Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 2. April 2008
Aktenzeichen: 31 Wx 85/06

(OLG München: Beschluss v. 02.04.2008, Az.: 31 Wx 85/06)

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21. August 2006 in Ziffer II dahin abgeändert, dass die angemessene Barabfindung auf 15,45 € je auf den Inhaber lautender Stückaktie festgesetzt wird.

II. Im Übrigen werden die sofortigen Beschwerden und die Anschlussbeschwerden zurückgewiesen.

III. Der Geschäftswert wird für beide Instanzen auf jeweils 7,5 Mio. € festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die angemessene Barabfindung aufgrund des am 30.10.2002 beschlossenen Ausschlusses der Minderheitsaktionäre.

Die Antragsteller waren Aktionäre der K. AG. Kerngeschäft des international tätigen Unternehmens ist die Herstellung von Wälzlagern. Das Stammkapital von 156.434.884,43 € war in 61.192.008 auf den Inhaber lautende Stückaktien aufgeteilt. Die I. GmbH (Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin) hatte im September 2001 ein Übernahmeangebot abgegeben und nach Erhöhung des Kaufpreises von 11 € auf 12 € je Aktie im Oktober 2001 die Mehrheit der Aktien erworben. Der Börsenkurs der Aktien der K. AG stieg nach Bekanntgabe des Übernahmeangebots von durchschnittlich 7,70 € auf rund 11 € bzw. 12 € an. Nach Abschluss eines Beherrschungsvertrages, dem die Hauptversammlung am 6.6.2002 zustimmte (vgl. 31 Wx 88/06), beschloss die Hauptversammlung am 30.10.2002, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen eine Barabfindung von 12 € auf die Hauptaktionärin zu übertragen, die 96,15 % des Grundkapitals hielt. Der Beschluss wurde nach Beendigung von Anfechtungsklagen durch Vergleich am 12.2.2003 im Handelsregister eingetragen. Der gewichtete durchschnittliche Börsenkurs in den letzten drei Monaten vor der Hauptversammlung betrug 12,41 € je Stückaktie.

Das Landgericht hat auf Antrag der K. AG mit Beschluss vom 8.8.2002 die B. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als sachverständigen Prüfer bestellt. Sie hat die vorgeschlagene Abfindung als angemessen bewertet.

Die Antragsteller haben beantragt, als angemessen eine höhere Abfindung festzusetzen. Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.2.2004 den sachverständigen Prüfer zur Bewertung angehört. Dieser hat ergänzend eine schriftliche Stellungnahme vom 15.4.2004 abgegeben.

Mit Beschluss vom 21.8.2006 hat das Landgericht die angemessene Barabfindung auf 17,77 € je Stückaktie festgesetzt. Dabei ging das Landgericht abweichend von der Bewertung durch Unternehmen und Vertragsprüfer von einem Basiszinssatz von 5,5 % (statt 6 %) und einem Risikozuschlag von 2 % (statt 5,5 %) aus, was zu einer Herabsetzung des Kapitalisierungszinssatzes von 7,48 % (Phase I) bzw. 6,48 % (Phase II) auf 4,88 % bzw. 3,88 % führte. Den Barwert steuerlicher Verlustvorträge zum 31.12.2001 errechnete das Landgericht mit 114,26 Mio. € (statt 79 Mio. €). Weiteren Beanstandungen folgte das Landgericht nicht.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt. Sie rügt vor allem die Herabsetzung des Basiszinssatzes und des Risikozuschlags. Letzterer kann ihrer Ansicht nach nicht unter 5,5 % angenommen werden kann, ausgehend von einer Marktrisikoprämie von 5 % und einem Beta-Faktor von 1,1. Ferner verweist sie darauf, dass sich unter Anwendung des Tax-CAPM ein geringerer Unternehmenswert ergeben würde.

Der Antragsteller zu 6 strebt mit seiner sofortigen Beschwerde eine Erhöhung der Barabfindung an. Die Antragsteller zu 1, 2, 7, 9, 10, 13, 15 bis 16, 20 bis 23, 27 und 32 bis 34 haben im Hinblick auf das Rechtsmittel der Antragsgegnerin Anschlussbeschwerde eingelegt.

Der Senat hat eine schriftliche Stellungnahme des sachverständigen Prüfers eingeholt und in der mündlichen Verhandlung vom 26.2.2008 den sachverständigen Prüfer angehört.

II.

Die sofortigen Beschwerden und die Anschlussbeschwerden sind zulässig (§ 12 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 17 Abs. 2 SpruchG). Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin führt zur Herabsetzung der vom Landgericht festgesetzten Barabfindung auf 15,45 € je Stückaktie der K. AG. Die Beschwerden im Übrigen und die Anschlussbeschwerden haben keinen Erfolg.

1. Nach § 327 a Abs. 1 Satz 1 AktG kann die Hauptversammlung einer Gesellschaft die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen. Dabei muss die vom Hauptaktionär festgelegte Barabfindung die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung berücksichtigen (§ 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG).

Angemessen ist eine Abfindung, die dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist, die also dem vollen Wert seiner Beteiligung entspricht (BVerfGE 14, 263/284; 100, 289/304 f.; BGH AG 2003, 627/628; BayObLG NJW-RR 1996, 1125/1126;; Hüffer § 327 b Rn. 4; MünchKommAktG/Bilda § 305 Rn. 59). Zu ermitteln ist der Grenzpreis, zu dem der außenstehende Aktionär ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden kann (BGHZ 138, 136/140). Der Börsenwert bildet regelmäßig die Untergrenze der Abfindung, es sei denn, dass mangels Liquidität der Aktie der Börsenkurs nicht aussagekräftig ist (MünchKommAktG/Grunewald § 327 b Rn. 9). Hingegen kann entgegen der Auffassung der Antragstellerin zu 7 der Wert der Aktien der Minderheitsaktionäre nicht aus dem aufgrund eines vorangegangenen Unternehmensvertrages zu gewährenden festen Ausgleich abgeleitet werden (vgl. OLG München, Beschluss vom 26.10.2006, ZIP 2007, 375/376f.)

