Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Mai 2006
Aktenzeichen: 17 W (pat) 307/03
(BPatG: Beschluss v. 30.05.2006, Az.: 17 W (pat) 307/03)
Tenor
Das Patent DE 197 19 038 wird widerrufen.
Gründe
I.
Auf die am 30. April 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung 197 19 038.3 - 53 wurde am 6. Mai 2002 unter der Bezeichnung
"Vorrichtung und Verfahren und ihre Verwendung zur veränderbaren Darstellung"
durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F das Patent erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 24. Oktober 2002.
Gegen das Patent hat die A...AG (in B...) Einspruch erhoben. Sie hält die beanspruchten Gegenstände wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit für nicht patentfähig sowie die Hilfsanträge 2 und 3 für unzulässig erweitert und ihre jeweiligen Gegenstände für unzureichend offenbart. Sie stützt ihr Vorbringen zusätzlich zu den im Einspruch genannten Druckschriften:
[E1] US 5 515 078 A
[E2] FITZMAURICE, G. et al. : Virtual Reality for Palmtop Computers. In: ACM Trans. on Information Systems, Vol. 11, No. 3, Juli 1993, S. 197 - 218
[E3] DE 43 16 731 A1
[E4] MCKENNA, M.: Interactive Viewpoint Control and Three-Dimensional Operations. In: Proceed. 1992 Symposium on Interactive 3D Graphics, Cambridge, Mass., 29.3. - 1.4.1992, S. 53 - 56
[E5] ZHAI, Sh. et al.: An Evaluation of Four 6 Degreeof-Freedom Input Techniques. In: ACM Conf. on Human Factors in Computing Systems, Amsterdam, April 1993, S. 123 - 124
[E6] ARTHUR, K. W. et al.: Evaluating 3D Task Performance for Fish Tank Virtual Worlds. In: ACM Trans. on Information Systems, Vol. 11, No. 3, Juli 1993, S. 239 - 265
[E7] WO 96 / 21 994 A1 nunmehr auch auf folgende nachbenannte Schriften (Nummerierung entsprechend ihrer Eingabe vom 12. Januar 2006):
[E8] US 5 615 342 A
[E9] DE 296 14 277 U1
[E10] EP 0 536 715 A2
[E11] DE 42 16 281 A1
[E12] WO 94 / 23 372 A1
[E13] DE 39 11 465 A1
[E14] US 5 602 566 A
[E15] US 5 274 363 A Zusätzlicher im Prüfungsverfahren angeführter Stand der Technik (in dortiger Nummerierung):
D3 EP 0 640 936 A1 D4 DE 38 28 487 A1 D5 VR-Displays: Fenster zur virtuellen Welt. In: iX 5/1995 S. 74 D6 WO 98 / 40 869 A1 (gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 PatG)
D8 DE 34 04 047 A1 D9 EP 0 626 635 A2 Der Senat hat am 22. September 2005 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, die mit Einverständnis der Beteiligten in das schriftliche Verfahren übergeleitet wurde, da sie nicht zur Entscheidungsreife geführt hat. Am 30. Mai 2006 fand auf die von beiden Parteien jeweils hilfsweise gestellten Anträge eine weitere mündliche Verhandlung statt.
Der Vertreter der Einsprechenden stellte den Antrag, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen und den Antrag auf Kostenauferlegung zurückzuweisen.
Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dass die jeweiligen Gegenstände nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen durch den entgegengehaltenen Stand der Technik nicht nahegelegt seien. Die umstrittenen Hilfsanträge 2 und 3 hält sie für zulässig. Ihr Vertreter stellte den Antrag, das Patent im erteilten Umfang aufrecht zu erhalten;
hilfsweise das Patent mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:
gemäß Hilfsantrag 1 mit Patentansprüchen 1 - 26 und Beschreibung Spalten 1 - 6, beides überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2005, gemäß Hilfsantrag 2 mit Patentansprüchen 1 - 24 und Beschreibung Spalten 1 - 6, beides überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2005, gemäß Hilfsantrag 3 mit Patentansprüchen 1 - 8 vom 29. Mai 2006, Beschreibung Spalten 1 - 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2006, gemäß Hilfsantrag 4 mit Patentansprüchen 1 - 6 vom 29. Mai 2006, Beschreibung Spalten 1 - 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2006, gemäß Hilfsantrag 5 mit Patentansprüchen 1 - 2 vom 29. Mai 2006, Beschreibung Spalten 1 - 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2006, sowie jeweils Zeichnungen mit Figuren wie Patentschrift; unddie Kosten der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2006 der Einsprechenden aufzuerlegen.
Die unabhängigen Patentansprüche 1, 2 und 3 sowie 17, 18 und 19 gemäß Hauptantrag, unter Korrektur eines offensichtlichen Fehlers im Anspruch 17 (vorletztes Wort: "interagieren" statt "integrieren"), hier mit einer Hervorhebung der zwischen ihnen bestehenden Unterschiede versehen, lauten:
1. Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Raumes und/oder eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Raum oder den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung sowohl der Position als auch der Orientierung des Bildschirms (4) und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Raumes oder des zu betrachtenden Gegenstandes ist.
2. Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Raumes und/oder eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Raum oder den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung der auf den Bildschirm (4) ausgeübten Kräfte und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Raumes oder des zu betrachtenden Gegenstandes ist.
3. Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Raumes und/oder eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Raum oder den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) sowie durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung sowohl der Position als auch der Orientierung des Bildschirms (4) und der auf den Bildschirm ausgeübten Kräfte und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Raumes oder des zu betrachtenden Gegenstandes ist.
17. Verfahren zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Raumes und/oder eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Raum oder den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) veränderbar sind, wobei sowohl die Position als auch die Orientierung des Bildschirms (4) erfaßt werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Raumes oder des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann.
18. Verfahren zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Raumes und/oder eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Raum oder den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, wobei auf den Bildschirm (4) ausgeübte Kräfte erfasst werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Raumes oder des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann.
