Landgericht Köln:
Urteil vom 1. Februar 2005
Aktenzeichen: 33 O 303/04

(LG Köln: Urteil v. 01.02.2005, Az.: 33 O 303/04)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

1.

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, wie nachstehend wiedergegeben, mit Preisnachlässen von "bis zu X %" zu werben, ohne die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Preisnachlässe klar und eindeutig anzugeben:

- es folgt eine Darstellung der betroffenen Werbeseite -

und/oder

2.

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung, wie nachstehend wiedergegeben anzukündigen:

"Diese Prämie erhalten sie von uns

KOSTENLOS ab einem Einkaufswert von:

990.-

oder 99

Punkten*

FARB-

FERNSEHER":

- es folgt eine Darstellung der betroffenen Werbeseite -

ohne die Bedingungen für die Inanspruchnahme klar und Eindeutig anzugeben,

und/oder

3.

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung, wie nachstehend wiedergegeben, anzukündigen:

"EINKAUFS-PRÄMIE

Diesen Artikel erhalten Sie

KOSTENLOS

Ab einem Auftragswert von 998,-*

Farbfernseher

...":

- es folgt eine Darstellung der betroffenen Werbeseite -

ohne die Bedingungen für die Inanspruchnahme klar und eindeutig anzugeben,

und/oder

4.

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung, wie nachstehend wiedergegeben, anzukündigen:

"Urlaubsgewinnspiel

Gewinnen Sie oder 100 Waren-

einen Traumurlaub Gutscheine à 10.-

für 2 Personen 20 Waren-

2 Wochen in die Karibik Gutscheine à 50.-

10 Waren-

Gutscheine à 100.":

- es folgt eine Darstellung der betroffenen Werbeseite -

Ohne die Teilnahmebedingungen klar und eindeutig anzugeben,

und/oder

5.

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung, wie nachstehend wiedergegeben, anzukündigen:

"30 Minuten-

Gewinnspiel

Alle 30 Minuten einen Einkaufs-

Gutschein im Wert

von 100.- zu gewinnen.":

- es folgt eine Darstellung der betroffenen Werbeseite -

ohne die Teilnahmebedingungen klar und eindeutig anzugeben.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,-- € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Bei dem Kläger handelt es sich um einen gerichtsbekannten Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Die Beklagte betreibt den Einzelhandel mit Möbeln.

Die Beklagte bewarb in einer im Kölner Stadt-Anzeiger vom 11.08.2004 geschalteten Anzeige u.a. Preisnachlässe, eine Einkaufsprämie in Form eines Farbfernsehers sowie ein Gewinnspiel. Wegen der Einzelheiten dieser Werbung wird Bezug genommen auf die als Anlage 1 zur Klageschrift im Original zur Akte gereichte Werbeanzeige (in Hülle Bl. 10 d.A.).

In einer am 04/05.09.2004 im Kölner Stadt-Anzeiger geschalteten Anzeige warb die Beklagte erneut mit einem Farbfernseher als Einkaufsprämie sowie mit einem Gewinnspiel. Wegen der Einzelheiten dieser Werbung wird Bezug genommen auf die als Anlage 4 zum Schriftsatz vom 20.09.2004 im Original zur Akte gereichte Werbeanzeige ( in Hülle Bl.34 d.A.).

Der Kläger meint, diese Werbung der Beklagten verstoße gegen die §§ 3, 4 Nr. 4 und 5, 5 UWG.

Wegen der näheren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags des Klägers wird Bezug genommen auf die Seiten 7-9 der Klageschrift (Bl. 7 – 9 d.A.) sowie auf die Seiten 11 – 14 seines Schriftsatzes vom 20.09.2004 (Bl. 30 - 33 d.A.).

Der Kläger beantragt,

-wie erkannt-.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, dass die beworbenen Rabatte nicht uneingeschränkt, sondern nur unter bestimmten Bedingungen gewährt würden, werde in der beanstandeten Werbung hinreichend deutlich. Auch die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Einkaufsprämie bzw. die Teilnahme an den Gewinnspielen seien klar und eindeutig angegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags der Beklagten wird Bezug genommen auf ihre Klageerwiderung (Bl. 45 ff. d.A.) und auf ihren Schriftsatz vom 09.12.2004 (Bl. 58 ff. d.A.).

Im übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend verwiesen.