a) Bewerter und sachverständiger Prüfer haben bei der Ermittlung des Unternehmenswerts in nicht zu beanstandender Weise die Ertragswertmethode angewendet (vgl. BGH AG 2003, 627/628; BayObLGZ 1998, 231/235; OLG Düsseldorf AG 2001, 189/190 m.w.N.), wobei der so ermittelte Anteilswert gegebenenfalls einer Korrektur anhand des Börsenkurses bedarf (vgl. BVerfGE 100, 289/307). Nach dieser Methode werden die zukünftigen Erträge des Unternehmens geschätzt und auf den maßgeblichen Stichtag mit dem Kapitalisierungszinssatz diskontiert. Das nicht betriebsnotwendige (neutrale) Vermögen wird gesondert bewertet und regelmäßig mit dem Liquidationswert angesetzt (BayObLGZ 1998, 231/235).

Zu berücksichtigen ist bei der Bewertung der vorliegenden Gutachten allerdings, dass sie nach ihren zugrunde liegenden Erkenntnismöglichkeiten nicht in der Lage sein können, mathematisch einen exakten oder €wahren€ Unternehmenswert am Stichtag festzustellen. Dem Gericht kommt somit die Aufgabe zu, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert, der Grundlage für die Abfindung ist, im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu bestimmen (st. Rspr., vgl. BGH ZIP 2001,734/736; BayObLG AG 2006, 41; OLG München, Beschluss vom 17.7.2007, BB 2007, 2395; OLG Stuttgart AG 2007, 128/130; ZIP 2004, 712/714).

b) Der Prüfungsbericht des gerichtlich bestellten sachverständigen Prüfers, die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten zusätzlichen schriftlichen Stellungnahmen und die Ausführungen im Rahmen der Anhörungen vor dem Landgericht und dem Senat sind geeignet und ausreichend, über die entscheidungserheblichen Bewertungsfragen zu befinden und den Unternehmenswert zu schätzen (§ 287 Abs. 2 ZPO). Insbesondere ist die Einholung eines weiteren Gutachtens eines anderen Sachverständigen zum Unternehmenswert nicht erforderlich.

Soweit einige der Antragsteller die fachliche Eignung und die Neutralität des sachverständigen Prüfers in Zweifel ziehen, liegt dies neben der Sache. Die zum sachverständigen Prüfer bestellte B. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist eine der größten in Deutschland tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die fachliche Qualifikation der für sie tätigen Mitarbeiter steht außer Frage. Der von den Antragstellern hervorgehobene Umstand, dass die im Banksektor erbrachte, teilweise bereits länger zurückliegende Tätigkeit der B. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen war, weist keinerlei Bezug zum vorliegenden Verfahren auf.

2. Hinsichtlich der Ertragsprognosen sieht der Senat die vom sachverständigen Prüfer gebilligten Ansätze der Bewertungsgutachter als taugliche Grundlage für die Schätzung des Unternehmenswertes an; die insoweit erhobenen Einwände der Antragsteller greifen nicht durch.

a) Synergieeffekte aus der Zusammenarbeit der K. AG und der N. Corporation/Japan sind im gebotenen Umfang bei der Bewertung berücksichtigt worden. Wie im Bericht der Hauptaktionärin vom 5.9.2002 dargestellt, sind im Bereich €Automotive€ die Auswirkungen der Einkaufsallianz mit der N. Corporation im Bereich der Wälzlagerindustrie in die Planung des operativen Ergebnisses eingeflossen. Die ergebniswirksamen Effekte belaufen sich auf 1,5 Mio. € pro Jahr. Die Ausführungen des damaligen Vorstands der K. AG bei der Hauptversammlung vom 28.6.2001, der weit höhere Synergieeffekte aus der Zusammenarbeit schätzte, bieten keine tragfähige Grundlage für den Ansatz zusätzlicher ergebniswirksamer Effekte aufgrund der strategischen Allianz mit dem japanischen Unternehmen. Danach wurde zum damaligen Zeitpunkt an sechs Projekten gearbeitet, deren Bewertung im dritten Quartal vorliegen sollte. Dann sollte entschieden werden, wie diese Projekte € €und hier sehen wir Synergien in der Größenordnung von ca. 53 Mio. € pro Jahr€ - umgesetzt würden. Tatsächlich wurden jedoch nicht alle in Aussicht genommenen Projekte umgesetzt. Auch in den Planungen war zum für die Bewertung maßgeblichen Stichtag 30.10.2002 nur das gemeinsame Einkaufsprojekt enthalten. Nur hypothetisch mögliche, fiktive Entwicklungen sind keine hinreichende Grundlage für die Prognose der künftigen Erträge des zu bewertenden Unternehmens.

b) Die Prognose der Erträge für die ewige Rente begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Im Hinblick auf die konjunkturellen Schwankungen, denen die K. AG als Zulieferer für die Industrie, insbesondere die Automobilbranche, unterliegt, haben Bewerter und sachverständiger Prüfer als nachhaltig erzielbares Ergebnis nicht dasjenige des letzten Planjahres angenommen, sondern - differenziert nach einzelnen Geschäftsbereichen - den Durchschnitt aus den Ergebnissen der Planjahre gebildet. Diese plausibel und nachvollziehbar begründete Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden (vgl. Peemöller/Kunowski, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 3. Aufl. (3) Rn. 93). Wenn das zu bewertende Unternehmen in einer konjunkturabhängigen Branche tätig ist, muss das für die ewige Rente zugrunde gelegte Ergebnis dem eines €durchschnittlichen€ Jahres entsprechen, weil andernfalls Boom- oder Rezessionsphasen des Zyklus als Dauerzustand in die Zukunft fortgeschrieben werden, was zu unrealistischen Ergebnissen führt (vgl. Ernst/Schneider/Thielen, Unternehmensbewertungen erstellen und verstehen, S. 45). Bei der Ermittlung des durchschnittlichen Ergebnisses für die einzelnen Geschäftsbereiche wurden zudem jeweils die von Sonderentwicklungen geprägten Jahre ausgenommen. Soweit wegen der Ergebnisse des ersten Halbjahres 2002 gegenüber der Bewertung zum Stichtag 6.6.2002 Prognosen für 2002 und 2003 nach unten korrigiert wurden, wurde für die Abschätzung des Ergebnisses der ewigen Rente die ursprüngliche Planung herangezogen. Für den Bereiche €Automotive€(vormals Automobiltechnik) und € Industrial Bearings and Services€legten die Bewerter den Durchschnitt der Jahre 2002 bis 2005 zugrunde. Im Bereich €Aerospace/Superprecision (vormals €Precision Bearings€) wurde das Jahr 2002 ausgeklammert wegen eines vorübergehenden und nicht repräsentativen Ergebnisrückgangs aufgrund weltweiter konjunktureller und politischer Veränderungen. Für die Bereiche €Components€ (€Komponenten€) und €Näh- und Fördertechnik€ wurden die durchschnittlichen Ergebnisse ab 2003 bzw. 2004 angesetzt, weil dort Restrukturierungsmaßnahmen und Kostenoptimierungsprogramme erst ab 2003 bzw. 2004 in den Ergebnissen zum Tragen kommen.

