Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 7. März 1997
Aktenzeichen: 6 U 79/96
(OLG Köln: Urteil v. 07.03.1997, Az.: 6 U 79/96)
1. Die Anzeigenwerbung für ein Mobiltelefon (,Handy"), das zu einem bestimmten Preis angeboten wird (hier: DM 0,49), ist irreführend, wenn es zu dem genannten Preis nur bei gleichzeitigem Abschluß eines Debitel-D1-Netzkartenvertrag erworben werden kann, dies aber für den Leser nicht unmißverständlich aus der Werbung hervorgeht.
2. Das Angebot eines Mobiltelefons (,Handy's") in einer Zeitungswerbung zu dem extrem niedrigen Preis von DM 0,49, das nur bei gleichzeitigem Abschluß eines Debitel-D1Netzkartenvertrages zum ,Blue-Line-Tarif" wahrgenommen werden kann, ist - auch wenn der Leser die Koppelung erkennt - jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens wettbewerbswidrig.
3. Dem durch eine wettbewerbswidrige Werbung betroffenen Konkurrenten steht gegen den Verletzer grundsätzlich kein Anspruch auf Unterlassung des Abschlusses von (Kauf)Verträgen über die unlauter beworbene Ware zu.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 8. März 1996 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 42 0 268/95 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:1. Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in werblichen Anzeigen, Zeitungsinseraten u. ä. a)für den Verkauf von Mobiltelefonen ("Handies") zu werben, die zu dem beworbenen Preis von 0,49 DM nur bei Abschluß eines Netzkartenvertrages verkauft werden, wie nachfolgend wiedergegeben: und/oderb) den Verkauf eines Mobiltelefons ("Handy's") mit einem bestimmten Preis wie nachstehend wiedergegeben zu bewerben, wenn das Gerät zu diesem Preis nur bei gleichzeitigem Abschluß eines Debitel D 1-Kartenvertrags erworben werden kann: 2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend unter Ziffer 1. aufgeführten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird, und zwar hinsichtlich der unter Ziffer 1. a) zu aa) angeführten Werbung seit dem 3. August 1995 und hinsichtlich der Werbung zu Ziffer 1a) bb) seit dem 17. August 1995, weiterhin hinsichtlich der in Ziffer 1b) untersagten Handlungen seit dem 17. August 1995.3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar hinsichtlich der Ziffer 1. a), was die dort wiedergegebene Werbung zu aa) angeht seit dem 3. August 1995 sowie zu Ziffer 1. a) bb) und zu Ziffer 1. b) und der dort wiedergegebenen Werbung seit dem 17. August 1995, wobei die Angaben jeweils nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger, Erscheinungsorten und zeitlicher Abfolge aufzuschlüsseln sind. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 2/15 und der Beklagten zu 13/15 auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Zwangsvollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet, und zwar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 65.000,00 hinsichtlich der Verurteilung zu Ziffer 1. a), in Höhe von DM 20.000,00 hinsichtlich der Verurteilung zu Ziffer 1. b), in Höhe von DM 13.000,00 hinsichtlich der Verurteilung zur Auskunftserteilung gemäß Ziffer 3. des Urteils sowie gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 9.300,-- hinsichtlich der Verurteilung zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung der Prozeßkosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 1.400,-- abzuwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beide Parteien können die von ihnen zu erbringenden Sicherheiten auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts leisten. Die Beschwer der Beklagten wird auf DM 65.000,00 für die Verurteilung gemäß Ziffer 1. a), auf DM 20.000,00 für die Verurteilung zu Ziffer 1. b), auf DM 6.000,00 für die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten (Ziffer 2.) und DM 13.000,00 für die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung (Ziffer 3.) festgesetzt. Die Beschwer der Klägerin wird auf insgesamt DM 23.500,00 festgesetzt (DM 20.000,00 für den Antrag zu Ziffer I. 1. b) der Berufungserwiderung vom 4. Oktober 1996, DM 1.500,00 hinsichtlich der Schadensersatzfeststellung gemäß Ziffer 2. und DM 2.000,00 hinsichtlich der Auskunftserteilung gemäß Ziffer 3.).
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber. Beide betreiben im Raum A.
Verbrauchermärkte u.a. für Elektroartikel und
Unterhaltungselektronik; dabei gehören zu ihrem Vertriebssortiment
auch Mobiltelefone, die in Verbindung mit der Vermittlung des
Abschlusses von Netzkartenverträgen angeboten werden.
In den Ausgaben der A.er Nachrichten vom 3. und 17. August 1995
sowie in der Ausgabe der A.er Volkszeitung (AVZ) vom 17. August
1995 bewarb die Beklagte unter der Óberschrift "FAST GESCHENKT" den
Kauf eines Mobiltelefons für 0,49 DM. Hinsichtlich der näheren
Ausgestaltung dieser Werbeanzeigen (deren Originale aus Bl. 46, 47,
47 a d. A. ersichtlich sind) wird auf die Ablichtungen in Ziffer 1.
des Tenors dieses Urteils verwiesen, wobei die Anzeige in den A.er
Nachrichten vom 3. August 1995 der Abbildung in Ziffer 1. a) aa)
und die in identischer Weise jeweils am 17. August 1995 in den A.er
Nachrichten und in der AVZ erschienenen Anzeigen der Ablichtung in
Ziffer 1. a) bb) und Ziffer 1. b) des Tenors entsprechen. Die
Klägerin sieht in diesen Werbungen der Beklagten Verstöße gegen §§
1, 3 UWG sowie gegen § 1 ZugabeVO und nimmt deshalb die Beklagte
u.a. auf Unterlassung in Anspruch.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, bei dem von der
Beklagten in den Anzeigen beworbenen Handy sei die Vermittlung des
Abschlusses des Kartenvertrages mit dem Netzbetreiber die Hauptware
bzw. die Hauptleistung, während die nur mit einem Scheinentgelt
verbundene Abgabe des Handys demgegenüber eine Zugabe im Sinne von
§ 1 Abs. 1 ZugabeVO darstelle. Eine Zuwendung sei nämlich auch dann
eine Zugabe, wenn sie nur gegen ein geringfügiges, bloß zum Schein
verlangtes Entgelt gewährt werde. Die Werbungen der Beklagten
verstießen jedoch ebenfalls gegen § 1 UWG, denn die Kunden würden
durch den blickfangmäßig hervorgehobenen Verkaufspreis von 0,49 DM
in sittenwidriger Weise angelockt und einem psychologischen
Kaufzwang unterworfen. Darüber hinaus seien die beiden identischen
Anzeigen der Beklagten in den A.er Nachrichten und in der A.er
Volkszeitung (AVZ) jeweils vom 17. August 1995 irreführend und
damit gemäß § 3 UWG unzulässig. Für den Verbraucher werde nämlich
nicht in ausreichendem Maße in diesen beiden Anzeigen deutlich
gemacht, daß der niedrige Kaufpreis, mit dem das Handy beworben
werde, nur in Verbindung mit dem erheblichen Kostenaufwand eines
abzuschließenden Kartenvertrages Gültigkeit habe.
Die Klägerin hat beantragt,
1.
a)
die Beklagte unter Androhung von
Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, für den Verkauf
von Handys zu werben, die zu dem beworbenen Preis nur bei
Freischaltung eines Netzkartenvertrages abgegeben werden - wie
geschehen in den "A.er Nachrichten" vom 3. August 1995 und 17.
