Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Oktober 2003
Aktenzeichen: 21 W (pat) 17/02

(BPatG: Beschluss v. 09.10.2003, Az.: 21 W (pat) 17/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die eine "Elektrode" betreffende Patentanmeldung ist beim Deutschen Patent- und Markenamt am 16. Dezember 1995 eingereicht worden. Die Offenlegung ist am 19. Juni 1997 erfolgt.

Mit Beschluß vom 16. November 2001 hat die Prüfungsstelle für Klasse H 01 B des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zurückgewiesen, weil der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Die Anmelderin verfolgt ihr Patenbegehren gemäß einem Hauptantrag und zweier Hilfsanträge weiter.

Der geltende Patentanspruch 1 (eingegangen am 8. Februar 2000) nach Hauptantrag lautet:

"Elektrode (9) für eine Mittel- oder Hochspannungsanwendung aus einem Drahtgitter aus sich kreuzenden elektrisch leitfähigen Drähten (10.1, 10.2), mit einer zu einer Wölbungsachse (11) rohrförmigen Mantelfläche (9, 3), sowie mit einer zu einem Kreisring abgerundeten Randzone (9.1), wobei der Kreisring konzentrisch und rechtwinklig zur Wölbungsachse (11) angeordnet ist, und wobei der Radius im Bereich der Randzone (9.1) ein Mehrfaches des Drahtdurchmessers beträgt, dadurch gekennzeichnet, dass die Drähte (10.1, 10.2) in Längsrichtung gegenüber einer parallel zur Wölbungsachse (11) verlaufenden Mantellinie der Mantelfläche (9.3) geneigt sind, und dass die Drähte (10.1, 10.2) im einfachen gewölbten Bereich der Mantelfläche (9.3) rechtwinklige Felder und im Bereich der abgebogenen Randzone (9.1) rautenförmige Felder umschließen."

Der Patentanspruch 1 (überreicht in der mündlichen Verhandlung) gemäß Hilfsantrag 1 lautet:

"Elektrode (9) für eine Mittel- oder Hochspannungsanwendung aus einem Drahtgitter aus sich kreuzenden, elektrisch leitfähigen Drähten (10.1, 10.,2), mit einer zu einer Wölbungsachse (11) rohrförmigen Mantelfläche (9.3), sowie mit einer zu einem Kreisring abgerundeten Randzone (9.1), wobei der Kreisring konzentrisch und rechtwinklig zur Wölbungsachse (11) angeordnet ist, und wobei der Radius im Bereich der Randzone (9.1) ein Mehrfaches des Drahtdurchmessers beträgt, dadurch gekennzeichnet, dass die Drähte (10,1, 10.2) in Längsrichtung gegenüber einer parallel zur Wölbungsachse (11) verlaufenden Mantellinie der Mantelfläche (9.3) geneigt sind, und dass die Drähte (10.1, 10.2) im einfachen gewölbten Bereich der Mantelfläche (9.3) rechtwinklige Felder umschließen, die im Bereich der abgebogenen Randzone (9.1) diagonal in Umfangsrichtung gestreckt sind."

Für den Wortlaut der nebengeordneten Patentansprüche 7 und 8 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 sowie die jeweiligen Unteransprüche 2 bis 6 wird auf die Akten verwiesen.

Der einzige Patentanspruch (überreicht in der mündlichen Verhandlung) gemäß Hilfsantrag 2 lautet:

"Verfahren zur Herstellung einer Elektrode (9) für eine Mittel- oder Hochspannungsanwendung aus einem Drahtgitter aus sich kreuzenden, elektrisch leitfähigen Drähten (10.1, 10.2);

wobei die Elektrode (9) folgende Merkmale aufweist:

- eine zu einer Wölbungsachse (11) rohrförmige Mantelfläche (93) ist vorhanden,

- eine zu einem Kreisring abgerundete Randzone (9.1) ist vorhanden,

- der Kreisring ist konzentrisch und rechtwinklig zur Wölbungsachse (11) angeordnet,

- der Radius im Bereich der Randzone (9.1) beträgt ein Mehrfaches des Drahtdurchmessers,

- die Drähte (10.1, 10.2) sind in Längsrichtung gegenüber einer parallel zur Wölbungsachse (11) verlaufenden Mantellinie der Mantelfläche (9.3) geneigt, und - die Drähte (10.1, 10.2) umschließen im einfachen gewölbten Bereich der abgebogenen Randzone (9.1) rautenförmige Felder:

und wobei das Verfahren folgende Schritte aufweist:

- ein ebener, rechteckiger Drahtgitterabschnitt wird derart aus dem Drahtgitter ausgeschnitten, dass die sich kreuzenden Drähte (10.1, 10.2) gegenüber den äußeren Seitenkanten des Drahtgitterabschnitts geneigt verlaufen,

- der Drahtgitterabschnitt wird um die parallel zu einer der Seitenkanten verlaufenden Wölbungsachse (11) gewölbt, und - die dann gewölbte Randzone (9.1) wird zusätzlich radial zur Wölbungsachse (11) abgebogen."