c) Auch die angesetzten Reinvestitionen mit der Anpassung für das nachhaltige Ergebnis in Höhe von 11,4 Mio. € sind in den Stellungnahmen vom 15.4.2004 und vom 30.1.2008 eingehend und nachvollziehbar erläutert worden. Für die ewige Rente werden die geplanten Abschreibungen durch die Reinvestitionsrate ersetzt. Die Reinvestitionsrate wurde hier abgeleitet aus dem Durchschnitt der für 2003 bis 2005 geplanten Investitionen. Die Abschreibungen für diesen Zeitraum fielen aber geringer aus, weil sie auf dem niedrigeren Investitionsniveau der Vorjahre basierten. Die Differenz zwischen den durchschnittlichen Abschreibungen der Planjahre und den nachhaltig erforderlichen Investitionen war deshalb gesondert zu berücksichtigen. Der für Reinvestitionen erforderliche Mehrbetrag wird teilweise ausgeglichen durch die Verminderung der Pensionsaufwendungen, woraus sich der angesetzte Betrag ergibt.

d) Das in der ewigen Rente gegenüber den Planjahren weiter verschlechterte Finanzergebnis hat der sachverständige Prüfer in seiner Stellungnahme vom 30.1.2008 nachvollziehbar damit begründet, dass der im Detailprognosezeitraum und der ewigen Rente erhöhte Investitionsbedarf in Konsequenz der anzunehmenden Vollausschüttung fremdfinanziert werden muss, was zu einem steigenden Fremdkapital und höherem Zinsaufwand führt.

Soweit beanstandet wird, die Steuerquote liege bei unrealistischen 50 %, trifft dies nicht zu. Wie im Schriftsatz der Antragsgegner vom 8.3.2007 erläutert, beträgt die Steuerquote für 2006 ff. rund 41 %. Denn der unter €betriebliche Ertragssteuern€ angegebene Betrag bezieht sich € anders als die insoweit missverständliche tabellarische Darstellung im Übertragungsbericht nahelegt - nicht nur auf das €Ergebnis vor Ertragssteuern€ in Höhe von 80,9 Mio. €, bei dem bereits die €Ergebnisanteile Dritter€ abgezogen sind. Vielmehr sind, wie vom sachverständigen Prüfer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingehend und plausibel erläutert, die betrieblichen Ertragssteuern in Höhe von 39,8 Mio. € auf das €Ergebnis nach Finanzergebnis€ anzusetzen, das 96,1 Mio. € beträgt, jedoch in der Tabelle nicht gesondert ausgewiesen ist. Klargestellt wurde auch, dass die vom sachverständigen Prüfer in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hinsichtlich der Steuerquote genannten abweichenden Zahlenangaben nicht zutreffend sind, da sie ausgehend von der missverständlichen Tabelle errechnet und € weil damals das Ansteigen der Steuerquote im Vordergrund stand € nicht näher überprüft wurden.

Der sachverständige Prüfer hat in seiner Stellungnahme vom 30.1.2008 auch den negativen Ergebnisbeitrag der €sonstigen Konzerngesellschaften€ erläutert. Dieser ergibt sich im Wesentlichen aus den Holding-Funktionen zweier Konzernbereiche und setzt sich insbesondere aus allgemeinen Verwaltungskosten und sonstigen betrieblichen Aufwendungen zusammen, die aus dem operativen Geschäftsbetrieb resultieren. Ein pauschaler Ansatz für eine Risikovorsorge auf Konzernebene liegt demnach nicht vor.

e) Der Senat hält ebenso wie das Landgericht die Berücksichtigung synergetischer Effekte für die Schätzung des Unternehmenswertes hier nicht für veranlasst. Soweit die Antragstellerin zu 7 meint, die Einsparung von Kosten etwa für die Hauptversammlung müsse den ausgeschlossenen Minderheitsaktionären zugute kommen, folgt der Senat dem nicht. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob es sich bei der Einsparung dieser Verwaltungskosten um einen Synergieeffekt im eigentlichen Sinne handelt. Dieser ist aber jedenfalls nicht bei der Bewertung zu berücksichtigen, weil er erst aufgrund des Ausschlusses der Minderheitsaktionäre eintritt.

3. Den Kapitalisierungszinssatz schätzt der Senat (§ 287 Abs. 2 ZPO) für die Phase I auf 5,525 % und für die Phase II auf 4,525 %. Dieser Kapitalisierungszinssatz setzt sich zusammen aus Basiszinssatz von 5,5 % und Risikozuschlag von 3 % abzüglich der typisierten persönlichen Ertragssteuer von 35 %. Für die Phase II berücksichtigt der Senat einen Wachstumsabschlag von 1 %.