August 1995 sowie in der "A.er Volkszeitung" vom 17. August 1995 -
wenn für das Handy ein Preis von 0,49 DM gefordert wird oder einer
solcher Preis, der durch seine niedrige Bemessung einer
unentgeltlichen Zuwendung gleichkommt,
und/oder
b)
einen so beworbenen Artikel wie
angekündigt zu veräußern,
und/oder
c)
den Verkauf eines Handys mit einem
bestimmten Preis zu bewerben, wie geschehen in den "A.er
Nachrichten" vom 17. August 1995 sowie in der "A.er Volkszeitung"
vom 17. August 1995, wenn nicht deutlich darauf hingewiesen wird,
daß das Gerät zu diesem Preis nur dann erworben werden kann, wenn
gleichzeitig die Freischaltung einer Debitel D 1-Netzkarte
erfolgt;
2.
festzustellen, daß die Beklagte
verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr
durch die vorstehend unter Ziffer 1. aufgeführten Handlungen
entstanden ist und künftig noch entstehen wird;
3.
die Beklagte ferner zu verurteilen, der
Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die
Beklagte die vorstehend zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen
begangen hat, wobei die Angaben nach Werbeträgern, Auflage der
Werbeträger, Erscheinungsorten und zeitliche Abfolge
aufzuschlüsseln sind.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist dem Vorwurf, mit den beanstandeten
Werbeanzeigen wettbewerbswidrig zu handeln, entgegengetreten und
hat geltend gemacht, die Anzeigen enthielten ein gekoppeltes
Angebot zu einem Gesamtpreis, der in den Kosten des Mobiltelefons
und des Kartenvertrages bestehe. Auch der Verbraucher betrachte den
Kartenvertrag und das Mobiltelefon als Einheit, da es sich dabei um
eine zweckmäßige Warenverbindung handele, die auf das Bedürfnis des
Verbrauchers zugeschnitten sei. Die Kosten des Kartenvertrages
seien wiederum in den Anzeigen jeweils deutlich aufgeschlüsselt, so
daß ein Preisvergleich weder unmöglich noch in sittenwidriger Weise
unzumutbar erschwert werde, wie dies nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs erforderlich ist, um von einer unzulässigen
Koppelung auszugehen.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in der ersten Instanz
wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
verwiesen.
Mit Urteil vom 8. März 1996 hat das Landgericht die Beklagte
unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt,
1.
es unter Androhung eines Ordnungsgeldes
bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in werblichen
Anzeigen, Zeitungsinseraten u.ä.
a)
für den Verkauf von Handys zu werben,
die zu dem beworbenen Preis nur bei Freischaltung eines
Netzvertrages gegeben werden, wie geschehen in den "A.er
Nachrichten" vom 3. August 1995 und 17. August 1995 sowie in der
"A.er Volkszeitung" vom 17. August 1995, wenn für das Handy ein
Preis von 0,49 DM gefordert wird,
und/oder
b)
einen so beworbenen Artikel wie
angekündigt zu veräußern,
und/oder
c)
den Verkauf eines Handys mit einem
bestimmten Preis zu bewerben, wie geschehen in den "A.er
Nachrichten" vom 17. August 1995 sowie in der "A.er Volkszeitung"
vom 17. August 1995, wenn nicht deutlich darauf hingewiesen wird,
daß das Gerät zu diesem Preis nur dann erworben werden kann, wenn
gleichzeitig die Freischaltung einer Debitel D 1-Netzkarte
erfolgt.
Weiterhin hat das Landgericht in Ziffer 2. des Tenors seiner
Entscheidung festgestellt,
daß die Beklagte verpflichtet ist, der
Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend
unter Ziffer 1. des Urteilstenors aufgeführten Handlungen
entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird.
Darüber hinaus hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, der
Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu
Ziffer 1. des Tenors bezeichneten Handlungen begangen hat, wobei
die Angabe nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger,
Erscheinungsorten und zeitliche Abfolge aufzuschlüsseln sind.
Das Landgericht hat das Unterlassungsbegehren der Klägerin,
soweit es ihm stattgegeben hat, gemäß §§ 1, 3 UWG als begründet
angesehen und dem Schadensersatz- und Auskunftsbegehren der
Klägerin gemäß §§ 1, 3, 13 Abs. 6 Nr. 1 UWG, 242 BGB entsprochen.
Wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die
angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 13. März 1996 zugestellte Urteil hat die
Beklagte am 15. April 1996 (Montag) Berufung eingelegt und diese
nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungfrist
rechtzeitig am 17. Juni 1996 begründet.
Die Beklagte wiederholt und vertieft mit ihrem
Berufungsvorbringen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie ist der
Ansicht, der Klageantrag zu Ziffer 1. a) sei weder aus § 1, 3 UWG
noch aus § 1 ZugabeVO begründet. Es könne keine Rede davon sein,
daß der Verkehr durch den Preis eines Handys von 0,49 DM
übertrieben angelockt werde, wie dies das Landgericht bejaht habe.
Jeder, der sich für den Erwerb eines Handys interessiere, wisse,
daß er einen Kartenvertrag mit einem Provider (Telekom, Mannesmann,
Debitel u.s.w.) abschließen müsse, um überhaupt das Handy zur
Funktion zu bringen und es nutzen zu können. Es sei demgegenüber
eine lebensfremde Vorstellung anzunehmen, die angesprochenen
Verkehrskreise gingen davon aus, das beworbene Handy ohne einen
Kartenvertrag für 0,49 DM erwerben zu können. Heute würden
derartige Handys - je nach deren Wertigkeit - so gut wie
verschenkt, jedenfalls für billiges Geld abgegeben. Beträge von
1,00 DM oder noch niedriger seien inzwischen nichts Ungewöhnliches
mehr. Der Kunde solle dadurch zum Abschluß eines Kartenvertrages
bewegt und veranlaßt werden; ihm solle mit einem besonders
günstigen Preis für das Handy der Abschluß eines solchen Vertrages
schmackhaft gemacht werden. Dies sei nichts Wettbewerbswidriges,
sondern liege in der Natur der Sache, denn jede Werbung habe
notwendigerweise einen Anlockeffekt. Dabei werde der Verkehr auch
keineswegs übertrieben angelockt, denn aus der beanstandeten
Werbung gehe ohne weiteres hervor, daß dieser Preis von 0,49 DM nur
dann gelte, wenn ein Kartenvertrag abgeschlossen werde. In den
beanstandeten Anzeigen seien auch die Tarife für die Debitel D
1-Netzkarte, und zwar der Blue-Line-Tarif aufgeführt. Der Kunde
könne also vergleichen, ob er einen D 1-Kartenvertrag oder -
alternativ bei einem anderen Anbieter - z.B. einen D 2- oder
eplus-Kartenvertrag abschließen möchte. Der Kunde werde also über
das beworbene Angebot im einzelnen unterrichtet. Óberdies sei es
heute bei der Werbung für Mobiltelefone üblich und werde inzwischen
auch vom Verkehr erwartet, daß Handy und Kartenvertrag als Einheit
angeboten würden, und zwar in der Weise, daß ein besonders
günstiger Preis für das Handy angegeben werde und die Tarife für
den entsprechenden Kartenvertrag genannt würden. Soweit das
Landgericht einen übertriebenen Anlockeffekt aus der Óberschrift
der Werbung "FAST GESCHENKT" herleiten wolle, trage dies ebenfalls
nicht. Sie - Beklagte - wolle damit sagen, daß der Kunde das Handy
"fast geschenkt" erhalte, wenn er einen Kartenvertrag abschließe.
Genauso werde aber auch der Werbeslogan von den angesprochenen
Verkehrskreisen verstanden.
Die mit dem Klageantrag zu Ziffer 1. a) beanstandeten
Werbeanzeigen seien jedoch ebenfalls nicht irreführend.
Insbesondere könne ihr - der Beklagten - nicht vorgeworfen werden,
es werde nicht klar und deutlich darauf hingewiesen, daß der
beworbene Preis für das Handy nur bei Freischaltung einer D
1-Netzkarte gelte. Dieser Umstand werde in allen 3 Anzeigen
deutlich dargestellt. Darüber hinaus liege ebenfalls kein Verstoß
gegen § 1 Abs. 1 ZugabeVO vor, wie dies von der Klägerin mit dem
Klageantrag zu 1. a) geltend gemacht werde. Das Handy und die
Freischaltung einer Netzkarte seien eine wirtschaftliche Einheit
und würden auch in dieser Weise vom Verkehr so verstanden. Beides
sei ein "Paket", das aus zweckgebundener Zusammengehörigkeit eine
Wareneinheit bilde. Der Kauf eines Handys ohne Karte mache keinen
Sinn, denn man könne das Handy gar nicht benutzen. Der Abschluß
eines Kartenvertrages allein - ohne Handy - sei ebenfalls unsinnig,
denn mit der Karte allein könne man nicht telefonieren. Beides
hänge also untrennbar zusammen, der Verkehr verstehe dies auch so
und verstehe folglich auch die Werbung in diesem Sinne.
