Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 3. Januar 2001
Aktenzeichen: 3 W 51/00

(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 03.01.2001, Az.: 3 W 51/00)

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Hanau vom 25.9.2000 aufgehoben. Dem Kläger wird rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung (17.5.2000) Prozesskostenhilfe für eine Teilklage in Höhe von 30.000,00 DM gemäß seinem Schriftsatz vom 9.10.2000 bewilligt. Dem Kläger wird die Rechtsanwaltsgesellschaft Kneller und Kneller GmbH beigeordnet.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

Mit der auf 30.000,00 DM beschränkten Teilklage, für die der Kläger jetzt noch Prozesskostenhilfe begehrt, verfolgt der Kläger einen Anspruch der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagte auf Zahlung der Stammeinlage (100.000,00 DM). Seinem Vortrag, die Stammeinlage sei nicht geleistet, ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

Der Kläger hat dargelegt, dass nicht bestrittenen Forderungen der Konkursgläubiger in Höhe von rund 12.000,00 DM Masseverbindlichkeiten in Höhe von rund DM 34.000,00 (Kosten dieses Rechtsstreits, Kosten des Konkursverfahrens, insbesondere Vergütung des Verwalters, Steuerberatungskosten) vorgehen. Nach seiner Einschätzung stehen der Beklagten nicht ausreichende Mittel zur Verfügung, um im Falle des Obsiegens des Klägers die volle Klageforderung zu begleichen.

Das Landgericht hat die beantragte Prozesskostenhilfe auch in dem beschränkten Umfang nicht bewilligt. Es ist der Ansicht, es sei den Gläubigern, die bei einem Erfolg der (in voller Höhe) erhobenen Klage nicht nur eine Quote, sondern volle Befriedigung erwarten könnten, zuzumuten, die Kosten des beabsichtigten Prozesses aufzubringen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

Die Beschwerde ist begründet.

Nach § 116 Nr. 1 ZPO erhält ein Konkursverwalter Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten der beabsichtigten Rechtsverfolgung aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können - was hier unstreitig der Fall ist - und den am Gegenstand des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen.

Auch diese letztere Voraussetzung ist gegeben. § 116 Nr. 1 ZPO verfolgt das Ziel, die rechtlich geordnete Abwicklung eines masselosen Unternehmens vor allem zum Schutz sozialschwächerer Gläubiger herbeizuführen, weshalb die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Konkursverwalter die Regel, ihre Versagung die Ausnahme sein soll (BGH NJW 1993, 136). Eine kleinliche Handhabung bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Kostenbeteiligung kann diesen Zweck vereiteln, weil sie dazu führen kann, dass Schuldner konkursreifer Gesellschaften, insbesondere - wie hier - deren Gesellschafter, nicht in Anspruch genommen werden können (Musielak-Fischer, ZPO, 2. Aufl., § 116 Rdnr. 10). Das ändert zwar nichts daran, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, dass Gläubigern unbestritten gebliebener Insolvenzforderungen zwar im allgemeinen zuzumuten ist, die Kosten der Rechtsverfolgung aufzubringen, wenn sei bei einem Erfolg der Klage mit einer vollen oder erheblichen Befriedigung ihrer Forderungen rechnen können. Dies gilt aber nicht für die Gläubiger von Minimalforderungen (Zöller- Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 116 Rdnr. 7; OLG Naumburg ZIP 1994, 383 f.). Massegläubigern ist dagegen im allgemeinen nicht zuzumuten, sich an den Kosten einer Rechtsverfolgung zu beteiligen, weil ihre Tätigkeit der Insolvenzmasse zu Gute gekommen ist und sie sich ohne bevorzugte Behandlung nicht auf Geschäfte mit dem Insolvenzverwalter einlassen würden (Zöller-Philippi a.a.0. - einschränkend Musielak-Fischer, a.a.0. Rdnr. 9). Schließlich hat der 9. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 15.1.1998 (MDR 1998, 438) die Auffassung vertreten, es sei auch einem Insolvenzverwalter nicht zuzumuten, sich an den Kosten eines gegen Masseschuldner gerichteten Prozesses zu beteiligen. Daraus wird geschlossen, dass einem Konkursverwalter auch für Prozesse, mit denen er nur Mittel zur Aufbringung seiner Vergütung beschaffen will, Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist (Zöller-Philippi, a.a.0. Rdnr. 10 a; Musielak-Fischer, a.a.0. Rdnr. 6; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 57. Aufl., § 116 Rdnr. 9; Münchkom- ZPO-Wax, 2. Aufl., § 116 Rdnr. 16).

Nach diesen Maßstäben kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht versagt werden.

Auf die Frage, ob dem Kläger, dessen Vergütung bei einem Erfolg der Teilklage sichergestellt würde und dem deshalb die von ihm zunächst beabsichtigte, beschränkte Rechtsverfolgung primär zu Gute käme, allein aus diesem Grund Prozesskostenhilfe zu bewilligen wäre, kommt es dabei nicht entscheidend an. Der Kläger erhebt wegen der ihm bedenklich erscheinenden Leistungsfähigkeit der Beklagten zur Minderung des Kostenrisikos zunächst nur eine Teilklage, jedoch ersichtlich mit dem Ziel, bei einer Realisierung der titulierten Forderung die Rechtsverfolgung auf einen Betrag zu erweitern, der eine Befriedigung aller Gläubiger erwarten ließe. Auch die Teilklage liegt deshalb im Interesse der Masse- und Insolvenzgläubiger. Es kommt deshalb auch darauf an, ob ihnen eine Beteiligung an den Kosten zuzumuten ist. Das ist aber hinsichtlich der Steuerberatungsgesellschaft, die im Auftrag des Klägers die Buchhaltung der Gemeinschuldnerin geordnet und Steuererklärungen vorbereitet hat, nicht der Fall. Hinsichtlich der Insolvenzgläubiger, deren Forderungen nicht bestritten sind, würde eine Beteiligung an den Prozesskosten bedeuten, dass sie für eine die Teilklage übersteigende, für die Befriedigung ihrer Forderung erforderliche Prozessführung insgesamt Kosten in Höhe von mindestens 5.300,00 DM aufbringen müssten. Aufgrund der geringen Höhe ihrer einzelnen Forderungen (höchste Einzelforderung: 8.000,00 DM) ergibt sich daraus nicht nur ein Mißverhältnis zur Höhe ihrer Forderungen. Ihr Kostenbeitrag würde vielmehr hauptsächlich dazu beitragen, die Befriedigung der erheblich höheren vorrangigen Vergütungsforderung des Klägers und der Ansprüche der Massegläubiger zu sichern. Dies ist bei wirtschaftlich vernünftiger Betrachtungsweise den Gläubigern aber nicht zuzumuten.

Die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage ergeben sich daraus, dass die Beklagte dem schlüssigen Vortrag des Klägers nicht entgegen getreten ist. Dementsprechend ist auch Versäumnisurteil ergangen.

Demnach war die beantragte Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Die Beiordnung der Rechtsanwaltsgesellschaft als Prozessbevollmächtigte war, wie beantragt, auszusprechen (§ 59 l BRAO).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus KV-GKG Nr. 1952, § 127 Abs. 4 ZPO.






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