Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 13. Juni 2002
Aktenzeichen: 1 K 8975/99
(VG Köln: Urteil v. 13.06.2002, Az.: 1 K 8975/99)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Berufung wird zugelassen.
Die Revision unter Óbergehung der Berufungsinstanz wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin der Telekommunikationsnetze der ehemaligen E. . Sie betreibt u.a. Sprachtelefondienst im Rahmen der Lizenzklasse 4. Seit dem 01.01.1998 ist sie gesetzlich verpflichtet, in ihrem Netz sicherzustellen, dass ihre Nutzer bei einem Wechsel des Betreibers und Verbleiben am selben Standort ihnen zugeteilte Nummern beibehalten können (Rufnummernportabilität).
Mit Bescheid vom 30.11.1998 - dieser ist Gegenstand des Verfahrens 1 K 12514/98 - erteilte die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) der Klägerin erstmals - befristet bis zum 30.09.1999 - die Genehmigung des Entgelts für die Erfolgskontrolle bei Sicherstellung der Rufnummernportabilität zu be- sonderen Zeiten, d.h. dienstags zwischen 21.00 und 22.00 Uhr, mittwochs zwischen 6.00 und 7.00 Uhr, freitags zwischen 17.00 und 18.00 Uhr und samstags zwischen 10.00 und 12.00 Uhr, in Höhe von 94,33 DM (ohne USt) je Anschluss.
Im Hinblick auf das Auslaufen dieser Genehmigung zum 30.09.1999 beantragte die Klägerin am 22.07.1999 bei der RegTP ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, das Endkundenentgelt für die Portierung zu besonderen Zeiten nunmehr in Höhe von 74,50 DM (ohne USt) je Anschluss zu genehmigen.
Mit Bescheid vom 29.09.1999 (BK 2c-99/023) entschied die RegTP, das bean- tragte Entgelt befristet bis zum 30.06.2000 in Höhe von 60,30 DM (ohne USt) teilwei- se zu genehmigen (Ziffer 1) und die Gültigkeit der ersten Genehmigung vom 30.11.1998 "bis zur Veröffentlichung des unter 1. genehmigten Entgelts für die Er- folgskontrolle bei der Sicherstellung der Rufnummernportabilität, längstens jedoch bis zum 31.10.1999" zu verlängern (Ziffer 2). Im Übrigen wurde der Antrag abge- lehnt.
Dagegen hat die Klägerin am 29.10.1999 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die Endkundenentgelte für die Leistung "Portierung zu besonderen Zeiten" seien nicht nach § 25 Abs. 1 TKG genehmigungspflichtig, da sie nicht unter den Begriff des Sprachtelefondienstes fielen.
Die Klägerin beantragt,
Ziffern 1 und 2 des Bescheides der RegTP vom 29.9.1999 (C. 00-00/000) aufzuheben und festzustellen, dass die damit genehmigten Entgelte nicht der Genehmigungspflicht unterliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft die Begründung des angefochtenen Bescheides.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Verfahrensakte 1 K 12514/98 und der dort beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der Verfahrensakte 1 K 958/98 verwiesen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid der RegTP geht zu Recht von der Genehmigungsbedürftigkeit der in Rede stehenden Entgelte aus, so dass auch der negative Feststellungsantrag keinen Erfolg hat.
Die Kammer hat bereits entschieden,
VG Köln, Urteile vom 10.05.2001 - 1 K 958/98 - und 28.02.2002 - 1 K 3741/98 -,
dass die (Basis-)Leistung "Rufnummernportierung" Sprachtelefondienst darstellt und dass deshalb das dafür von der Klägerin verlangte Endkundenentgelt gemäß § 25 Abs. 1 TKG genehmigungsbedürftig ist. Dafür waren folgende Gründe maßgeblich:
Nach § 3 Nr. 15 TKG ist Sprachtelefondienst "die gewerbliche Bereitstellung für die Öffentlichkeit des direkten Transports und der Vermittlung von Sprache in Echtzeit von und zu den Netzabschlusspunkten des öffentlichen, vermittelnden Netzes, wobei jeder Benutzer das an solch einem Netzabschlusspunkt angeschlossene Endgerät zur Kommunikation mit einem anderen Netzabschlus- spunkt verwenden kann".