Unbegründet sei weiterhin, wie die Beklagte meint, der
Unterlassungsantrag zu 1. b), und zwar selbst dann, wenn man den
Unterlassungsantrag zu 1. a) als begründet ansehen wollte. Wäre die
damit geltend gemachte Ansicht der Klägerin richtig, wäre der
Abschluß jedweder Kaufverträge für Waren, für die wettbewerbswidrig
geworben worden sei, wettbewerbswidrig und daher unzulässig, was
eine absurde Vorstellung sei. § 1, 3 UWG schützten die Lauterkeit
des Wettbewerbs und der Werbung. Ein Eingriff dieser Vorschriften
in den zivilrechtlichen Abschluß von Verträgen erfolge, wie auch
aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs "Folgeverträge I und
II" hervorgehe, nur dann, wenn das Verhalten eines
Gewerbetreibenden von vornherein auf einem Gesamtkonzept basiere,
das die Täuschung der Geschäftspartner zum Gegenstand und zum Ziel
habe und bei dem zu dem Gesamtplan dazugehöre, diese Täuschung
durch zivilrechtliche Durchsetzung der Verträge auszunutzen. Mit
der hier vorliegenden Sachverhaltsgestaltung habe dies absolut
nichts zu tun.
Hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens zu 1. c) wendet die
Beklagte ein, in allen beanstandeten Werbungen sei ein deutlicher
Hinweis darauf enthalten, daß das Handy zu dem beworbenen Preis nur
bei Abschluß des Kartenvertrages erworben werden könne.
Schließlich ist die Beklagte der Ansicht, der von der Klägerin
geltend gemachte und vom Landgericht zugesprochene
Auskunftsanspruch sei, abgesehen davon, daß er schon mangels eines
wettbewerbswidrigen Verhaltens der Beklagten ohne Erfolg bleiben
müsse, auch viel zu weit gefaßt. Es sei nicht erkennbar, wieso die
Klägerin für die Berechnung eines eventuellen Schadens "Angaben
nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger, Erscheinungsorte" sowie
eine Aufschlüsselung der "zeitlichen Abfolge" benötige. Welche
Aufschlüsselung für eine Schadensberechnung sich die Klägerin von
diesen Angaben verspreche, sei nicht nachzuvollziehen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen
Urteils die Klage abzuweisen,
hilfsweise bei einem
Vollstreckungsschutzausspruch ihr - der Beklagten - zu gestatten,
Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen
Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten mit der
Maßgabe zurückzuweisen, daß die Klageanträge wie folgt gefaßt
werden:
1.
Die Beklagte unter Androhung eines
Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis
zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu
verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu
Zwecken des Wettbewerbs in werblichen Anzeigen, Zeitungsinseraten
u.ä.
a)
für den Verkauf von Mobiltelefonen
("Handies") zu werben, die zu dem beworbenen Preis von 0,49 DM nur
bei Abschluß eines Netzkartenvertrages verkauft werden, wie
nachstehend wiedergegeben:
- Es folgen nunmehr die in Ziffer 1. a)
des Tenors dieses Urteils wiedergegebenen Abbildungen. -
und/oder
b)
ein so beworbenes Mobiltelefon wie
angekündigt zu verkaufen und/oder zu veräußern,
und/oder
c)
den Verkauf eines Mobiltelefons
("Handys") mit einem bestimmten Preis zu bewerben, wenn nicht
deutlich darauf hingewiesen wird, daß das Gerät zu diesem Preis nur
dann erworben werden kann, wenn gleichzeitig der Abschluß eines
Debitel D 1-Kartenvertrags erfolgt, wie nachfolgend
wiedergegeben:
hilfsweise
den Kauf eines Mobiltelefons (Handy`s)
mit einem bestimmten Preis zu bewerben, wenn nicht deutlich darauf
hingewiesen wird, daß das Gerät zu diesem Preis nur dann erworben
werden kann, wenn gleichzeitig der Abschluß eines Debitel D
1-Netzvertrages zum "Blue Line"-Tarif erfolgt und/oder nicht die
Besonderheiten dieses Tarifs im Vergleich zu anderen Tarifen des
Anbieters Debitel erläutert wurden, wie nachfolgend
wiedergegeben:
- Es folgt nunmehr die in Ziffer 1. b)
des Tenors dieses Urteils wiedergegebene Abbildung. -
2.
festzustellen, daß die Beklagte
verpflichtet ist, ihr - der Klägerin - den Schaden zu ersetzen, der
ihr durch die vorstehend unter Ziff. 1 aufgeführten Handlungen
entstanden ist und künftig entstehen wird;
3.
die Beklagte zu verurteilen, ihr - der
Klägerin - Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die
vorstehend unter Ziff. 1 bezeichneten Handlungen begangen hat,
wobei die Angaben nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger,
Erscheinungsorten und zeitlicher Abfolge aufzuschlüsseln sind.
Darüber hinaus beantragt die Klägerin,
ihr nachzulassen, etwaige Sicherheit
durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- oder
Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts zu leisten.
Auch die Klägerin wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus der
ersten Instanz. Sie vertritt die Ansicht, die beanstandete Werbung
der Beklagten verstoße sowohl gegen § 1 Abs. 1 ZugabeVO als auch
gegen §§ 1, 3 UWG. Es handele sich um einen krassen Fall unlauterer
Wertreklame, indem Mobiltelefone zu einem bloßen Scheinentgelt als
Zugabe zum Abschluß eines Debitel D 1-Netzkartenvertrages angeboten
würden. Darin liege nicht nur ein Verstoß gegen die ZugabeVO,
sondern darüber hinaus auch eine Verletzung des § 1 UWG unter dem
Gesichtspunkt der sachfremden Verlockung, nämlich des gekoppelten
Vorspannangebots. Das Angebot eines Mobiltelefons zum Preis von nur
0,49 DM diene lediglich als Lockangebot im Sinne eines
Vorspannangebots zur Förderung des Absatzes von
Telefondienstleistungen aufgrund von Netzwerkverträgen.
Voraussetzung für die nahezu kostenlose Abgabe des Geräts sei der
Abschluß des Kartenvertrages. Dabei werde durch die Vorspannware
(Telefon) auf den Kunden ein starker Lockeffekt ausgeübt, der
geeignet und auch dazu bestimmt sei, ihn ohne sachliche Prüfung zum
Kauf der regulären "Hauptware" (Netzkartenvertrag) zu bewegen, um
die besonders günstig erscheinende Vorspannware zu erwerben.
Richtig sei zwar, daß ein Mobiltelefon nicht ohne Telefonkarte
benutzt werden könne. Es wäre jedoch ohne weiteres denkbar und
entspreche auch im übrigen einem weiteren Teil des Handels,
Mobiltelefone und Netzkartenverträge getrennt, ohne akzessorische
Verknüpfung, anzubieten. Durch den Vorspann, die Anlockung, solle
der Kunde zum einen dazu bewogen werden, einen Kartenvertrag
abzuschließen, den er sonst möglicherweise überhaupt nicht
abgeschlossen hätte. Er soll überdies dazu bewogen werden, mit
gerade diesem Betreiber einen Vertrag abzuschließen, mit dem er
sonst - etwa wegen allgemein ungünstiger Konditionen - einen
Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Darüber hinaus solle er durch
den Vorspann - wie in diesem konkreten Fall - dazu bewogen werden,
einen Kartenvertrag zu einem besonders ungünstigen Tarif
abzuschließen. Alle drei Gesichtspunkte führten im Streitfall dazu,
der Verknüpfung das Gepräge des unlauteren Anlockens zu verleihen.
Der Verkehr werde aber auch irregeführt. Die von der Beklagten mit
der Berufung angeführte Vergleichsmöglichkeit der sich
gegenüberstehenden Kartenverträge und Tarife bestehe tatsächlich
nicht. Der Kunde wisse weder etwas mit dem Begriff des
Blue-Line-Tarifs ohne nähere Informationen anzufangen, noch werde
er darüber aufgeklärt, daß es sich bei Gesprächsgebühren von 1,94
DM/min. um unverhältnismäßig hohe Gesprächsgebühren für
Wenig-Telefonierer handele. Weder könne der Kunde zwischen
Kartenverträgen mit mehreren Anbietern wählen, noch habe der Kunde
überhaupt die Wahl, zwischen verschiedenen Tarifen desselben
Anbieters zu wählen. Der extremen Preisgünstigkeit des
Vorspannangebots ("FAST GESCHENKT") stehe die Verpflichtung zur
Bezahlung von Gebühren nach einem überaus teuren Tarif
("Blue-Line-Tarif") gegenüber, ohne daß der nicht einschlägig
informierte Kunde die von der Koppelung ausgehende Gefahr erkennen
könne.