19. Verfahren zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Raumes und/oder eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Raum oder den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) sowie durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, wobei sowohl die Position als auch die Orientierung des Bildschirms (4) und auf den Bildschirm (4) ausgeübte Kräfte erfaßt werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Raumes oder des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann.
Diesen Ansprüchen nach Hauptantrag soll die Aufgabe zugrunde liegen, eine verbesserte Vorrichtung und ein verbessertes Verfahren und deren Verwendung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Raumes oder eines zu betrachtenden Gegenstandes zur Verfügung zu stellen, wobei ein direkter Bezug zwischen den Handlungen des Betrachters der Darstellung und Änderungen in der Darstellung vorliegt (siehe Patentschrift Absatz [0008]).
Wegen der Unteransprüche 4 bis 16 und 20 bis 25 sowie der rückbezogenen Verwendungsansprüche 26 und 27 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die unabhängigen Patentansprüche 1, 2 und 3 sowie 17, 18 und 19 gemäß Hilfsantrag 1 - unter Hervorhebung der Unterschiede zum Hauptantrag - lauten:
1. Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung sowohl der Position als auch der Orientierung des Bildschirms (4) und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes ist durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
2. Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung der auf den Bildschirm (4) ausgeübten Kräfte und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes ist durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
3. Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) sowie durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung sowohl der Position als auch der Orientierung des Bildschirms (4) und der auf den Bildschirm ausgeübten Kräfte und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes ist durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
17. Verfahren zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) veränderbar sind, wobei sowohl die Position als auch die Orientierung des Bildschirms (4) erfasst werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
18. Verfahren zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, wobei auf den Bildschirm (4) ausgeübte Kräfte erfasst werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
19. Verfahren zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) sowie durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, wobei sowohl die Position als auch die Orientierung des Bildschirms (4) und auf den Bildschirm (4) ausgeübte Kräfte erfasst werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
Wegen der Unteransprüche 4 bis 16 und 20 bis 24 sowie der rückbezogenen Verwendungsansprüche 25 und 26 (der ursprüngliche Anspruch 25 wurde gestrichen) wird auf die Akte verwiesen.
Nach diesem Hilfsantrag 1 soll der Erfindung die Aufgabe zugrunde liegen, eine verbesserte Vorrichtung und ein verbessertes Verfahren und deren Verwendung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Gegenstandes zur Verfügung zu stellen, wobei ein direkter Bezug zwischen den Handlungen des Betrachters der Darstellung und Änderungen in der Darstellung vorliegt (siehe geänderte Beschreibung Absatz [0008]).
Gemäß Hilfsantrag 2 lauten die unabhängigen Patentansprüche 1, 2 und 3 sowie 17, 18 und 19 - unter Hervorhebung der Unterschiede zum Hauptantrag - :
1. Konfigurationswerkzeug zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen mit einer Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht des Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung sowohl der Position als auch der Orientierung des Bildschirms (4) und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes ist durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
2. Konfigurationswerkzeug zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen mit einer Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht des Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung der auf den Bildschirm (4) ausgeübten Kräfte und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes ist durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
3. Konfigurationswerkzeug zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen mit einer Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht des Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) sowie durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung sowohl der Position als auch der Orientierung des Bildschirms (4) und der auf den Bildschirm ausgeübten Kräfte und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes ist durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
17. Konfigurationsverfahren zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) veränderbar sind, wobei sowohl die Position als auch die Orientierung des Bildschirms (4) erfasst werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
18. Konfigurationsverfahren zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, wobei auf den Bildschirm (4) ausgeübte Kräfte erfasst werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
19. Konfigurationsverfahren zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) sowie durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, wobei sowohl die Position als auch die Orientierung des Bildschirms (4) und auf den Bildschirm (4) ausgeübte Kräfte erfasst werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes.
Wegen der Unteransprüche 4 bis 16 und 20 bis 24 wird auf die Akte verwiesen. Die ursprünglichen Ansprüche 25 - 27 wurden gestrichen.
Nach diesem Hilfsantrag 2 soll der Erfindung die Aufgabe zugrunde liegen, ein verbessertes Konfigurationswerkzeug und ein verbessertes Konfigurationsverfahren zur Verfügung zu stellen, wobei ein direkter Bezug zwischen den Handlungen des Betrachters der Darstellung und Änderungen in der Darstellung vorliegt (siehe geänderte Beschreibung Absatz [0008]).
Die unabhängigen Patentansprüche 1, 2 und 3 gemäß Hilfsantrag 3 sind identisch mit den Verfahrensansprüchen 17, 18 und 19 aus Hilfsantrag 2. Wegen der Unteransprüche 4 bis 8 wird auf die Akte verwiesen, die übrigen Ansprüche wurden gestrichen.
Gemäß Hilfsantrag 4 lauten die unabhängigen Patentansprüche 1 bis 6 nach Korrektur eines offensichtlichen Fehlers in den Ansprüchen 2 und 3 (" ... sowie der Blickrichtung sowie ..."), unter Hervorhebung der Unterschiede zum Hauptantrag:
1. Verwendung einer Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung sowohl der Position als auch der Orientierung des Bildschirms (4) und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes ist durch Berühren der Darstellung der Ansicht des jeweiligen Gegenstandes, als Bestandteil eines Konfigurationswerkzeugs zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen.
2. Verwendung einer Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung der auf den Bildschirm (4) ausgeübten Kräfte und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes ist durch Berühren der Darstellung der Ansicht des jeweiligen Gegenstandes, als Bestandteil eines Konfigurationswerkzeugs zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen.
