Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. September 2002
Aktenzeichen: 19 W (pat) 8/01
(BPatG: Beschluss v. 30.09.2002, Az.: 19 W (pat) 8/01)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse E 05 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Oktober 2000 aufgehoben und das Patent erteilt.
Bezeichnung: Vorrichtung zur Verriegelung und Entriegelung des Laufwagens eines Schiebewandelementes Anmeldetag: 4. Oktober 1999 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2002 Beschreibung Seiten 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2002 3 Blatt Zeichnungen Figuren 1, 3, 4 und 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2002, übrige Figuren gemäß Offenlegungsschrift
Gründe
I Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse E 05 C - hat die am 4. Oktober 1999 eingereichte Anmeldung durch Beschluß vom 24. Oktober 2000 aus den Gründen des Bescheids vom 27. April 2000, auf den sich die Anmelderin nicht geäußert hat, zurückgewiesen. Die Anspruchskategorie des Anspruchs 1 sei falsch und seine Lehre aufgabenhaft.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie hat in der mündlichen Verhandlung neue Unterlagen eingereicht und beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2002 überreichten Patentansprüche 1 bis 9 sowie den überreichten Unterlagen zu erteilen, hilfsweise die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
Hilfsweise hat sie die Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt beantragt.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
"Vorrichtung zur Verriegelung und Entriegelung eines ein Schiebewandelement tragenden Laufwagens an einer Führungsschiene, mit einer Verriegelung, bestehend ausa) einem am Laufwagen angeordneten Sperrnocken (6)
b) einer an der Führungsschiene schwenkbar angeordneten und federbelasteten Sperrklinke (8)
c) einem an der Sperrklinke (8) angeordneten Steuernocken (12), undd) einer aufhebbaren mechanischen Schwenkbegrenzung (9,19,23) für die Sperrklinke (8)
wobei zum Verriegeln der Sperrnocken (6) den Steuernocken (12) unter Schwenkung der Sperrklinke (8) in einer ersten Schwenkrichtung unterfährt und in einer Ausnehmung der Sperrklinke (8) einrastet, wobei der Schwenkweg der Sperrklinke in einer der ersten Schwenkrichtung entgegengesetzten zweiten Schwenkrichtung mechanisch begrenzt ist, und daß zum Entriegeln die mechanische Schwenkbegrenzung der Sperrklinke (8) aufgehoben wird, wobei der Sperrnocken (6) den Steuernocken (12) unter Verschwenkung der Sperrklinke (8) in der zweiten Schwenkrichtung überfährt."
Mit den im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen soll die Aufgabe gelöst werden, eine Vorrichtung zur Ver- bzw. Entriegelung eines Laufwagens vorzuschlagen, durch deren Merkmale bei möglichst geringem baulichen Aufwand ein zuverlässiges Verriegeln bzw. Entriegeln gewährleistet ist (Seite 1 Zeile 19 bis 22 der geltenden Beschreibung).
Die Anmelderin vertritt die Ansicht, der Gegenstand gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 sei neu und erfinderisch, und weise nunmehr auch die zutreffende Anspruchskategorie auf.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Beschwerde ist zulässig und hat mit dem geänderten Patentbegehren Erfolg, weil der gewerblich anwendbare Gegenstand gemäß dem Patentanspruch 1 gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu ist und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
1. Offenbarung und Zulässigkeit des geltenden Patentanspruchs 1 Die Vorrichtungsmerkmale a) bis c) ergeben sich direkt aus dem ursprünglichen Anspruch 1. Das Merkmal d) leitet sich aus dem Merkmal im ursprünglichen Anspruch 1, Zeilen 14, 15 "mechanische Schwenkbegrenzung der Sperrklinke aufgehoben wird" ab. Die weiteren Merkmale entsprechen denen des ursprünglichen Anspruchs 1 mit der Klarstellung der Klinkenbewegung durch Definition einer ersten und zweiten Schwenkrichtung, die sich aus dem ursprünglichen Anspruch 1 und der Beschreibung Seite 2, Abs. 1, insbes. Zeile 12 bis 15 ergibt.
Die Fassung des geltenden Patentanspruchs 1 ist damit zulässig.
2. Neuheit Wie der den Amtsakten beiliegende Vordruck P2400 "Druckschriftennennung gem. § 44 PatG zeigt, wurde die Anmeldung zweimal recherchiert, jedoch kein weiterer Stand der Technik als die von der Anmelderin genannte DE 197 48 339 A1 ermittelt.
Der gewerblich anwendbare Gegenstand gemäß dem Patentanspruch 1 ist neu, da aus der einzigen im Verfahren befindlichen Druckschrift eine Vorrichtung mit allen im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen nicht bekannt ist.