Die beanstandete Werbung sei darüber hinaus auch irreführend im
Sinne von § 3 UWG. Schon die Óberschrift "FAST GESCHENKT" täusche
darüber hinweg, daß der Kunde über das Vorspannangebot
(Mobiltelefon für 0,49 DM) dazu verleitet werden solle, einen
wirtschaftlich ungünstigen Kartenvertrag abzuschließen, dessen
Leistungen alles andere als "geschenkt" seien. Es werde ein
besonderer Preisvorteil vorgetäuscht, der tatsächlich nicht
bestehe. Zudem werde der Kunde durch den fehlenden
Sternchen-Hinweis im Falle der Werbeanzeigen vom 17. August 1995
und die Art der Gestaltung dieser Anzeigen nicht hinreichend über
die Verknüpfung zwischen dem extrem preisgünstigen Erwerb des
Handys und dem kostenträchtigen Kartenvertrag aufgeklärt. Weiteres
Irreführungselement sei der Umstand, daß der Kunde auch darüber
irregeführt werde, daß er sich zum Abschluß eines Debitel D
1-Netzkartenvertrages ausschließlich zum Blue Line-Tarif
entschließen müsse und dieser Tarif, wolle er das Gerät auch nur in
durchschnittlichem Umfang nutzen, für ihn besonders ungünstig sei.
Der Blue-Line-Tarif sei nur dann sinnvoll, wenn der Kunde nur ein-
bis zweimal pro Tag - überwiegend abends oder am Wochenende -
telefonieren wolle. Für alle anderen Telefonkunden sei entweder der
Standard-Tarif (bis zu fünf Telefonate täglich) oder aber der
Business-Tarif (mehr als fünf Telefonate täglich) sinnvoll.
Hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu 1. b) macht die
Klägerin geltend, die beanstandete Werbung sei darauf ausgerichtet,
in besonders aggressiver Weise neue Kunden zu werben und die
Unerfahrenheit und den Mangel an Urteilsvermögen angelockter
Interessenten auszunutzen. Die Werbung solle gerade die
Verkehrskreise ansprechen, die die Zusammenhänge (fast geschenktes
Telefon, hohe Telefongebühren) nicht durchschauten und an diesen
Markt unerfahren heranträten. Die unklaren Gebührenzusammenhänge
schlössen es aus, daß die von dieser Werbung angesprochenen
Betroffenen die beiderseitigen Leistungen richtig bewerteten und
die Vor- und Nachteile des Geschäfts sachgerecht abwägen könnten.
Im Ausschluß eines solchen Abwägens, in der Ausnutzung des infolge
unklarer Ausgestaltung des Geschäfts fehlenden Urteilsvermögens,
liege gerade der Sinn dieser Werbung. Das Verhalten der Beklagten
basiere daher, wie die in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs
"Folgeverträge I und II" (GRUR 1994/126 f., GRUR 1995/358 f.) zu
beurteilenden Fallgestaltungen, auf einem Gesamtkonzept, welches
die Täuschung der Geschäftspartner zum Gegenstand und zum Ziel
habe, wobei zu dem Gesamtplan dazu gehöre, diese Täuschung dadurch
auszunutzen, daß die Verträge zivilrechtlich durchgesetzt würden.
Die Beklagte habe folglich auch die Absatzgeschäfte zu
unterlassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der
Parteien wird auf die in der zweiten Instanz von den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nur teilweise
begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten im zuerkannten Umfang
Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft verlangen.
1.
Das Rechtsmittel der Beklagten bleibt erfolglos, soweit es sich
gegen den Klageantrag zu 1. c) (entsprechend der Bezifferung in dem
Schriftsatz der Klägerin - Berufungserwiderung - vom 8. Oktober
1996 -) wendet, dessen Umformulierung in der zweiten Instanz durch
Neufassung des landgerichtlichen Unterlassungsgebots mit Ziffer 1.
b) des Tenors dieses Urteils Rechnung zu tragen war. Daß dieses
Unterlassungsgebot zu 1. b) sprachlich geringfügig von dem
zweitinstanzlichen Klageantrag abweicht, beinhaltet dabei kein
teilweises Unterliegen der Klägerin, sondern erschien geboten, um
möglichen Bedenken gegenüber der Bestimmtheit des in dem
Klageantrag ursprünglich enthaltenen Halbsatzes "wenn nicht
deutlich darauf hingewiesen wird, ..." entgegenzuwirken. Ziel und
Reichweite des Unterlassungsbegehrens der Klägerin bleiben von
diesen Umformulierungen des Klageantrags unberüht.
Die Klägerin verlangt mit dem Hauptantrag zu dem Klagebegehren
zu 1. c) von der Beklagten zu Recht, daß diese es unterläßt, für
den Verkauf eines Mobiltelefons zu einem bestimmten Preis in der
Form der Gestaltung der Werbeanzeigen vom 17. August 1995 zu
werben, wenn das Handy zu diesem Preis nur bei gleichzeitigem
Abschluß eines Debitel D 1-Netzkartenvertrags erworben werden kann.
Das beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten ist gemäß § 3
UWG unzulässig, denn die von den Anzeigen der Beklagten vom 17.
August 1995 angesprochenen Verbraucher werden in relevanter Weise
über das dort beworbene Angebot und die von der Beklagten dafür
geforderte Gegenleistung irregeführt. Dies können die Mitglieder
des Senats, die zu den von der Beklagten mit den Anzeigen
umworbenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde und
Erfahrung feststellen.
Gegenstand der (im Urteilstenor zu 1. b) in Schwarzweiß-kopie
wiedergegebenen) Anzeigen vom 17. August 1995 ist in deren oberen
Drittel jeweils ein Mobiltelefon zu 0,49 DM, welches nur abgegeben
wird, wenn der Kunde zugleich einen Debitel D 1-Netzkartenvertrag
abschließt. Die Beklagte bewirbt somit in diesen Anzeigen ein
Kombinationspaket, bestehend aus dem Handy und dem erwähnten
Kartenvertrag, zu dessen Konditionen und Kosten in dem schwarz
unterlegten Block in der linken oberen Ecke der Anzeigen Angaben
gemacht werden. Der in den Anzeigen herausgestellte Preis für das
Handy ist folglich nur einer der beiden Bestandteile, aus denen
sich die Gegenleistung zusammensetzt, die die Beklagte für das
beworbene Gesamtpaket fordert. Wird - wie im Streitfall - ein
Gesamtpaket angeboten, muß dies für den Verbraucher
unmißverständlich aus der Werbung hervorgehen. Gleiches gilt für
die Preisangaben, die zu den Produkten und bzw. oder Leistungen
gemacht werden, aus denen sich das Gesamtpaket zusammensetzt. Nur
dann kann der Verbraucher das Angebot des Wettbewerbers und die
dort gemachten Preisangaben zutreffend einschätzen und auf dieser
Grundlage dieses Angebot mit dem anderer Wettbewerber
vergleichen.
Die Gestaltung der beiden Anzeigen der Beklagten vom 17. August
1995 genügt nicht diesen Anforderungen. Blickfangmäßig
herausgestellt sind dort die Abbildung des Handys und der Preis des
Mobiltelefons, der sogar zweifach, nämlich durch die Hinweise
"-,49" und "Nur 49 Pfennig!!" betont wird. Die Aufklärung darüber,
daß der Verbraucher zum Erwerb dieses Handys auch einen
Kartenvertrag mit einem bestimmten Netzbetreiber abschließen muß,
einschließlich der Konditionen dieses Vertrags, findet sich zwar in
dem bereits erwähnten schwarz unterlegten Block in der linken
oberen Ecke der Anzeige. Bis auf den Hinweis "Nicht vergessen!",
der für sich genommen lediglich als allgemeiner Werbeappell vom
Betrachter wahrgenommen wird, sind jedoch die Angaben in diesem
Block derart klein, daß sie nur mit großer Anstrengung, fast nur -
wie das Landgericht zutreffend bemerkt - mit der Lupe lesbar sind.