Die Rufnummernportierung lässt sich als Bereitstellung des Transports und der Vermittlung von Sprache beurteilen. Sie ist nämlich Teil der - insgesamt in den Blick zu nehmenden - technischen Einrichtungen, welche zur Übermittlung der Sprache zwischen dem jeweiligen Kunden der Klägerin und dessen Anrufpartner unerlässlich sind. Das ergibt sich aus der technischen Erläuterung dieses Vorgangs, wie er von den Beteiligten im Verfahren 1 K 958/98 inhaltlich übereinstimmend gegeben wird. Danach wird diese Leistung durch Umprogrammierungsmaßnahmen in der für den Anschluss des Kunden zuständigen Teilnehmervermittlungsstelle der Klägerin erbracht. Im Rechner der für den bisherigen Kunden der Klägerin maßgeblichen Teilnehmervermittlungsstelle wird ein Datensatz hinterlegt, der sicherstellt, dass die Verbindung von dieser Teilnehmervermittlungsstelle zunächst zu einem sog. Rufnummernportierungsserver geführt wird. In diesen Server werden die Informationen einprogrammiert, die darüber Auskunft geben, bei welchem Teilnehmernetzbetreiber der betreffende Kunde - nunmehr - seinen Anschluss hat und welche Teilnehmervermittlungsstelle des anderen Netzbetreibers für diesen Anschluss des Endkunden zuständig ist. Es geht also um eine Leitwegänderung, die sich ebenso wie sonstige vermittlungstechnische Vorgänge beim Aufbau und beim Halten der jeweiligen Verbindung zwanglos dem Sprachtelefondienst zurechnen lässt.
Dem kann nicht entgegenhalten werden, es handele sich jeweils nur um eine einmalige Leistung, die sich in der bloßen Programmierung erschöpfe. Denn dagegen spricht, dass auch sonstige einmalige Leistungen, wie etwa die Verlegung von Leitungen oder die Errichtung von Gebäuden für Vermittlungsstellen, kostenmäßig (vgl. § 2 Abs. 2 TEntGV) dem Sprachtelefondienst zuzurechnen sind. Außerdem erschöpft sich die Rufnummernportierung nicht in einer einmaligen Dateiänderung. Vielmehr wirkt sich diese bei jeder davon erfassten Verbindung aus. Dass es sich "nur" um eine Programmierungsmaßnahme handelt, unterscheidet sie nicht wesentlich von sonstigen, für die Verbindungsführung maßgeblichen Arbeiten in EDV-gestützten Vermittlungsstellen.
Auch kann gegen die Einordnung als Sprachtelefondienst nicht eingewendet werden, es handele sich nur um eine Teilleistung. Denn der Transport und die Vermittlung von Sprache setzen sich ohnehin aus einer Vielzahl von Einzelvorgängen und -leistungen zusammen, die bei der rechtlichen Qualifizierung nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Dies zeigt sich auch an der Regelung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG, wonach die Entgeltgenehmigung nach § 25 Abs. 1 TKG auf der Grundlage der "auf die einzelne Dienstleistung" entfallenden Kosten zu erfolgen hat. Dies setzt voraus, dass die "einzelne" Dienstleistung überhaupt nach § 25 Abs. 1 TKG genehmigungspflichtig ist, was wiederum nur dann der Fall sein kann, wenn der Umstand der bloßen Teilleistung (innerhalb der Gesamtleistung Sprachtelefondienst) nicht entgegensteht.
Schließlich lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, es fehle an der für den Begriff der Vermittlung erforderlichen Auswahlmöglichkeit zwischen mehreren Endpunkten.
vgl. Schütz in Beck`scher TKG-Kommentar, 2. Aufl., Rn. 18 a zu § 3 TKG und Rn. 59 zu § 6 TKG; Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, Kommentar, Rn. 27 zu § 3 TKG.
