Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 6. Juli 2009
Aktenzeichen: AnwZ (B) 70/08
(BGH: Beschluss v. 06.07.2009, Az.: AnwZ (B) 70/08)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 9. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist seit 2002 als Rechtsanwalt zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 27. September 2007 die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.
Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.
1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.
a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ(B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ(B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Der Vermögensverfall wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO, § 915 ZPO) eingetragen ist. Zum Zeitpunkt des Widerrufs war der Antragsteller mit zwei Haftbefehlsanordnungen im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts S. eingetragen, denen Forderungen in Höhe von 934,02 € und 6.185,63 € zugrunde lagen. Am 30. Juli 2007 hatte er die eidesstattliche Versicherung gemäß § 807 ZPO abgegeben. Die hierdurch begründete Vermutung des Vermögensverfalls hatte er nicht widerlegt. Ausweislich seiner Angaben in dem anlässlich der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gefertigten Vermögensverzeichnis verfügte er seinerzeit lediglich über eine Rente des Versorgungsamtes O. von monatlich ca. 680 €. Sonstige Einkünfte erzielte er nicht. Den wiederholten Aufforderungen der Antragsgegnerin, konkret zu seinen Vermögensverhältnissen Stellung zu nehmen, war der Antragsteller nicht nachgekommen.
b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den möglichen Zugriff von Gläubigern auf Mandantengelder.
2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150), kann nicht festgestellt werden.
Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller nicht dargetan. Zwar sind zwischenzeitlich keine neuen Forderungen gegen ihn bekannt geworden. Er hat sich jedoch trotz eines erneuten Hinweises durch den Senat auch im Beschwerdeverfahren nicht konkret zu seinen Vermögensverhältnissen geäußert. Es kann daher weiterhin nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller - sei es auch nur im Wege der Zahlung monatlicher Raten - zur Begleichung der beiden Forderungen, die zu den Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis geführt haben, in der Lage ist. Darauf, dass der Antragsgegnerin das Bestehen dieser Forderungen bereits bei der Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft bekannt war, kommt es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht an. Maßgeblich ist allein die Bewertung seiner Vermögensverhältnisse in diesem Verfahren. Danach sind sowohl die Antragsgegnerin als auch der Anwaltsgerichtshof zu Recht von dem Vorliegen eines Vermögensverfalls ausgegangen. § 14 Abs. 2 BRAO eröffnet der Rechtsanwaltskammer auch keinen Ermessensspielraum. Bei Vorliegen einer der dort genannten Voraussetzungen ist die Zulassung zwingend zu widerrufen.
3. Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall ausnahmsweise nicht (mehr) gefährdet sind.
Ganter Ernemann Schmidt-Räntsch Lohmann Martini Quaas Braeuer Vorinstanz:
AGH Celle, Entscheidung vom 09.06.2008 - AGH 27/07 -
BGH:
Beschluss v. 06.07.2009
Az: AnwZ (B) 70/08
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