für den Anfall einer fiktiven Terminsgebühr seien nicht gegeben.
Durch Beschluss vom 10.06.2010 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen die Vergütung auf 452,20 EUR festgesetzt. Es hat eine Verfahrensgebühr von 170,00 EUR sowie eine Einigungsgebühr von 190,00 EUR angesetzt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen diesen am 24.06.2010 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 06.07.2010 Beschwerde eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und nicht durch den Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 HS. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), auch wenn der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. § 33 Abs. 8 Satz 1 HS. 2 RVG, wonach auch über die Beschwerde der Einzelrichter entscheidet, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen worden ist, findet im sozialgerichtlichen Verfahren keine Anwendung, selbst wenn die angefochtene Entscheidung durch den Kammervorsitzenden allein ergangen ist. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG weist die Entscheidung dem Einzelrichter als Mitglied des Gerichts zu. Der Kammervorsitzende des Sozialgerichts entscheidet nicht als einzelnes Mitglied der Kammer, sondern als Kammer in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter, denn diese wirken gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht mit. Die Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist daher keine Einzelrichterentscheidung im Sinne des § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG (vgl. LSG NRW Beschluss vom 16.12.2009 - L 19 B 179/09 AS - mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; a. A. LSG NRW Beschlüsse vom 21.12.2009 - L 9 B 17/09 AS - und vom 14.07.2010 - L 1 AS 57/10 B -).
A. Die Beschwerde ist zulässig.
Das Rechtsmittel der Beschwerde gegen eine Erinnerungsentscheidung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG ist gegeben (vgl. Beschluss des Senats vom 16.12.2009 - L 19 B 179/09 AS - mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; a. A. LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 24.02.2009 - L 15 SF 9/09 B).
Die Beschwerde ist statthaft. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG gilt für die Beschwerde gegen eine Entscheidung über eine Erinnerung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG die Vorschrift des § 33 Abs. 3 bis 8 RVG entsprechend. Danach findet die Beschwerde gegen eine Entscheidung über eine Erinnerung statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, die Beschwerde zugelassen hat (§ 33 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 RVG). Der Beschwerdewert bestimmt sich nach der Differenz zwischen der festgesetzten und der mit der Beschwerde geltend gemachten Gebühr zuzüglich Mehrwertsteuer (LSG NRW Beschluss vom 04.06.2008 - L 19 B 5/08 AL -). Vorliegend übersteigt die Beschwer den Betrag von 200,00 EUR. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung einer Vergütung des Beschwerdegegners auf 452,20 EUR und begehrt die Festsetzung einer Vergütung von 114,24 EUR. Die Differenz zwischen festgesetzter und begehrter Vergütung beträgt 337,96 EUR. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) ist gewahrt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 Satz 1 RVG).
B. Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Dem Beschwerdegegner steht gegenüber der Staatskasse ein Vergütungsanspruch in Höhe von 246,93 EUR zu. Im Übrigen ist die Beschwerde begründet.
Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung von der Staatskasse, soweit in Abschnitt 8 des RVG nichts anderes bestimmt ist. Dieser Vergütungsanspruch ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG nach seinem Grund und seiner Höhe von dem Umfang der Beiordnung abhängig (Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl. § 48 Rdz. 5 m.w.N.). Der beigeordnete Rechtsanwalt kann sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab Wirksamwerden seiner Beiordnung und unter der Voraussetzung einer wirksamen Vollmacht des begünstigten Beteiligten ergeben. Vorliegend besteht ein Vergütungsanspruch des Beschwerdegegners. Zwischen dem Antragsteller und dem Beschwerdegegner hat ein Mandatsverhältnis bestanden, welches durch die Erklärung des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin am 13.11.2008 dokumentiert ist. Im Beschluss vom 15.12.2008 über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe an den Antragsteller ist der Beschwerdegegner beigeordnet worden.
Der beigeordnete Rechtsanwalt kann nach § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab Wirksamwerden seiner Beiordnung ergeben.