25a) Der Basiszinssatz wird regelmäßig aus dem durchschnittlichen Zinssatz für öffentliche Anleihen oder für langfristige festverzinsliche Wertpapiere als landesüblichen Zinssätzen für (quasi-)risikofreie Anlagen am Kapitalmarkt abgeleitet. Zu ermitteln ist der aus der Sicht des Stichtags von kurzfristigen Einflüssen bereinigte, künftig auf Dauer zu erzielende Nominalzinssatz (vgl. dazu Baetge/Niemeyer/Kümmel in Peemüller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung 3. Aufl. Rn. (3) 387 ff; Ballwieser Unternehmensbewertung 2. Aufl. S. 83 ff; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 117 ff.). Der vom Landgericht angenommene Basiszinssatz von 5,5 % ist nicht zu beanstanden. Zwar haben Bewerter und sachverständiger Prüfer, ausgehend von der in der Vergangenheit erzielten durchschnittlichen Rendite für Wertpapiere von Emittenten bester Bonität, entsprechend der zum Stichtag 30.10.2002 noch geltenden Empfehlung des IDW einen Basiszinssatz von 6 % angesetzt. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der IDW seine Empfehlung zum 1.1.2003 auf 5,5 % zurückgenommen und damit einer zunächst als vorübergehend angesehenen Zinsentwicklung Rechnung getragen hat. Die Zinsstrukturkurve nach der Nelson/Siegel/Svensson-Methode, die zur Orientierung herangezogen werden kann, weist für den 30.10.2002 einen Wert von 5,30 % aus. Auch das spricht dafür, bereits für Oktober 2002 von einem Basiszinssatz von 5,5 % auszugehen. Hingegen kann wegen der fehlenden Laufzeitäquivalenz der Basiszinssatz nicht mit den zum Stichtag erzielten Renditen börsennotierter Bundeswertpapiere gleichgesetzt werden.

26b) Für die Berechnung des Kapitalisierungszinssatzes wird der Basiszinssatz um einen Risikozuschlag erhöht. Dadurch wird berücksichtigt, dass sich der Basiszinssatz auf für sicher gehaltene festverzinsliche Anleihen ohne Liquidationsrisiko bezieht, der Markt aber demgegenüber für die Investition in Unternehmensbeteiligungen, die in ihrer Wertentwicklung unsicher sind, einen Zusatznutzen (Prämie, Zuschlag) erwartet, der dieses Risiko ausgleicht (vgl. OLG Stuttgart AG 2007, 128/133 m.w.N.; BayObLG AG 2006, 41/43). Nach der Konzeption des IDW S 1 wird nicht mehr (wie nach dem früheren Standard HFA 2/1983) zwischen unternehmensspeziellen und allgemeinen Risiken unterschieden, sondern das gesamte Unternehmerrisiko ausschließlich im Kapitalisierungszinssatz berücksichtigt. Der unternehmensspezifische Risikozuschlag soll sowohl das operative Risiko aus der betrieblichen Tätigkeit als auch das vom Verschuldungsgrad beeinflusste Finanzierungsrisiko abdecken (vgl. IDW S 1 Ziffer 6.2; WP-Handbuch 2002 A Rn. 209).

27aa) Die Festlegung des Risikozuschlags kann pauschal aufgrund von Erfahrungswerten erfolgen. Diese Vorgehensweise, die der subjektiven Beurteilung des Bewerters erheblichen Raum gibt, war in der Vergangenheit weitgehend üblich (vgl. Munkert, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung S. 263 f.) und ist auch keineswegs überholt (Wüstemann BB 2007, 2223/2226). In letzter Zeit wird in der Bewertungspraxis zunehmend eine marktorientierte Ermittlung unter Anwendung des CAPM (Capital Asset Pricing Model) bevorzugt. Danach ermittelt sich der Risikozuschlag aus dem Produkt der Marktrisikoprämie, die erwartungsgemäß erzielt wird, wenn statt in risikolosen Wertpapieren in ein aus riskanten Papieren bestehendes Marktportfolio investiert wird, und dem unternehmensindividuellen Beta-Faktor, der die Fluktuation des Risikos in einem Unternehmen im Verhältnis zum Gesamtmarkt riskanter Papiere ausdrückt (vgl. WP-Handbuch A Rn. 213; Ballwieser S. 93; Großfeld S. 134 ff). Der Senat hält diese im Vordringen befindliche Methode allerdings nicht für überlegen, ebenso wenig das darauf fußende Tax-CAPM, das zusätzlich die unterschiedliche Besteuerung von Zinsen, Dividenden und Kursgewinnen zu berücksichtigen sucht (vgl. Senatsbeschluss vom 30.11.2006, AG 2007, 411/412 f.).

28bb) Die Ermittlung des Risikozuschlags unter Heranziehung des CAPM mag zwar zunächst besser nachvollziehbar erscheinen als die empirische Schätzung. Abgesehen von der grundsätzlichen Kritik an diesem Modell wegen seiner realitätsfernen Annahmen (vgl. Ballwieser S. 95) und den Einwänden gegen seine Tauglichkeit für die Bewertung eines Gesamtunternehmens (vgl. Adolff, Unternehmensbewertung in Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft S. 72 ff.) ist dieses Verfahren jedoch keineswegs völlig objektiv. Vielmehr wird bei näherer Betrachtung deutlich, dass auch hier das Ergebnis in hohem Maße von der subjektiven Einschätzung des Bewerters abhängt. Diese wird nur nicht unmittelbar durch die Schätzung des Risikozuschlags selbst ausgeübt, sondern mittelbar durch die Auswahl der Parameter für die Berechnung von Marktrisikoprämie und Beta-Faktor. Die rechnerische Herleitung des Risikozuschlags täuscht darüber hinweg, dass aufgrund der Vielzahl von Annahmen, die für die Berechnung getroffen werden müssen, nur eine scheinbare Genauigkeit erreicht wird. Eine mathematisch exakte Bemessung des für die Investition in das konkrete Unternehmen angemessenen Risikozuschlags kann nach dieser Methode nicht gelingen (vgl. Großfeld S. 139). Schließlich werden sowohl Marktrisikoprämie als auch Beta-Faktor regelmäßig € wie hier - aus Vergangenheitsdaten ermittelt, während die Unternehmensbewertung zukunftsbezogen zu erfolgen hat. Die Bedeutung der historischen Werte erschöpft sich folglich von vornherein darin, die Prognose der künftigen Entwicklung zu erleichtern (vgl. WP-Handbuch A Rn. 215; Munkert S. 238 ff; Großfeld S. 138; Ballwieser S. 98 f.). Diese Prognose unterliegt ebenso subjektiver Wertung wie die Auswahl der Parameter, die sowohl Marktrisikoprämie als auch Beta-Faktor entscheidend beeinflussen.