3. Verwendung einer Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) sowie durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, mit mindestens einem Sensor zur Erfassung sowohl der Position als auch der Orientierung des Bildschirms (4) und der auf den Bildschirm ausgeübten Kräfte und mit einer Berechnungseinheit, die aus diesen Parametern den Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung oder die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes sowie der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt, wobei der Bildschirm (4) berührungssensitiv zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes ist durch Berühren der Darstellung der Ansicht des jeweiligen Gegenstandes, als Bestandteil eines Konfigurationswerkzeugs zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen.
4. Verwendung eines Verfahrens zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) veränderbar sind, wobei sowohl die Position als auch die Orientierung des Bildschirms (4) erfasst werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann durch Berühren der Darstellung der Ansicht des jeweiligen Gegenstandes, als Bestandteil eines Konfigurationswerkzeugs zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen.
5. Verwendung eines Verfahrens zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, wobei auf den Bildschirm (4) ausgeübte Kräfte erfasst werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann durch Berühren der Darstellung der Ansicht des jeweiligen Gegenstandes, als Bestandteil eines Konfigurationswerkzeugs zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen.
6. Verwendung eines Verfahrens zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines Gegenstandes auf einem Bildschirm (4), wobei der auf den Gegenstand bezogene Betrachtungsstandpunkt sowie die Blickrichtung durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (4) sowie durch Krafteinwirkung auf den Bildschirm (4) veränderbar sind, wobei sowohl die Position als auch die Orientierung des Bildschirms (4) und auf den Bildschirm (4) ausgeübte Kräfte erfasst werden und aus diesen Parametern der Betrachtungsstandpunkt, die Blickrichtung bzw. deren zeitliche Änderung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt werden und wobei der Betrachter mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Gegenstandes über einen berührungsempfindlichen Bildschirm (4) interagieren kann durch Berühren der Darstellung der Ansicht des jeweiligen Gegenstandes, als Bestandteil eines Konfigurationswerkzeugs zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen.
Alle ursprünglichen Ansprüche wurden gestrichen.
Nach diesem Hilfsantrag 4 soll der Erfindung die Aufgabe zugrundeliegen, eine Verwendung einer Vorrichtung und eines Verfahrens zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Gegenstandes zur Verfügung zu stellen, wobei ein direkter Bezug zwischen den Handlungen des Betrachters der Darstellung und Änderungen in der Darstellung vorliegt (siehe geänderte Beschreibung Absatz [0008]).
Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag 5 sind identisch mit den Ansprüchen 3 und 6 aus Hilfsantrag 4. Alle übrigen Ansprüche wurden gestrichen.
Den Antrag, der Einsprechenden die Kosten der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2006 aufzuerlegen, hat die Patentinhaberin mit der verspäteten und lediglich auszugsweisen Vorlage der Druckschrift US 615 342 A durch die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2005 begründet. Die Einsprechende habe die Relevanz dieser Entgegenhaltung nicht begründet und diese im Übrigen nicht im Verlauf der mündlichen Verhandlung auf den von der Patentinhaberin vorgelegten Hilfsantrag 2 hin, sondern erst nach Beratung des Senats vorgelegt. Zudem sei diese Druckschrift lediglich unvollständig vorgelegt worden. Dies stelle eine Verschleppungshandlung der Einsprechenden dar, da die Einsprechende hätte darauf gefasst sein müssen, dass im Einspruchsverfahren Einschränkungen in einem Anspruch oder Unteranspruch vorgenommen würden. Dies gelte umso mehr, als sich der Hilfsantrag 2 aus dem ursprünglichen Verwendungsanspruch 27 ableite.
Die Einsprechende vertritt die Auffassung, dass es nicht vorhersehbar gewesen sei, dass die Patentinhaberin mittels Hilfsantrag 2 eine Erweiterung des Schutzbereichs in Form eines "Konfigurationswerkzeugs" beanspruche. Dies stelle einen unzulässigen Kategoriewechsel dar. Die Vorlage der Druckschrift US 5 615 342 A sei lediglich die Reaktion auf das erstmalige Vorbringen der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2005 gewesen. Eine Vorbereitung auf einen solchen unzulässigen Antrag sei im vorangegangenen Zeitraum nicht möglich gewesen. Deshalb habe auch lediglich ein Auszug zur Verfügung gestanden.
II.
Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben, mit nachprüfbaren Gründen versehen und auch sonst zulässig. Er führt in der Sache zum Erfolg, da die Hilfsanträge 2 und 3 nicht zulässig sind und die jeweiligen Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche gemäß dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1, 4 und 5 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen (§§ 4, 21 / 22 Abs. 1 PatG).
1. Im Streitpatent geht es um die Interaktion eines Benutzers mit einer Bildschirm-Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Raumes und/oder eines zu betrachtenden Gegenstandes. Nach der Lehre des Patents soll die Interaktion durch einen "direkten Bezug zwischen den Handlungen des Betrachters ... und Änderungen in der Darstellung" verbessert, nämlich intuitiver werden, indem einerseits Einwirkungen auf den Bildschirm (Verschieben, Drehen, Kraft) eine entsprechende Änderung der Darstellung, d. h. des Betrachtungsstandpunkts oder des Blickwinkels, bewirken (siehe Patentschrift Absatz [0010] / [0011], Spalte 5 Zeile 36 - 46), und andererseits der Bildschirm berührungsempfindlich ist, so dass der Benutzer dargestellte Objekte direkt durch Berühren bewegen und verändern kann (siehe Patentschrift Absatz [0019] und Absatz [0044] / [0045]).
Darüber hinaus ist angesprochen, dass eine entsprechend eingerichtete Vorrichtung und das Verfahren Verwendung finden in einem Konfigurationswerkzeug, beispielsweise bei der Zusammenstellung der Ausstattung von Gegenständen und Geräten nach individuellen Kundenwünschen (siehe Patentschrift Absatz [0013]).
Als Fachmann für solche Interaktions-Vorrichtungen und -Verfahren wird ein Entwicklungsingenieur (FH oder univ.) für Ein- und Ausgabegeräte mit dem Schwerpunkt "konzeptionelles Design" und mehrjähriger Berufserfahrung angesehen.