Es kann dahingestellt bleiben, ob dieses Merkmal, das aus der Zeit des Telefondienstmonopols des Bundes stammt (vgl. § 1 Abs. 4 FAG a.F.), auch noch nach Aufhebung dieses Monopols zur Auslegung des Vermittlungsbegriffs des TKG herangezogen werden kann. Denn selbst wenn man dies bejahte, wäre hier die Auswahlmöglichkeit gegeben. Es ist nämlich auch in dieser Hinsicht nicht allein auf die Teilleistung Rufnummernportierung abzustellen. Vielmehr ist auch im vorliegenden Zusammenhang der Gesamthergang der Sprachübermittlung zwischen dem Anrufer und seinem Gesprächspartner in den Blick zu nehmen, wie er nach der Leitwegänderung infolge der Rufnummerübertragung abläuft. Der Kunde der Klägerin ist nicht etwa wie bei einer Festverbindung auf einen bestimmten Netzabschlusspunkt festgelegt, sondern er hat weiterhin die Wahl zwischen mehreren Endpunkten. Über welche Wege innerhalb des Netzes der Klägerin und des damit zusammengeschalteten Netzes des anderen Betreibers die Sprachverbindung letztlich abläuft, ist für die Frage der Auswahlmöglichkeit zwischen mehreren Gesprächspartnern unerheblich.
Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, zumal die Klägerin im vorliegenden Verfahren nichts Neues vorgetragen hat.
Fällt somit die Basisleistung der Rufnummernportierung unter den Begriff des Sprachtelefondienstes, so muss dies auch für die hier umstrittenen Leistungen "Portierung zu besonderen Zeiten" gelten. Dazu wird in der dem ersten Entgeltantrag vom 21.09.1998 beigefügten Leistungsbeschreibung erläutert:
"Das Angebot ´Portierung zu besonderen Zeiten` umfasst die Leistung, die zusätzlich zur Basisleistung Portieren (entsprechend der multilateralen Spezifikation) erbracht wird. Diese Leistung ist abgeschlossen, wenn die Portierung im vereinbarten Zeitfenster erfolgreich abgschlossen wurde. Dabei werden die zum Einbringen der Kommandos in die Netzknoten notwendigen Kommandodateien als Bestandteil der Basisleistung erstellt. Für den erfolgreichen Abschluss der Portierung im vereinbarten Zeitfenster muss darüber hinaus eine Erfolgskontrolle durchgeführt werden. Diese kann nur im manuellen Wege erfolgen. Systembedingt erfolgt nämlich kein Alarm, wenn nach Ablauf der Kommandodatei die Portierung gleichwohl nicht erfolgt ist. Es werden deshalb die Rechnerprotokolle des Portierungsvorgangs immer manuell kontrolliert. Sofern festgestellt wird, dass die Umschaltung nicht erfolgt ist, wird entsprechendes Personal tätig, das zu diesem Zwecke eigens in den Betriebszentren vorgehalten werden muss. Insoweit handelt es sich also um eine manuelle Nacharbeitung oder Erfolgskontrolle des Por- tierungsvorgangs zu besonderen Zeiten."
Dies zugrunde gelegt, geht es zwar nicht wie bei der Basisleistung um Programmierungsvorgänge im engeren Sinne, sondern um eine manuelle Nacharbeitung oder Erfolgskontrolle. Doch lässt sich auch dies ohne weiteres der letztlich beabsichtigten Leitwegänderung zurechnen, da diese erst dann als abgeschlossen angesehen werden kann, wenn nach der Programmierungsänderung auch alles wie geplant funktioniert. Dass die Nacharbeitung und die Erfolgskontrolle außerhalb der regulären Dienstzeit durchgeführt werden, ändert nichts an ihrem Zweck, die Vermittlung von Sprache i.S.d. § 3 Nr. 15 TKG von und zum Kunden unter dessen bisheriger Rufnummer auch nach Wechsel des Netzbetreibers zu ermöglichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, die der Sprungrevision auf § 134 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
VG Köln:
Urteil v. 13.06.2002
Az: 1 K 8975/99
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