Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 17. Dezember 2013
Aktenzeichen: 37 O 200/09 (Kart) U.
(LG Düsseldorf: Urteil v. 17.12.2013, Az.: 37 O 200/09 (Kart) U.)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits - unter Einschluss der Kosten der Streithelferinnen - soweit über sie nicht bereits durch das am 14. Mai 2008 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf (VI U (Kart) 14/07 und den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 7. April 2009 (KZR 42/08) entschieden wurde.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweiligen Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
(A)
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft belgischen Rechts. Ihr Unternehmensgegenstand besteht in der außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung kartellrechtlicher Schadensersatzforderungen.
Die Beklagten sind Zementhersteller. Das Bundeskartellamt erließ gegen sie Ende März / Anfang April 2003 Bußgeldbescheide, in denen ihnen die Beteiligung an kartellrechtswidrigen Absprachen in der Bundesrepublik Deutschland in unterschiedlichen Zeiträumen in den Jahren 1988 bis 2002 zur Last gelegt wurden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Klägerin in Kopie als Anlagen K3, K4, K5, K98, K99 und K100 vorgelegten Bescheide verwiesen.
Der Bußgeldbescheid gegen die Erstbeklagte ist im Jahr 2003 in Rechtskraft erwachsen.
Das Bußgeldverfahren gegen die Zweitbeklagte wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2009 (VI-2a Kart 2-6/08) abgeschlossen. Die Verfahren gegen die anderen Beklagten endeten mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Februar 2013 (KRB 20/12), mit dem das von den Beklagten zu 3., 4., 5. und 6 mit Rechtsbeschwerden angegriffene Urteil des OLG Düsseldorf bestätigt wurde. Auf beide Entscheidungen wird Bezug genommen.
In der Entscheidung des OLG Düsseldorf heißt es unter "D. Beweiswürdigung" unter Rn. 175 ff. u.a.:
"2.
Sämtliche vernommenen Zeugen haben betont, dass jede der Regionen Nord/West/Süd/Ost innerhalb Deutschlands eigene Absatzmärkte bildeten und daher für sich zu betrachten sind. Wegen der unterschiedlichen Marktstruktur, der unterschiedlichen Marktteilnehmer und aus historisch gewachsenen Gründen werde unter Berücksichtigung der Lage der Werke zwischen einem norddeutschen Markt (bestehend aus Schleswig-Holstein, Bremen, östliche und südliche Teile Niedersachsens), einem westdeutschen Markt (bestehend aus Nordrhein-Westfalen, westlicher Teil Niedersachsens, Teile von Rheinland-Pfalz), einem - zeitweise weiter unterteilt gewesenen - süddeutschen Markt (bestehend aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Teilen von Rheinland-Pfalz) und - seit 1990/1991 - einem ostdeutschen Markt (sogenannte Neue Bundesländer einschließlich Berlin) unterschieden. Diese Auffassung hat ihre Bestätigung gefunden durch das ... Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach die Absprachen, die Maßnahmen zu deren Umsetzung bzw. Justierung und ihre Kontrolle im Wesentlichen auf der Ebene jener Regionen stattgefunden haben.
Daran änderten der Beschluss der BDZ-Präsidiumssitzung vom 13. März 1990 sowie einzelne regionenübergreifende Lieferungen und gelegentliche überregionale Maßnahmen nichts. Auf der genannten BDZ-Präsidiumssitzung wurde - kurz zusammen gefasst - "lediglich" die übereinstimmende Auffassung der Teilnehmer kund, dass Kartellabsprachen weiterhin sinnvoll und notwendig waren und trotz des durch die Bußgeldbescheide erzeugten Schocks und der dadurch notwendig werdenden Neuorientierung die in den einzelnen Marktregionen früher bestehenden Absprachen - mit bestimmten Abweichungen - wieder aufzunehmen waren. Dabei handelte es sich nicht um die Bildung eines bundesweiten Dachkartells (welches im Übrigen damals Ostdeutschland noch nicht umfassen konnte), sondern im Hinblick auf die Allgemeinheit der Vorgaben um einen "Startschuss" der Spitzen der jeweiligen Unternehmen, dass auf regionaler Ebene Kartellabsprachen wieder aufgenommen werden sollten. Dementsprechend waren die konkreten Absprachen in jeder Region unterschiedlich, ihre Organisation, Verwirklichung und Überwachung verschieden. Eine bundesweite Überwachung gab es nicht, ebenso wenig wie es bundesweite Quoten gab."
Im Abchnitt "E. Rechtliche Würdigung" führt das OLG unter Rn. 342 aus:
"Im Entscheidungsfall bedeutet dies, dass kein einheitliches bundesweites Kartell bestand. Wie bereits unter C.I.2. dargelegt, fanden die Absprachen auf regionaler Ebene statt. Handlungen von überregionaler Relevanz (z.B. Präsidiumssitzung vom 13. März 1990, regionenübergreifende Lieferungen, "Money-Karussell") waren zu sporadisch und inhaltlich zu allgemein gehalten, um die Vielzahl individueller Einzelmaßnahmen auf den Regionalmärkten normativ miteinander zu einem einzigen Kartell zu verknüpfen. Allein die Tatsache, dass die Kartellanten in den Regionen teilweise ähnliche Probleme zu bewältigen hatten, rechtfertigt die Annahme einer Bewertungseinheit gleichfalls nicht."
(B)
Mit der im August 2005 bei Gericht eingegangenen Klage, die zunächst nur gegen die Erst-, Zweit- und Drittbeklagte gerichtet war und im Dezember 2005 gegen die Beklagten zu 4., 5. und 6. erweitert wurde, nimmt die Klägerin die Beklagten als Gesamtschuldner aus abgetretenem Recht von mittlerweile 36 zementbeziehenden Unternehmen (nachfolgend: Zedenten) auf Schadensersatz in Anspruch. Die von den Zedenten abgetretenen Forderungen haben zum Teil Ansprüche zum Gegenstand, die den Zedenten zuvor von Dritten (Sub - Zedenten) abgetreten wurden.
Bei Klageerhebung beantragte die Klägerin unter Hinweis auf ihre wirtschaftliche Lage die Herabsetzung des Streitwerts auf 5 Millionen Euro. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Klageschrift vom 5. August 2008 (dort S. 201 ff. = GA Bd. I, 201 ff.) und die als Anlage K94 vorgelegte "Erklärung an Eides statt" des Verwaltungsrats der Klägerin D Bezug genommen, in der es u. a. heißt:
"Insbesondere erkläre ich hiermit, dass
die Klägerin im Jahr 2002 mit einem Stammkapital in Höhe von 100.000 € gegründet worden ist. Das Stammkapital ist in voller Höhe eingezahlt worden;der Großteil der Zedenten zur Unterstützung der Aktivitäten der Klägerin Kostenzuschüsse entsprechend der finanziellen Belastbarkeit und Betroffenheit des jeweiligen Zedenten geleistet hat. Der Gesamtkostenzuschuss, den die einzelnen Zedenten geleistet haben, beträgt durchschnittlich weniger als 16 Cent je Tonne bezogenen Zements.Die Zedenten sind überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen. Die Summe der Kostenzuschüsse aller Zedenten deckt zusammen mit dem Eigenkapital der Gesellschaft die laufenden Kosten der Klägerin für die Vorbereitung sowie einen an die wirtschaftliche Lage der Klägerin entsprechend dem Antrag der Bevollmächtigten der Klägerin gemäß § 89a GWB angepassten Gerichtskostenvorschuss;
die Klägerin keinen Anspruch auf weitere Zahlungen der Zedenten hat, und der Klägerin auch kein Kostenerstattungsanspruch für ihre laufenden Kosten oder die Prozesskosten zusteht, und zwar weder gegen die Zedenten noch gegen Dritte;die Klägerin bislang knapp 1.000.000 € an Sach- und Finanzmitteln in die Vorbereitung der Klage investiert hat, insbesondere in den Aufbau und die Entwicklung einer Datenbank, sowie im Zusammenhang mit Aufwendungen der laufenden Geschäftstätigkeit. Seit Januar 2003 beschäftigt die Klägerin durchgehend eine Geschäftsführerin, seit Januar 2004 beschäftigt sie durchgehend mind. zwei qualifizierte Vollzeitarbeitskräfte sowie nach Bedarf weitere Teilzeitarbeitskräfte. Darüber hinaus hat die Klägerin externe Dienstleister im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Klage, insbesondere im Zusammenhang mit der Konzeption ihrer Datenbank betraut;die Gesellschafterversammlung der Klägerin im März 2005 ein genehmigtes Kapital zur Durchführung von Kapitalerhöhungen geschaffen hat. Das genehmigte Kapital soll demnächst im Rahmen einer Kapitalerhöhung genutzt werden. Sie wird die Klägerin voraussichtlich in die Lage versetzen, für die Dauer des Prozesses den Geschäftsbetrieb ordnungsgemäß aufrechtzuerhalten, ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Zedenten zu genügen, und die Prozesskosten im Fall eines Unterliegens in der ersten Instanz aus einem an die wirtschaftliche Lage der Klägerin angepassten Streitwert zu tragen;die Klägerin jedenfalls aus heutiger Sicht und unter Berücksichtigung der absehbaren zukünftigen Belastungen des laufenden Geschäftsbetriebs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage wäre, Prozesskosten aus einem Gebührenstreitwert in Höhe von Euro 30.000.000 im Falle eines Unterliegens in erster Instanz zu tragen.Im Ergebnis steht für mich zweifelsfrei fest, dass die Belastung der Gesellschaft mit dem vollen Kostenrisiko des angestrengten Prozesses zu einer elementaren Gefährdung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft führen würde."
