Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. November 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 163/03

(BPatG: Beschluss v. 10.11.2004, Az.: 32 W (pat) 163/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 14. Februar 2003 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke 1 134 266 für die Waren "Brillen, einschließlich Sonnenbrillen und Brillenständer" zurückgewiesen wurde. Für diese Waren wird die Marke 300 87 012 gelöscht.

Gründe

I.

Die am 27. November 2000 angemeldete Marke

(farbig)

ist für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen unterschiedlicher Klassen, u.a. für Brillen, einschließlich Sonnenbrillen und Brillenständerunter der Nr. 300 87 012 in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragen worden.

Den nur gegen die vorstehend genannten Waren gerichteten Widerspruch aus der für Brillengestelle und Sonnenbrillen sowie Etuis dafürgeschützten deutschen Marke 1 134 266 (eingetragen am 3. Februar 1989)

Teddyhat die mit einer Beamtin des Höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 durch Beschluss vom 14. Februar 2003 zurückgewiesen.

Da hochgradig ähnliche bis identische Waren einander gegenüberstünden und die Widerspruchsmarke eine normale Kennzeichnungskraft aufweise, seien hohe Anforderungen an den Markenabstand zu stellen, welche die angegriffene Marke aber einhalte. Bei vollständiger Benennung und Wiedergabe der Vergleichsmarken scheide eine Verwechslungsgefahr bereits durch die graphische Ausgestaltung der jüngeren Marke und deren Wortbestandteil CLUB aus. Letztere werde nicht allein durch das Element TEDDY geprägt. Für eine Verkürzung bestehe kein Anlaß, weil die Wortelemente erkennbar begrifflich aufeinander bezogen seien. CLUB habe für die in Rede stehenden Waren keine beschreibende Bedeutung und sei auch nicht durch Drittmarken geschwächt. Weiterhin bestehe nicht die Gefahr des gedanklichen In-Verbindung-Bringens, da TEDDY nicht als Stammbestandteil mit Hinweiskraft auf das Unternehmen der Widersprechenden aufgefasst werde. Diese verfüge nicht über eine entsprechende Zeichenserie.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Sie stellt den Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Deutschen Patent- und Markenamts die Löschung der Marke 300 87 012 für "Brillen einschließlich Sonnenbrillen und Brillenständer" auszuordnen.

Es sei unzutreffend, daß die Wortbestandteile der jüngeren Marke TEDDY und CLUB begrifflich aufeinander bezogen seien. Beide Begriffe hätten nichts gemeinsam und ergänzten sich auch nicht in naheliegender Weise. Für Waren in Klasse 9 sei CLUB ein häufig vorkommender Bestandteil. Die Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs (Händler, Optiker, Brillenträger) werde sich daher auf den zusätzlichen Wortbestandteil richten.

Die Markeninhaberin ist dem entgegengetreten.

Ihrer Ansicht nach tritt der Bestandteil CLUB in der jüngeren Marke nicht zurück. Dieses Wort habe ganz unterschiedliche Bedeutungsinhalte. TEDDY CLUB bezeichne eine Ansammlung/Vereinigung von TEDDYS, unabhängig davon, wie diese konkret in Erscheinung träten.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken für die mit dem Widerspruch angegriffenen Waren der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegen. Nach diesen Vorschriften ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626 - IMS).

a) "Sonnenbrillen" sind in den Warenverzeichnissen beider Marken identisch enthalten, sonstige Brillen sowie Brillenständer als Zubehör sind mit diesen und Brillengestellen hochgradig ähnlich.

b) Die Widerspruchsmarke weist für Brillen und -Zubehör eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Anhaltspunkte für eine Schwächung des Schutzumfangs wegen eines warenbeschreibenden Einklangs oder für eine Stärkung durch umfangreiche Benutzung liege nicht vor.

c) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr, bei der die Unterschiede beider Marken unbemerkt bleiben, kann zwar mit der gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden, nicht aber die einer solchen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 MarkenG gleichgestellt Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht und unter diesem Aspekt verwechselt werden.

Bei dieser sog. assoziativen Verwechslungsgefahr erkennt der Verkehr zwar, dass zwei unterschiedliche Marken vorliegen, ordnet diese aber wegen Übereinstimmungen in (prägenden) Markenteilen irrtümlich ein und derselben betrieblichen Herkunft zu bzw. schließt auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Beziehungen zwischen den Markeninhabern.

Das Markenwort "TEDDY" der Widerspruchsmarke ist in der jüngeren Marke identisch enthalten, tritt dort optisch (bzw. bei der Benennung phonetisch) hervor und geht auch von der Wortbedeutung her nicht völlig innerhalb eines neuen Gesamtbegriffs unter. TEDDY, ursprünglich die angloamerikanische Koseform des männlichen Vornamens Theodor, wird vor allem als Kurzbezeichnung für den Teddybär verwendet. Dieses Verständnis liegt auch bei der jüngeren Marke im Hinblick auf den Bildbestandteil an sich nahe. Ein Teddy, verstanden als einzelner Teddybär, ist zwar nicht dasselbe wie ein TEDDY CLUB, wobei es sich z.B. um einen Verein von Liebhabern und Sammlern von Teddybären handeln kann, oder aber um die Etablissements-Bezeichnung eines gastronomischen Betriebs mit Musik- und Unterhaltungsangeboten. In Verbindung mit "Brillen" liegt eine hinreichend konkrete Wortbedeutung von TEDDY CLUB nicht nahe. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein entscheidungserheblicher Teil des Verkehrs dem Bestandteil CLUB innerhalb der jüngeren Marke lediglich in dem Sinne wertet, es solle derart gekennzeichneten Produkten auf diese Weise - entsprechend der Übung auf anderen Warengebieten - der Anschein besonderer Qualität, etwa in Verarbeitung oder Design, vermittelt werden. Damit ist CLUB aber dem Eingangsbestandteil TEDDY nicht gleichgewichtig, letzterem kommt innerhalb der angegriffenen Wort-, Bild-Kombination die Eignung zu, als Stammbestandteil dem Herkunftshinweis auf das Unternehmen der Widersprechenden zu geben. Dies gilt auch dann, wenn die Widersprechende bisher über keine Zeichenserie mit diesem Wort verfügen sollte, weil es sich hierbei um keine zwingende Voraussetzung für die Annahme assoziativer Verwechslungsgefahr handelt (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdn. 486).

d) Die Gesamtabwägung von Warenidentität bzw. großer Markenähnlichkeit, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und (noch) vorhandener Markenähnlichkeit hinsichtlich des Teilelements TEDDY ergibt, dass der Beschwerde der Widersprechenden stattzugeben und die Löschung der jüngeren Marke für die mit dem Widerspruch angegriffenen Waren anzuordnen ist.

Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlaß.

Viereck Müllner Kruppa Hu






BPatG:
Beschluss v. 10.11.2004
Az: 32 W (pat) 163/03


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