Dabei sind die Angaben in diesem Block, obwohl erst durch sie das
tatsächliche Angebot der Beklagten in den Anzeigen komplettiert
wird und sie für den Interessenten, wenn er vom Angebot der
Beklagten Gebrauch macht, wegen der mit dem Abschluß eines
Kartensvertrags verbundenen beachtlichen Kosten von Bedeutung sind,
sogar noch wesentlich kleiner gehalten als die technische
Beschreibung des Handys in dem Fließtext unterhalb des abgebildeten
Geräts. Der Verbraucher wird aber zu Recht erwarten, daß Umstände,
die den Gegenstand des beworbenen Angebots und die dafür vom
Werbenden geforderte Gegenleistung bestimmen, nicht in einer Weise
versteckt in der Anzeige aufgeführt werden, daß ihnen nach ihrer
graphischen Gestaltung wie im Streitfall optisch der Rang von
unwichtigem Kleingedruckten zugewiesen wird.
Hinzu kommt, daß es in den beiden Anzeigen vom 17. August 1995
keine sonstigen Anhaltspunkte gibt, die den Interessenten
veranlassen könnten, sich mit den Angaben des erwähnten Blocks zu
beschäftigen und dann zu erfahren, was tatsächlich von der
Beklagten beworben wird. Eine Verknüpfung des Blocks mit dem
abgebildeten Handy oder bei dessen Preis durch ein sog. Sternchen
fehlt. Die unterhalb des Handys wiedergegebene "Karte" ist
ebenfalls nicht geeignet, die Aufmerksamkeit des Interessenten auf
die Angaben in dem Block zu lenken. Diese Karte enthält keine
Erläuterungen dazu, daß das Handy nur bei Anschluß eines Debitel D
1-Kartenvertrags erworben werden kann und wird daher allenfalls als
allgemeiner Werbehinweis auf die Möglichkeit verstanden, bei der
Beklagten einen derartigen Kartenvertrag abschließen zu können
(nicht müssen), was durch die daneben stehende Angabe "Sämtliches
Zubehör bei uns erhältlich" noch unterstützt wird. Für viele
derjenigen Verbraucher, die sich - eventuell veranlaßt durch die
Werbung der Beklagten - erstmals mit dem Erwerb eines Mobiltelefons
befassen, wird sogar selbst diese Aussage mit der "Karte" nicht
verbunden sein, weil sie gar nicht wisen, daß es zur Benutzung
eines Handys des Abschlusses eines sog. Kartenvertrags bedarf,
geschweige denn, daß diese Verbraucher darüber informiert sind, daß
es verschiedene Anbieter derartiger Kartenverträge, noch dazu mit
unterschiedlichen Tarifen, gibt. Bei Kaufleuten und freiberuflich
Ttätigen mag von einer Kenntnis dieser Fragen, die bevorzugt in den
Wirtschaftsteilen der größeren Zeitungen erörtert werden,
auszugehen sein. Bereits bei den Klein- und
Kleinstgewerbetreibenden (z.B. den Betreibern eines Kiosks) und
insbesondere bei den durchschnittlichen nicht kaufmännischen
Verbrauchern kann jedoch eine derartige Kenntnis nicht
vorausgesetzt werden. Wie aber die wachsende Zahl der
Handy-Benutzer jedweden Alters und ersichtlich auch jedweden Berufs
im alltäglichen Straßenbild zeigt, entschließen sich zunehmend auch
solche Verbraucherkreise zum Erwerb von Mobiltelefonen angesichts
deren heute (scheinbar) günstigen Preisen. Diese Verbraucher werden
das Angebot der Beklagten im Zweifel jedoch ausgehend von ihren
Kenntnissen und Erfahrungen mit dem "Normal-Telefon" beurteilen,
folglich zwar mit Gebühren bei der Benutzung des Handys rechnen,
nicht aber damit, daß grundsätzlich die Wahl unter verschiedenen
Netzanbietern mit unterschiedlichen Konditionen und Tarifen möglich
ist und zur Benutzung des Mobiltelefons ein Kartenvertrag mit einem
dieser Netzanbieter abgeschlossen werden muß.
Schließlich kann nicht davon ausgegangen werden, daß die
durchschnittlichen Verbraucher jedenfalls aufgrund der zahlreichen
Anzeigen anderer Wettbewerber und der dort praktizierten Art und
Weise der Bwerbung eines Handys mit Kartenvertrag dazu veranlaßt
würden, die beiden Anzeigen der Beklagten vom 17. August 1995 mit
dem darin enthaltenen Kombinationsangebot zutreffend zu verstehen.
Zum einen müssen auch diejenigen Verbraucher berücksichtigt werden,
die sich, veranlaßt durch das sie ansprechende Angebot der
Beklagten, spontan zum Erwerb eines Handys entschließen, ohne zuvor
aufmerksam die Anzeigen anderer Händler zu studieren. Wie zudem die
von der Beklagten mit Schriftsatz vom 25. November 1996 vorgelegten
zahlreichen Werbebeispiele anderer Wettbewerber demonstrieren, mag
es zwar heute weigehend üblich sein, Handies zusammen mit
Kartenverträgen anzubieten. Diese Werbebeispiele machen jedoch auch
deutlich, daß diese Angebote jeweils sehr unterschiedlich gestaltet
sind und den Verbraucher, der derartige Werbungen eher flüchtig
beurteilt, noch dazu, wenn er noch nicht zum Erwerb eines der dort
angebotenen Geräte entschlossen ist, eher verwirren als ihn darüber
aufklären, was es mit den Kartenverträgen und den verschiedenen
Netzanbietern und Tarifen auf sich hat. Dies beginnt schon damit,
daß Handies danach nicht nur - wie bei den streitgegenständlichen
Anzeigen der Beklagten - als "Gesamtpaket" dergestalt angeboten
werden, daß sie ausschließlich mit dem Kartenvertrag abgegeben
werden, sondern teilweise in derselben Anzeige sowohl mit als auch
ohne Kartenverträge beworben werden. Daneben gibt es ebenfalls,
wenn auch eher vereinzelt, Anzeigen nur für Handies. Bei den
Anzeigen, in denen ein Hinweis auf einen Kartenvertrag enthalten
ist oder in denen ein "Kombinationsangebot" in der hier in Rede
stehenden Art beworben wird, sind wiederum die Angaben zu den
Kartenverträgen jeweils völlig unterschiedlich gestaltet, was den
Inhalt und die optische Aufmachung der (häufig nur kursorischen)
Hinweise, daß der Erwerb des Handys zu dem beworbenen Preis vom
Abschluß eines bestimmten Kartenvertrags abhängig ist, angeht,
wobei die Verknüpfung zwischen Handy und den dargestellten
Konditionen des Kartenvertrags häufig mit Hilfe sog. Sternchen
geschieht (wie auch bei der streitgegenständlichen Anzeige der
Beklagten vom 03. August 1995). Nach alledem sprechen zwar die von
der Beklagten vorgelegten Werbebeispiele für die Richtigkeit des
Vortrags der Beklagten, daß heute in der Werbung häufig Handy und
Kartenvertrag in Kombination angeboten werden, wobei für das Handy
ein besonders günstiger Preis angegeben wird und die Tarife für den
entsprechenden Kartenvertrag genannt werden (vgl. dazu Bl. 5 der
Berufungsbegründung der Beklagten = Bl. 99 d.A.). Aus dieser Art
der Bewerbung läßt sich aber nicht herleiten, daß die
durchschnittlichen Verbraucher wegen dieser Werbepraxis die hier in
Rede stehenden Anzeigen der Beklagten vm 17. August 1995 in anderer
Weise verstehen, als dies oben aufgrund der erörterten konkreten
Gestaltung dieser Anzeigen dargelegt worden ist.
Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die erörterte
Gestaltung der beanstandeten Anzeigen der Beklagten vom 17. August
1995 hat der Senat daher keine Zweifel, daß nicht nur ein nicht
unbeachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise über das
Angebot der Beklagten irregeführt wird, weil diese Verbraucher
nicht bemerken werden, daß sie das in den Anzeigen herausgestellte
Handy nur bei Abschluß eines Debitel D1-Kartenvertrages
erhalten.