Den Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 27. September 2005 (GA Bd. II, Bl. 996 ff.) - auf dessen Begründung Bezug genommen wird - zurück.
Mit Zwischenurteil vom 21. Februar 2007 (GA Bd. XI, Bl. 2817 ff.) bejahte die damals zuständige 4. Kammer für Handelssachen die Zulässigkeit der Klage. Die gegen diese Entscheidung eingelegten Berufungen blieben erfolglos (vgl. dazu das am 14. Mai 2008 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf = GA Bd. XVII, Bl. 4188 ff. [nachfolgend: Berufungsurteil] und den die Beschwerde der Beklagten zu 2. gegen die Nichtzulassung der Revision zurückweisenden Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 7. April 2009 (KZR 42/08)).
Soweit im nachfolgenden Text auf das Berufungsurteil verwiesen wird, ist damit das Urteil in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 26. Juni 2008 (GA Bd. XIX, Bl. 4501 ff.) gemeint.
(C)
Die von der Klägerin mit den Zedenten vereinbarten Forderungsabtretungen, über deren Wirksamkeit Streit besteht, beruhen auf Forderungskaufverträgen, die die Klägerin beginnend im Jahr 2003 mit den Zedenten abschloss. Die Klägerin und die Zedenten haben die Abtretungen bis zu drei Mal wiederholt. Insbesondere stützt die Klägerin die Klage auch auf die in der Zeit von Dezember 2008 bis Februar 2009 "vorsorglich wiederholten" Forderungsabtretungen, die mit Schriftsatz vom 2. Juli 2009 (GA Bd. XXI, Bl. 5095) unter Hinweis auf die - behauptete - Registrierung der Klägerin nach dem am 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) in den Rechtsstreit eingeführt wurden. Wegen der Einzelheiten der Vertrags- und Abtretungsdaten, wird auf die tabellarische Übersicht im Schriftsatz der Drittbeklagten vom 24. Mai 2013 (GA Bd. XXX, Bl. 6750) und die dort genannten Anlagen Bezug genommen.
Nach dem Inhalt der Abtretungsvereinbarungen bezogen sich diese auf deliktische und vertragliche Schadensersatzforderungen gegen die Teilnehmer des im Gebiet der Bundesrepublik Deutschlands praktizierten Kartells wegen des überteuerten Bezugs von Zement im Rahmen gewerblicher Tätigkeit in dem Zeitraum vom 1. Januar 1988 bis zum 31. Dezember 2002. Wegen des genauen Wortlauts wird auf die von der Klägerin in Kopie zur Akte gereichten Vereinbarungen verwiesen.
Die Klägerin verpflichtete sich, an die Zedenten einen Kaufpreis für die abgetretenen Forderungen zu zahlen, der aus einem festen und einem variablen Teil bestand. Der feste Kaufpreisanteil betrug jeweils 100 Euro. Als variabler Kaufpreisteil wurde ein Betrag vereinbart, dessen Höhe in einem unterschiedlich hohen Anteil an den von der Klägerin erfolgreich durchgesetzten Forderungen bestand. Im Fall der Zedentin zu 2. geht das Gericht - da konkreter Vortrag der Klägerin hierzu fehlt - auf der Grundlage des Tatbestands des Berufungsurteils von einem variablen Kaufpreisanteil in Höhe von zumindest 75% der von der Klägerin realisierten Forderung aus. Mit den übrigen Zedenten vereinbarte die Klägerin variable Kaufpreise, die zwischen 65% (im Fall der Zedentin zu 33), 70% (in den Fällen der Zedenten zu 29, 35, 36), 75% (bei den Zedenten zu 6 und 7), 80% (bei den Zedenten zu 18, 25, 27, 30, 31, 32, 34) und 85% (in den Fällen der übrigen 22 Zedenten) lagen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Vertragsinhalte wird auf die von der Klägerin in Kopie zur Akte gereichten Forderungskaufverträge nebst Anlagen verwiesen.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Beklagten seien aus §§ 823 Abs. 2, 840 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 GWB bzw. aus §§ 823 Abs. 2, 840 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 81 EGV als Gesamtschuldner verpflichtet, den Schaden zu ersetzen, der den Zedenten und Sub - Zedenten durch das den Beklagten zur Last gelegte kartellrechtswidrige Verhalten im Kartellzeitraum entstanden sei. Sie stützt ihre Klage - nach gerichtlichem Hinweis vom 4. Juni 2013 - auch auf § 852 Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 852 BGB S. 1 n.F.
Sie behauptet, das von den Beklagten praktizierte Kartell habe zu einem überhöhten Zementpreisniveau geführt. Der den Zedenten und Sub - Zedenten entstandene Gesamtschaden sei auf € 175.668.036,61 zu schätzen. Als Mindestschaden macht sie 75 % dieses Betrages mit der Klage geltend.
Wegen der Einzelheiten ihres Vortrags zur Schadenshöhe wird auf ihr schriftsätzliches Vorbringen, insbesondere in der Klagschrift vom 5. August 2005 (dort insbesondere S. 93 ff. = GA Bd. 1, Bl. 93 ff.), in der Klagerweiterungsschrift vom 8. Dezember 2005 (GA Bd. II, Bl. 405 ff.), und in ihren Schriftsätzen vom 8. September 2006 (dort S. 141 ff. = GA Bd. VIII, Bl. 1834 ff., 1974 ff.) und vom 20. Februar 2008 (GA Bd. XI, GA 3709 ff.) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie Schadensersatz in einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 131.751.027,46 € nebst Zinsen aus € 7.688.557,19 in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 01.01.1994,
aus weiteren € 11.658.231,31 in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 01.01.1995,
aus weiteren € 14.265.912,71 in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 01.01.1996,
aus weiteren € 12.035.827,27 in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 01.01.1997,
aus weiteren € 14.977.953,91 in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 01.01.1998,
aus weiteren € 15.043.376,17 in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 01.01.1999,
aus weiteren € 17.137.574,47 in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 01.01.2000,
aus weiteren € 17.941.230,99 in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 01.01.2001,
aus weiteren € 15.466.644,41 in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 01.01.2002,
aus weiteren € 5.535.719,04 in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 01.01.2003,
zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Nach dem die Zulässigkeit der Klage bejahenden Zwischenurteil aus dem Jahr 2007 rügen die Beklagten die Unzulässigkeit der mit Schriftsatz vom 20. Februar 2008 angekündigten und mit Schriftsatz vom 2. Juli 2009 von der Klägerin vorgenommenen Klageerweiterung, insbesondere soweit die Klägerin sich auch auf die in der Zeit von Dezember 2008 bis Februar 2009 vorgenommenen Forderungsabtretungen beruft.
Sie rügen ferner die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf, soweit die Klägerin mit der Klage auch Ansprüche aus § 852 Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 852 BGB n.F. geltend machen.