2. Als nächstkommender Stand der Technik ist die von der Einsprechenden zitierte Entgegenhaltung [E2]: FITZMAURICE, G. et al. : Virtual Reality for Palmtop Computers. In: ACM Trans. on Information Systems, Vol. 11, No. 3, Juli 1993, S. 197 - 218, anzusehen.
Sie beschreibt eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Darstellung eines dreidimensionalen Raumes und zur Navigation darin. Auf einem handgehaltenen Bildschirm wird eine 3D-Szene angezeigt, die sich abhängig von der Bewegung des Bildschirms in entsprechender Weise verändert, siehe insbesondere Kapitel 3 "Interaction Model". Dazu wird die Position und Orientierung des Bildschirms im Raum durch einen daran angebrachten 6D-Sensor ("Ascension Bird") ständig auf Änderungen überwacht, siehe insbesondere Kapitel 4 "The Chameleon Prototype". Zur Auswahl eines auf dem Bildschirm dargestellten Gegenstandes (siehe z. B. Figur 7 b/c) ist ein in der Mitte des Bildschirms fest angeordnetes Fadenkreuz vorgesehen; wenn durch Bewegung des Bildschirms ein dargestelltes Objekt unter dem Fadenkreuz zu liegen kommt, kann durch Drücken einer Taste eine Auswahlfunktion ausgelöst werden (siehe S. 205 unten).
In dieser [E2] (siehe Seite 211 unten) wird bereits auf Alternativen für das Eingabeprinzip hingewiesen, z. B. auf Druckschrift [E5]: ZHAI, Sh. et al.: An Evaluation of Four 6 Degreeof-Freedom Input Techniques. In: ACM Conf. on Human Factors in Computing Systems, Amsterdam, April 1993, S. 123 - 124. Wie dort zu entnehmen ist, war es dem Fachmann bereits vor dem Anmeldetag des Streitpatents vertraut, dass statt der beim "6-DOF Ascension Bird" verwendeten Erfassung von Position und Orientierung im Raum auch das beim "6-DOF Spaceball" benutzte Prinzip der Erfassung von Kräften auf ein Eingabegerät erfolgversprechend zur Navigationssteuerung angewendet werden kann.
Ein berührungssensitiver Bildschirm und insbesondere eine Interaktion mit auf dem Bildschirm dargestellten Gegenständen durch Berühren ist jedoch nicht beschrieben.
Weiterhin ist als Stand der Technik noch die [E10]: EP 0 536 715 A2 von besonderem Interesse. Sie beschreibt eine Vorrichtung zur Manipulation der Ansicht eines auf einem Bildschirm dargestellten Gegenstandes, siehe z. B. Figur 7 ff., insbesondere Figur 11 und zugehörige Beschreibung. Die Manipulation erfolgt mittels eines berührungsempfindlichen Bildschirms, wobei etwa das Berühren der Ecke eines dargestellten Quaders mit dem Finger eine sichtbare Deformation dieser Ecke, also der Darstellung des Gegenstandes zur Folge hat. Dabei wird die Bildschirmdarstellung als "virtueller Raum" angesehen (siehe Spalte 9 Zeile 48 - 50).
3. Zum Hauptantrag Die unabhängigen Patentansprüche gemäß Hauptantrag sind nicht patentfähig.
3.1 Die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 ergibt sich vor dem Anmeldetag für den Fachmann in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lässt sich entsprechend der Eingabe der Einsprechenden vom 12. Januar 2006 folgendermaßen gliedern:
M1 Vorrichtung zur Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Raumes und/oder eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm M2 die Darstellung ist veränderbar M3 der Betrachtungsstandpunkt bezogen auf den Raum oder den Gegenstand ist veränderbar M4 die Blickrichtung bezogen auf den Raum oder den Gegenstand ist veränderbar M5 die Veränderung von Betrachtungsstandpunkt und Blickrichtung geschieht durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms M6 die Vorrichtung umfasst mindestens einem Sensor zur Erfassung sowohl der Position als auch der Orientierung des Bildschirms M7 die Vorrichtung umfasst eine Berechnungseinheit, die aus diesen (gemäß M6 erfassten) Parametern den Betrachtungsstandpunkt und die Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt M8 oder die Vorrichtung umfasst eine Berechnungseinheit, die aus diesen (gemäß M6 erfassten) Parametern die zeitliche Änderung des Betrachtungsstandpunktes und der Blickrichtung sowie die Darstellung der Ansicht bestimmt M9a die Vorrichtung ist zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Raumes oder des zu betrachtenden Gegenstandes ausgestaltet M9b zum Zwecke der Interaktion ist der Bildschirm berührungssensitiv.
Diese Merkmale finden sich bereits weitgehend in [E2]: denn die Entgegenhaltung zeigt entsprechend M1 ebenfalls eine Vorrichtung (Fig. 5) zur Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Raumes ("3D workspace") bzw. eines zu betrachtenden Gegenstandes (Fig. 7b, 7c) auf einem Bildschirm. Dabei ist der Betrachtungsstandpunkt (vgl. Fig. 7b mit Fig. 7c "deeper into the 3D workspace") und die Blickrichtung (Seite 210 Zeile 11 "smooth viewing change in the desired direction") veränderbar, indem die Darstellung auf dem Bildschirm geändert wird, entsprechend M2, M3, M4. Diese Veränderung geschieht entsprechend M5 durch Verschieben oder Drehen des Bildschirms (siehe Kapitel 3 "Interaction Model"). Als Sensor gemäß M6 wird (Seite 202 unten) ein am Bildschirm befestigtes "Ascension Bird" angegeben ("to detect ... positional data ... as well as orientation data"). Dem Fachmann ist klar, dass eine Berechnungseinheit ("workstation") entsprechend M7 für die Berechnung des Betrachtungsstandpunkts und der Blickrichtung sowie der Darstellung der Ansicht aus diesen Parametern vorhanden sein muss. Ob dabei der Betrachtungsstandpunkt bestimmt wird oder dessen zeitliche Änderung (Teil von M8), ist vom Ergebnis her für den Fachmann gleichbedeutend; das gilt in entsprechender Weise für die Blickrichtung (anderer Teil von M8). Schließlich dient die gesamte Vorrichtung im weiteren Sinne - selbst wenn nur dargestellte Menübefehle ausgelöst werden - zur Interaktion (M9a) mit der dargestellten Szene.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag unterscheidet sich von [E2] noch dadurch, dass patentgemäß (M9b) der Bildschirm berührungssensitiv ist, und zwar zur Interaktion des Betrachters mit der Darstellung der Ansicht des zu betrachtenden Raumes oder des zu betrachtenden Gegenstandes.