(1) Bereits für die Marktrisikoprämie gelangen die zahlreich vorliegenden Studien zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Diese hängen € abgesehen von dem untersuchten Wirtschaftsraum - unter anderem davon ab, welcher Zeitraum für den Renditevergleich gewählt und auf welche Art der Mittelwert gebildet wird. Es ergibt sich ein €vielfältiges Bild€ und eine beträchtliche Streubreite der ermittelten Marktrisikoprämien (vgl. Drukarczyk/Schüler, Unternehmensbewertung, 5. Aufl. S. 254 € 7 Studien, MRP 2,66% € 8,2 %; Ballwieser S. 97 € 12 Studien, MRP 1,2 % - 10,4 %). Den Zweifeln daran, ob die in der Vergangenheit beobachteten Marktrisikoprämien auch in Zukunft erzielt werden können, soll durch einen (nicht näher begründeten) pauschalen Abschlag von 1 € 1,5 % von der Nach-Steuer-Risikoprämie Rechnung getragen werden (vgl. Drukarczyk/Schüler S. 257). Der Arbeitskreis Unternehmensbewertung des IDW (AKU) hat zunächst eine Marktrisikoprämie von 4 % - 6 % (vor Steuern) empfohlen. Nunmehr sieht er eine Marktrisikoprämie vor Steuern von 4 % € 5 % als sachgerecht an, die für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2004 herangezogen werden soll (vgl. Drukarczyk/Schüler S. 257; Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel Wpg 2006, 1005/1019); Ballwieser/Kruschwitz/Löffler Wpg 2007, 765/768).

(2) Auch die Ermittlung des Beta-Faktors unterliegt, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, beträchtlichen Ermessensspielräumen. Denn er kann insbesondere durch die Wahl der Messperiode (z. B. 250 Tage, 52 Wochen, 60 Monate), des Intervalls zur Bestimmung der Rendite (Tages-, Wochen- oder Monatsrendite) und des Vergleichsindex in erheblichem Maße beeinflusst werden.

Schon die auf Anfrage des Senats vom sachverständigen Prüfer ermittelten (raw) Beta-Werte der K. AG, die sämtlich Monatsrenditen gegenüber dem DAX 100 über eine Messperiode von fünf Jahren zugrunde legen, weisen allein aufgrund der Verschiebung der Messperiode deutliche Abweichungen auf. So ergibt sich für die mit Juni 2002 endende Messperiode (Juli 1997 bis Juni 2002) ein Beta- Wert von 0,276, während er für Juni 2001 (Juli 1996 bis Juni 2001) 0,753 beträgt und für Juni 2000 (Juli 1995 bis Juni 2000) 0,870. Bezogen auf Oktober 2002 beträgt unter den gleichen Prämissen der Beta-Wert 0,117, für Oktober 2001 0,297 und für Oktober 2000 0,867. Auch die bloße Ausdehnung der Messperiode führt zu nicht unerheblichen Veränderungen, wie der von den Bewertern angesetzte Wert zeigt: Sie haben eine Messperiode von acht Jahren gewählt, die den Zeitraum von Mitte 1993 bis Mitte 2001 umfasst und so ein (adjusted) Beta von 1,03 ermittelt, das sie wegen des gestiegenen Verschuldungsgrades auf 1,1 erhöht haben. Im Vergleich zu dem auf Fünf-Jahres-Basis errechneten Wert für den gleichen Endzeitpunkt - Juni 2001 € beträgt die Differenz der beiden Werte 0,277 (1,03 gegenüber 0,753). Mit den vorliegenden Zahlen könnten folglich € ausgehend von der von den Bewertern angesetzten Marktrisikoprämie von 5 % - Risikozuschläge zwischen 0,585 % und 5,5 % begründet werden.

Im vorliegenden Fall haben Bewerter und sachverständiger Prüfer die Beta-Daten ab September 2001 als nicht aussagekräftig erachtet, weil die Aktie der K. AG wegen des deutlich über dem damaligen Aktienkurs liegenden Übernahmeangebots eine dem Index gegenläufige Sonderentwicklung genommen hat und zudem in der Folgezeit das Handelsvolumen auf einen Bruchteil des früheren Umfangs zurückgegangen ist. Aber auch wenn man mit Bewerter und sachverständigem Prüfer davon ausgeht, dass die historischen Beta-Faktoren um außergewöhnliche Umstände in der Vergangenheit wie etwa Übernahmeangebote zu bereinigen sind (vgl. Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel Wpg 2006, 1005/1019) und den Renditedaten bei zu geringem Handelsvolumen keine Aussagekraft beigemessen werden kann (vgl. Simon/Leverkus Anh. § 11 Rn. 130; Adolff S. 207), weisen die verbleibenden Beta-Werte erhebliche Abweichungen auf. Legt man den Fünf-Jahres-Wert aus dem von solchen Sondereinflüssen nicht betroffenen Meßzeitraum Juli 1996 bis Juni 2001 von 0,753 zugrunde, beträgt der Risikozuschlag ausgehend von 5 % Marktrisikoprämie 3,765 %. Geht man hingegen mit den Bewertern von dem Meßzeitraum von Mitte 1993 bis Mitte 2001 und dem Beta-Faktor von 1,1 aus, beträt der Risikozuschlag 5,5 %.