Die Beklagten erheben außerdem die Einrede der Verjährung. Sie meinen, einzelne der Zedenten hätten von den kartellrechtswidrigen Praktiken der Beklagten bereits lange vor dem Beginn der Ermittlungen des Bundeskartellamts Kenntnis gehabt. Darüber hinaus verweisen sie vor allem auf das Medienecho, welches insbesondere der Erlass der Bußgeldbescheide ausgelöst habe.
Die Beklagten meinen, die Klägerin sei nicht Inhaberin der mit der Klage geltend gemachten Forderungen geworden, weil die mit den Zedenten vereinbarten Forderungsabtretungen nicht wirksam seien. In diesem Zusammenhang vertreten sie insbesondere die Auffassung, die Abtretungen verstießen gegen das Rechtsberatungsgesetz, gegen § 49b Abs. 2 BRAO und gegen § 138 Abs. 1 BGB.
Sie stellen überdies die von der Klägerin aus übergegangenem Recht geltend gemachten Ansprüche nach Grund und Höhe in Abrede und vertreten die Auffassung, ihre gesamtschuldnerische Haftung auf der Grundlage eines bundesweiten Kartells komme nicht in Betracht, weil es ein bundesweites Kartell nach der - vom BGH bestätigten - Entscheidung des OLG Düsseldorf im Bußgeldverfahren nicht gegeben habe.
Gründe
Die zulässige (I.) Klage ist unbegründet (II.).
I.
1.
Die nach dem Zwischenurteil der damals mit der Sache befassten 4. Kammer für Handelssachen vom 21. Februar 2007 (34 O (Kart) 147/05) bindend feststehende örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf ist für die Entscheidung des Rechtsstreits auch gegeben, soweit die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf § 852 Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 852 S. 1 BGB n.F. stützt. Das folgt aus § 264 Nr. 1 ZPO, weil es sich bei dem in § 852 Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 852 S. 1 BGB n.F. normierten "Restschadensersatzanspruch" in der Sache um den ursprünglichen Deliktsanspruch handelt, der lediglich in seinem Umfang auf die dem Schädiger verbliebene Bereicherung begrenzt wird (vgl. Münchner Kommentar zum BGB - Wagner, 6. Aufl., § 852, Rn. 5 ff. m.w.Nw.). Das Abstellen auf § 852 Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 852 S. 1 BGB n.F. stellt deshalb eine nach § 264 Nr. 1 ZPO zulässige rechtliche Ergänzung der Ausführungen der Klägerin dar (vgl. RGZ 71, 358 ff., 360 f.), die eine von dem Zwischenurteil abweichende Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit nicht zulässt.
2.
Die mit Schriftsatz vom 2. Juli 2009 vorgenommene Klageerweiterung ist jedenfalls deshalb zulässig, weil die Kammer ihre Sachdienlichkeit bejaht (§ 263 2. Alt. ZPO).
II.
Die Klage ist unbegründet, weil die Forderungsabtretungen der Zedenten an die Klägerin gegen Verbotsnormen des anzuwendenden deutschen Rechts (1.) verstoßen und deshalb unwirksam sind.
Soweit die Klägerin sich zur Begründung ihrer Forderungsinhaberschaft (und damit ihrer Aktivlegitimation) auf vor dem 1. Juli 2008 mit den Zedenten vereinbarte Abtretungen stützt, ist die Klage unbegründet, weil die Abtretungen gemäß § 134 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 S. 1 des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) unwirksam sind (2.).
Die in der Zeit nach dem 30. Juni 2008 vorgenommenen Abtretungen - also die Neuabtretungen in den Monaten Dezember 2008 bis Februar 2009 - sind gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam (3.).
Selbst wenn die Abtretungen wirksam wären, wären jedenfalls solche Ansprüche, die sich aus anderen Anspruchsgrundlagen als den § 852 Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 852 S. 1 BGB n.F ergeben könnten, wegen der von den Beklagten erhobenen Verjährungseinreden nicht (mehr) durchsetzbar (4.). Dies gilt insbesondere für Ansprüche aus §§ 1, 33 Abs. 1 GWB a.F. und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 81 EGV.
Ob und in welchem Umfang der Klägerin gegen die Beklagten aus übergegangenem Recht der Zedenten Ansprüche aus § 852 Abs. 3 BGB a.F. oder § 852 S. 1 BGB n.F. zustehen, lässt die Kammer dahin stehen.
1.
Die Beurteilung der Wirksamkeit der Abtretungen, auf die die Klägerin sich zur Begründung ihres Forderungserwerbs von den Zedenten stützt, richtet sich nach deutschem Recht. Dem steht die von der Klägerin mit den Zedenten vereinbarte Anwendung belgischen Rechts nicht entgegen. Sie ist im Verhältnis zu den Beklagten unwirksam, weil diese ihr - als Schuldner der abgetretenen Forderungen - nicht zugestimmt haben (vgl. BGH NJW 1990, 242 ff.; Münchner Kommentar zum BGB - Roth, 6. Aufl., § 398, Rn. 16).
Das folgt aus Art. 33 Abs. 2 EGBGB. Mit dieser Norm hat der deutsche Gesetzgeber den gleichlautenden Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 (Europäisches Schuldvertragsübereinkommen - EVÜ) in das nationale Recht übertragen (vgl. Staudinger - Magnus, 13. Bearbeitung, Art. 33 EGBGB, Rn. 4). Das EVÜ wurde später durch die in den Mitgliedsstaaten der EU unmittelbar geltende Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnis anzuwendende Recht (Rom I VO) vom 17. Juni 2008 ersetzt, welche auf ab dem 17. Dezember 2009 geschlossene Schuldverhältnisse Anwendung findet (Staudinger - Roth, Neubearbeitung 2011, Einleitung zur ROM I VO, Rn. 4) und in ihrem Art. 14 Abs. 2 eine dem im Entscheidungsfall anwendbaren Art. 33 Abs. 2 EGBGB entsprechende Regelung enthält. Die Abtretungen der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche sind an dem mit Wirkung zum 17. Dezember 2009 aufgehobenen Art 33 Abs. 2 EGBGB zu messen, weil sie vor diesem Zeitpunkt vorgenommen wurden.
Nach Art. 33 Abs. 2 EGBGB wird die Übertragbarkeit einer Forderung durch das Recht bestimmt, dem der zu übertragene Anspruch unterliegt. Da die - angeblichen - Schadensersatzansprüche der Zedenten gegen die Beklagten ihre rechtliche Grundlage im deutschen Recht haben, ist dieses auch für ihre Übertragbarkeit maßgebend. Dabei spielt es keine Rolle, ob das den Beklagten vorgeworfene Verhalten in einem Verstoß gegen § 1 GWB oder der Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EGV (jetzt: Art. 101 AEUV) bestand. Denn auch bei Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EGV richten sich Art und Umfang etwaiger Schadensersatzverpflichtungen nach deutschem Recht (vgl. BGH KZR 75/10 - ORWI, Rn. 14 ff. m.w.Nw.; Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit der Kommission mit den Gerichten der EU - Mitgliedsstaaten bei der Anwendung der Artikel 81 und 82 des Vertrages, ABl. 2004 Nr. C 101, 54 ff., Rn. 9 f.; Klees, Europäisches Kartellverfahrensrecht, § 8 II. 3., Rn. 20 ).
2.
Die bis zum 30. Juni 2008 vereinbarten Forderungsabtretungen sind nach § 134 BGB i.V.m. Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 des bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) unwirksam.
Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG war u.a. die geschäftsmäßige Einziehung fremder Forderungen nur solchen (juristischen oder natürlichen) Personen gestattet, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt worden war. Über eine solche Erlaubnis verfügte die Klägerin unstreitig nicht. In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob die für sie handelnden Personen über die zur Forderungseinziehung erforderliche Sachkunde verfügten oder ob ihnen die Einziehung fremder Forderungen auf Antrag hätte erlaubt werden müssen (vgl. Rennen / Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 1, Rn. 16).
Das RBerG ist auf die hier in Rede stehenden Abtretungen anwendbar (a) und die Forderungsübertragungen erfüllen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 1 § 1 S 1 RBERG, denn ihr Zweck bestand darin, der Klägerin die geschäftsmäßige (b) Einziehung (c) der für sie fremden (d) Schadensersatzersatzansprüche der Zedenten zu ermöglichen.