Ursprünglich hat der Kläger ferner einen Antrag auf Zahlung von 176,56 € nebst Zinsen angekündigt. Nach Zahlung dieses Betrages durch die Beklagte haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 8 Abs. 1 UWG Unterlassung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verlangen, da die Beklagte mit der beanstandeten Werbung § 3 UWG zuwidergehandelt hat. Danach sind unlautere Wettbewerbshandlungen unzulässig, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Unlauter im Sinne von § 3 UWG handelt gemäß § 4 Nr. 4 und 5 UWG insbesondere, wer bei Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme bzw. bei Gewinnspielen mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen nicht klar und eindeutig angibt. Dies ist vorliegend bei allen beanstandeten Werbeaussagen der Fall.

1.

Mit der im Tenor unter Ziffer 1.) wiedergegebenen Ankündigung eines Preisnachlasses verstößt die Beklagte gegen § 4 Nr. 4 UWG, da sie die Bedingungen der Inanspruchnahme des angekündigten Preisnachlasses nicht klar und eindeutig angibt.

Die zahlreichen prozentualen Preisnachlässe werden über einen sog. Sternchenhinweis näher erläutert. Danach soll u.a. der Rabatt "nur auf Neukäufe" gewährt werden. Auch sollen "Werbe- und bereits reduzierte Ware" ausgenommen sein.

Zu den Modalitäten der Inanspruchnahme eines Preisnachlasses gehört auch die Angabe, auf welche Ware bzw. Warengruppe er sich bezieht (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rz. 4.11). Eine solche Angabe ist "klar und eindeutig", wenn sie den Angesprochenen nicht im Zweifel läßt, welche Bedingungen im Einzelnen gelten. Dies beurteilt sich nach dem Verständnis des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, a.a.O., Rz. 4.12).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes sind aber jedenfalls die von der Beklagten zur Bestimmung der von dem angekündigten Preisnachlaß erfaßten bzw. nicht erfaßten Waren verwendeten Begriffe "Neukäufe" und "Werbeware" ungeeignet, die angesprochenen Endverbraucher zweifelsfrei über die Bedingungen der Inanspruchnahme des Preisnachlasses aufzuklären.

Der Begriff "Neukauf" ist umgangssprachlich nicht gebräuchlich und damit ohne weiteres einer Vielzahl von Deutungen zugänglich. Dass die Beklagte damit solche Kaufverträge erfassen möchte, die erst nach Erscheinen der Werbeanzeige abgeschlossen werden, läßt sich dem Begriff nicht entnehmen und ist auch im übrigen aus der Werbung oder sonstigen Umständen nicht zu erschließen. Dies gilt um so mehr, als der verständige Durchschnittsverbraucher ohnehin nicht auf die Idee kommt, ein soeben angekündigter Preisnachlaß könne sich auch auf bereits zuvor abgeschlossene Verträge beziehen. Dieser Verbraucher wird daher ohne weiteres – unzutreffend - von einem anderweitigen Begriffsinhalt ausgehen, der sich ihm aber nicht erschließen kann

Der Begriff "Werbeware" ist umgangssprachlich ebenfalls nicht gebräuchlich und damit einer Vielzahl von Deutungen zugänglich. Auch hier gilt, dass der von der Beklagten dem Begriff zugedachte Bedeutungsgehalt ("bereits besonders beworbene Ware") nicht zu erschließen ist. Daran ändert auch der Hinweis der Beklagten nichts, dass dieser Begriff in den letzten Jahre vielfältig in der Werbung Verwendung gefunden haben soll. Die häufige Verwendung allein läßt keinen Rückschluß darauf zu, dass der Begriff auch in einem bestimmten Sinne verstanden wird. Hinzu kommt im übrigen, dass selbst derjenige Verbraucher, der Werbeware im Sinne der Beklagten definiert, auch nicht ansatzweise in der Lage ist, zu erkennen, ob die ihn konkret interessierende Ware in den Preisnachlaß einbezogen ist oder nicht. Denn die Frage, ob eine Ware bereits – anderweitig – besonders beworben worden ist, hängt von den bis dahin getroffenen Werbemaßnahmen der Beklagten ab. Diese können dem angesprochenen Verbraucher in der Regel nicht bekannt sein, so daß er gerade nicht in der Lage ist, zweifelsfrei die vom Preisnachlass erfaßten Waren konkret zu bestimmen.

2.

Mit den im Tenor unter Ziffer 2.) und 3.) wiedergegebenen Ankündigungen einer Zugabe verstößt die Beklagte ebenfalls gegen § 4 Nr. 4 UWG, da sie die Bedingungen der Inanspruchnahme der angekündigten Zugabe nicht klar und eindeutig angibt.