Für die verschiedenen Erhebungszeiträume können jeweils durchaus nachvollziehbare sachliche Gründe angeführt werden. Für den bei der Bewertung herangezogenen Zeitraum von acht Jahren spricht, wie vom sachverständigen Prüfer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachvollziehbar dargelegt wurde, dass durch umfangreicheres Datenmaterial stabilere Werte ermittelt werden können und zudem in etwa ein Konjunkturzyklus abgedeckt wird. In der Praxis weit verbreitet sind aber auch Vier- bzw. Fünf-Jahres-Meßperioden. Denn sie ermöglichen die Verwendung von Monatsrenditen, die weniger Verzerrungen unterliegen als etwa Tagesrenditen (vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel (3) Rn. 397; Löffler Wpg 2007, 808/811; Ballwieser S. 95). Gegenüber noch längeren Zeiträumen haben sie den Vorzug, dass in geringerem Umfang Daten in den Beta-Wert einfließen, die weit vom Stichtag entfernt sind. Bei kürzeren Meßperioden fließen zwar weitgehend stichtagsnahe Daten in den Beta-Wert ein, diese müssen aber wegen der erforderlichen Mindestanzahl von Wertepaaren auf der eher für Verzerrungen anfälligen Tages- oder Wochenbasis gewonnen werden (vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel (3) Rn. 396 f.).

Durch seine Entscheidung, welche Ausgangsdaten er für die Ermittlung des Beta-Faktors im konkreten Fall für sachgerecht erachtet, nimmt der Bewerter folglich zugleich Einfluss auf das Ergebnis, so dass letztlich auch hier die Bestimmung des Risikozuschlags von seinem sachverständigen Ermessen abhängt.

(3) Das Tax-CAPM (Nachsteuer-CAPM) geht von der Annahme aus, dass sich Anleger in ihren Investitionsentscheidungen an den erwarteten Nachsteuerrenditen orientieren, und will bei der Ermittlung der Marktrisikoprämie zusätzlich die unterschiedliche Steuerbelastung von Zinsen, Dividenden und Kursgewinnen berücksichtigen. Die Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern soll nach der Empfehlung des Arbeitskreises Unternehmensbewertung des IDW zwischen 5 % und 6 % liegen, mithin einen Prozentpunkt über der Marktrisikoprämie vor persönlichen Steuern mit 4 bis 5 %, was auf die (bisherige) steuerliche Privilegierung der Aktienrenditen gegenüber den Renditen aus festverzinslichen Wertpapieren zurückzuführen ist (vgl. Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel Wpg 2006, 1005/1019; Ballwieser/Kruschwitz/Löffler Wpg 2007, 765/768). Abgesehen von den grundsätzlichen Einwänden gegen das Modell, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung der Daten (vgl. Ballwieser/Kruschwitz/Löffler Wpg 2007, 765/768 f.), ist bislang jedenfalls für den deutschen Markt nicht belegt, dass das Nachsteuer-CAPM die Realität an den Kapitalmärkten hinreichend gut beschreibt (Peemöller/Beckmann/Meitner BB 2005, 90/94; vgl. auch Wiese, Komponenten des Zinsfußes in Unternehmensbewertungskalkülen, S. 143 ff. m.w.N.). Eine durchgreifende methodische Verbesserung der Schätzung künftiger Marktrisikoprämien vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Zudem wird durch die Abgeltungssteuer, die ab Anfang 2009 in gleicher Weise auf Zinsen, Dividenden und Kursgewinne erhoben wird, weitgehend die Ungleichbehandlung bei der Besteuerung beseitigt, die Ausgangspunkt für das Tax-CAPM ist.

cc) Der Senat ist wie das Landgericht der Auffassung, dass der Ansatz eines Risikozuschlages von 5,5 % vor Steuern nicht geeignet ist, zu einer angemessenen Abfindung zu gelangen. Allerdings begegnet der vom Landgericht ohne nähere Begründung angesetzte Risikozuschlag von 2 % ebenfalls Bedenken.

(1) Der Senat hält es für die Ermittlung einer brauchbaren Schätzgrundlage zur Bestimmung einer angemessenen Barabfindung für sachgerecht, dass Abweichungen von einem Wert von 2 % einer besonderen Begründung bedürfen (vgl. Senatsbeschluss vom 19.10.2006, AG 2007, 287/290 im Anschluss an BayObLG AG 2006, 41/44). Das bedeutet jedoch nicht, dass dieser Wert ohne nähere Prüfung stets zugrunde zu legen ist. Ein derart schematisierter Wert würde dem Einzelfall nicht zureichend gerecht (OLG München, Beschluss vom 10.5.2007, AG 2008, 37/39). Für die empirische Schätzung des Risikozuschlages muss in jedem Fall der konkreten Situation des jeweiligen Unternehmens Rechnung getragen werden. Im Rahmen des dem Gericht eröffneten, von ihm aber auch auszufüllenden Schätzungsermessens sind alle zur Verfügung stehenden Gesichtspunkte einzubeziehen. Dabei können gegebenenfalls auch - bei der gebotenen kritischen Überprüfung € die unter Anwendung des CAPM gewonnenen Daten als eines der Elemente für die Schätzung des Risikozuschlags herangezogen werden.

(2) Wie vom sachverständigen Prüfer in der mündlichen Verhandlung erläutert, ist das zu bewertende Unternehmen in einer Branche tätig, die als solche weder einem besonders niedrigen Risiko (wie etwa Grundversorgung oder Immobilienwirtschaft) noch einem außergewöhnlich hohen Risiko (wie zum Beispiel High-Tech- oder Start-up-Unternehmen) ausgesetzt ist. Der Senat hat in jüngeren Entscheidungen Risikozuschläge von 2 % (für einen regionalen Energieversorger), 2,5 % (für eine Rückversicherung), 3 % (für einen Direktbroker) und 3,2 % (für einen privaten Fernsehsender) als angemessen angesehen. Bei der Bewertung eines vorwiegend in der Herstellung von Papiererzeugnissen tätigen Unternehmens ist der Senat von einem Risikozuschlag von 2,5 % ausgegangen, wobei die starke Stellung in einem konzentrierten Markt weniger großer Mitbewerber zu berücksichtigen war.