Der Verstoß gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG hat gemäß § 134 BGB - unabhängig von der Wirksamkeit der zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfte - die Unwirksamkeit der von der Klägerin mit den Zedenten geschlossenen Verfügungsgeschäfte, d.h. der Forderungsabtretungen als solche, zur Folge (e), die auch nicht heilbar ist (f).
a)
Das RBerG galt auch für die vorliegende Fallkonstellation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sowohl die Zedenten (Gläubiger) als auch die Beklagten (Schuldner) ihren Sitz in Deutschland haben und die Anspruchsgrundlagen der übertragenen Forderungen im deutschen Recht zu finden sind, während die Klägerin, der die Forderungen zur Einziehung in Deutschland und vor deutschen Gerichten übertragen wurden, in Belgien sitzt.
Die Anwendbarkeit des RBerG im Entscheidungsfall folgt aus dem mit seinen Regelungen verfolgten Zweck, der unter anderem darin bestand, eine ausreichende Qualifikation derjenigen sicherzustellen, die Dritten ihre rechtsberatenden Dienste anboten (BGH, NJW-RR 1994, 1081; OLG Köln, NJW 2004, 2684; Henssler/Prütting/Weth, BRAO, Einl. RBerG Rn. 5; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rn. 11 m.w.Nw.). Aus diesem Grund durften im Geltungsbereich des RBerG rechtsberatende Tätigkeiten außer durch Rechtsanwälte nur von solchen Personen geleistet werden, die hierfür in einem förmlichen Verfahren zugelassen waren. Dieser Schutzzweck des Gesetzes konnte nicht dadurch umgangen werden, dass die Klägerin die Einziehung von Forderungen der im Inland ansässigen Zedenten vom Ausland aus betrieb. Im vorliegenden Fall, in dem sowohl die Gläubiger als auch die Schuldner im Inland ansässig sind und in dem auch die Forderungseinziehung hier erfolgen sollte, ist es gerechtfertigt, die Anwendbarkeit des RBerG zu bejahen. Denn die Einziehungstätigkeit vom Ausland aus stellt sich für das Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner als zufällig dar, so dass keine Abweichung von den inländischen Regelungen über die Einziehungsbefugnis durch Dritte geboten erscheint. Die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU wird dadurch nicht verletzt. Denn die Forderungseinziehung durch die im Ausland ansässige Klägerin wäre nach dem RBerG zulässig gewesen, wenn sie über die dafür nach deutschem Recht erforderliche Erlaubnis verfügt hätte (vgl. zum Vorstehenden: OLG Hamm, NJW - RR 2000, 509 und OLG Köln, a.a.O.).
b)
Die Klägerin handelt(e) auch geschäftsmäßig. Denn nach ihrem eigenen Vorbringen waren ihr Unternehmenszweck und ihre tatsächliche Zielrichtung von vornherein darauf angelegt, nicht nur im Fall der den Beklagten zur Last gelegten Kartellrechtsverstöße tätig zu werden, sondern auch weitere Kartellschadensersatzforderungen durchzusetzen.
Das Kriterium der Geschäftsmäßigkeit soll die nach dem RBerG auch ohne Erlaubnis zulässige Inkassotätigkeit in vereinzelten Sonderfällen von einer auf Dauer angelegten Geschäftstätigkeit abgrenzen. Geschäftsmäßig handelt nur derjenige, der beabsichtigt - und sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit - die Tätigkeit zu wiederholen, um sie dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen (vgl. BGH NJW 2002, 2104, 2105 und NJW-RR 2005, 286 f. jeweils m.w.Nw.). Denn das RBerG wollte im allgemeinen Interesse an einer zuverlässigen Rechtspflege der Gefahr vorbeugen, dass die geschäftsmäßige und im Rahmen der Ausübung eines Berufs erfolgende Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten an ungeeignete oder unzuverlässige Personen geriet (vgl. BGH, a.a.O.) Der Tatbestand des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG war daher dann nicht erfüllt, wenn nur ausnahmsweise aus besonderen Gründen eine Forderungseinziehung auf fremde Rechnung vorgenommen wurde.
Nach dem Vortrag der Klägerin ist darauf abzustellen, dass sie die Absicht hatte, ihre Tätigkeit zu wiederholen, um sie dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil ihres Geschäftsbetriebs zu machen (vgl. Henssler/Prütting/Weth, BRAO, Art. 1 § 1 RBerG Rn. 32; Rennen / Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rn. 58).
c)
Dass die Tätigkeit der Klägerin in der Einziehung der ihr von den Zedenten übertragenen Forderungen besteht, ist unproblematisch zu bejahen. Denn als Einziehung i.S.d. Art. § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG war jede auf die Geltendmachung der Forderungen gerichtete Maßnahme zu verstehen (vgl. Rennen / Caliebe, a.a.O., Rn. 46 m.w.Nw.).
d)
Maßgeblich für das Merkmal der Fremdheit der "besorgten" Rechtsangelegenheiten ist nicht die formale Rechtsstellung der Klägerin, sondern das wirtschaftliche Interesse am Ergebnis der Forderungseinziehung (allg.M. vgl. Rennen / Caliebe, a.a.O., Rn. 29, 45 m.w.Nw.). Bei den mit der Klage geltend gemachten Forderungen der Zedenten gegen die Beklagten handelt es sich um für die Klägerin fremde Ansprüche. Dass die Klägerin im Erfolgsfall nach den mit den Zedenten getroffenen Vereinbarungen in allen Fällen mit einem deutlich unter 50% liegenden Anteil an den durchgesetzten Schadensersatzforderungen beteiligt werden sollte, macht das Geschäft nicht zu ihrer eigenen Angelegenheit. Darin liegt lediglich die Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung für die Inkassotätigkeit (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 286, 287 [für den Fall der hälftigen Beteiligung an der eingezogenen Forderung] und BGH IX ZR 125/10, Urteil vom 10. Mai 2012 (= BeckRS 2012, 14569), Rn. 28 ff.; Rennen/Caliebe, a.a.O., Rn. 50). Eine solche Beteiligung mit Vergütungscharakter ändert nichts an der Fremdheit des Geschäfts bzw. der geltend gemachten Forderungen (vgl. BGH a.a.O.).
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Klägerin darauf, dass sie das Prozesskostenrisiko der gerichtlichen Geltendmachung der Forderungen trage. Dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10. Mai 2012, IX ZR 125/10 (= BeckRS 2012, 14569) entschiedenen Fall lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem die zur Einziehung von Forderungen ihrer Aktionäre gegründete Gesellschaft die ihr übertragenen Ansprüche auf eigenes Risiko gerichtlich geltend machte und die Aktionäre (nur) die Gerichtskosten zu tragen hatten (a.a.O., Rn. 3). Auch für diesen Fall hat der BGH einen Verstoß gegen Art. § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG bejaht. Im Entscheidungsfall kann nichts anderes gelten. Das wäre selbst dann der Fall, wenn man es für entscheidend halten würde, dass die Klägerin das gesamte Prozesskostenrisiko trägt. Denn in der Sache haben die Zedenten durch die Kostenzuschüsse, die viele von ihnen geleistet haben, einen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung geleistet.
e)
Ob nach alledem auch die Kaufverträge als schuldrechtliche Verpflichtungsverträge nach Art. 31 EGBGB unwirksam sind, kann für die Entscheidung dahin stehen, denn das gesetzliche Verbot des Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG erfasst gerade auch die dinglichen Verfügungsgeschäfte, d.h. die Forderungsabtretungen als solche und führt gemäß § 134 BGB nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu deren Unwirksamkeit (vgl. BGH WM 2009, 259 ff., Rn. 14 und BeckRS 2012, 14569, Rn. 24).
f)
aa)
Die nichtigen Forderungsabtretungen lassen sich nicht gemäß § 140 BGB in wirksame Einziehungsermächtigungen umdeuten (vgl. dazu das Berufungsurteil, Rn. 93), weil der Sinn und Zweck des aus § 134 BGB i.V.m. Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG folgenden Verbots dem entgegensteht.