Berührungsempfindliche Bildschirme und die daraus resultierenden Möglichkeiten der Interaktion waren dem Fachmann zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits vertraut, wie beispielsweise [E10] zeigt. Die Darstellung des dort in Figur 11 gezeigten Quaders lässt sich durch Berühren des Bildschirms mit dem Finger verändern.
Es war keine erfinderische Tätigkeit erforderlich, um diese Lehre der "Interaktion durch Berühren der Darstellung" auf die aus [E2] bekannte Vorrichtung zu übertragen und anstelle der dortigen Interaktion mit Fadenkreuz und Auswahl-Taste einzusetzen; denn es liegt immer im Bestreben des Fachmanns, bekannte Vorrichtungen zu verbessern, ohne dass es dazu einer besonderen Motivation bedarf.
Durch eine solche Übertragung gelangt der Fachmann aber zu der beanspruchten Vorrichtung nach Patentanspruch 1 des Hauptantrags, welche sonach - weil nicht erfinderisch - nicht patentfähig ist.
3.2 Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung entgegengehalten, dass [E2] nicht die Darstellung eines virtuellen Raumes mit zu betrachtenden Gegenständen beschreibe, so wie es das Streitpatent beispielsweise für eine Präsentation bei Verkaufsausstellungen oder zur Ausstattung von Gegenständen nach individuellen Kundenwünschen lehre. Vielmehr werde nach der Lehre der [E2] lediglich eine abstrakte Menüstruktur in einem dreidimensionalen Raum dargestellt. Eine Änderung der Eigenschaften der Menüobjekte sei in [E2] ebenfalls nicht beschrieben, dort werde allenfalls eine "visuelle Rückkoppelung" in der Art angeboten, dass sich die Farbe eines Objektes ändere, wenn das Cursor-Fadenkreuz in Reichweite eines Menüobjektes gelange (siehe [E2] Seite 207 oben).
Vom Inhalt der [E10] befassten sich rund 90 % mit der Bewegung von Objekten mittels des Touchscreens (Stoßen, Ziehen, Rollen ...), hingegen sei das Deformieren gemäß Figur 11 nur ein Nebenaspekt. Es sei überhaupt nicht nachvollziehbar, dass der Fachmann irgendeine Veranlassung gehabt haben sollte, die Lehre gerade der Figur 11 aus [E10] auf die Druckschrift [E2] zu übertragen; vielmehr sei dazu erfinderische Tätigkeit erforderlich gewesen.
Diese Argumentation vermag jedoch nicht zu überzeugen.
Zwar ist zuzustimmen, dass sich [E2] eher auf abstrakte Menüobjekte und weniger auf Abbildungen realer Gegenstände bezieht. Das kann den Fachmann aber nicht hindern, gerade auch angesichts des Titels von [E2]: "Virtual Reality for ..." ihre Lehre auf andere Virtual Reality - Anwendungen auszudehnen, die sich häufig mit Abbildungen der realen Welt befassen. Im Übrigen ist die Formulierung der Patentansprüche nicht so eng und präzise gefasst, dass sie es ausschließen würde, unter "zu betrachtenden Gegenständen" Menüobjekte wie in [E2] Figur 7 b/c dargestellt zu verstehen.
Es ist auch richtig, dass [E2] keine Interaktion zur Änderung der Farbe eines Objektes beschreibt. Solches ist aber im Patentanspruch 1 gar nicht konkret beansprucht, er ist vielmehr allgemein auf eine "Interaktion" gerichtet und die Farbänderung nur ein Beispiel aus der Beschreibung. Daher handelt es sich nicht um einen relevanten Unterschied. Eine "Interaktion" im allgemeinen Sinne findet bereits statt, wenn ein Objekt z. B. mit Hilfe eines Fadenkreuzes ausgewählt wird.
Allerdings ist die in [E2] beschriebene Auswahl mittels Fadenkreuz und Taste offensichtlich wenig bequem und erlaubt nur sehr eingeschränkte Interaktionen. Dass der Fachmann sich nach Verbesserungen umschauen wird, bedarf da keiner besonderen zusätzlichen Motivation (vgl. Busse, PatG, 6. Auflage (2003), § 4 Rdn. 133 m. w. N.). Ihm drängt sich als Alternative wegen dessen vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, für die [E10] nur als Beispiel dient, ein berührungsempfindlicher Bildschirm geradezu auf. Ein "glücklicher Griff" oder besondere, weitergehende Überlegungen sind dafür nicht erforderlich, vielmehr bringt der Einsatz der bekannten Alternative "berührungsempfindlicher Bildschirm" genau den erwarteten, in [E10] vorbeschriebenen Erfolg. Irgendein Anzeichen für eine Leistung, die das Wissen und Können des Durchschnittsfachmanns übersteigt, ist für den Senat nicht erkennbar.
Somit konnte der Vortrag der Patentinhaberin nicht zu einer anderen Beurteilung führen.
3.3 Die nebengeordneten Patentansprüche 2, 3, 17, 18 und 19 gemäß Hauptantrag sind nicht anders als der Patentanspruch 1 zu bewerten.