Diese Irreführung der Verbraucher ist auch relevant im Sinne von
§ 3 UWG, denn sie ist geeignet, die Verbraucher zu veranlassen,
Anzeigen anderer Wettbewerber, die in gehöriger - ausreichend
deutlicher - Form über ihre Kombinationsangebote von Handies mit
Kartenverträgen informieren, zu vernachlässigen und in
geschäftlichen Kontakt mit der Beklagten zu treten.
Das schließlich die im Rahmen von § 3 UWG gebotene Abwägungen
der sich gegenüberstehenden Interessen der Parteien ebenfalls zum
Nachteil der Beklagten ausfallen muß, denn dieser ist eine
zutreffende Information des Verkehrs durch entsprechende
Umgestaltung der Anzeige ohne weiteres möglich, ist somit das
Unterlassungsverlangen der Klägerin zu Ziffer 1. c) ihrer
zweitinstanzlichen Klageanträge nach dem Hauptantrag gemäß § 3 UWG
gerechtfertigt. Auf das Hilfsbegehren zu diesem Klagebegehren kommt
es daher nicht an.
2.
Begründet ist ebenfalls das von der Klägerin mit Ziffer 1. a)
ihrer Klage geltend gemachte Unterlassungsverlangen, dessen
Neuformulierung durch die Klägerin in der zweiten Instanz mit
Ziffer 1. a) des Tenors dieses Urteils Rechnung zu tragen war.
Dieses Klagebegehren ist gemäß § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt
des unlauteren Vorspannangebots erfolgreich.
In beiden Anzeigen der Beklagten, die mit diesem
Unterlassungsantrag beanstandet werden und die in Ziffer 1. a) des
Tenors dieses Urteils in Schwarzweißkopie abgebildet sind, wird
eine Gesamtpaket bestehend aus Handy und Kartenvertrag angeboten;
das Handy zu 0,49 DM kann nur bei Abschluß eines Debitel D
1-Netzkartenvertrags zum Blue-Line-Tarif erworben werden. Das Ganze
soll, wie die Beklagte selbst vorträgt, dazu dienen, dem Kunden
durch den beworbenen besonders günstigen Preis von 0,49 DM den
Abschluß des Kartenvertrages "schmackhaft" zu machen. Unstreitig
hat das fragliche Handy - für sich genommen - einen ungleich
höheren Preis als in der Werbung ausgewiesen. Ein derart extrem
niedriger Preis des Handys ist nur möglich, weil die Netzanbieter
hohe Provisionen an die Händler bezahlen, wobei diese Provisionen
wiederum nur durch die den Netzbetreibern durch die Kartenverträge
zufließenden Erlöse ermöglicht werden.
Es geht danach im Streitfall um ein Kopplungsangebot, bei dem
der sehr günstige Preis des Handys als sog. Vorspannware den Absatz
des in Rede stehenden konkreten Kartenvertrags fördern soll.
Vorspannangebote sind zwar nicht in jedem Fall unlauter, denn jede
Werbung entfaltet einen Anlockeffekt, worauf die Beklagte zu Recht
hinweist. Gerade dann, wenn - wie hier bei der
streitgegenständlichen Werbung - die gekoppelten Waren trotz
Branchenfremdheit eine beachtliche Gebrauchsnähe aufweisen und aus
der Sicht des Verkehrs als sinnvolle Verbindung für eine
Angebotseinheit erscheinen (das Handy kann nicht ohne einen
Kartenvertrag benutzt werden), kann der Indizcharakter für eine
gemäß § 1 UWG unlautere Vorspannware entfallen (vgl.
Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl., § 1 UWG Rdn. 132,
136). Das Anlocken des Kunden mit einem Vorspannangebot
überschreitet jedoch auch bei einer derartigen Gebrauchsnähe der
gekoppelten Waren und Leistungen die Grenzen der zulässigen
Bewerbung, wenn der von der Vorspannwirkung ausgehende Lockeffekt
derart stark ist, daß er geeignet ist, den Kunden von der Hauptware
und ihren Eigenschaften abzulenken und ihn aus sachfremden Gründen
zum Erwerb der Hauptware zu veranlassen (Baumbach-Hefermehl,
a.a.0., § 1 UWG Rdn. 138 m.w.N.).
Die beanstandeten Werbungen der Beklagten vom 3. und 17. August
1995 sind aber in dieser Weise unlauter, denn der davon
angesprochene Verbraucher wird durch den besonders günstigen Preis
des Handys mit Hilfe der konkreten Gestaltung der Anzeigen in einer
derart übermäßigen Weise angelockt. Dies gilt selbst dann, wenn bei
beiden Anzeigengestaltungen im Rahmen des hier zu prüfenden
Unterlassungsantrags zu Ziffer 1. a) (in Abgrenzung zu dem
vorstehend erörterten Klageantrag zu 1. c)) unterstellt wird, daß
der Verbraucher die Koppelung von Handy und Kartenvertrag bemerkt,
den Anzeigen also entnimmt, daß er das Handy nur bei Abschluß des
Kartenvertrages zu dem beworbenen Preis erhält. Nicht vorausgesetzt
werden kann nämlich, daß der durchschnittliche Verbraucher über
Kartenverträge und Tarife für Mobiltelefone zumindest in der Weise
informiert ist, daß er von der Existenz verschiedener
Netzkartenanbieter und unterschiedlicher Tarife selbst bei dem
jeweiligen Netzkartenanbieter mit den damit sich für ihn ergebenden
Wahlmöglichkeiten Kenntnis hat. Insoweit wird auf die Erörterungen
zu Ziffer 1. der Entscheidungsgründe verwiesen. Gerade gegenüber
diesen Interessenten, die sich von den streitgegenständlichen
Anzeigen der Beklagten besonders angesprochen fühlen werden, weil
sie meinen, sich nunmehr wegen des günstigen Preises ebenfalls ein
derartiges Mobiltelefon ohne weiteres leisten zu können, ist jedoch
die Werbung der Beklagten darauf angelegt, den Blick der
Verbraucher ausschließlich auf das scheinbar so günstige Handy zu
richten und dabei die eigentliche Hauptware - den Kartenvertrag mit
seinen Konditionen und Kosten - zu vernachlässigen.
Dafür sorgt bereits, daß im Vordergrund beider
Anzeigengestaltungen jeweils das groß abgebildete Handy und der
ebenfalls blickfangmäßig herausgestellte Preis von 0,49 DM stehen.
Die Angaben zu dem mit dem Handy gekoppelte Kartenvertrag mit dem
Ausschluß der Möglichkeit, zumindest unter den Debitel-Tarifen zu
wählen, weil nur der Blue-Line-Tarif zur Verfügung steht, also die
Angaben zu der Leistung, die angesichts ihrer Kosten und
Konditionen den Teil des Kombinationsangebots darstellt, der den
Kunden ungleich stärker als der geringe Preis des Handys belastet,
erscheint demgegenüber durch die von der Beklagten gewählte
grafische Gestaltung der Anzeigen als bloße Nebensächlichkeit.
Besonders deutlich zeigt sich dies bei den beiden bereits
erörterten Anzeigen vom 17. August 1995, in denen nach der
Gestaltung der Anzeige dem Kartenvertrag der Rang von unwichtigem
und deshalb vom Kunden ohne weiteres zu vernachlässigendem
Kleingedruckten beigemessen wird, weil der Hinweis auf die
Notwendigkeit des Abschlusses des Kartenvertrags und die Angaben zu
dessen Konditionen noch nicht einmal so deutlich wie der Fließtext
mit der technischen Beschreibung des Geräts sind.
Dies gilt aber ebenfalls für die Anzeige vom 3. August 1995, die
im Prinzip ähnlich gestaltet ist. Der dort ebenfalls mit schwarzer
Farbe unterlegte Block mit den Angaben zum Kartenvertrag, der sich
- anders als bei den Anzeigen vom 17. August 1995 - im unteren
Drittel der Werbung befindet, ist zwar erheblich größer als der
entsprechende Block in den Anzeigen vom 17. August 1995; seine
Angaben sind zudem - auch ohne Lupe - lesbar. In der Anzeige vom 3.