Die Umdeutung eines unwirksamen in ein wirksames Rechtsgeschäft kommt dann nicht in Betracht, wenn der mit dem Rechtsgeschäft angestrebte wirtschaftliche Erfolg als solcher von der Rechtsordnung missbilligt wird, d. h., wenn der Zweck des gesetzlichen Verbotes dem entgegensteht (RGZ 125, 209, 212; Staudinger - Roth, BGB - Kommentar, Neubearbeitung 2010, § 140, Rn. 31). Das ist hier der Fall. Durch die in Rede stehende Verbotsnorm sollte die geschäftsmäßige Einziehung fremder Forderungen unterbunden werden. Es liegt auf der Hand, dass dieser Regelungszweck unterlaufen würde, würde man die nach § 134 BGB nichtigen Abtretungen in wirksame Einziehungsermächtigungen umdeuten.
bb)
Aus den gleichen Gründen wäre auch einer - rückwirkenden - Genehmigung der nichtigen Abtretungen die Anerkennung zu versagen. Ein nichtiges Rechtsgeschäft bleibt nichtig, auch wenn der Nichtigkeitsgrund später wegfällt (vgl. Münchner Kommentar zum BGB - Busche, 6. Aufl., § 141, Rn. 1). Um es gültig zu machen, bedarf es vielmehr der Bestätigung i.S.d. § 141 Abs. 1 BGB, d. h. der Neuvornahme, der keine rückwirkende Kraft zukommt (vgl. Palandt - Ellenberger, BGB - Kommentar, 71. Aufl., § 140 BGB, Rn. 1, 8).
3.
Die nach dem 30. Juni 2008 "vorsorglich" vereinbarten Neuabtretungen, die in der Monaten Dezember 2008 bis Februar 2009 vorgenommen wurden, sind ebenfalls unwirksam. Ihre Unwirksamkeit ergibt sich zwar nicht aus § 134 BGB (a) aber aus § 138 Abs. 1 BGB (b).
a)
Auf diese Neuabtretungen der Forderungen ist Art 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG nicht anwendbar, weil das RBerG zum 1. Juli 2008, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), aufgehoben wurde (vgl. Art. 20 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007, BGBl. I. S. 2840). Zwar sind auch nach dem RDG i.V.m. § 134 BGB Forderungsabtretungen unwirksam, die zum Zwecke der Geltendmachung fremder Forderungen durch dazu nach dem RDG nicht Berechtigte vorgenommen werden. Für die Entscheidung ist indes davon auszugehen, dass die Klägerin zu diesem Zweck nach dem RDG seit 2008 registriert ist. Die Registrierung der Klägerin haben die Beklagten nicht hinreichend substantiiert bestritten. Das gilt insbesondere für die Beklagte zu 3. und deren Hinweis auf die Unterschiede bei der Bezeichnung des registrierten Unternehmens und der Klägerin.
b)
Die Abtretungen sind jedoch im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, weil davon auszugehen ist, dass die Klägerin objektiv in den Monaten Dezember 2008 bis Februar 2009 nicht über eine finanzielle Ausstattung verfügte, die die im Fall des Prozessverlustes von ihr zu tragenden Prozesskosten, insbesondere die Kostenerstattungsansprüche der Beklagten, vollständig deckten und weil die Klägerin und die Zedenten mit der von ihnen gewollten Verlagerung des Prozesskostenrisikos auf die Klägerin die Gefahr schufen, dass die Beklagten - zumindest mit einem erheblichen Teil - ihrer Kostenerstattungsansprüche im Fall des Misserfolgs der Klage ausfallen würden ohne dass dies durch berechtigte Interessen gerechtfertigt war.
aa)
Schon nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 81, 175, 176), bestätigt durch den Bundesgerichtshof (BGHZ 96, 151), durften Forderungsabtretungen nicht dazu missbraucht werden, den Prozessgegner der Möglichkeit zu berauben, seinen Rechtsanspruch auf Erstattung oder Zahlung der Prozesskosten zu verwirklichen. Anknüpfungspunkt für die Bejahung eines Verstoßes gegen die guten Sitten ist dabei die Tatsache, dass eine vermögenslose Partei zur Prozessführung vorgeschoben wird. Unter solchen Umständen ist die Abtretung nichtig (vgl. OLG München, Urteil vom 14. Dezember 2012 - 5 U 2472/09, BeckRS 2013, 05349, Rn. 65 ff.). Dabei kommt es für die Beurteilung - wie immer bei der Beurteilung der Wirksamkeit von Rechtsgeschäften und Willenserklärungen - auf die Situation bei ihrer Vornahme an (vgl. OLG München a.a.O., Rn 66, Palandt - Ellenberger, BGB - Kommentar, 71. Aufl., § 138, Rn. 9 m.w.Nw.).
bb)
Für den hier zu beurteilenden Sachverhalt ergibt sich der durch § 138 Abs. 1 BGB sanktionierte Verstoß gegen die im Gesetz mit den Worten "gute Sitten" umschriebene Werteordnung (vgl. Münchner Kommentar zum BGB - Armbrüster, 6. Aufl. 2012, § 138, Rn. 1) aus der Würdigung der Gesamtumstände des Falls unter Berücksichtigung der Interessen der am Verfahren beteiligten Prozessparteien und der hinter der Klägerin stehenden Zedenten.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei das im allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20, 28 Abs. 1 S. 1 GG) verfassungsrechtlich verankerte Gebot der gleichmäßigen Verteilung des Kostenrisikos unter den Prozessbeteiligten (vgl. BVerfGE 35, 283, 289; Münchner Kommentar zur ZPO - Schulz, 4. Aufl., Vorbemerkung zu den §§ 91 ff. ZPO, Rn. 1). Diesem Grundsatz tragen z.B. die Regelungen zur Verbandsklagebefugnis in § 33 Abs. 2 GWB und § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG Rechnung, die beide die Annahme der Klagebefugnis auch materiell - rechtlich (vgl. Immenga / Mestmäcker - Emmerich, Wettbewerbsrecht: GWB, 4. Aufl., § 33 GWB, Rn. 106) davon abhängig machen, dass der klagende Verband die erforderliche finanzielle Ausstattung zur Rechtsverfolgung besitzt, was voraussetzt, dass es ihm insbesondere möglich sein muss, die Prozesskosten im Verfahren bis hin zur Revisionsinstanz ohne Streitwertherabsetzung zu tragen (vgl. BGH GRUR 1994, 385 - Streitwertherabsetzung; Köhler / Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 8 UWG, Rn. 3.48) und gegnerische Kostenerstattungsansprüche zu befriedigen (vgl. KG WRP 1982, 650, 651).
cc)
Das von der Klägerin erdachte Geschäftsmodell bietet sowohl ihr als auch den Zedenten erhebliche Vorteile, vernachlässigt dabei aber in nicht hinnehmbarer Weise zu Lasten der Beklagten den Grundsatz der gleichmäßigen Verteilung des Prozesskostenrisikos.
aaa)
Wie sich aus den Ausführungen unter II. 2. ergibt, macht die Klägerin im vorliegenden Prozess der Sache nach als Dienstleisterin gegen Zahlung eines Erfolgshonorars Forderungen in dreistelliger Millionenhöhe geltend, die bei wirtschaftlicher Betrachtung weiterhin den Zedenten zuzuordnen sind, weil diese von einem positiven Ausgangs des Rechtsstreits mit einem Anteil profitieren, der zwischen 65% und 85% der eingeklagten Forderungsbeträge liegt, ohne dabei - abgesehen von dem Verlust der an die Klägerin geleisteten Kostenzuschüsse - die mit der Verfolgung eigener Forderungen im Klageweg verbundenen finanziellen Risiken tragen zu müssen.
bbb)
Die Klägerin erwarb - wenn man ihren Vortrag in diesem Zusammenhang als zutreffend unterstellt - durch die Abtretungen Forderungen im dreistelligen Millionenbereich, ohne hierfür eigene Mittel aufwenden zu müssen. Denn dem als Gegenleistung vereinbarten Festkaufpreis von 100 Euro je Zedent standen die von den meisten Zedenten geleisteten Kostenzuschüsse gegenüber, deren Gesamtbetrag die Summe der Festkaufpreisanteile von 3.600 Euro weit überstieg.