Der Auftragswert von mindestens 998.-€ wird über einen sog. Sternchenhinweis näher erläutert. Danach soll die Einkaufsprämie "nur auf Neukäufe" gewährt werden. Auch sollen "Werbe- und bereits reduzierte Ware" ausgenommen sein. Diese Begriffe enthalten indes keine klaren und eindeutigen Angaben zur Inanspruchnahme der Prämie. Insoweit gellten die vorstehenden Ausführungen unter 1.) entsprechend.

3.

Mit den im Tenor unter Ziffer 4.) und 5.) wiedergegebenen Ankündigungen von Gewinnspielen verstößt die Beklagte gegen § 4 Nr. 5 UWG, da sie die Teilnahmebedingungen nicht klar und eindeutig angibt.

Der Begriff der Teilnahmebedingungen im Sinne der Norm ist weit zu verstehen. Er bezieht sich nicht nur auf die Teilnahmeberechtigung, sondern auch auf die Modalitäten der Teilnahme. Dazu gehören insbesondere Angaben dazu, was der Teilnehmer tun, an wen er seine Teilnahme bzw. Lösung schicken und bis zu welchem Zeitpunkt dies geschehen muss(vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, a.a.O., Rz. 5.9 ff.).

Auch hier beurteilt sich die Frage, ob diese Angaben "klar und eindeutig" sind aus der Sicht, eines durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, a.a.O., Rz. 5.13).

Die letztgenannte Anforderung erfüllen die Angaben in der Werbeanzeige vom 11.08.2004 schon deshalb nicht, weil diese in der Werbung nicht ohne weiteres zu finden sind. Zwar finden sich nähere Angaben zu den Teilnahmebedingungen in dem weißen Feld oberhalb der eigentlichen Auslobung des Gewinnspiels. Dieses Feld ist aber graphisch und drucktechnisch derart abgesetzt, dass nicht ohne weiteres die Annahme nahe liegt, in dem dort enthaltenen Fließtext, der von roten Störern mit Hinweisen auf die Öffnungszeiten und auf frisch gezapftes Kölsch eingerahmt wird, könnten Angaben zum Gewinnspiel zu finden sein. Bei der eigentlichen Gewinnspielauslobung fehlt überdies jeder Hinweis darauf, dass in der Werbung noch weitere Angaben zum Spiel zu finden sind. Hinzu kommt, dass der bloße Verweis auf die Art und Weise, wie man in den Besitz von Gewinnspielkarten kommt, noch keine Angabe dazu enthält, was der Teilnehmer letztlich tun muß.

Bei dem in der Werbeanzeige vom 04.05.2004 ausgelobten "30 Minuten Gewinnspiel" fehlt jeder Hinweis auf Teilnahmeberechtigung und –bedingungen.

4.

Der Auffassung der Beklagten, dass die Regelung in §§ 4 Nr. 4 und 5 UWG für die hier beanstandete "einfache Zeitungswerbung" nicht gedacht sei, kann nicht gefolgt werden. Erstrebt war mit der Neuregelung gerade eine Verallgemeinerung des zuvor lediglich für Tele- bzw. Mediendienste geltenden Transparenzgebotes(vgl. Harte/Henning/Bruhn, UWG, 1.Aufl., § 4 Rdz. 67). Die erforderlichen Informationen müssen auch in der werblichen Ankündigung von Verkaufsförderungsmaßnahmen etc. gegeben werden (vgl. Harte/Henning/Bruhn, a.a.O., Rdz. 64), so daß jedenfalls die Gefahr gebannt wird, dass die Adressaten der Werbung für ihre Entscheidung relevanten Fehlvorstellungen unterliegen (vgl. Harte/Henning/Bruhn, a.a.O., Rdz. 73). Genau dies ist aber bei der beanstandeten Werbung nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen nicht der Fall.

Die Kostenenentscheidung beruht auf den §§ 91, 91a ZPO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teil waren die Kosten des Rechtsstreits ebenfalls der Beklagten aufzuerlegen, da der Kläger bei Fortgang des Rechtsstreits auch insoweit obsiegt hätte. Nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen hat er die Beklagte vorprozessual wegen der hier beanstandeten Werbung zu Recht abgemahnt, so daß ihm für diese Tätigkeit der hier zunächst eingeforderte Aufwendungsersatzanspruch zustand.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: 65.000,--€






LG Köln:
Urteil v. 01.02.2005
Az: 33 O 303/04


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