Folgende Entgegenhaltung ist u.a. im Verfahren:

(1) CH PS 367222.

Den Gegenständen der Patentansprüche liegt die Aufgabe zugrunde, bei einer Elektrode gemäß dem Oberbegriff des ersten Anspruchs Maßnahmen zu treffen, die eine querschnittsverändernde Bearbeitung der sich kreuzenden Drähte erübrigt (Beschr. eingeg. am 12. April 2002, S. 1a, le. Absatz).

Die Anmelderin hält den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 sowie den des Patentanspruchs nach Hilfsantrag 2 für neu und erfinderisch. Sie führt dazu hauptsächlich aus, daß das Wesentliche des Anmeldungsgegenstands darin liege, daß die Drähte des die Elektroden bildenden Drahtgitters in Längsrichtung gegenüber einer parallel zur Wölbungsachse verlaufenden Mantellinie der Mantelfläche geneigt seien. Diese Anordnung eröffne die Möglichkeit der einfachen Herstellung des Drahtgitters, insbesondere des einfachen Umbiegens im Bereich der Randzone. Hinweise darauf seien insbesondere der Druckschrift (1) nicht zu entnehmen. Diese betreffe eine ganz andere Problematik, nämlich das Verhalten der dortigen Elektrode beim Abkühlvorgang der Vergußmasse. Die Figuren dieser Druckschrift zeigen auch keine Elektrode in einer Ausgestaltung wie beim Anmeldungsgegenstand: Die Figuren 1 bis 4 betreffen Metallfolien-Elektroden, die Figuren 5 und 6 zeigen keine Drahtgitter, die dort gezeichneten Schraffuren sollen lediglich eine Ebene darstellen und keine Gitterlinien beinhalten. Zudem fehle in Verbindung mit Figur 5, 6 eine exakte Beschreibung einer Gitterstruktur. Folglich seien aus der Druckschrift (1) auch keine Anregungen zu entnehmen, die den Fachmann zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 hätten führen können. Ein Verfahren, wie es im Patentanspruch nach Hilfsantrag 2 angegeben sei, sei im Stand der Technik überhaupt nicht erwähnt, so daß zumindest dieser Anspruch patentfähig sein müsse.

Schließlich regt die Anmelderin noch die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an. Sie habe mit Eingabe vom 4. Februar 2000 neue Patentansprüche 1 bis 8 eingereicht und eine mündliche Verhandlung beantragt, die ihr verweigert worden sei.

Für weitere Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit den am 8. Februar 2000 eingegangen Ansprüchen 1 bis 8, der am 12. April 2002 eingegangenen Beschreibung Seite 1 und 1a, im übrigen ab Seite 2 der Beschreibung und 2 Blatt Zeichnungen gemäß den ursprünglichen Unterlagen, hilfsweise mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüchen 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 1, im übrigen wie zum Hauptantrag, weiter hilfsweise mit dem in der mündlichen Verhandlung überreichten einzigen Anspruch gemäß Hilfsantrag 2, im übrigen wie zum Hauptantrag zu erteilen, sowie die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 sowie des einzigen Patentanspruchs nach Hilfsantrag 2 ist nicht patentfähig.

A) Hauptantrag Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist formal zulässig. Er stützt sich im wesentlichen auf die ursprünglichen Ansprüche 1 und 7.

Es ist schon fraglich, ob sein Gegenstand neu ist. Im einzelnen mag dies jedoch dahinstehen, denn der Gegenstand nach diesem Anspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da dieser dem Durchschnittsfachmann, nämlich dem mit dem Entwurf und der Herstellung von Hochspannungseinrichtungen wie Isolatoren, Schaltern und Durchgängen, wozu auch Elektroden nach dem Anmeldungsgegenstand gehören, befaßten Ingenieur, durch den Stand der Technik nahegelegt ist.