Auch wenn der Klägerin zur klageweisen Durchsetzung der von den Zedenten erworbenen Forderungen erhebliche finanzielle Mittel aufgewendet hat, ist das für sie damit verbundene Risiko offensichtlich dadurch begrenzt, dass sie einen erheblichen Teil dieser Mittel nach ihrem eigenen Vortrag nur im Erfolgsfall zurück zahlen muss.
ccc)
Dass die Klägerin Ende 2008 / Anfang 2009 nicht über eine finanzielle Ausstattung verfügte, die ihr erlaubte, aus dem vollen Streitwert anfallende Kostenerstattungsansprüche der Beklagten zu erfüllen, ergibt sich aus ihrem eigenen Sachvortrag und dem unstreitigen Sachverhalt. Denn danach ist davon auszugehen, dass sie schon im Jahr 2005 - bei Prozessbeginn - nicht über entsprechende Mittel verfügte, und es ist weiter davon auszugehen, dass sich ihre wirtschaftliche Lage bis Ende Februar 2009 nicht verbesserte.
Zu Prozessbeginn hat sich die Klägerin zur Begründung des von ihr gestellten Antrags auf Streitwertherabsetzung gemäß § 89b GWB auf die eidesstattliche Versicherung ihres Verwaltungsrats D vom 5. August 2005 berufen. Die im Tatbestand zitierten Angaben Ds lassen sich dahin zusammen fassen, dass die von den Zedenten geleisteten Kostenvorschüsse und das Eigenkapital der Klägerin bereits durch die Kosten der Prozessvorbereitung weitgehend aufgezehrt waren und es der Klägerin lediglich erlaubten, einen Gerichtskostenvorschuss nach einem gemäß § 89a GWB herabgesetzten Streitwert von 5 Millionen Euro zu leisten. Ansprüche der Klägerin gegen die Zedenten auf weitergehende Beteiligung an den Kosten des Rechtsstreits bestanden danach nicht. Weiter führte D in seiner Erklärung aus, eine von der Gesellschafterversammlung geplante Kapitalerhöhung im Jahr 2005 werde die Klägerin voraussichtlich in die Lage versetzen, den Geschäftsbetrieb für die Dauer des Verfahrens ordnungsgemäß aufrecht zu erhalten, ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Zedenten zu genügen und die Prozesskosten im Falle eines Unterliegens in erster Instanz aus dem herabgesetzten Streitwert zu tragen. Hingegen werde - so D - die Klägerin unter Berücksichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein, Prozesskosten aus einem Gebührenstreitwert in Höhe von 30 Millionen Euro (vgl. dazu: § 39 Abs. 2 GKG bzw. § 22 Abs. 2 RVG) zu tragen.
Es ist nicht erkennbar, dass sich die bei Klageerhebung dargestellte wirtschaftliche Lage der Klägerin bis Ende Februar 2009 so verbessert hätte, dass die Erfüllung etwaiger Kostenerstattungsansprüche der Beklagten zu diesem Zeitpunkt als gesichert angesehen werden konnte.
Nach den eigenen Angaben der Klägerin sind seit ihrer Gründung im Jahr 2002 bis zum Ende des Geschäftsjahres 2010 bilanzielle Verluste in Höhe von 2.314.721,31 Euro aufgelaufen. Die von der Zweitbeklagten in der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2012 mitgeteilten Zahlen, die für jedes Geschäftsjahr der Klägerin einen Fehlbetrag ausweisen, sprechen dagegen, dass die Klägerin bis zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt in nennenswertem Umfang Vermögen erworben hat. Dies lässt sich auch ihrem eigenen Sachvortrag nicht entnehmen. Auch wenn die Klägerin nur im Erfolgsfall rückzahlbare Mittel Dritter nicht als Verbindlichkeiten in ihre Bilanz einstellen müsste und sich dadurch ergeben würde, dass sie "jederzeit über ein positives Kapital verfügte", änderte das an dem vorstehenden Befund nichts. Dem lässt sich auch nicht mit Erfolg entgegen halten, dass die Klägerin bisher zur Durchführung des Verfahrens erheblichen finanziellen Aufwand (in Höhe von - nach ihren Angaben - 4,4 Millionen Euro) betrieben hat. Denn diese Aufwendungen wurden im Wesentlichen aus ihrem Eigenkapital, aus den Kostenzuschüssen der Zedenten und durch Mittel bestritten, die ihr durch Dritte zur Verfügung gestellt wurden und - jedenfalls zu einem erheblichen Teil - nur im Erfolgsfall zurück zu zahlen sind. Der Umstand, dass der Klägerin diese Mittel zur Prozessfinanzierung zur Verfügung gestellt wurden, rechtfertigt für sich genommen keine abweichende Beurteilung, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie bei negativem Prozessausgang auch den Beklagten und deren Streithelfern zu Gute kommen sollen. Zwar weist die Klägerin darauf hin, sie habe "hinreichend Vorsorge getroffen, um selbst im Falle eines vollständigen Unterliegens im ersten Rechtszug etwa gegen sie festgesetzte Kostenerstattungsansprüche der Beklagten und der Streithelfer bedienen zu können". Abgesehen davon, dass fraglich erscheint, ob die Fähigkeit zur Erstattung der Kosten erster Instanz ausreicht, ist dieser Vortrag aber auch ersichtlich derart unbestimmt, dass er nicht zu berücksichtigen ist. Denn es bleibt unklar, worin die behauptete "hinreichende" Sicherstellung" besteht, ob sie bereits zum Abtretungszeitpunkt bestand oder ob ihr Eintritt damals zumindest sicher voraussehbar war. Im Übrigen ist der auf die Vernehmung ihrer Verwaltungsräte D und X gerichtete Beweisantritt der Klägerin gemäß § 447 ZPO unzulässig.
Die Ausführungen unter II.2.f) gelten in diesem Zusammenhang entsprechend.
dd)
Das Vorliegen einer verwerflichen Gesinnung auf Seiten der Klägerin und der Zedenten ist als subjektives Tatbestandsmerkmal des § 138 Abs. 1 BGB nicht erforderlich, um die Sittenwidrigkeit der Forderungsabtretungen zu bejahen (vgl. Münchner Kommentar zum BGB - Armbrüster, 6. Aufl. 2012, § 138, Rn. 129).
Auch wenn den Zedenten die nach alledem festzustellende Verschiebung des Kostenrisikos zum Nachteil der Beklagten nicht bewusst gewesen sein mag, hätten sie sie jedenfalls erkennen können, haben sich dieser Erkenntnis aber verschlossen (vgl. Münchner Kommentar zum BGB - Armbrüster, a.a.O., Rn. 131). Das folgt daraus, dass das von der Klägerin vorgegebene "Geschäftsmodell" für die Zedenten wegen des von diesen lediglich in Form von Kostenzuschüssen zu leistenden überschaubaren finanziellen Aufwandes, des für sie entfallenden finanziellen Risikos der Prozessführung und der Aussicht den weit überwiegenden Teil der durchgesetzten Forderungen zu erhalten, offensichtlich äußerst vorteilhaft war, weil die Durchsetzung von Forderungen in der hier geltend gemachten Größenordnung erhebliche Mittel erfordert und mit erheblichen finanziellen Risiken verbunden ist. Dieser Gedanke musste sich auch den Zedenten aufdrängen. Gleiches gilt für die Überlegung, dass die Klägerin als im Jahr 2002 neu gegründetes Unternehmen nicht über die erforderlichen eigenen Mittel verfügte, um die bei einem Misserfolg anfallenden Prozesskosten vollständig zu tragen. Die Klägerin trägt selbst vor, zwischen ihr und den Zedenten habe Einigkeit darüber bestanden, dass die zu leistenden Kostenvorschüsse der Anschubfinanzierung dienen und die Klägerin sich darüber hinaus aus eigenen Mitteln, durch ihre Gesellschafter oder mit Hilfe Dritter finanzieren sollte. Den Zedenten musste deshalb bewusst sein, dass die vorhandene Finanzausstattung der Klägerin und die von ihnen geleisteten Kostenzuschüsse zur Finanzierung des Prozesses nicht ausreichten. Dass die Zedenten bei den in der Zeit von Dezember 2008 bis Februar 2009 wiederholten Abtretungen von einer verbesserten finanziellen Situation der Klägerin ausgingen, ist weder ersichtlich noch auch nur wahrscheinlich, denn - wie bereits ausgeführt - hatte sich die finanzielle Situation der Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls bei objektiver Betrachtung nicht verbessert und dass die Zedenten sich darüber im Irrtum befunden hätten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
ee)
Die damit durch die Abtretungen und die Konstruktion des ihnen zugrunde liegenden Geschäftsmodells herbeigeführte Risikoverteilung zu Lasten der Beklagten war zum Erreichen der mit der "gebündelten" Geltendmachung der Forderungen der Zedenten zweifellos verbundenen positiven Effekte ökonomischer und prozessökonomischer Art nicht erforderlich.
