Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. November 2008
Aktenzeichen: 19 W (pat) 345/05
(BPatG: Beschluss v. 19.11.2008, Az.: 19 W (pat) 345/05)
Tenor
Das Patent DE 103 00 828 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten:
Patentanspruch 1 wie Hilfsantrag vom 19. November 2008 wie in der Verhandlung übergeben mit der Maßgabe, dass es in der vorletzten Zeile heißt: "Benutzer eine Tür" Patentansprüche 2 bis 9 wie Hauptantrag sowie Beschreibung jeweils vom 19. November 2008 wie in der Verhandlung übergeben, Zeichnungen wie Patentschrift.
Gründe
I.
Für die am 10. Januar 2003 im Deutschen Patentund Markenamt eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 3. März 2005 veröffentlicht worden. Es betrifft eine Ansteuerung für einen mit Gleichstrom betriebenen Türöffner und Verfahren zur Ansteuerung eines mit Gleichstrom betriebenen Türöffners Gegen das Patent hat die G... GmbH mit Schriftsatz vom 30. Mai 2005, eingegangen am 31. Mai 2005 per Fax, Einspruch beim Deutschen Patentund Markenamt mit der Begründung erhoben, dass der Gegenstand des Patentes gegenüber einem im einzelnen angegebenen Stand der Technik nicht neu sei und nicht die erforderliche Erfindungshöhe aufweise. Sie behauptet zudem eine Vorbenutzung in der Öffentlichkeit.
Weiterhin hat die A... GmbH mit Schriftsatz vom 2. Juni 2005, eingegangen am 3. Juni 2005, Einspruch beim Deutschen Patentund Markenamt mit der Begründung erhoben, dass der Gegenstand des Patentes nicht neu sei und dass bei ihm keine erfinderische Tätigkeit vorliege, wozu sie eine Vorbenutzung in der Öffentlichkeit geltend macht.
Die Einsprechenden stellen den Antrag, das Streitpatent zu widerrufen.
Dieser Antrag gelte auch bezüglich der geltenden Unterlagen, die eine unzulässige Änderung bezüglich der nicht definierten Zeitdauer des weiteren bestimmten Zeitabschnitts vor der Pulsung beeinhalteten.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag, den Einspruch der Einsprechenden zu 2) als unzulässig zu verwerfen und das Streitpatent mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:
Patentansprüche 1 bis 9 wie in der Verhandlung übergeben, Beschreibung wie übergeben, Zeichnungen wie Patentschrift.
Hilfsweise verteidigte sie das Patent in der Fassung des Anspruchs 1 des überreichten Hilfsantrages.
Der in Anlehnung an die Merkmalsanalyse der Einsprechenden I mit den Gliederungsziffern 1 bis 10 versehene Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
"1), 2) Ansteuerelektronik für einen mit Gleichstrom betriebenen Türöffner (TÖ) 3) mit einer Bestromungsvorrichtung, 4), 5) die eine an den Türöffner (TÖ) angelegte Gleichspannungwährend eines bestimmten Zeitabschnittes einer Bestromung des Türöffners (TÖ) gepulst und 5') sonst unverändert an den Türöffner (TÖ) weiterleitet, aufweisend: 6), 7) eine Zeitsteuervorrichtung (2), die den Anfang und die Dauer des bestimmten Zeitabschnitts bestimmt, 8) wobei die Zeitsteuervorrichtung (2) ein erstes Zeitglied umfasst, das den Anfang des bestimmten Zeitabschnittesnach einer Zuführung einer Versorgungsspannung (UBT) für den Türöffner (TÖ) festlegt, 9) wobei die Zeitsteuervorrichtung (2) ein zweites Zeitglied umfasst, das die Dauer des bestimmten Zeitabschnittes festlegt, und 10) wobei der bestimmte Zeitabschnitt mit der gepulsten Gleichspannung erst beginnt nachdem ein weiterer bestimmter Zeitabschnitt verstrichen ist".
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass an ihn -unter Ersetzung des Punktes durch ein Komma -das mit der Gliederungsziffer 11) versehene Merkmal
"11) in dem ein Benutzer eine Tür, deren Türöffner nicht verklemmt ist, bereits passiert hätte."
angehängt ist.
Dem Patentgegenstand soll die Aufgabe zugrunde liegen, eine Ansteuerung für einen Türöffner bereitzustellen, die eine Geräuschbelästigung vermeidet (Abs. 0005 der in der Verhandlung überreichten Beschreibung).
Die Einsprechende I ist der Meinung, dass der weitere bestimmte Zeitabschnitt gemäß dem letzten kennzeichnenden Merkmal des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag auch schon durch die Zeitdauer des ersten Impulses der gepulsten Gleichspannung gegeben sein kann. Sie legt die WO 99/34079 A1 vor und äußert dazu die Auffassung, dass ein Fachmann in zusätzlicher Kenntnis der DE 36 18 645 A1, der DE 198 56 624 A1 und der DE 101 16 571 A1 ohne weiteres darauf kommen könne, dem bestimmten Zeitabschnitt, in dem gepulst wird, einen weiteren bestimmten Zeitabschnitt voranzusetzen.