1. Nach Wirksamwerden der Beiordnung zum 05.11.2008 hat der Beschwerdegegner einen Schriftsatz im gerichtlichen Verfahren gefertigt, so dass der Tatbestand der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 Anlage 1 zum RVG (VV RVG) gegeben ist. Der Beschwerdegegner hat für den Antragsteller ein nach § 183 SGG gerichtskostenfreies Verfahren betrieben und ist für ihn in einem dem Gerichtsverfahren vorausgegangenen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren nicht tätig gewesen.
Der sich aus Nr. 3102 VV RVG ergebende Gebührenrahmen beträgt 40,00 EUR bis 460,00 EUR. Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Beschwerdegegner als beigeordneter Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Höhe der Verfahrensgebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers und seines besonderen Haftungsrisikos (§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG). Die von einem beigeordneten Rechtsanwalt im Verfahren nach § 55 RVG getroffene Bestimmung ist nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Deshalb ist der Urkundsbeamte bzw. das Gericht verpflichtet, die Billigkeit der Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt zu prüfen. Bei Angemessenheit der angesetzten Gebühr hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bzw. das Gericht den Kostenansatz zu übernehmen, bei Unbilligkeit die Höhe der Betragsrahmengebühr festzusetzen.
Vorliegend ist der Ansatz einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG von 250,00 EUR durch den Beschwerdegegner unbillig. Bei der Bestimmung der Betragsrahmengebühr im konkreten Einzelfall ist von der Mittelgebühr auszugehen, die bei einem Normal-/Durchschnittsfall als billige Gebühr zu Grunde zu legen ist. Unter einem "Normalfall" ist ein Fall zu verstehen, in dem sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts unter Beachtung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt aller sozialrechtlichen Fälle abhebt (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R= nach juris Rn 24). Ob ein Durchschnittsfall vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich mit den sonstigen bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Streitsachen. Ein Abweichen von der Mittelgebühr ist bei einem Durchschnittsfall nicht zulässig (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = nach juris Rn 24; vgl. zur Vorgängervorschrift des § 12 BRAGO: BSG Urteile vom 29.02.1992 - 9a RVs 3/90 - und vom 22.03.1984 - 11 RA 58/83 = SozR 1300 § 63 Nr. 4). Unter Zugrundelegung eines Rahmens von 40,00 EUR bis 460,00 EUR nach Nr. 3102 VV RVG beträgt die Mittelgebühr 250,00 EUR. Bei Abweichungen von einem Durchschnittsfall kann der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG eine geringere oder höhere Gebühr bis zur Grenze des vorgegebenen Rahmens ansetzen. Hinsichtlich der Überprüfung der Billigkeit einer solchen angesetzten Gebühr billigt die Rechtsprechung dem Rechtsanwalt einen Toleranzrahmen von bis zu 20 % zu (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 19 m.w.N).
Nach wertender Gesamtbetrachtung handelt es sich zur Überzeugung des Senats bei der vorliegenden Streitsache nicht um einen Normal-/Durchschnittsfall, sondern um einen leicht unterdurchschnittlichen Fall, der den Ansatz einer Verfahrensgebühr von 187,50 EUR rechtfertigt.
Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Antragsverfahren ist als leicht unterdurchschnittlich zu bewerten. Bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit ist der Arbeits- und Zeitaufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er objektiv auch auf die Sache verwenden musste, zu würdigen. Dabei ist der gesamte Arbeits- und Zeitaufwand, den der Beschwerdegegner im Verfahren aufgewendet hat, in die Beurteilung mit einzubeziehen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts stellt die Dauer des gerichtlichen Verfahrens stellt kein geeignetes Kriterium dar, um den vom Rechtsanwalt betriebenen Aufwand in die Bewertungsskala - unterdurchschnittlich, durchschnittlich und überdurchschnittlich - einzuordnen (vgl. zum Widerspruchsverfahren BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 29). Vorliegend hat der Beschwerdegegner eine Antragschrift mit kurzer Antragsbegründung gefertigt sowie einen weiteren kurzen Schriftsatz, in dem er die vollständige Erklärung dem Antragsteller über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse übersandt hat. Auch ist berücksichtigen, dass der Beschwerdegegner die erforderlichen Erklärungen des Antragstellers zur Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes - eidesstattliche Versicherung - vorgelegt hat und mit der Antragsgegnerin ohne Beteiligung des Gerichts telefonisch zwecks außergerichtlicher Erledigung des Verfahrens Kontakt aufgenommen hat. Insoweit ist der Vortrag des Beschwerdegegners, dass er mehrfach mit der zuständigen Richterin und der zuständigen Mitarbeiterin des Antragsgegners telefoniert hat durch Aktenvermerke in der Akte der Antragsgegnerin belegt. Weitere Tätigkeiten - wie etwa das Lesen und Auswerten von medizinischen Gutachten, das Verfassen von Schriftsätzen, die sich mit komplexen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen auseinandersetzen, die Sichtung und Auswertung von Rechtsprechung, eine Akteneinsicht sind nicht angefallen bzw. nicht belegt.
