Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. November 2005
Aktenzeichen: 10 W (pat) 40/05

(BPatG: Beschluss v. 29.11.2005, Az.: 10 W (pat) 40/05)

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterabteilung I - vom 22. April 2005 geändert. Die von dem Antragsgegner der Antragstellerin zu erstattenden Kosten werden auf 2.179,- € festgesetzt.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner zu 5/6, die Antragstellerin zu 1/6.

Gründe

I Die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) hat auf Grund eines Löschungsantrags, dem der Antragsgegner nicht widersprochen hatte, dessen Gebrauchsmuster gelöscht. Durch Beschluss vom 21. Dezember 2004 sind auf Antrag der Antragstellerin dem Antragsgegner die Kosten des Löschungsverfahrens dem Grunde nach auferlegt worden. Dagegen hat der Antragsgegner innerhalb der Beschwerdefrist keine Beschwerde eingelegt.

Die Gebrauchsmusterabteilung I des DPMA hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. April 2005 die von dem Antragsgegner der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 1.327,- € festgesetzt. Dem lagen als Einzelpositionen eine Antragsgebühr in Höhe von 300,- €, Vertreterkosten in Höhe von 1.007,- € und Auslagen in Höhe von 20,- € zu Grunde.

Der Antragsgegner hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Sinngemäß beantragt er, den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. April 2005 aufzuheben.

Zur Begründung hat sich der Antragsgegner (auch) gegen die Löschung des Gebrauchsmusters und gegen die Kostenauferlegung ausgesprochen. Auf einen gerichtlichen Hinweis, wonach die Gebrauchsmusterlöschung und die Kostengrundentscheidung wegen Ablaufs der Widerspruchs- bzw. Beschwerdefrist nicht mehr angefochten werden könnten, hat der Antragsgegner nicht geantwortet.

Die Antragstellerin beantragt,

- die Beschwerde zurückzuweisen und - dem Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Außerdem beantragt die Antragstellerin im Wege einer Anschlussbeschwerde,

- die Gesamtkosten des Löschungsverfahrens mit 2.629,- € festzusetzen.

Für eine von ihr durchgeführte Recherche hat sie erstmals mit Schriftsatz vom 30. Mai 2005 folgende Kosten in Gesamthöhe von 1.302,- € zusätzlich geltend gemacht:

- Kosten eines von ihr eingeschalteten Recherchedienstes: 852,- €;

- Zeitaufwand des Anwalts für die Auswertung der Recherchenergebnisse: 450,- €.

Der Antragsgegner hat sich zu der Anschlussbeschwerde nicht geäußert.

II Die Beschwerde ist nicht, die Anschlussbeschwerde dagegen teilweise erfolgreich.

1. Die Beschwerde des Antragsgegners ist - nachdem dieser den gerichtlichen Hinweisen nicht widersprochen hat - so zu verstehen, dass sie sich ausschließlich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. April 2005, nicht aber gegen die Löschung des Gebrauchsmusters, und auch nicht gegen die Kostengrundentscheidung richtet.

2. Die so verstandene Beschwerde ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.

Der Kostenansatz im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. April 2005 ist nicht zu beanstanden. Dies gilt auch im Hinblick auf die Verfahrensgebühr für den Vertreter der Antragstellerin. Diesbezüglich ist die Gebrauchsmusterabteilung - in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundespatentgerichts (vgl. BPatGE 26, 209; 27, 61, 73; 30, 32, 162; 45, 166) - mit Recht von den Festbetragsgebühren der von der Patentanwaltskammer herausgegebenen "Gebührenordnung für Patentanwälte" ausgegangen, wobei der dort vorgesehenen Verfahrensgebühr von 600,00 DM gemäß Abschnitt K IV Nr. 1 PAGO ebenfalls zutreffend entsprechend der Gebührenentwicklung bei den Rechtsanwälten und der Entwicklung der durchschnittlichen Gegenstandswerte ein Teuerungszuschlag von 228 % hinzugerechnet worden ist (vgl. BPatGE 38, 74 ff.).

Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob und in welcher Weise die Ablösung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) durch das am 1. Juli 2004 in Kraft getretene Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) die Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltsgebühren in Gebrauchsmusterlöschungsverfahren beeinflusst. Nach der Übergangsvorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG findet die BRAGO weiterhin Anwendung, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung einer Angelegenheit - wie hier - vor dem 1. Juli 2004 erteilt worden ist. Da somit ein von der Antragstellerin im vorliegenden Fall betrauter Rechtsanwalt nicht nach RVG, sondern nach BRAGO hätte abrechnen können, ist es folgerichtig, auch einem Patentanwalt bei einer Auftragserteilung vor dem 1. Juli 2004 keine höheren Gebühren zuzubilligen (siehe Senatsbeschl. v. 24. März 2005 - 10 W (pat) 41/02).

3. Die Antragstellerin hat mit ihrer nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereichten unselbständigen Anschlussbeschwerde in zulässiger Weise weitere Kosten geltend gemacht (entsprechend § 263 ZPO, vgl. KG, NJW-RR 1991, 768 m. w. N.). Es ist anerkannt, dass im Rahmen einer Anschlussbeschwerde - wenn und solange eine zulässige Beschwerde des Gegners vorhanden ist - die Festsetzung bislang nicht geltend gemachter Kosten, über die der angefochtene Beschluss nicht befunden hat, verlangt werden kann (siehe Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 104 Rn. 46; Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 104 Rn. 21 "Anschlussbeschwerde"; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 104 Rn. 22; Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 104 Rn. 38 - jeweils m. w. N.). Eine solche Nachliquidation ist auch als sachdienlich anzusehen, weil dadurch ein weiteres Kostenfestsetzungsverfahren - oder ein Verfahren vor den ordentlichen Gerichten - vermieden werden kann.

4. Der weitergehende Kostenantrag ist nur teilweise begründet.

a) Die von dem Patent- und Ingenieurdienst in Rechnung gestellten Recherchekosten in Höhe von 852,- € sind erstattungsfähig. Dass die Antragstellerin die von dem Unternehmen vorgenommenen Nachforschungen für notwendig erachten durfte (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl., § 80 Rn. 71), ergibt sich schon daraus, dass sie deren Ergebnisse jedenfalls teilweise zur Begründung ihres Löschungsantrags verwertet hat (siehe die in der Löschungsantragsschrift vom 13. Juli 2004 als E1 und E3 genannten Druckschriften).

b) Nicht erstattungsfähig sind dagegen die Kosten für den Zeitaufwand, den der Vertreter der Antragstellerin für die Auswertung der Recherchenergebnisse aufbringen musste (450,- €). Dieser Aufwand ist schon durch die allgemeine Verfahrensgebühr abgedeckt.

5. Für die Kostenentscheidung gelten § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 62 Abs. 2 Satz 3 PatG, § 97 Abs. 1 ZPO (vgl. Senatsbeschluss vom 4. November 2004 im Verfahren 10 W (pat) 40/02). Danach fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels der rechtsmittelführenden Partei zur Last. Da der Antragsgegner mit seiner Beschwerde keinen Erfolg hat, muss er demnach insoweit die Kosten tragen. Die Anschlussbeschwerde ist kostenmäßig gesondert zu beurteilen. Dies führt insgesamt zu der im Beschlusstenor genannten Kostenquote.

Schülke Püschel Rauch Be






BPatG:
Beschluss v. 29.11.2005
Az: 10 W (pat) 40/05


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