Diese Vorteile wären auch zu erzielen gewesen, wenn den Interessen der Beklagten, z.B. durch die Vereinbarung einer Mithaftung der Zedenten für die Prozesskosten, Rechnung getragen worden wäre.
Die Vorteile, die das Vorgehen der Klägerin zweifellos für die Rechtsdurchsetzung bietet, sind deshalb nicht geeignet, die Forderungsabtretungen trotz der in dem Geschäftsmodell der Klägerin angelegten Benachteiligung der Beklagten als mit § 138 Abs. 1 BGB vereinbar erscheinen zu lassen, auch wenn sie nicht das eigentliche Motiv der Abtretungen gewesen sein mögen.
4.
Selbst wenn man die Ende 2008 / Anfang 2009 wiederholten Abtretungen nicht wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB unwirksam wären, wären die Ansprüche der Zedenten zumindest insoweit verjährt als sie auf andere Anspruchsgrundlagen als § 852 Abs. 3 BGB a.F. / § 852 S. 1 BGB n.F. gestützt werden.
a)
Als Anspruchsgrundlagen für die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen aus übergegangenem Recht der Zedenten kommen nur solche in Betracht, die bereits zum Zeitpunkt der den Beklagten zur Last gelegten Kartellrechtsverstößen galten. Da für die Entscheidung davon auszugehen ist, dass das kartellrechtswidrige Verhalten der Beklagten im Jahr 2002 endete, sind dies §§ 1, 33 Abs. 1 GWB a.F. bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 81 EGV und - soweit diese Ansprüche verjährt sein sollten - auch § 852 Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 852 S. 1 BGB n.F. Die mit der 7. GWB - Novelle eingeführte und erst am 1. Juli 2005 in Kraft getretene neue Anspruchsgrundlage des § 33 Abs. 3 GWB n.F. ist nicht anwendbar (vgl. BGH GRUR 2012, 291 ff. - ORWI, Rn. 13).
b)
Soweit sich die Ansprüche auf §§ 1, 33 GWB Abs. 1 GWB a.F. bzw. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 81 EGV stützen lassen, sind sie unter Berücksichtigung der Übergangsregelungen in Art. 229 § 6 EGBGB gemäß §§ 195, 199 Abs. 1, Abs. 3 BGB verjährt. Der Lauf der danach anzuwendenden dreijährigen Verjährungsfrist begann mit Ablauf des Jahres 2003 und endete mit Ablauf des Jahres 2006 (aa).
Für die Entscheidung ist ferner davon auszugehen, dass alle Zedenten bereits im Jahr 2003 von den ihre Ansprüche begründenden Umständen und den Personen der Beklagten Kenntnis erlangt haben oder jedenfalls ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen (bb).
aa)
Nach der für das Verjährungsrecht geltenden Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB finden die seit dem 1. Januar 2002 geltenden Verjährungsvorschriften Anwendung. Etwaige deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche der Zedenten waren zu diesem Zeitpunkt nicht verjährt. Sie unterlagen ursprünglich der dreijährigen Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 Alt. 1 BGB a. F., die noch nicht abgelaufen war. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Zedenten bzw. deren Wissensvertreter bereits vor dem 1. Januar 2002 über ausreichende Kenntnisse der anspruchsbegründenden Tatsachen verfügten oder hätten verfügen müssen, haben die Beklagten nicht vorgetragen. Daher traten an die Stelle des § 852 Abs. 1 Alt. 1 BGB a. F. gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB die Verjährungsvorschriften der §§ 195, 199 n. F. (vgl. BGH, NJW - RR 2011, 1188 ff., Rn. 49 m.w.Nw.). Für die Berechnung der Verjährungsfrist, zu der auch der Beginn des Laufs der kenntnisabhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gehört (vgl. BGH, a.a.O.), ist gemäß Art. 229 § 6 Absatz 4 S. 1 EGBGB das neue Verjährungsrecht maßgeblich, weil in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n. F. mit der Gleichstellung von Kenntnis und grob fahrlässiger Unkenntnis ein zusätzlicher, über die Regelungen des § 852 BGB a. F. hinausgehender, verjährungsverkürzender Anwendungsfall eröffnet ist (vgl. BGH, a.a.O.).
bb)
Dafür, dass den Zedenten sich die erforderliche Kenntnis im Entscheidungsfall zumindest hätte aufdrängen müssen, haben die Beklagten hinreichende Tatsachen vorgetragen, die die Klägerin - obwohl die Kammer ihr hierzu Gelegenheit gegeben hat - nicht entkräftet hat (vgl. Staudinger - Peters / Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2009, § 199, Rn. 84; Münchner Kommentar zum BGB - Grothe, 6. Aufl., § 199, Rn. 42).
Dass das Bundeskartellamt gegen die Beklagten Anfang 2003 Bußgelder in Höhe von insgesamt 660 Millionen Euro verhängte, ergab sich aus der Presseerklärung des Amtes vom 14. April 2003. Zudem hatte die Klägerin bereits in ihrem Gründungsjahr 2002 begonnen, für ihr Geschäftsmodell zu werben. Bereits im Dezember 2002 wurde in der Wirtschaftspresse über das Bußgeldverfahren und die daran anknüpfende Geschäftstätigkeit der Klägerin berichtet. In diesem Zusammenhang wird auf den von der Beklagten zu 4. als B 4 - 51 als Anlage in Kopie vorgelegten Artikel in der Financial Times Deutschland vom 10. Dezember 2002 verwiesen. Außerdem fand der Abschluss des Bußgeldverfahrens wegen der gegen die Beklagten verhängten Bußgelder "in Rekordhöhe" in der gesamten deutschen Presse ein großes Echo. Beispielhaft wird in diesem Zusammenhang auf die von der Beklagten zu 5. als Anlagenkonvolut 1 zu ihrem Schriftsatz vom 13. Mai 2013 in Kopie vorgelegten Artikel und Abdrucke aus den Internet - Auftritten einer Vielzahl namhafter und überregional verbreiteter Printmedien verwiesen. Insbesondere aufgrund der Intensität der Berichterstattung konnte der Erlass der Bußgeldbescheide den Zedenten nicht verborgen bleiben. Insoweit unterscheidet sich der dem Entscheidungsfall zugrunde liegende Sachverhalt von demjenigen, der dem Urteil des Kammergerichts (2 U 17/03 Kart) vom 1. Oktober 2009 (BeckRS 2009, 88782) zugrunde lag.
cc)
Für die den Lauf der Verjährungsfrist in Gang setzende Kenntnis ist nicht entscheidend, ob die Zedenten alle Tatumstände in tatsächlicher und rechtlicher zutreffend würdigten oder sich der eigenen Gläubigerstellung aktuell bewusst waren. Vielmehr genügt es, dass sich ihnen aus den bekannt gewordenen Tatsachen ihre mögliche Anspruchsberechtigung erschließen konnte (vgl. Münchner Kommentar zum BGB - Grothe, a.a.O., Rn. 25 m.w.Nw.). Entscheidend ist, dass den Zedenten zugemutet werden konnte, ihre Forderungen zumindest im Wege der Feststellungsklage geltend zu machen. Dabei hängt die Zumutbarkeit, Maßnahmen des § 204 Abs. 1 BGB zu ergreifen, nicht davon ab, ob sich die Beweislage günstig darstellt (vgl. Staudinger - Peters / Jacoby, a.a.O., Rn. 68).
Letztlich spricht entscheidend für die Zumutbarkeit der Klageerhebung, dass die Klägerin bereits im August 2005 sogar Zahlungsklage erhoben hat, der verjährungshemmende Wirkung nur deshalb nicht zukommt, weil die Klägerin damals nicht Inhaberin der Forderungen war und dies auch später nicht wurde.