Die Schwierigkeit der Tätigkeit des Beschwerdegegners ist allenfalls als durchschnittlich einzustufen. Im konkreten Verfahren ist sie im Vergleich zu Tätigkeiten in sonstigen Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu beurteilen. Dabei sind die qualitativen Anforderungen an die Tätigkeit im konkreten Fall zu berücksichtigen, wobei nicht auf die subjektive Einschätzung des Rechtsanwaltes, insbesondere nicht auf dessen Vorkenntnisse, abzustellen ist (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = nach juris Rn 32, 35), sondern es ist eine objektive Betrachtungsweise vorzunehmen. Das Erfordernis des Vorhandenseins von speziellen Kenntnissen und Fertigkeiten in eingeschränktem Umfang für die Bearbeitung des Falls begründet aber nicht schon allein die Annahme einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit.
Erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende (tatsächliche oder juristische) Probleme während des Mandats, die eine überdurchschnittliche Schwierigkeit begründen können (vgl. hierzu BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = nach juris Rn 33-35), sind in der Akte nicht belegt und werden auch vom Beschwerdegegner nicht geltend gemacht. Besondere juristische Schwierigkeiten sind nicht ersichtlich. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Verpflichtung zur Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs. 1 SGB II bzw. § 22 Abs. 5 SGB II zwecks Begleichung von Energiekostenrückständen zur Wiederherstellung der Stromversorgung. Es hat sich dabei um eine überschaubare Rechtsfrage gehandelt, zu der unterinstanzliche Rechtsprechung und Literatur existiert.
Die Bedeutung der Angelegenheit ist für den Antragsteller als überdurchschnittlich zu bewerten. Bei der Beurteilung der Bedeutung einer Angelegenheit ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit abzustellen. Dabei wird Streitigkeiten über Leistungen, die das soziokulturelle Existenzminimum eines Auftraggebers sichern, wie die Streitigkeiten nach dem SGB II, in der Regel überdurchschnittliche Bedeutung beigemessen, unabhängig davon, ob die Leistung dem Grunde nach oder lediglich die Höhe der Leistung umstritten ist (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = nach juris Rn 37). Vorliegend ist die Gewährung eines Darlehens zur Begleichung von Energiekostenrückständen zwecks Aufhebung der Stromsperre und damit zur Behebung einer gravierenden Notlage des Auftraggebers Streitgegenstand des Verfahrens gewesen. Die Behebung einer Stromsperre mittels Gewährung eines Darlehens zur Deckung der rückständigen Energiekosten begründet in der Regel eine überdurchschnittlich Bedeutung, weil die Versorgung mit Energie nach den heutigen Lebensverhältnissen zum sozialhilferechtlich anerkannten Mindeststandard gehört (vgl. LSG Hessen Beschluss vom 17.05.2010 - L 9 AS 69/09 - m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts mindert der Umstand, dass es sich vorliegend um ein Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGB II, d. h. um ein einstweiliges Rechtschutzverfahren zum Erlass einer Regelungsanordnung gehandelt hat, nicht die Bedeutung des Verfahrens für den Antragsteller. Zwar kann die Bedeutung eines Verfahrens nach § 86b SGB II für einen Auftraggeber in Hinblick darauf, dass im Regelfall in einem Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG nur eine vorläufige, zeitlich begrenzte Leistungsverpflichtung im Streit steht, also der endgültige Verbleib der begehrten Leistungen bei einem Auftraggeber offen bleibt, gemindert sein (vgl. hierzu: LSG NRW Beschlüsse vom 25.10.2010 - L 19 AS 1513/10 B - und vom 14.07.2010 - L 19 B 349/09 AS -). Vorliegend hat der Antragsteller in dem Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG jedoch die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines Darlehens und damit die Vorwegnahme der Hauptsache begehrt, da er im Widerspruchverfahren keine weitergehenden Ansprüche gegenüber dem Antragsgegner verfolgt hat, sondern sein Begehren sich ebenfalls auf die Gewährung eines Darlehens in bestimmter Höhe zur Begleichung seiner Energiekostenrückstände beschränkt hat. Damit ist in dem vom Antragsteller eingeleiteten einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 86b Abs. 2 SGG die Sach- und Rechtslage zwischen den Beteiligten im Ergebnis durch die Erlangung des Darlehens endgültig geklärt worden, sodass sich aus der Art des Verfahrens keine geminderte Bedeutung des Verfahrens ableiten lässt.