Im vorliegenden Fall ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Unternehmen zum Stichtag weltweit € insbesondere in Europa, Amerika und Asien - in einem oligopolistisch strukturierten Marktumfeld tätig war, in dem die acht größten Wettbewerber rund zwei Drittel des Marktes repräsentierten, wobei die K. AG selbst an vierter bis fünfter Stelle im Weltmarkt lag. Als Zulieferer für Industrieunternehmen insbesondere aus dem Automobilbereich unterliegt sie den konjunkturellen Schwankungen, denen auch die Abnehmer ausgesetzt sind. Ihr unternehmerisches Risiko kann deshalb nicht im unteren Bereich angesiedelt werden, wie es das Landgericht getan hat. Der Senat sieht unter Abwägung aller in Betracht zu ziehenden Umstände einen Risikozuschlag von 3 % als angemessen an.

(3) Ein Risikozuschlag in dieser Größenordnung wird auch gestützt durch Daten, die sich unter Heranziehung des CAPM ergeben. Geht man von einer Marktrisikoprämie von 4 % und einem Beta-Faktor von 0,75 aus, führt dies ebenfalls zu einem Risikozuschlag von 3 %.

(4) Der von der Antragsgegnerin angesprochene Diskussionsentwurf der Finanzverwaltung zu einer Anteils- und Betriebsvermögensbewertungsverordnung (AntBVBewV), der zum Basiszinssatz einen pauschalen Zuschlag von 4,5 % für Unternehmerrisiko und andere Korrekturposten vorsieht (vgl. Begr. zu § 5), kann € unabhängig vom Stand des Normsetzungsverfahrens € zur Unternehmensbewertung im Rahmen eines Spruchverfahrens kaum etwas beitragen. Denn Ziel des Verordnungsentwurfs ist es, ein vereinfachtes Ertragswertverfahren anzubieten, mit dem €ohne hohen Ermittlungsaufwand oder Kosten für einen Gutachter€ (vgl. Begr. zu § 1) ein Unternehmenswert ermittelt werden kann. Seine Anwendung ist überdies beschränkt auf kleine und mittlere Unternehmen (§ 1 Abs. 3) und steht unter dem Vorbehalt, dass es nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (§ 1 Abs. 1, Abs. 2). Die für ein vereinfachtes Verfahren zum Zweck der Besteuerung vorgesehenen Gesichtspunkte stehen nicht in Einklang mit dem Ziel des Spruchverfahrens, bei Strukturmaßnahmen eine angemessene Abfindung für die außenstehenden Aktionäre gerichtlich festzusetzen.

42dd) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin zu 7 hat der bestehende Unternehmensvertrag nicht zur Folge, dass bei der Festlegung des Kapitalisierungszinssatzes der Risikozuschlag herabgesetzt werden oder entfallen muss. Durch den Unternehmensvertrag wird der Charakter der Aktie als Risikopapier, das keine feste Verzinsung des eingesetzten Kapitals verspricht, nicht verändert (BGH ZIP 2006, 663/664). Das Bestehen eines Beherrschungsvertrages ändert nichts daran, dass der Anleger von einer Investition in ein Unternehmen aufgrund der damit verbundenen Risiken eine höhere Rendite erwartet als von einer Anlage in ein sicheres Wertpapier (vgl. Popp Wpg 2006, 436/446).

c) Zur Ermittlung einer angemessenen Abfindung geeignet ist auch die Berücksichtigung eines Wachstumsabschlags in der Phase II, da davon auszugehen ist, dass die Gesellschaft in dieser Phase in gewissem Umfang Preissteigerungen wird weitergeben können (vgl. Großfeld, aaO S.144). Der Senat hält wie das Landgericht unter Berücksichtigung des Marktumfeldes einen Wachstumsabschlag von 1 % für sachgerecht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen inflationsbedingte Kostensteigerungen weitgehend oder gar vollständig auf die Kunden überwälzen kann. Aus dem Umstand, dass in gerichtlichen Entscheidungen auch höhere Wachstumsabschläge berücksichtigt wurden, lässt sich für den vorliegenden Fall aufgrund der Unterschiede in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den zu bewertenden Unternehmen nichts herleiten.

3. Zum Ertragswert sind die Sonderwerte hinzuzurechnen, die hier Verlustvorträge, Beteiligungen und nicht betriebsnotwendiges Vermögen umfassen.

a) Den Wert der Verlustvorträge zum 31.12.2001 schätzt der Senat unter Heranziehung des Kapitalisierungszinssatzes von 5,525 % und Berücksichtigung der persönlichen Steuern auf 91,2 Mio. €; insoweit wird auf die nachstehende Tabelle verwiesen. Maßgeblich ist der Barwert der zu erwartenden Steuerersparnis. Nachdem die Bemessung des Unternehmenswerts nach persönlichen Steuern erfolgt, ist auch der Wert der Verlustvorträge nach persönlichen Steuern anzusetzen (vgl. OLG München, Beschluss vom 17.7.2007, BB 2007, 2395/2398). Eine Thesaurierung der Verlustvorträge, die einige Antragsteller für günstiger halten, führt zu keinem höheren Wert, wie vom Vertragsprüfer in der Stellungnahme vom 15.4.2004 eingehend erläutert. Die Thesaurierung würde zwar eine schnellere Ausnutzung der Verlustvorträge ermöglichen, was eine geringere Diskontierung zur Folge hätte. Dieser Vorteil würde aber mehr als aufgewogen dadurch, dass die Ausschüttung erst später erfolgen könnte.