Aus der DE 197 48 339 A1 ist in Übereinstimmung mit dem Anspruch 1 eine Vorrichtung zur Verriegelung und Entriegelung eines ein Schiebewandelement tragenden Laufwagens 3 an einer Führungsschiene 1, mit einer Verriegelung bekannt (Fig 1 Sp 1 Z 3-6). Abweichend von den Anspruchsmerkmalen a) bis d) weist diese Verriegelung gem. Fig. 2 einen Elektromagneten auf, der über Gestänge 13,16,25,26 und Winkel 22 einen "Verriegelungsschieber" 17 (durch Parallelverschiebung) anhebt oder absenkt (Sp 4, Z 11-21). Eine Längsbewegung des Schiebers 17 wird durch Feststellplatten 23 verhindert (Sp 4, Z 21-26). Im abgesenkten Zustand rastet die Einklinknase 11 am Verriegelungsschieber 17 in eine Ausnehmung 10 des Trag- und Führungselements 2 ein (Sp 4, Z 28-42). Das Trag- und Führungselement 2 ist Bestandteil des Laufwagens 3 (Sp 4 Z 28-32).
Während dem am Laufwagen angeordneten Trag- und Führungselement 2 noch eine Ähnlichkeit mit dem anspruchsgemäßen Sperrnocken 6 hinsichtlich Funktion und Gestalt unterstellt werden könnte, fehlen eine drehbare Sperrklinke mit Steuernocken und eine mechanische Schwenkbegrenzung sowie deren Zusammenwirken mit dem Sperrnocken, insbesondere das Unter- und Überfahren des Steuernockens, völlig.
Die Vorrichtung nach Anspruch 1 ist somit neu.
3. Erfinderische Tätigkeit Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der zuständige Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur Maschinenbau mit beruflichen Erfahrungen auf dem Gebiet der Antriebe und Beschläge für Türen, Fenster und Schiebewände.
Ausgehend von der Vorrichtung, wie sie in der DE 197 48 339 A1 beschrieben ist, stellt sich die anmeldungsgemäße Aufgabe, bei möglichst geringem baulichen Aufwand ein zuverlässiges Verriegeln bzw. Entriegeln zu gewährleisten, dem Fachmann in der Praxis von selbst. Denn schon aus Kostengründen im Hinblick auf Herstellung und Wartung muß der Fachmann bei der Weiterentwicklung bekannter Geräte regelmäßig auch deren Vereinfachung im Blick haben.
Ausgehend von der bekannten Vorrichtung mag der Fachmann zur Lösung dieser Aufgabe zwar anstelle des absenkbaren Verriegelungsschiebers 17 mit vorspringender Einklinknase 11 eine schwenkbare Sperrklinke vorsehen, die ihm als alternative Möglichkeit für eine Verriegelung geläufig sein mag, die dann mit einem als Sperrnocken ausgebildeten Gegenstück am Trag- und Führungselement 2 zusammenwirken könnte. Es gibt aber in dieser Druckschrift keinerlei Hinweis darauf, hierfür einen abwechselnd über- und unterfahrbaren Steuernocken an der Sperrklinke vorzusehen derart, daß beim Verriegeln eine mechanische Schwenkbegrenzung relativ aufwandsarm über die Sperrklinke den Steuernocken in der Bewegungsbahn des Sperrnockens hält, beim Entriegeln aber zum Überfahren in der zweiten Schwenkrichtung schwenken läßt.
Hierzu war eine über bloßes fachmännisches Handeln hinausgehende erfinderische Tätigkeit des Fachmanns erforderlich.
4. Übrige Unterlagen Die Merkmale der Unteransprüche 2 bis 9 entsprechen den ursprünglichen Patentansprüchen 2-9. Die Beschränkung auf einen "elektrischen Türöffner" im Anspruch 7 findet ihre Stütze in der Beschreibung S. 4, Z. 18 ("unbestromt") und S. 5, Z. 1 ("Bestromung"). Sie ist damit zulässig.
Diese Ansprüche betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Weiterbildungen einer Vorrichtung gemäß dem Patentanspruch 1; sie sind mit dem Hauptanspruch gewährbar.
Die geltende Beschreibungseinleitung ist an die geltenden Patentansprüche angepaßt und genügt auch hinsichtlich der Würdigung des Standes der Technik den an sie zu stellenden Anforderungen.
Die übrigen Beschreibungsänderungen dienten der Beseitigung offensichtlicher Fehler, die zu korrigieren waren.
Bei dieser Sachlage bleibt für ein Eingehen auf den Hilfsantrag kein Raum.
Dr. Kellerer Harrer Dr. Kaminski Dr. Scholz Be
BPatG:
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Az: 19 W (pat) 8/01
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