Der nebengeordnete Patentanspruch 2 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 dadurch, dass statt der "Position und Orientierung des Bildschirms" die "auf den Bildschirm ausgeübten Kräfte" zur Bestimmung von Betrachtungsstandpunkt und Blickrichtung erfasst werden. Eine solche Maßnahme ergibt sich aber bereits aus der in [E2] als Alternative für das dortige Eingabeprinzip erwähnten [E5] ( "Spaceball" mit Krafterfassung statt des "Ascension Bird", s. o. 2.).
Der nebengeordnete Patentanspruch 3 ist auf die gemeinsame Anwendung beider Eingabemethoden ("Position als auch Orientierung des Bildschirms und auf den Bildschirm ausgeübten Kräfte") gerichtet. Dass dadurch irgendein besonderer Vorteil, etwa ein kombinatorischer Effekt auftreten könnte, wurde nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr werden beide Methoden nebeneinander angewandt, ohne dass ein gegenseitiger Einfluss beschrieben oder erkennbar wäre. Daher kann dies im Sinne einer Aggregation beider Maßnahmen das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen.
Die nebengeordneten Verfahrensansprüche 17, 18 und 19 entsprechen den Vorrichtungsansprüchen 1, 2 und 3 bis auf ihre Patentkategorie. Die ihnen zugrunde liegende technische Lehre unterscheidet sich nicht, daher können sie nicht anders als die Vorrichtungsansprüche beurteilt werden.
3.4 Der Hauptantrag ist somit nicht gewährbar, da der Gegenstand von keinem seiner unabhängigen Patentansprüche auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
4. Zum Hilfsantrag 1 Die unabhängigen Vorrichtungsansprüche 1, 2, 3 und Verfahrensansprüche 17, 18 und 19 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheiden sich von den entsprechenden Ansprüchen gemäß Hauptantrag dadurch, dass der Aspekt der "Ansicht eines zu betrachtenden Raumes" gestrichen wurde; die Ansprüche sind nur noch auf die "Ansicht eines zu betrachtenden Gegenstandes" gerichtet. Ferner wurde verdeutlicht, dass die Interaktion auf dem Bildschirm "durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes" erfolgen soll.
Diese Anspruchsformulierung ist zulässig, da es sich um die Beschränkung auf eine der im Streitpatent beanspruchten Alternativen handelt, und die vorgenommene Verdeutlichung etwa aus Spalte 6 Zeile 7 des Streitpatents entnehmbar ist.
Eine Patentierbarkeit kann dadurch aber nicht erreicht werden, weil sowohl [E2] als auch [E10] "zu betrachtende Gegenstände" zeigen und die Interaktion gemäß [E10], wie bereits dargelegt, "durch Berühren des jeweiligen Gegenstandes" (Quaders) erfolgt (s. o. 2. letzter Absatz). Somit gelangte der Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit zu den jeweiligen Gegenständen der unabhängigen Patentansprüche nach Hilfsantrag 1, so dass dieser ebenfalls nicht gewährbar ist.
5. Zum Hilfsantrag 2 Die Patentansprüche nach Hilfsantrag 2 sind nicht zulässig, da durch sie der Schutzbereich des Patents erweitert werden würde (§ 22 Absatz 1 PatG).
5.1 Die unabhängigen Vorrichtungsansprüche 1, 2 und 3 gemäß Hilfsantrag 2 sind - ausgehend vom Anspruch 27 bzw. Absatz [0013] des Streitpatents - auf ein "Konfigurationswerkzeug zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen" mit einer Vorrichtung entsprechend den Ansprüchen 1, 2 und 3 nach Hilfsantrag 1 gerichtet. Ähnlich betreffen die Ansprüche 17, 18 und 19 nach Hilfsantrag 2 ein "Konfigurationsverfahren zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen" mit den weiteren Merkmalen entsprechend den Ansprüchen 17, 18 und 19 nach Hilfsantrag 1.
Jedoch ist das Streitpatent mit Anspruch 27 lediglich auf die "Verwendung einer Vorrichtung oder eines Verfahrens ... als Konfigurationswerkzeug oder als Bestandteil eines Konfigurationswerkzeugs" (Hervorhebung durch den Senat) gerichtet. Ein Konfigurationswerkzeug oder -verfahren selbst ist ersichtlich nicht Gegenstand des erteilten Patents; der dort für den Fachmann erkennbare Schutzbereich würde durch den beantragten Kategoriewechsel von der "Verwendung ..." hin zu einer entsprechenden Vorrichtung oder einem Verfahren überschritten werden.
Ein solcher Kategoriewechsel ist daher nicht zulässig, vgl. Busse, PatG, 6. Auflage (2003), § 22 Rdn. 32 m. w. N., sowie BGH GRUR 1980, 219 "Überströmventil".
5.2 Hiergegen hat die Patentinhaberin vorgetragen, dass die Ansprüche 1 bis 16 des Streitpatents auf eine Vorrichtung und die Ansprüche 17 bis 25 auf ein Verfahren gerichtet seien. Ein Kategoriewechsel könne daher nicht vorliegen, insbesondere weil das nunmehr beanspruchte Konfigurationswerkzeug ein konkretes Beispiel für eine "Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung der Ansicht eines zu betrachtenden Raumes und/oder eines zu betrachtenden Gegenstandes auf einem Bildschirm" gemäß den Ansprüchen 1 bis 3 des Streitpatents sei, und der Hilfsantrag 2 somit eine zulässige Beschränkung auf einen Spezialfall darstelle.
Dem ist entgegenzuhalten, dass nach dem Verständnis des Fachmanns ein Konfigurationswerkzeug mehr enthalten muss als nur eine Vorrichtung zur veränderbaren Darstellung, nämlich etwa eine Datenbank mit Konfigurationsmöglichkeiten und eine Steuereinheit für den Konfigurationsvorgang. Die Patentansprüche des Streitpatents enthalten aber keine Merkmale, die die Konfiguration betreffen. Solche Merkmale durch einen Gattungsbegriff "Konfigurationswerkzeug" implizit mit in einen Patentanspruch aufzunehmen würde den beanspruchten Gegenstand zu etwas verändern, mit dem der Fachmann beim Lesen der Patentansprüche nicht rechnen konnte ("aliud").