Zudem erfolgten die Ende 2008 / Anfang 2009 wiederholten Abtretungen erst nach Ablauf der Verjährungsfrist und konnten deren Lauf schon deshalb nicht mehr hemmen.
In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob die Neuabtretungen erst durch ihre Mitteilung mit Schriftsatz vom 2. Juli 2009 verjährungshemmende Wirkung entfaltet hätten, weil mit ihnen ein neuer Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt wurde (vgl. BGH NJW 1986, 1046 f., 1047).
dd)
Die Hemmung der Verjährungsfrist wurde auch nicht durch den zum 1. Juli 2005 mit den Regelungen der 7. GWB - Novelle in Kraft getretenen § 33 Abs. 5 GWB n.F. bewirkt.
Eine solche Hemmungswirkung käme zu Lasten der Erstbeklagten ohnehin nicht in Betracht, weil sie - als Kronzeugin - gegen den an sie adressierten Bußgeldbescheid kein Rechtsmittel eingelegt hat. Er wurde deshalb noch im Jahr 2003 - also lange vor Inkrafttreten des § 33 Abs. 5 GWB n.F. am 1. Juli 2005 - rechtskräftig.
Eine Verjährungshemmung kommt aber auch zu Lasten der übrigen Beklagten nicht in Betracht, weil § 33 Abs. 5 GWB n.F. auf die gegen sie gerichteten Forderungen weder unmittelbar (aaa) noch entsprechend (bbb) anwendbar ist.
aaa)
Die unmittelbare Anwendung des § 33 Abs. 5 GWB n.F. scheidet aus. Die Vorschrift bestimmt, dass die Verjährung "eines Schadensersatzanspruchs nach Absatz 3" durch die Einleitung eines kartellbehördlichen Verfahrens gehemmt wird. Nach dem Wortlaut der Vorschrift wird also der Lauf der Verjährungsfrist von Schadensersatzansprüchen gehemmt, die ihre Grundlage in der im Entscheidungsfall nach der Rechtsprechung des BGH unzweifelhaft nicht anwendbaren Vorschrift des § 33 Abs. 3 GWB n.F. haben.
bbb)
Auch eine analoge Anwendung des § 33 Abs. 5 GWB n.F. scheidet aus. Sie ließe sich nur begründen, wenn die gesetzliche Regelung ein planwidrige Regelungslücke aufwiese, d.h. wenn der objektiv zu ermittelnde Regelungsplan des Gesetzgebers (vgl. Larenz / Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 191 ff., 194) ihre Anwendung auch auf Ansprüche aus "altem Recht" rechtfertigte.
Eine solche planwidrige Regelungslücke vermag die Kammer nicht zu erkennen.
In der Begründung des Gesetzesentwurfs vom 12. August 2004 (BT - Drucksache 15/3640, S. 23, re. Sp., 5. Spiegelstrich) wird u.a. die "Beseitigung des bisherigen Verfahrens der grundsätzlichen Administrativfreistellung und Einführung des Systems der Legalausnahme wie im europäischen Recht" als geplante Neuerung für die Zukunft vorgestellt und mit Blick auf den für das europäische Recht bereits zuvor vollzogenen Systemwechsel begründet. Hierauf nimmt die Begründung zu der Neuregelung des § 33 GWB Bezug, wenn dort ausgeführt wird (vgl. a.a.O., S. 35, li. Sp. unter g) aa)):
"Die Abschaffung des bisherigen Systems der Administrativfreistellung und seine Ersetzung durch ein System der Legalausnahme vermindern tendenziell die behördliche Kontrolldichte gegenüber wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen und Verhaltensweisen. Damit soll jedoch keine Einbuße an Wettbewerbsschutz verbunden sein. Zum Ausgleich werden neben den verwaltungsrechtlichen auch die zivilrechtlichen Sanktionen bei Kartellrechtsverstößen ausgeweitet. Damit soll ein effektives zivilrechtliches Sanktionssystem geschaffen werden, von dem eine zusätzliche spürbare Abschreckungswirkung ausgeht."
Dieser Ausweitung zivilrechtlicher Sanktionsmöglichkeiten für die Zukunft dienen ersichtlich auch die in § 33 Abs. 4 GWB n.F. vorgesehene Tatbestandswirkung kartellbehördlicher Entscheidungen und die in § 33 Abs. 5 GWB n.F. vorgesehene Verjährungshemmung während der Durchführung kartellbehördlicher Verfahren. Auch diese beiden Regelungen wurden also mit Blick auf die mit der 7. GWB - Novelle vorgenommene Systemumstellung in das Gesetz aufgenommen. Dabei knüpft allerdings § 33 Abs. 4 S. 1 GWB n.F. anders als Abs. 5 seinem Wortlaut nach nicht an die "neue" Anspruchsgrundlage des Abs. 3 an. Die Vorschrift lautet vielmehr:
"Wird wegen eines Verstoßes gegen eine Vorschrift dieses Gesetzes oder gegen die Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union Schadensersatz gefordert, ist das Gericht an die Feststellung des Verstoßes gebunden, wie sie in einer bestandskräftigen Entscheidung der Kartellbehörde, der Europäischen Kommission oder der Wettbewerbsbehörde oder des als solche handelnden Gerichts in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union getroffen wurde."
Im vorliegenden Fall muss nicht entschieden werden, ob § 33 Abs. 4 GWB n.F. auf "Altfälle" (d.h. auf solche Fälle in denen die kartellbehördlichen Ermittlungen sich auf Sachverhalte beziehen, die vor dem Inkrafttreten der 7. GWB - Novelle am 1. Juli 2005 beendet waren) Anwendung findet. Die vom Gesetzgeber gewählten unterschiedlichen Formulierungen der Abs. 4 und 5 des § 33 GWB n.F. sprechen jedenfalls dagegen, Abs. 5 auf Altfälle anzuwenden. Wäre dies gewollt gewesen, hätte es nahe gelegen, eine Formulierung zu wählen, die der des Abs. 4 entsprach.
Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass in der Gesetzesbegründung (a.a.O., S. 55, li. Sp.) zu Abs. 5 ausgeführt wird:
"Um die Durchsetzbarkeit kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche zu sichern, ist die Verjährung dieser Ansprüche gehemmt, wenn die Kartellbehörde wegen eines Verstoßes im Sinne des Absatzes 1 oder die Kommission oder die Wettbewerbsbehörde eines anderen EG-Mitgliedstaates wegen eines Verstoßes gegen Artikel 81 oder 82 EG ein Verfahren einleitet. Damit soll erreicht werden, dass individuell Geschädigte tatsächlich in den Genuss der Tatbestandswirkung nach Absatz 4 kommen können und zivilrechtliche Schadensersatzansprüche beispielsweise nach Ablauf eines langwierigen Bußgeldverfahrens nicht bereits verjährt sind."
Denn daraus ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber diese Wirkungen auch für Altfälle normieren wollte.
Nach alledem lässt sich das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke als Voraussetzung der analogen Anwendung des § 33 Abs. 5 GWB n.F. für Altfälle, wie sie Gegenstand der Klage sind, nicht bejahen.
Eine abweichende Auslegung erscheint auch - für den Fall der Anwendbarkeit des Art. 81 EGV - zur Erreichung effektiven Rechtsschutzes (vgl. EuGH v. 20.9.2001, Slg. 2001, I - 6297, Rn. 29 - Courage und EuGH v. 10.7.1997, Slg. 1997, I-4025, Rn. 27 - Palmisani) nicht geboten.
ee)
Die Erhebung der Verjährungseinrede ist den Beklagten nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Hinblick auf die von ihnen gestellten Aussetzungsanträge oder wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt.
c)
Die vorstehenden Ausführungen zur Verjährung deliktischer Ansprüche gelten für vertragliche Ansprüche entsprechend, auf die die Klägerin sich zwar nicht ausdrücklich beruft, die aber ebenfalls Gegenstand der mit den Zedenten vereinbarten Abtretungen waren.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 101 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Streitwert: 131.751.027,46 Euro
LG Düsseldorf:
Urteil v. 17.12.2013
Az: 37 O 200/09 (Kart) U.
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/49bce7f8a7f8/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_17-Dezember-2013_Az_37-O-200-09-Kart-U