August 1995 befindet sich darüber hinaus bei der Preisangabe des
Handys ein - im Verhältnis zum Preis des Handys - kleines
Sternchen, welches mit dem (eher als kleiner Punkt erscheinenden)
"Sternchen" in dem erwähnten schwarzen Block korrespondieren soll.
In Relation zu der sehr großen Abbildung des Handys und dessen
Preises einschließlich der Größe der anderen Angaben wirken jedoch
auch bei der Anzeige vom 3. August 1995 die Hinweise zum
Kartenvertrag in dem schwarzen Block als "Kleingedrucktes" und
damit als etwas Nachrangiges/Nebensächliches gegenüber dem Handy
und dessen Preis.
Der in beiden Anzeigengestaltungen jeweils in der Kopfzeile
enthaltene blickfangmäßig herausgestellte Hinweis "FAST GESCHENKT"
ist ein weiteres Moment, das den Blick des Interessenten auf das
scheinbar überaus billige, fast geschenkte Handy richtet und
zusätzlich die Vorstellung des Kunden fördert, für die Beurteilung
der Preisgünstigkeit des von der Beklagten in den Anzeigen
beworbenen Angebots komme es allein auf das Handy an. Daß er das
Handy in Wahrheit nicht "fast geschenkt" erhält, weil er das Gerät
nur dann erwerben kann, wenn er den fraglichen Kartenvertrag mit
den damit verbundenen erheblichen Kosten abschließt, im Streitfall
sogar noch zu dem unstreitig besonders nachteiligen Blue-Line-Tarif
ohne Wahlrecht zwischen den Netzkartenanbieter oder zumindest
zwischen den von Debitel angebotenen Tarifen, der Werbehinweis
"FAST GESCHENKT" also nur ironisch gemeint die Situation zutreffend
beschreibt, wird nur für den offenbar, der mit den in Rede
stehenden Fragen der Kartenverträge vertraut ist. Die
durchschnittlichen Verbraucher, zumal diejenigen, die sich erstmals
mit dem Kauf eines Handys befassen, sind jedoch dazu aus den
bereits erörterten Gründen nicht in der Lage. Sie werden daher,
verführt durch die Gestaltungen der Werbeanzeigen der Beklagten,
gar nicht auf die Idee kommen, daß sie, um die Preisgünstigkeit des
Angebots der Beklagten gegenüber den von anderen Wettbewerbern
beworbenen Handies beurteilen zu können, auch den Kartenvertrag mit
dem dabei ausschließlich für sie möglichen Blue Line-Tarif und
dessen Kosten berücksichtigen müssen und nicht nur auf den Preis
des Handys abstellen können, weil dieser allein nichts über die
Günstigkeit des Gesamtpreises für das Kombinationsangebot aussagt.
Sie werden vielmehr das Angebot der Beklagten ausgehend von ihren
Kenntnissen zum "Normaltelefon" einschätzen und dementsprechend
zwar in Rechnung stellen, daß für die Benutzung des Mobiltelefons
Kosten anfallen. Sie werden aber nicht in ihre Vorstellung
einziehen, daß diese Kosten je nach Kartenvertrag und Tarif
variieren und deshalb der Gesamtpreis von Kombinationsangeboten,
bestehend aus Handy und Kartenvertrag, sehr unterschiedlich sein
kann, selbst wenn der dort für das Handy ausgewiesene Preis jeweils
in etwa gleich ist.
Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 25. November 1996
vorgelegten Werbebeispiele anderer Wettbewerber führen auch im
Rahmen des hier zu erörternden Unterlassungsantrags der Klägerin zu
keiner anderen Beurteilung der Verbrauchervorstellung. Die bereits
angesprochenen Werbebeispiele machen zwar deutlich, daß
Kombinationsangebote von preisgünstigen Handies und Kartenverträge
im steigenden Maße beworben werden, aber, wie schon erörtert, mit
jeweils sehr unterschiedlichen Ausgestaltungen und Bedingungen.
Dies gilt selbst für die Preise der Handies mit Kartenvertrag, die
ausweislich dieser Werbebeispiele von Pfennigsbeträgen bis zu
Preisen von ca. 10,00 DM, 49,00 DM und mehr variieren. Daß aufgrund
dieser Anzeigen dem von der Beklagten beworbenen Preis für das
Handy in der konkreten Gestaltung der Anzeigen keine übermäßige
Anlockwirkung zukommt, läßt sich daraus nicht herleiten. Abgesehen
davon, daß nicht davon ausgegangen werden kann, daß jeder, der sich
zum Kauf eines derart billigen, scheinbar fast geschenkten Handys
entschließt, sich vorher mit den Werbeanzeigen der anderen
Wettbewerber befaßt, steht dem schon die erwähnte unterschiedliche
Ausgestaltung, wie derartige Handies jeweils beworben werden (mit
Kartenvertrag, mit zwei Preisen je nach dem, ob ein Kartenvertrag
abgeschlossen wird u.s.w.) entgegen. Diejenigen durchschnittlichen
Verbraucher, die die Anzeigen der anderen Wettbewerber mit
preisgünstigen Handies zunächst nur flüchtig lesen, solange der
Entschluß zum Erwerb eines Mobiltelefons noch nicht feststeht,
werden im übrigen um so weniger in dem niedrigen Preis des Handys
einen "Pferdefuß" des Angebots der Beklagten vermuten und darauf
gestoßen, sich näher mit den Kosten und Konditionen des beworbenen
Kartenvertrags zu beschäftigen.
Nach alledem ist (in Óbereinstimmung mit OLG Düsseldorf, Urteil
vom 13. Juni 1996 - 2 U 2/96 - und OLG Frankfurt, WRP 1997/99 f.
und den Ausführungen des Senats im Urteil vom 30. August 1996, 6 U
74/96) die beanstandete Werbung der Beklagten als gem. § 1 UWG
unlauter zu werten. Ist damit das Unterlassungsbegehren der
Klägerin zu Ziffer 1. a) schon aus § 1 UWG begründet, bedarf es
keiner Prüfung, ob die Anzeigen vom 3. und 17. August 1995
ebenfalls gegen § 1 ZugabeVO verstoßen.
3.
Die Klägerin ist klagebefugt und aktivlegitimiert die vorstehend
unter Ziffer 1. und 2. der Entscheidungsgründe erörterten
Unterlassungsbegehren gegenüber der Beklagten geltend zu machen.
Dies ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Ziff. 1 UWG, so daß dahinstehen
kann, ob die Klägerin nicht schon als unmittelbar Verletzte der in
Rede stehenden Wettbewerbshandlungen klagebefugt und
aktivlegitimiert ist. Die Beklagte zieht nach dem unstreitigen
Sachverhalt zu Recht nicht in Zweifel, daß die Voraussetzungen des
§ 13 Abs. 2 Ziff. 1 UWG erfüllt sind. Beide Parteien bieten die
Waren und Leistungen, um die es im Streitfall geht, auf demselben
örtlichen Markt an. Die beanstandeten Wettbewerbshandlungen der
Beklagten sind auch geeignet, den Wettbewerb im Sinne von § 13 Abs.
2 Ziff. 1 UWG wesentlich zu beeinträchtigen. Dafür spricht bereits
die erhebliche Anlockwirkung bzw. Irreführung des Verbrauchers
durch die beanstandeten Anzeigen. Hinzu kommt die
Nachahmungsgefahr, die von den Wettbewerbsverstößen der
marktstarken Beklagten ausgeht und andere Wettbewerber veranlassen
kann, in gleicher unlauterer Weise für ihre Produkte und Leistungen
zu werben, um die sich aus den Wettbewerbsverstößen der Beklagten
ergebenden Nachteile auszugleichen und sich gegenüber der Beklagten
zu behaupten.
4.
Das Schadensersatzverlangen und der Anspruch der Klägerin auf
Auskunft (Ziffer 2. und 3. des Tenors dieses Urteils) sind in
zuerkanntem Umfang gemäß §§ 1, 3, 13 Abs. 6 Nr. 1 UWG i.V.m. § 242
BGB begründet.