Der überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Antragsteller stehen seine unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse gegenüber (vgl. zu dem Verhältnis BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 38). Da der Antragsteller auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung seines soziokulturellen Existenzminimums angewiesen gewesen und ihm deshalb auch Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, sind seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse als erheblich unterdurchschnittlich zu bewerten.
Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdegegners ist nicht erkennbar.
Bei Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG, insbesondere auch der Tatsache, dass allein unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Herabbemessung der Mittelgebühr rechtfertigen können (vgl. BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = nach juris Rn 38), kommt dem konkreten Verfahren eine leicht unterdurchschnittliche Bedeutung zu, so dass der Ansatz einer Gebühr von 187,50 EUR, d. h. von 75% der Mittelgebühr, gerechtfertigt ist. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Sozialgerichts, dass diese Gebühr allein aufgrund des Umstands, dass es sich um ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren gehandelt hat, generell auf 2/3, d. h. auf 125,00 EUR, zu kürzen ist (so anscheinend auch LSG NRW Beschluss vom 14.07.2010 - L 1 AS 57/10 B -). Zwar ist die Aufzählung der in § 14 Abs. 1 RVG genannten fünf Bemessungskriterien für die Bestimmung einer Betragsrahmengebühr nicht abschließend (vgl. BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = nach juris Rn. 21: keine enumerative Aufzählung). Da die Bedeutung der unterschiedlichen Klage - und Antragsverfahren für einen Auftraggeber aber schon bei dem in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG aufgeführten Bemessungskriterium "Bedeutung der Angelegenheit" mitzuberücksichtigen ist, stellt der Umstand "Durchführung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens" kein neben den in §14 Abs. 1 RVG aufgezählten Bemessungskriterien eigenständiges Kriterium dar. Der Beschwerdegegner hat die Toleranzgrenze von bis zu 20 % (vgl. BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 19 m. w. N.) beim Ansatz einer Gebühr von 250,00 EUR überschritten, so dass der Ansatz seiner Gebühr unbillig ist.