Aus der Druckschrift (1) ist eine Elektrode für eine Mittel- oder Hochspannungsanwendung bekannt (vgl. Beschreibung Seite 1, 1. Absatz). Diese Elektrode besteht gemäß einer dritten Ausführungsform aus einem Drahtgitter mit sich kreuzenden, elektrisch leitfähigen Drähten (vgl. Seite 2, linke Spalte, Zeile 26 bis 41, gaine metallique tissee, gewebte metallische Hülle, tresse, Geflecht). Der Drahtgitteraufbau mit sich kreuzenden, elektrisch leitfähigen Drähten ergibt sich beim Gegenstand von (1) gemäß dieser dritten Ausführungsform aus dem Begriff "gewebt" (tissee) weil Weben nach dem Kett-Schußfaden-Prinzip erfolgt, was zu der Gitterstruktur mit sich kreuzenden Elementen führt. Im übrigen ist das auch beim Anmeldungsgegenstand so vorgesehen, vgl. Spalte 3, Zeile 28 bis 37, wonach die Drahtgruppen nach Art eines Kett-Schußfaden-Gewebes miteinander verbunden sind. Weiterhin ist das Drahtgitter so angeordnet, daß sich eine zu einer Wölbungsachse rohrförmige Mantelfläche (Seite 2, linke Spalte, Zeile 26 bis 41, gaine annulaire, umlaufende Hülle, sowie Figuren 5 und 6) ergibt. Die Randzonen sind des weiteren umgebogen, wodurch zu einem Kreisring abgerundete Randzonen (Fig. 5, 6, jeweils oberes und unteres Ende der Position 17 und Seite 2, Zeile 40/41) gebildet werden und der Kreisring konzentrisch und rechtwinklig zur Wölbungsachse angeordnet ist (Fig. 5 und insbesondere Fig. 6 in der der Kreisring dargestellt ist). Daß der Radius im Bereich der Randzone ein Mehrfaches des Drahtdurchmessers beträgt, ist den Figuren 5, 6 ebenfalls ohne weiteres zu entnehmen.

Wenn nun der Fachmann eine solche Ausführungsform (dritte Ausführungsform) einer Elektrode nach (1) realisieren will, so muß er zwangsweise Überlegungen darüber anstellen, wie er die gewebte, aus sich kreuzenden metallischen Drähten bestehende Hülle (Drahtgitter beim Anmeldungsgegenstand) in Bezug auf die Mantellinie anordnet. Es bieten sich ihm dazu zwei Möglichkeiten an. Zum einen kann er die Anordnung so treffen, daß die Kettfäden parallel zur Mantellinie und die Schußfäden senkrecht dazu verlaufen. Zum anderen kann er die Anordnung so treffen, daß die Kett- und Schußfäden jeweils eine gewisse Neigung zur Mantellinie aufweisen, was ihm generell aus Schirm- und Bewehrungsgeflechten bei Kabeln, insbesondere auch Hochspannungskabeln, bekannt ist.

Hieraus die eine oder andere Anordnung auszuwählen kann keine erfinderische Tätigkeit begründen, so daß das Merkmal, wonach die Drähte in Längsrichtung gegenüber einer parallel zur Wölbungsachse verlaufenden Mantellinie der Mantelfläche geneigt sind, nicht die Erfindungshöhe zu stützen vermag. Dabei kommt noch hinzu, wie auch die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung einräumte, daß die Möglichkeit der senkrechten und parallelen Anordnung der einzelnen Drähte zur Mantelachse zu einer besonders erschwerten Erzeugung der zu einem Kreisring geformten abgerundeten Randzone führt. Da sich ein solcher Nachteil auch bei Versuchen sofort herausstellt, wird der Fachmann diese Möglichkeit fallen lassen und die andere - geneigte - Anordnung auswählen. Dies gehört zu seinem fachüblichen Vorgehen.

Das weitere Merkmal, wonach die Drähte im einfachen gewölbten Bereich der Mantelfläche rechtwinklige Felder umschließen, ergibt sich zwanglos bei der Erstellung des Schirms nach (1) in Form eines Gewebes, weil dies die naheliegendste Anordnung für Kett- und Schußfäden bei der Gewebeerzeugung darstellt. Damit beruht auch dieses Merkmal nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das gilt auch für das letzte Merkmal, wonach die Drähte im Bereich der abgebogenen Randzone rautenförmige Felder umschließen, weil durch das Umbiegen des Gewebes an den Rändern nach außen sich die von den Drähten umschlossenen Felder zwangsweise in der angegebenen Form verändern, ohne daß es dazu besonderer zusätzlicher Maßnahmen bedarf. Zusätzliche Maßnahmen sind auch beim Gegenstand des Anspruchs 1 nicht vorgesehen.