Somit können die auf andere Vorrichtungen und Verfahren gerichteten Ansprüche des Streitpatents die Zulässigkeit von "Konfigurationswerkzeugen" und "Konfigurationsverfahren" nicht begründen.
Hilfsantrag 2 ist daher als unzulässig abzulehnen. Inwieweit die beanspruchten Gegenstände, wie die Einsprechende geltend macht, unzureichend offenbart sind, kann dahingestellt bleiben.
6. Zum Hilfsantrag 3 Mit Hilfsantrag 3 wurden die Vorrichtungsansprüche aus Hilfsantrag 2 fallengelassen, es verbleiben lediglich dessen Verfahrensansprüche. Die Patentinhaberin hat dazu ausgeführt, Verwendungsansprüche wie der Anspruch 27 des Streitpatents gälten als Verfahrensansprüche und allein deswegen läge kein Kategoriewechsel vor.
Zwar ist zuzustimmen, dass Verwendungspatente gewöhnlich als Unterart der Patentkategorie "Verfahren" angesehen werden (vgl. etwa Schulte, PatG, 7. Auflage (2005), § 1 Rdn. 231). Jedoch kann der ein Erzeugnis betreffende Verwendungsschutz auch als eingeschränkter Sachschutz begriffen werden (siehe Busse, PatG 6. Auflage (2003), § 1 Rdn. 156 m. w. N.) und BGH zu "Arzneimittelgebrauchsmuster" in Bl. PMZ 2006, 150 insb. S. 151 re. Sp. 2. Abs.).
Hier kann diese Frage offen bleiben, da es auf die Patentkategorie primär gar nicht ankommt. Entscheidend ist vielmehr, ob durch die beabsichtigte Änderung der Patentansprüche "etwas anderes" als zuvor unter Schutz gestellt werden würde. Dies ist vorliegend der Fall, da ein Konfigurationsverfahren nicht Gegenstand des Streitpatents war, wie bereits unter 5. dargelegt.
Die auf Verfahrensansprüche beschränkte Fassung gemäß Hilfsantrag 3 kann daher nicht anders beurteilt werden als Hilfsantrag 2, sie ist ebenso unzulässig.
7. Zum Hilfsantrag 4 Bei den nebengeordneten Patentansprüchen 1 - 6 nach Hilfsantrag 4 handelt es sich um Verwendungsansprüche ausgehend von Anspruch 27 des Streitpatents "als Bestandteil eines Konfigurationswerkzeugs", wobei anstelle einer allgemeinen Rückbeziehung die sechs unabhängigen Ansprüche nach Hilfsantrag 1 direkt einformuliert wurden. Ferner wurden sie auf das im Streitpatent genannte Beispiel "zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes nach individuellen Kundenwünschen" beschränkt. Die Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 4 ist sonach zulässig.
Doch auch eine solche spezielle Verwendung der Vorrichtungen und Verfahren aus Hilfsantrag 1 beruhte nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Zunächst ist festzuhalten, dass das Streitpatent zu der nunmehr beanspruchten "Konfiguration ... zur Zusammenstellung der Ausstattung eines Gegenstandes" keine weiteren Angaben macht, die Offenbarung beschränkt sich (übereinstimmend mit den Anmeldeunterlagen) auf einen einzigen Nebensatz in Absatz [0013] des Streitpatents. Daher verbietet sich eine einengende, auf bestimmte nicht weiter offenbarte Aspekte der Konfiguration gerichtete Auslegung der Patentansprüche, mit welcher die Schutzfähigkeit vielleicht eher bejaht werden könnte (siehe BGH GRUR 2004, 47 "blasenfreie Gummibahn I").
Eine "Konfiguration" im allgemeinen Sinne zeigt aber bereits [E10], nämlich das Verändern eines dargestellten Körpers durch Berühren in Figur 11. Diese Lehre auf die Konfiguration der "Ausstattung eines Gegenstandes" zu übertragen, ist für den Fachmann nahe liegend, beispielsweise ausgehend vom Titel von [E2] "Virtual Reality for ..."; dieser weist auf das bevorzugte Anwendungsgebiet für die dort beschriebene Vorrichtung bzw. das beschriebene Verfahren hin. Frühe Beispiele für "virtuelle Realität" wie Anwendungen aus Architekturbüros oder "Computer-Aided Design", bei denen eine veränderliche Konfiguration der dargestellten virtuellen Gegenstände möglich und üblich war, gehörten zum Zeitpunkt der Anmeldung zum Allgemeinwissen des Fachmanns. Wenn dieser Fachmann daher die Lehre der Druckschrift [E10] auf die Vorrichtung und das Verfahren nach [E2] überträgt, denkt er dabei automatisch auch an die hier beanspruchte Verwendung.
Dass die Konfiguration "nach individuellen Kundenwünschen" erfolgen soll, nimmt keinen Einfluss auf die technischen Mittel zur Lösung des technischen Problems, sondern ist ein auf geschäftlichen Überlegungen beruhendes Merkmal, das bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit unbeachtlich ist, vgl. BGH GRUR 2004, 667 "Elektronischer Zahlungsverkehr" II. 3 a).
Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass der Fachmann die mit Hilfsantrag 4 beanspruchte besondere Verwendung der verschiedenen Vorrichtungen und Verfahren nach Hilfsantrag 1 in denselben Druckschriften [E2] und [E10] mitliest, die ihm bereits die Vorrichtungen und Verfahren selbst nahe legten (s. o. 4. Zum Hilfsantrag 1).