Es ist hinreichend wahrscheinlich, daß der Klägerin als einer
maßgeblichen Konkurrentin der Beklagten durch die Verstöße der
Beklagten ein Schaden bereits entstanden ist und - bei Fortsetzen
dieser Handlungen - weiterhin entstehen wird, denn diese Verstöße
sind geeignet, die Verbraucher davon abzuhalten, sich mit den
Angeboten von Mobiltelefonen der anderen Wettbewerber, damit auch
der Klägerin, näher zu befassen. Die Beklagte ist daher der
Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet, wie bereits im
angefochtenen Urteil des Landgerichts ausgeführt.
Da die Klägerin zur Bezifferung ihres Schadens der mit dem
Auskunftsanspruch geforderten Auskünfte bedarf, die wiederum von
der Beklagten unschwer und auch zumutbar erteilt werden können, ist
gemäß § 242 BGB ebenfalls der Auskunftsanspruch der Klägerin
gerechtfertigt. Dies gilt ebenfalls, soweit damit Auskunft
hinsichtlich der Werbeträger, ihrer Auflage und Erscheinungsorte
und eine Aufschlüsselung nach der zeitlichen Abfolge verlangt wird.
Diese Angaben können geeignet sein, um das Ausmaß des der Klägerin
entstandenen Schadens zutreffend einzuschätzen. Die Beklagte wird
dadurch auch nicht zu ihr nicht möglichen oder unzumutbaren Angaben
gezwungen, denn es geht dabei ausschließlich um solche Daten, die
Unternehmen wie die Beklagte bei der Schaltung von Werbeanzeigen
berücksichtigen und dementsprechend vor Planung ihrer Werbung in
Erfahrung bringen.
Das Schadensersatz- und Auskunftsverlangen der Klägerin war
jedoch jeweils auf den Zeitpunkt des ersten Erscheinungstages der
beiden beanstandeten Anzeigengestaltungen als dem Zeitpunkt der
jeweils ersten bekanntgewordenen Wettbewerbsverstöße zu begrenzen
und dementsprechend das weitergehende Klagebegehren der Klägerin
auf Schadensersatz und Auskunft abzuweisen (vgl. dazu
Baumbach-Hefermehl, a.a.0., UWG Einl Rdn. 400 m.w.N.). Umstände,
die die Klägerin berechtigen könnten, Auskunft und Schadensersatz
auch für die Zeit vor diesen Verstößen zu fordern, sind nicht
vorgetragen.
5.
Das Klagebegehren zu Ziffer 1. b) der zweitinstanzlichen
Klageanträge der Klägerin, wie sie auch im Tatbestand dieses
Urteils wiedergegeben sind, ist unbegründet, die Berufung der
Beklagten daher insoweit erfolgreich.
Die Klägerin verlangt mit diesem Anspruch von der Beklagten, es
zu unterlassen, ein Mobiltelefon zu verkaufen und/oder zu
veräußern, wie es mit der mit dem Klageantrag zu 1. a)
beanstandeten Werbung angekündigt wird. Dieser Anspruch der
Klägerin ist weder gemäß § 1 UWG noch aus einem anderen rechtlichen
Gesichtspunkt gerechtfertigt.
§ 1 UWG verbietet unlautere Wettbewerbshandlungen, nicht aber
die dadurch zustandegekommenen Rechtsgeschäfte (vgl.
Baumbach-Hefermehl, a.a.0., § 1 UWG Rdn. 913 m.w.N.). Verträge sind
daher nicht schon deshalb gemäß §§ 134, 138 BGB als nichtig
anzusehen, weil sie auf einer wettbewerbswidrigen Werbemaßnahme
beruhen. Im Streitfall liegen keine Umstände vor, die eine andere
Beurteilung nahelegen. Ungeachtet der zivilrechtlichen Wirksamkeit
kann es allerdings gemäß § 1 UWG unlauter sein, wenn ein
Wettbewerbsteilnehmer systematisch versucht, die Früchte aus seinen
Wettbewerbsverstößen zu ziehen (vgl. dazu BGH GRUR 1994/126
"Folgeverträge I", BGH GRUR 1995/358 "Folgeverträge II"). Im
Streitfall geht es jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin um
keine Konstellation, die mit derjenigen vergleichbar wäre, die in
den vorerwähnten Urteilen "Folgeverträge I und II" des
Bundesgerichtshofs zur Entscheidung stand. Der Bundesgerichtshof
hat es in diesen Urteilen als gemäß § 1 UWG unlauter angesehen,
wenn ein Wettbewerbsteilnehmer systematisch die Früchte von solchen
Verträgen ziehen könnte, deren Zustandekommen er durch - ebenfalls
systematische und zielgerichtete - Täuschungshandlungen bewirkt hat
und deren Fortbestand auch allein darauf zurückzuführen ist, daß er
die verursachte Täuschung auch bei der Durchführung des Vertrags
durch konkludentes Verhalten aufrechterhält. Der Wettbewerbsverstoß
der Beklagten, gegen den sich der Klageantrag zu Ziffer 1. a)
richtet - das unlautere Anlocken der Verbraucher - führt aber noch
nicht zu einem Vertragsschluß, sondern veranlaßt den Verbraucher
erst, das Geschäftslokal der Beklagten aufzusuchen. Auf diese Weise
werden zwar die Chancen der Beklagten für einen Vertragsabschluß
erhöht, weshalb auch derartige unlautere Werbungen im Vorfeld des
Geschäftsabschlusses zu untersagen sind. Der Umstand allein, daß
der Kunde - veranlaßt durch die unlautere Werbung - die
Verkaufsräume der Beklagten aufsucht, führt aber noch nicht zu
einem Vertragsschluß. Vielmehr bedarf es dazu erneuter Handlungen
und Willenserklärungen auf beiden Seiten, denn dazu muß nicht nur
das Handy gekauft, sondern insbesondere auch der Kartenvertrag mit
all seinen Förmlichkeiten abgeschlossen werden. In diesem Stadium
kann es zu erneuten Wettbewerbsverstößen seitens der Beklagten
kommen. Es kann aber keine Rede davon sein, daß die Beklagte bei
diesem Geschehensablauf in etwa vergleichbar mit der von dem
Bundesgerichtshof a.a.0. entschiedenen Sachverhaltsgestaltung durch
bloßes Aufrechterhalten der unlauteren Anlockwirkung in ihren
Anzeigen systematisch den Nutzen daraus zieht. Vielmehr wird durch
den erst im Geschäftslokal erfolgenden Vertragsschluß eine
maßgebliche Zäsur im Geschehensablauf geschaffen, die einer
Óbertragung der o.a. Grundsätze des Bundesgerichtshofs auf den
Streitfall entgegensteht. Die beanstandeten Anzeigen der Beklagten
führen eben nicht dazu, daß die Beklagte die Früchte dieser
Wettbewerbsverstöße allein dadurch erzielen kann, daß sie die von
den Anzeigen ausgehende Anlockwirkung nicht beseitigt.
Andere Anspruchsgrundlagen, die dem Begehren der Beklagten zum
Erfolg verhelfen könnten, sind von der Beklagten nicht geltend
gemacht; sie sind auch nicht ersichtlich. Dies gilt auch für § 1
Abs. 1 ZugabeVO mit dem dort angeführten Tatbestandsmerkmal der
Gewährung einer Zugabe. Selbst wenn davon auszugehen sein sollte,
daß die mit dem Unterlassungsantrag zu Ziffer 1 a) beanstandeten
Wettbewerbshandlungen der Beklagten einen Verstoß gegen § 1
ZugabeVO darstellen, kann nach Ansicht des Senats jedenfalls der
eigentliche Erwerb des Handys im Geschäftslokal der Beklagten mit
dem dazu notwendigen Abschluß des Kartenvertrages, bei dem den
Kunden die gesamten Modalitäten des Kombinationsangebots vor Augen
geführt werden, nicht als Gewähren einer Zugabe im Sinne von § 1
Abs. 1 ZugabeVO angesehen werden.
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht
gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Beschwer der Parteien war gemäß § 546 Abs. 2 ZPO
festzusetzen und entspricht dem Wert des Unterliegens der Parteien
im Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 07.03.1997
Az: 6 U 79/96
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4903267708b2/OLG-Koeln_Urteil_vom_7-Maerz-1997_Az_6-U-79-96