Wenn die Anmelderin einwendet, dem Gegenstand von (1) liege ein anderes Problem zugrunde als dem Gegenstand des Anspruchs 1, so vermag das nichts an der vorstehenden Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu ändern. Dies deshalb nicht, weil die nach (1) aufgebaute Elektrode nach dem dritten Ausführungsbeispiel, die dort zwar den Gieß- bzw. Aushärtvorgang positiv beeinflussen soll, zwangsweise auch die Eigenschaften der Elektrode nach dem Gegenstand des Anspruchs 1 aufweisen muß, nämlich daß ein Strecken oder Stauchen von Drähten sicher vermieden wird (Offenlegungsschrift, Spalte 1, Zeile 44 bis 47).

Auch der Einwand der Anmelderin, in der Druckschrift (1) sei, wie insbesondere durch die Figuren 1 bis 4 und der zugehörigen Beschreibung zum Ausdruck käme, nur eine aus einer Metallfolie bestehende Elektrode deutlich dargestellt, eine solche in Gitter- oder Gewebeform, sei nicht so deutlich offenbart, daß der Fachmann diese Form aufgreife, überzeugt nicht.

Denn die Druckschrift (1) umfaßt insgesamt acht Ausführungsformen (Seite 1, Zeile 40 bis 43) und auf Seite 2, Zeile 26 bis 41 ist ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es sich hier um eine "dritte Ausführungsform" der dortigen Erfindung handelt. Diese Ausführungsform besteht, für den Fachmann deutlich erkennbar, aus einem Gewebe aus Drähten und legt, wie vorstehend ausgeführt, den Gegenstand des Anspruchs 1 nahe.

Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob die sich auf das dritte Ausführungsbeispiel beziehende Figur 5 bzw. 6, lediglich eine Schraffur enthält, wie die Anmelderin annimmt, oder ob es sich hier um die Darstellung einer Gitterstruktur handelt, da die Beschreibung, Seite 2, Zeile 26 bis 41, für den Fachmann hinreichend deutlich den Gewebeaufbau der Elektrode vermittelt.

Auch eine gemeinsame Betrachtung sämtlicher Merkmale des Anspruchs 1 führt zu keiner anderen Beurteilung, weil jedes Merkmal nur die ihm eigenen Eigenschaften entfaltet und es zu keiner synergistischen Wirkung kommt. Es ist auch diesbezüglich seitens der Anmelderin nichts vorgetragen worden.

Mit dem Anspruch 1 fallen auch die Ansprüche 7, 8 und die Ansprüche 2 bis 6.

B) Hilfsantrag 1 Der zulässige Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, daß es im letzten Merkmal anstelle von, daß die Drähte "im Bereich der abgebogenen Randzone rautenförmige Felder umschließen" hier heißt "im Bereich der abgebogenen Randzone diagonal in Umfangsrichtung gestreckt sind".

Bezüglich der übereinstimmenden Merkmale wird auf die Ausführungen unter A) verwiesen, die hier in gleicher Weise gelten.

Das vorgenannte Merkmal vermag indes ebenfalls nicht die erfinderische Tätigkeit zu begründen, da es im Grunde dasselbe zum Ausdruck bringt, wie das entsprechende Merkmal im Anspruch 1 nach Hauptantrag, so daß auch die diesbezüglichen Ausführungen unter A) hier gelten: Das Umbiegen des Gewebes an den Rändern nach außen führt zwangsweise zu einer Streckung der ursprünglich rechtwinkligen Felder diagonal in Umfangsrichtung, was als Endform dann zum Beispiel die Form einer Raute ergibt.

Mit dem Anspruch 1 fallen auch die Ansprüche 7, 8 und die Ansprüche 2 bis 6.

C) Hilfsantrag 2 Der zulässige Patentanspruch nach Hilfsantrag 2 ist auf ein Verfahren zur Herstellung einer Elektrode für eine Mittel- oder Hochspannungsanwendung gerichtet. Dieses Verfahren ist neu, beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die in diesem Verfahrensanspruch beschriebene gegenständliche Elektrode gemäß den ersten sechs Aufzählungsstrichen ist durch den Gegenstand der Druckschrift (1) nahegelegt, wie vorstehend unter A) zum Anspruch 1 nach Hauptantrag ausgeführt ist.

Wenn der Fachmann diese nicht erfinderische Elektrode herstellen will, so ist er aufgrund seiner Fachkenntnisse ohne weiteres in der Lage das dazu erforderliche Herstellungsverfahren anzugeben.