Im Zusammenhang mit dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag verweist die Einsprechende I auf Seite 14, Zeile 31 bis 33 der WO 99/34079, worin eine Zeit von 8 Sekunden angesprochen sei, die dem im letzten Merkmal des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag angegebenen Zeitabschnitt entspreche.
Die Einsprechende II ist der Meinung, dass der Fachmann in Kenntnis des im KFV-Prospekt Lineartüröffnersystem 185 für KFV-Mehrfachverriegelung AS 2700 LT beschriebenen Türöffners nur dessen Betrieb mit Wechsel -bzw. Gleichstrom vertauschen müsse. Welche Reihenfolge vorzusehen sei, entscheide er je nachdem, ob zunächst ein sicheres Öffnen mit Wechselstrom oder ein ruhiges Öffnen mit Gleichstrom gewünscht werde. Es sei auch undefiniert, was unter einem Zeitabschnitt, den ein Benutzer einer Tür, dessen Türöffner nicht verklemmt ist, zu deren Passieren benötigt hätte, zu verstehen sei, da es verschiedenartige Türen und verschiedenartige Benutzer gebe.
Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, dass beim Türöffner nach der DE 36 18 645 A1 sofort gerüttelt werde und daher kein weiterer bestimmter Zeitabschnitt vorgesehen sei. Außerdem handele es sich beim Gegenstand der WO 99/34079 A1 um eine Riegelanordnung und keinen Türöffner. Es sei hier kein zweites Zeitglied vorgesehen, vielmehr werde in der Haltephase solange gehalten bis die Tür wieder geöffnet werde.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Gemäß der eindeutigen Zuständigkeitsregelung in § 147 Abs. 3 PatG in der Fassung vom 9. September 2004 liegt die Entscheidungsbefugnis über den zulässigen, am 30. Juni 2006 -d. h. vor Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG -noch anhängigen Einspruch bei dem hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts. Dieser hatte aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden.
Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.
1. Zulässigkeit der Einsprüche Die Einsprüche sind zulässig, hatten aber keinen über die antragsgemäße Beschränkung hinausgehenden Erfolg.
1.1 Einsprechende I Der Einspruch der Einsprechenden I ist zweifellos zulässig; seine Zulässigkeit wurde auch nicht bestritten.
1.2 Einsprechende II Die Patentinhaberin beanstandet, dass sich die Einsprechende II im Einspruchsschriftsatz nicht mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 auseinandergesetzt habe, da der Begriff Ansteuerelektronik schon nicht erwähnt werde. Sie übersieht dabei, dass sich der Einspruchsschriftsatz auch auf den erteilten -auf ein Verfahren gerichteten -Patentanspruch 16 bezieht, in dem dieser Begriff nicht vorkommt. Zwar nimmt die Einsprechende II zu dem auch im Patentanspruch 16 angegebenen Merkmal "gepulster Gleichstrom" im Einspruchsschriftsatz im Zusammenhang mit der Neuheit (S. 4 drittle. Abs.) nicht Stellung, sie vertritt im Einspruchsschriftsatz (S. 5 Abs. 3) bezüglich der erfinderischen Tätigkeit jedoch die Meinung, dass dem Fachmann aus dem Stand der Technik vermittelt werde, pulsierenden Gleichstrom statt Wechselstrom vorzusehen. Der Senat konnte -unter Berücksichtigung der Vertauschung des Vortrags zu Neuheit und erfinderischer Tätigkeit -aus der Gesamtschau der vorgetragenen Argumente eine Stellungnahme zu allen Merkmalen wenigstens des nebengeordneten Patentanspruchs 16 entnehmen, so dass er die Auseinandersetzung mit dessen Gegenstand als ausreichend substantiiert ansieht.
Hinsichtlich der Behauptung, wann, wo wie und durch wen der patentierte Gegenstand in öffentlich zugänglicher Weise vorbenutzt worden sei, hat die Einsprechende II konkrete Angaben innerhalb der Einspruchsfrist gemacht, die es dem Senat ermöglicht hätten, hierüber Beweis erheben zu können ohne dass er dabei eigene Ermittlungen über Art, Ort und Zeit hätte anstellen müssen (Schulte Patentgesetz, 8. Aufl. Rdn. 118 zu § 59).
Der Senat sieht sonach die Einspruchsgründe in diesem Fall noch als substantiiert an; die Patentinhaberin und der Senat konnten aus den im Einspruchsschriftsatz dargelegten Umständen abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ohne eigene Ermittlungen ziehen (Schulte Patentgesetz, 8. Aufl. Rdn. 94 zu § 59 m. w. N.).
2. Fachmann Nach Überzeugung des Senats ist der hier zuständige Fachmann ein FH-Elektroingenieur mit maschinenbaulichen Kenntnissen auf dem Gebiet der Konstruktion und Entwicklung von Türöffnern.
3. Zum Verständnis des Patentanspruchs 1 nach Hauptund Hilfsantrag Der im Merkmal 10) des Patentanspruchs 1 nach Hauptund Hilfsantrag angegebene weitere bestimmte Zeitabschnitt ist ein Zeitabschnitt, der vor dem bestimmten Zeitabschnitt gemäß den Merkmalen 6), 7) und 8) des Patentanspruchs 1 nach Hauptund Hilfsantrag liegt (Abs. 0014 der Streit-PS).
BPatG:
Beschluss v. 19.11.2008
Az: 19 W (pat) 345/05
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