Jahr2002200320042005200620072008200920102011zusätzlich ausschüttbarer Betrag10,704,4010,1011,707,107,206,506,606,606,80Barwertfaktor bei 5,525 %0,94760,89800,85100,80650,76420,72420,68630,65040,61630,5840Barwert10,143,958,609,445,435,214,464,294,073,97kumulierter Barwert 31.12.0159,55 Jahr2012201320142015201620172018201920202021zusätzlich ausschüttbarer Betrag6,206,206,306,406,406,506,506,704,602,70Barwertfaktor bei 5,525 %0,55350,52450,49700,47100,44630,42300,40080,37980,36000,3411Barwert3,433,253,133,012,862,752,612,541,660,92kumulierter Barwert 31.12.0126,16 Jahr2022202320242025202620272028 zusätzlich ausschüttbarer Betrag2,702,802,802,802,902,902,90 Barwertfaktor bei 5,525 %0,32320,30630,29030,27510,26070,24700,2341 Barwert0,870,860,810,770,760,720,68 kumulierter Barwert 31.12.015,46 kumulierte Barwerte91,18 b) Die Bewertung der Grundstücke begegnet keinen Bedenken. Das gilt insbesondere für die Berücksichtigung der steuerlichen Folgen einer fiktiven Veräußerung (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.10.2006, AG 2007, 287/290). Auch der Abzug persönlicher Steuern ist nicht zu beanstanden, er entspricht den Vorgaben des IDW S 1 i. d. F. v. 28.6.2000 (Tz. 66), wonach steuerliche Folgen auf Unternehmens- und Eigentümerebene zu berücksichtigen sind. Entgegen der Auffassung der Antragsteller waren Bewerter und sachverständiger Prüfer nicht gehalten, für die Grundstücke in der Schweiz eine € steuerfrei mögliche - Nennwertrückzahlung zu unterstellen, die einer € nicht erfolgten € Entscheidung der Geschäftsleitung bedürfte. Eine signifikante Auswirkung auf den Unternehmenswert ergibt sich aus dieser Frage im Übrigen nicht. Nicht zu beanstanden ist auch die mehrfach eingehend erläuterte Bewertung des vermieteten Grundstücks in E.

c) Die Bewertung der €sonstigen Beteiligungen€ wurde eingehend und nachvollziehbar erläutert. Danach wurden für die in der Planung der K. AG nicht berücksichtigten Beteiligungen an neu gegründeten oder vergleichsweise unbedeutenden Unternehmen sowie Minderheitsbeteiligungen der anteilige Ertragswert (soweit positive Jahresabschlüsse vorlagen), der Buchwert und das anteilige Eigenkapital ermittelt und jeweils der höhere Wert angesetzt. Konkrete Einwände gegen die im Einzelnen für jede Beteiligung dargestellte Wertermittlung wurden nicht erhoben.

5. Die Herleitung des Unternehmenswerts ergibt sich nach alledem aus nachstehender Tabelle:

Kalenderjahre20022003200420052006Stichtag = 30.10.2002 Saldierte Ergebnisse in Mio EUR Automotive20,1023,0037,1039,7034,90Industrial Bearings and Services105,00118,20128,20137,00124,00Aerospace/Superprecision29,1036,8060,2067,1059,20Komponenten-3,00-3,000,100,800,10Näh- und Fördertechnik0,005,008,108,208,20Sonstige Konzerngesellschaften-35,70-48,60-60,60-66,60-58,70Zwischensumme115,50131,40173,10186,20167,70Anpassung für nachh. Ergebnis -11,40Ergebnis115,50131,40173,10186,20156,30Finanzergebnis-35,10-47,30-49,30-53,20-60,20Ergebnis nach Finanzergebnis80,4084,10123,80133,0096,10Betriebl. Ertragssteuern-31,20-24,10-39,60-48,70-39,80Beteiligungserg.-10,80-14,30-17,20-18,40-15,20Erg. nach Ertragssteuernu. Ant. Dritter38,4045,7067,0065,9041,10Pers. Ertragssteuern-6,72-8,00-11,73-11,53-7,19zu kapital. Ergebnis31,6837,7055,2754,3733,91Kapitalisierungszins in %5,53%5,53%5,53%5,53%4,53%Barwertfaktor0,9476430,8980270,8510090,80645217,822145Barwert30,0233,8647,0443,85604,35Ertragswert759,11 zzgl. Beteiligungswerte32,16 Endg. U-Wert945,14 Mio EUR zzgl. Verlustvorträge91,20 Zahl der Aktien61.192.008 Unternehmenswert 31.12.2001882,47 Wert je Aktie15,45 EUR Aufzinsungsbetrag40,47 Angebot12,00 EUR zzgl. nicht betriebsnotwendigesVermögen22,20 Unternehmenswert Stichtag945,14 Berechnung Aufzinsung Unternehmenswert vorläufig1 Jahr aufgezinst931,22 Differenz der Werte48,76 Datum vorl. Unternehmenswert31.12.2001 Datum Stichtag30.10.2002 6. Die Verzinsung der Barabfindung ergibt sich aus dem Gesetz (§ 327b Abs. 2 AktG).

III.

1. Die Antragsgegner haben kraft Gesetzes die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG); Gründe für eine hiervon abweichende Billigkeitsentscheidung (§ 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG) sind nicht gegeben. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller hält der Senat die Anordnung einer Kostenerstattung nicht für veranlasst (§ 15 Abs 4 SpruchG). Das Beschwerdeverfahren hat zu einer Herabsetzung der Barabfindung geführt. Für das Verfahren erster Instanz hat es mit der vom Landgericht getroffenen Kostenentscheidung sein Bewenden.

2. Für die Festsetzung des Geschäftswerts ist maßgeblich die Differenz zwischen der angebotenen und der vom Gericht festgesetzten Kompensationsleistung je Aktie, multipliziert mit der Gesamtzahl der außenstehenden Aktien. Nachdem dieser Betrag in der Größenordnung des Höchstbetrages von 7,5 Mio. € liegt, auf den der Geschäftswert nach dem für das Beschwerdeverfahren anwendbaren § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG begrenzt ist, hält es der Senat für angemessen, den Geschäftswert für beide Instanzen auf diesen Betrag festzusetzen.






OLG München:
Beschluss v. 02.04.2008
Az: 31 Wx 85/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/48bacefdd0db/OLG-Muenchen_Beschluss_vom_2-April-2008_Az_31-Wx-85-06




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