Aus der Druckschrift (1) ist es bekannt (vgl. Seite 1, Zeile 64 bis Seite 2, Zeile 6), eine aus Metallfolie bestehende Elektrode dadurch herzustellen, daß die Metallfolie in Form eines Rohres gerollt wird, wobei sich die Enden überlappen (vgl. den die Seiten 1, 2 übergreifenden Satz). Um diesen Herstellungsschritt ausführen zu können muß der Fachmann zuvor ein entsprechend großes, ebenes, rechteckiges Metallfolienstück herstellen, also z.B. aus einem genügend großen Stück Folie ausschneiden. Es ist dem Fachmann klar, daß er das hier für die Ausführungsform einer Elektrode aus Folienmaterial beschriebene Herstellungsverfahren in gleicher Weise auch für die weiter in (1) beschriebene Ausführungsform (dritte Ausführungsform) bei der eine metallische, gewebte Hülle eingesetzt wird, anwenden kann, wenn er ein entsprechendes ebenes, rechteckiges Stück aus einem gewebten Material ausschneidet. Will er dabei voraussetzungsgemäß erreichen, daß die Drähte in Längsrichtung zur Wölbungsachse des Rohres geneigt sind, muß er den Zuschnitt selbstverständlich entsprechend ausführen, d.h. den Drahtgitterabschnitt derart aus dem ebenen Gitter ausschneiden, daß die sich kreuzenden Drähte gegenüber den äußeren Seitenkanten des Drahtgitterabschnitts geneigt verlaufen. Dazu bedarf es keiner erfinderischer Überlegungen, so daß in dem Verfahrensmerkmal des ersten Aufzählungsstriches keine erfinderische Tätigkeit gesehen werden kann.

Das gilt auch für die beiden verbleibenden Verfahrensmerkmale, denn diese Vorgehensweise ist dem Fachmann zur Herstellung einer Elektrode aus Folienmaterial aus (1) bekannt, so daß er diese beiden Schritte ohne weiteres auf das Material mit Gitterstruktur übertragen kann. In dem die Seite 1 und 2 übergreifenden Absatz heißt es nämlich, daß (wie bereits ausgeführt) das Blattmaterial zu einer Röhre gerollt wird, also um die parallel zu einer der Seitenkanten verlaufenden Wölbungsachse gewölbt wird und anschließend die oberen und unteren Enden des Blattes nach außen umgebogen werden (Seite 2, Zeile 3 bis 6), also die dann gewölbte Randzone zusätzlich radial zur Wölbungsachse abgebogen wird.

D) Rückzahlung der Beschwerdegebühr Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr steht im pflichtgemäßen Ermessen des Senats. Einzige Voraussetzung für eine Rückzahlung ist, daß die Rückzahlung der Billigkeit entspricht (PatG § 80 Abs. 3; Schulte, PatG 6. Aufl. § 73 Rdn 145). Unbillig ist die Einbehaltung der Gebühr dann, wenn der Beschwerdeführer - unabhängig vom Ausgang des Verfahrens - durch eine gesetzwidrige oder unangemessene Sachbehandlung oder durch einen offensichtlichen Fehler des Patentamts genötigt worden ist, Beschwerde einzulegen und die Beschwerdegebühr zu entrichten.

Im vorliegenden Fall macht die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung einen Verfahrensfehler geltend, nämlich mangelndes rechtliches Gehör, wegen der nicht stattgegeben Anhörung.

Die Prüfungsstelle hat in ihrem Erstbescheid vom 12. Oktober 1999 zu allen Ansprüchen sorgfältig und in klarer Form Stellung genommen. Sie hat für den Fall der Formulierung neuer Ansprüche auch noch auf formale Mängel, die zu beseitigen wären, hingewiesen. Die Anmelderin hat daraufhin neue Ansprüche vorgelegt, wobei Anspruch 1 ergänzt worden ist durch den Unteranspruch 7, der, wie auch Anspruch 1, von der Prüfungsstelle mit ausführlicher Begründung als nicht schutzfähig bezeichnet worden ist.

Die Begründung zu den von der Anmelderin neu vorgelegten Ansprüchen ließ erkennen, daß es um eine unterschiedliche Rechtsauffassung ging.

Die Prüfungsstelle ist im Zurückweisungsbeschluß auf ihre vorangegangenen Beanstandungen nochmals eingegangen und hat keine für die Anmelderin neuen Argumente zur Begründung der Zurückweisung herangezogen. Ein Versagen rechtlichen Gehörs sieht der Senat in dieser Vorgehensweise nicht. Im übrigen hätte auch die Entscheidung nicht anders gelautet, wenn das Gehör gewährt worden wäre (Schulte, PatG 6. Auflage § 34 Rdn 230).

Die Rückzahlung der Beschwerde Gebühr war daher nicht anzuordnen.

Dr. Winterfeldt Klosterhuber Dr. Franz Dr. Strößner Pr






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Beschluss v. 09.10.2003
Az: 21 W (pat) 17/02


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