8. Zum Hilfsantrag 5 Die unabhängigen beiden Patentansprüche nach Hilfsantrag 5 sind identisch mit den Ansprüchen 3 und 6 aus Hilfsantrag 4 und daher ebenfalls zulässig.
Wie ähnlich bereits zum Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag ausgeführt (s. o. 3.3), sind sie auf die gemeinsame Anwendung der beiden Eingabemethoden ("Position als auch Orientierung des Bildschirms und auf den Bildschirm ausgeübten Kräfte") gerichtet. Da diese beide Methoden im Sinne einer Aggregation nebeneinander angewandt werden, ohne dass ein gegenseitiger Einfluss beschrieben oder erkennbar wäre, kann dadurch das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründet werden.
Die Patentinhaberin hat als Gegenargument vorgetragen, dass eine Abfolge von mehreren gedanklichen Schritten notwendig gewesen sei, um schließlich zu der beanspruchten Verwendung als Konfigurationswerkzeug zu gelangen. Dem kann nicht gefolgt werden, da zum einen die Verwendung als Konfigurationswerkzeug oder -verfahren sich für den Fachmann aus den genannten Druckschriften bereits mit ergibt und zum anderen eine Aggregation mehrerer Maßnahmen eine erfinderische Tätigkeit nicht erfordert; irgendein "kombinatorischer Effekt" wurde nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
Somit ist Hilfsantrag 5 nicht anders als Hilfsantrag 4 zu beurteilen.
III.
Der Senat hat von einer Kostenauferlegung zu Lasten der Einsprechenden abgesehen, weil ein vorwerfbarer Verstoß gegen prozessuale Sorgfaltspflichten nicht vorliegt.
Grundsätzlich trägt jeder Beteiligte im Beschwerdeverfahren seine Kosten selbst (§ 80 PatG). Eine Kostenentscheidung ergeht nur, wenn von diesem Grundsatz abgewichen werden soll. Ein Abweichen von dem Grundsatz der eigenen Kostentragung bedarf stets besonderer Umstände, die sich aus dem Verhalten der Beteiligten ergeben können, insbesondere einem Verstoß gegen die allgemeine prozessuale Sorgfaltspflicht (Schulte, a. a. O., § 80 Rdnr. 6 ff.). Dabei sind im Rahmen der Billigkeitsentscheidung alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Grundsätzlich kommt keine Kostenerstattung in Betracht, wenn sich der andere Beteiligte im Rahmen der ihm nach dem Gesetz zustehenden ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner rechtlichen Belange gehalten hat (vgl. Busse, a. a. O., § 80 Rdnr. 14).
Danach können es Obliegenheitsverletzungen eines Beteiligten rechtfertigen, ihm Kosten aufzuerlegen, wenn jene vermeidbare Kosten verursacht haben, so ein Verstoß gegen die jedem Beteiligten obliegende prozessuale Sorgfaltspflicht. Dazu zählen durch schuldhafte Säumnis, Nachlässigkeit oder sonstiges Fehlverhalten verursachte Störungen des Verfahrensablaufs wie vorwerfbare Verursachung unnötiger oder unnötig hoher Kosten oder die verspätete Einführung eigener Unterlagen über eine Vorbenutzung, die eine Vertagung notwendig machen. Generell wurde ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht in einem Verhalten gesehen, das aus der Sicht eines vernünftigen, rechtskundigen Beteiligten nach der Verfahrenslage nicht einer sorgfältigen und auf Verfahrensförderung bedachten Prozessführung entspricht. So kann auch die notwendige Vertagung aufgrund vorwerfbar später Vorlegung neuen Materials eine Auferlegung der Kosten des weiteren Termins rechtfertigen (vgl. Busse, a. a. O., § 80 Rdnr. 23 Fußnote 64 = 18 W (pat) 33/69 - strittig, a. A. BPatGE 31, 13 und Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 80 Rdnr. 9).
Im vorliegenden Fall war die Vorlage der Druckschrift US 5 615 342 A in Auszügen durch die Einsprechende deren Reaktion auf den Hilfsantrag 2 der Patentinhaberin, den diese erst in der mündlichen Verhandlung gestellt hat. Letzteres ist als solches nicht zu beanstanden. Es muss der Einsprechenden aber unbenommen bleiben, auf einen in der mündlichen Verhandlung erstmals gestellten Antrag des Gegners zu reagieren. Dass dies in der Kürze der Zeit und angesichts der Gesamtumstände nicht immer ohne weiteres möglich ist, liegt auf der Hand. Zudem war auch bei einer vorausschauenden Vorbereitung und einer Abwägung aller nur möglichen Hilfsanträge der Patentinhaberin mit einem unzulässigen, eine Erweiterung beinhaltenden Antrag nicht zu rechnen. Daher ist es vorliegend kein vorwerfbarer Verstoß gegen prozessuale Sorgfaltspflichten, wenn als Reaktion in der mündlichen Verhandlung auf insoweit veränderte Umstände lediglich eine Art qualifiziertes Zitat (in Form eines Auszugs) erfolgt. Auch dass dies erst gegen Ende der mündlichen Verhandlung erfolgte, ist angesichts der Gesamtumstände noch nicht als Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht zu werten. Eine daraus resultierende Verfahrensverzögerung geht deshalb nicht zu Lasten der Einsprechenden. Zudem war die Anberaumung der zweiten mündlichen Verhandlung notwendig geworden, da der Senat den zweiten Hilfsantrag der Patentinhaberin als unzulässig angesehen und eine Stellungnahme der Parteien hierzu in einer mündlichen Verhandlung für sachdienlich befunden hat.
IV.
Nach alledem sind die unabhängigen Patentansprüche nach dem Hauptantrag und den fünf Hilfsanträgen nicht patentfähig.
Das Patent war daher zu widerrufen.
BPatG:
Beschluss v. 30.05.2006
Az: 17 W (pat) 307/03
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/48d495dfd621/BPatG_Beschluss_vom_30-Mai-2006_Az_17-W-pat-307-03