2. Das Sozialgericht hat zutreffend den Anfall einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG verneint.
Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 VV RVG i.V.m. Vorbemerkung (Vorbem.) 3 Abs. 3 VV RVG in der ab dem 31.12.2006 geltenden Fassung (Zweites Justizmodernisierungsgesetz - 2. JuMOG - vom 22.12.2006, BGBl. I, 3416) ist nicht angefallen. Danach entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts. Ein gerichtlicher oder von einem Sachverständigen anberaumter Termin im Sinne der Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG hat vorliegend nicht stattgefunden. Dahinstehen kann, ob der Tatbestand des "Mitwirkens an einer Besprechung", die auf die Erledigung des Verfahrens nach § 86b SGG gerichtet sein musste, im Sinne der Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG durch die zwischen dem Antragsgegner und dem Beschwerdeführer geführten Telefongespräch erfüllt worden ist. Denn eine Terminsgebühr für das Mitwirken an einer auf Verfahrensvermeidung oder Verfahrenserledigung gerichteten anwaltlichen Besprechung kann nur in Verfahren entstehen, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder ausnahmsweise ein gerichtlicher Termin anberaumt worden ist (siehe BGH Beschluss vom 01.02.2007 - V ZB 110/06 = NJW 2007, 1461 und vom 15.03.2007 - V ZB 170/06 = NJW 2007, 2644; LSG NRW Beschluss vom 28.05.2010 - L 19 B 286/09 AS mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Mit der Ausweitung des Begriffs "Termin" auf Besprechungen des Rechtsanwalts mit der Gegenseite mit oder ohne Mitwirkung des Gerichts zur Vermeidung oder zur Erledigung eines Verfahrens hat der Gesetzgeber fördern und honorieren wollen, dass ein Rechtsanwalt nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beiträgt. Nach dem RVG soll die nach früherem Recht geübte Praxis, einen gerichtlichen Verhandlungstermin anzustreben, in dem ein ausgehandelter Vergleich nach "Erörterung der Sach- und Rechtslage" protokolliert wird, um eine Verhandlungs- bzw. Erörterungsgebühr nach § 31 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAGO) auszulösen, unterbleiben (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 209). Konnte daher nach früherem Recht eine außerhalb eines gerichtlichen Termins geführte Auseinandersetzung und Verhandlung der Beteiligten vor einem Vergleichsabschluss eine Erörterungsgebühr nicht auslösen (vgl. BGH Beschluss vom 30.03.2004 - VI ZB 81/03 = NJW 2004, 2311), ist dies durch Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG bewusst abweichend geregelt worden. Die Begründung für die von § 31 Abs. 1 Nr. 2 u. 4 BRAGO abweichende Neuregelung greift indes nicht in Beschlussverfahren, in denen das Gericht grundsätzlich ohne eine mündliche Verhandlung entscheidet. Die Materialien zum RVG enthalten keinen Hinweis darauf, dass mit der Terminsgebühr eine allgemeine Korrespondenzgebühr für die rechtsanwaltliche Mitwirkung an solchen Besprechungen eingeführt werden sollte. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 86b SGG kann aber ein Rechtsanwalt eine streitige Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht verhindern, da die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht vorgeschrieben, sondern nur fakultativ (§ 124 Abs. 3 SGG) ist. Damit kann eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 VV RVG i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG in Verfahren nach § 86b SGG nur anfallen, wenn ein gerichtlicher Termin anberaumt worden ist.
Ebenfalls ist eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG nicht angefallen. Danach entsteht eine Terminsgebühr auch, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Vorliegend kann dahinstehen, ob das Verhalten der Antragsgegnerin - Erlass des Darlehensbescheides nach Einigung mit dem Auftraggeber über die Rückzahlungsbedingungen - als Anerkenntnis i.S.v. Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG zu werten ist. Der Anwendungsbereich dieses Gebührentatbestandes ist auf Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 1 SGG) vorgeschrieben ist, beschränkt. Zwar kann aus dem Wortlaut der Vorschrift der Nr. 3106 Satz 2 VV RVG nicht zwingend geschlossen werden, dass im Fall der Erledigung des Verfahrens durch ein angenommenes Anerkenntnis der Anfall der sog. "fiktiven" Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG auf Verfahren beschränkt ist, in denen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgeschrieben ist (vgl. hierzu LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 10.09.2009 - L 1 B 158/09 SK E = nach juris Rn 11). Der Senat schließt sich jedoch der Rechtsprechung an, wonach die Vorschrift der Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG aus systematischen, teleologischen und historischen Gründen dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass dieser Gebührentatbestand nur in Verfahren, in denen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung obligatorisch ist, Anwendung findet (vgl. LSG NRW Beschlüsse vom 29.11.2010 - L 19 B 91/09 AS und L 19 B 92/09 AS -, vom 09.07.20120 - L 19 B 395/09 AS - und vom 28.05.2010 - L 19 B 286/09 AS - mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
Auch im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung des 1. Senats (Beschluss vom 14.07.2010 - L 1 AS 57/10 B), wonach eine fiktive Terminsgebühr im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anfallen kann, sieht der Senat keinen Anlass, seine Rechtsauffassung zu ändern. Der 1. Senat beruft sich darauf, dass die Beschränkung des Gebührentatbestandes der Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG auf Verfahren, in denen obligatorisch eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, dem Zweck der gesetzlichen Regelung - Förderung einer unstreitigen Erledigung widerspricht. Die Regelungen der Nr. 3106 Satz 2 VV RVG über den Anfall der sog. "fiktiven" Terminsgebühr dienen aber, auch wenn kein Termin i.S. der Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG stattgefunden hat, der Entlastung der Gerichte, da vermieden werden soll, dass ein Rechtsanwalt aus Gebühreninteresse auf der Durchführung einer mündlichen Verhandlung besteht (vgl. LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 10.09.2009 - L 1 B 158/09 SK E - juris Rn 11). Es soll die Bereitschaft eines Rechtsanwalts gefördert werden, durch sein prozessuales Verhalten dem Gericht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu ersparen (vgl. BGH Beschluss vom 10.07.2006 - II ZB 28/05 = MDR 2007, 302). Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 86b SGG kann aber ein Rechtsanwalt eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch sein prozessuales Verhalten nicht verhindern, da die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht vorgeschrieben, sondern nur fakultativ (§ 124 Abs. 3 SGG) ist. Das Gericht entscheidet nach Ermessen, ob in einem Verfahren nach § 86b SGG eine mündliche Verhandlung oder ein anderer Termin i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG, verbunden mit dem Anfall einer Termingebühr nach Nr. 3106 Satz 1 VV RVG, anberaumt wird oder nicht. Des weiteren soll ein Rechtsanwalt keinen Gebührennachteil dadurch erleiden, dass er das Verfahren im schriftlichen Verfahren so vorbereitet, dass eine Klärung der Sach- und Rechtslage im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nicht mehr erforderlich ist. Ihm soll eine Vergütung für die besonders gründliche und umfassende schriftliche Vorarbeit zugebilligt werden, die regelmäßig erwartet werden darf, wenn auf Grund einer Ausnahmevorschrift im Einzelfall ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (BGH Beschluss vom 24.07.2003 - V ZB 12/03 = NJW 2003, 3133; Müller-Rabe, a.a.O., 3104 VV Rn 10; siehe auch BT-Drs. 15/1971 S. 212, wonach ein besonderer Aufwand vergütet werden soll). Nach dem Willen des Gesetzgebers knüpft die Bestimmung der Nr. 3106 Satz 2 VV RVG bzw. der Nr. 3104 Abs. 1 VV RVG über den Anfall einer Terminsgebühr ohne Durchführung eines Termins i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG in gerichtskostenpflichtigen Verfahren an die Regelung des § 35 BRAGO an (BT-Drs. 15/1971 S. 212), wonach eine fiktive Verhandlungsgebühr bei entfallener, aber an sich vorgeschriebener Verhandlung anfallen konnte (vgl. hierzu BGH Beschluss vom 24.07.2003 - V ZB 12/03 - a.a.O.).
3. Eine Erledigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1002 VV RVG ist nicht angefallen. Danach entsteht eine Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt und über den Gegenstand ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, in dem Betragsrahmengebühren anfallen. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Die Erledigungsgebühr soll die Entlastung des Gerichts und das erfolgreiche anwaltliche Bemühen um eine möglichst weitgehende Herstellung des Rechtsfriedens ohne gerichtliche Sachentscheidung honorieren. Vorliegend hat zwar der Antragsgegner den vom Auftraggeber begehrten Verwaltungsakt - Bescheid über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 740,86 EUR - während des anhängigen gerichtlichen Verfahrens erlassen (Bescheid vom 20.11.2008). Eine Erledigung des Rechtsache i.S.v. Nrn. 1006, 1002 VV RVG ist durch Erlass des Verwaltungsaktes nicht eingetreten, da das gerichtliche Verfahren nach Erlass des Verwaltungsaktes nicht durch eine prozessuale Erklärung des Auftraggebers bzw. Beschwerdegengegners gegenüber dem Gericht (Erklärungen nach § 101 SGG oder § 102 SGG) beendet wurde. Vielmehr ist die Erledigung des gerichtlichen Verfahrens erst durch eine Sachentscheidung - Beschluss des Sozialgerichts vom 10.12.2008 - eingetreten (zum Erfordernis des Erledigung des Verfahrens ohne streitige Entscheidung vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 30.08.2010 - L 3 SF 3/09 B).
4. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist auch der Gebührentatbestand der Einigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1000 VV RVG nicht gegeben. Nach Nrn. 1006, 1000 Abs. 1 VV RVG entsteht in einem gerichtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren anfallen, die Einigungsgebühr als zusätzliche Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Beteiligten über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Die Vorschrift der Nr. 1000 Abs. 4 VV RVG, wonach eine Einigungsgebühr nur dann bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts anfallen kann, wenn über die Ansprüche vertraglich verfügt werden kann, steht im vorliegenden Fall der Anwendung des Gebührentatbestandes nach Nrn. 1006, 1000 Abs. 1 VV RVG nicht entgegen. Der Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrags über Sozialleistungen ist nach § 54 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zulässig, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Anspruch des Antragstellers auf Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs. 1 SGB II bzw. nach § 22 Abs. 5 SGB II gewesen. Bei der Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 SGB II bzw. nach § 22 Abs. 5 SGB II handelt es sich zumindest hinsichtlich der Rechtsfolgenseite um Ermessensleistungen der Antragsgegnerin. Eine vertragliche Vereinbarung i.S.v. Nr. 1000 Abs. 1 VV RVG kann auch stillschweigend geschlossen werden und ist nicht formbedürftig, sofern dies materiellrechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist. Es soll jegliche vertragliche Beilegung eines Streits der Parteien honoriert werden, außer wenn der zwischen Beteiligten geschlossene Vertrag ausschließlich das Anerkenntnis der gesamten Forderung durch den Schuldner oder den Verzicht des Gläubigers auf den gesamten Inhalt zum Gegenstand hat (vgl. BGH Urteil vom 20.11.2008 IX ZR 186/07 = nach juris Rn 7,8 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Eine konkrete Entlastung des Gerichts durch die Einigung i.S.v. Nr. 1000 Abs. 1 VV RVG ist nicht Voraussetzung für den Anfall der Einigungsgebühr (vgl. BGH Beschluss vom 17.09.2008 - IV ZB 13/08 = nach juris Rn 9). Es kann dahinstehen, ob die Beteiligten hier eine außergerichtliche Einigung i.S.v. Nr. 1000 Abs. 1 VV RVG, d. h. eine vertragliche Vereinbarung über die Gewährung eines Darlehens zur Begleichung von Schulden des Antragstellers beim Energieversorgungsunternehmen und die Rückzahlungsmodalitäten geschlossen haben. Denn eine solche Vereinbarung wäre als öffentlich -rechtlicher Vertrag i. S. d. § 53 ff. SGB X nach § 58 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 125 Bürgerliches Gesetzbuch nichtig, da die Schriftform nicht gewahrt ist. § 56 SGB X ordnet an, dass ein öffentlichrechtlicher Vertrag schriftlich zu schließen ist. Eine schriftliche Vereinbarung über die Darlehensgewährung und dessen Rückzahlungsmodalitäten ist zwischen den Beteiligten nicht geschlossen worden. Damit liegt eine Einigung i.S.v. Nr. 1000 Abs. 1 VV RVG nicht vor.
5. Die vom Beschwerdegegner geltend gemachte Post- und Telekommunikationspauschale von 20,00 EUR (Nr. 7002 VV RVG) ist erstattungsfähig. Damit steht dem Beschwerdegegner eine Vergütung von 207,50 EUR (187,50 EUR + 20,00 EUR) zu.
Unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer von 39,43 EUR (19% von 207,50 EUR) ergibt sich ein Vergütungsanspruch des Beschwerdegegners gegenüber der Staatskasse aus § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG in Höhe von 246,93 EUR.
Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG)
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
LSG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 22.12.2010
Az: L 19 AS 1138/10 B
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