Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 24. November 1995
Aktenzeichen: 6 U 7/95
(OLG Köln: Urteil v. 24.11.1995, Az.: 6 U 7/95)
Es stellt eine unerlaubte, nicht durch Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG gerechtfertigte Rechtsbesorgung dar, wenn eine Verbraucherorganisation (schriftlich) die rechtlichen Interessen einer von einem Einzelhändler wegen Beschädigung ausgelegter Ware auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Kundin diesem gegenüber wahrnimmt.
Tatbestand
Der Kläger ist der Anwaltverein, der Beklagte ist die
Verbraucherzentrale des Landes pp. Die Parteien streiten über die
Berechtigung des Beklagten, in einem bestimmten Fall rechtliche
Interessen einer Kundin in einer Auseinandersetzung mit dem Inhaber
eines Einzelhandelsgeschäftes wahrzunehmen. Dem liegt Folgendes
zugrunde:
Eine Frau Sch. hatte am 2.4.1994 das in L. gelegene
Einzelhandelsgeschäft einer Fa. P.H. GmbH betreten und
interessehalber dort ein Fotoalbum aus einem Regal in die Hand
genommen. Dabei waren mehrere weitere Alben zu Boden gefallen. Mit
- im Termin vom 07.11.1995 von den Beklagten vorgelegten -
Schreiben vom 5.4.1994 hatte sich daraufhin Frau Rechtsanwältin
H.-D. aus L. an Frau Sch. gewandt und im Namen der Fa. H. wegen
dieses Vorfalles einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 43,60 DM
geltendgemacht. Nachdem Frau Sch. sich dieserhalb an die
Beratungsstelle L. des Beklagten gewandt hatte, richtete dessen
Mitarbeiterin Zimmermann unter dem 14.4.1994 ein Antwortschreiben
an die Rechtsanwältin, in dem unter Vorlage einer Vollmacht die
Interessenvertretung für Frau Sch. angezeigt und die Auffassung
vertreten wurde, die ,Hauptschuld" liege bei der Fa. H., weil diese
keine Vorkehrungen gegen ein Herabfallen der auf dem Regal
freistehend plazierten Fotoalben getroffen habe. Wegen der
Einzelheiten dieses Schreibens wird auf dessen als Anlage K 1 zur
Klageschrift vorgelegte Ablichtung Bezug genommen.
Der Kläger sieht hierin eine Verstoß gegen Art.1 § 1 RBerG und
begehrt mit dieser Begründung aus § 1 UWG Unterlassung.
Er hat die Auffassung vertreten, die beschriebene Tätigkeit des
Beklagten für Frau Sch. sei nicht durch Art.1 § 3 Ziffer 8 RBerG
gestattet, weil es sich nicht um eine spezifische Frage des
Verbraucherrechtes handele.
Der Kläger hat b e an t r a g t,
den Beklagten unter Androhung von Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM
bei jedem schuldhaften Verstoß zu verurteilen es zu
unterlassen,
die geschäftsmäßige Besorgung von Rechtsangelegenheiten
einschließlich der Rechtsberatung vorzunehmen, wie dies durch das
nachstehend eingeblendete Schreiben der Beratungsstelle L. vom
14.4.1994 in der Angelegenheit Firma H. ./. H. Sch. ,wiedergegeben"
(gemeint war offenbar: ,geschehen") ist
(es folgte eine Ablichtung des erwähnten Schreibens vom
14.4.1994).
Der Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf seine Satzung berufen, wegen deren Wortlaut auf
die als Bl.30 zu den Akten gereichte Ablichtung Bezug genommen
wird, und die Auffassung vertreten, es handele sich um eine
,Verbraucherangelegenheit", was sich daraus ergebe, daß Frau Sch.
die Absicht gehabt habe, sich über Ware der Fa. H. zu informieren
und etwas zu kaufen.
Das L a n d g e r i c h t hat den Beklagten antragsgemäß wegen
Verstoßes gegen § 1 UWG i.V.m. Art.1 § 1 RBerG verurteilt, weil er
seinen Aufgabenbereich überschritten habe und deswegen die
Ausnahmebestimmung des Art.1 § 3 Ziff. 8 RBerG nicht eingreife.
Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten B e r u f u n g
vertritt der Beklagte weiterhin seinen erwähnten Rechtsstandpunkt.
Ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen führt er aus:
Der Verbraucherbegriff sei mit Rücksicht auf die
Rechtsentwicklung in der europäischen Union und auf die Regelungen
im § 24 AGBG und im § 6 HaustürWG weit zu fassen. Es handele sich
danach sogar um einen typischen Fall der Wahrnehmung von
Verbraucherinteressen, weil Handlungen, die im Zusammenhang mit der
Vorbereitung einer Kaufentscheidung im Geschäftslokal erfolgten,
verbraucherbezogen seien. Er habe sich auch an seine Satzung
gehalten. Danach sei er zur Verfolgung rechtlicher Interessen eines
Verbrauchers dann berechtigt, wenn diese im Zusammenhang zu dessen
Verhalten als Verbraucher stünden. Entgegen der Auffassung der
Kammer brauche es sich dabei nicht um spezifische Fragen des
Verbraucherschutzes zu handeln. Das ergebe sich zunächst schon aus
dem Wortlaut des Gesetzes, in dem von ,Rechtsangelegenheiten von
Verbrauchern" und nicht von ,Angelegenheiten von Verbrauchern auf
dem Gebiet des Verbraucherrechtes" die Rede sei. Diese Auslegung
werde aber auch dem Sinn des Gesetzes eher gerecht, weil der
Verbraucherschutz eine im Wandel befindliche Materie und daher eine
auf den Verbraucher bezogene Óbertragung der Befugnisse sinnvoller
sei als eine derartige Óbertragung, die auf einzelne Rechtsgebiete
bezogen sei. Auch seien Sinn und Zweck des Gesetzes nicht verletzt:
so werde ihm inkompetente Beratung nicht vorgeworfen und bestehe
angesichts der Tatsache, daß es in NRW keine weitere
Verbraucherzentrale gebe, auch nicht die Gefahr, daß die
Rechtsanwälte sich einer unübersehbaren Zahl von Konkurrenten
gegenübersähen. Schließlich fehle das subjektive Element einer
Wettbewerbshandlung, weil seine Mitarbeiterin angesichts des
niedrigen Streitwertes nicht die Vorstellung gehabt habe, in
Konkurrenz mit einem Rechtsanwalt zu treten.
Der Beklagte b e a n t r a g t,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage
abzuweisen.
Der Kläger b e a n t r a g t,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die
Verurteilung in der oben durch das vorliegende Urteil tenorierten
Fassung aufrechterhalten wird.
Er meint, der Verbraucherbegriff sei regelungsbezogen, also
orientiert am Sinn und Zweck des Rechtsberatungsgesetzes,
auszulegen. Danach sei indes der Bereich des Verbraucherrechtes
durch die Beklagte verlassen worden. Das Gesetz bezwecke den Schutz
des einzelnen vor der Óbertragung von Rechtsangelegenheiten auf
inkompetente Berater und des Rechtsverkehrs vor Störungen durch
solche Berater. Dieser Zweck werde bei Rechtsberatung durch
Verbraucherzentralen nur dann nicht verletzt, wenn diese bei
spezifischen Fragen des Verbraucherschutzes für einzelne
Verbraucher tätig würden. Hierzu gehöre indes die
Auseinandersetzung der Frau Sch. mit der Fa. H. nicht: vielmehr
könne das, was Frau Sch. passiert sei, jedem passieren. Der
Beklagte habe auf die Forderung der Fa. H. auch nicht mit
verbraucherspezifischen, sondern mit deliktsrechtlichen
Ausführungen reagiert. Wollte man dies zulassen, so bestünden
nahezu keine Grenzen mehr für die rechtsberatende Tätigkeit der
Verbraucherzentralen, weil in dem in Deutschland bestehenden
Wirtschaftssystem jeder nahezu in jeder Situation (auch) als
Verbraucher angesprochen werde. Was die Frage der Anzahl von
Verbraucherzentralen angehe, so sei zu berücksichtigen, daß der
Beklagte zahllose örtliche Beratungsstellen betreibe. Schließlich
bestreitet der Kläger, daß dem Beklagten das Bewußtsein einer
Wettbewerbshandlung gefehlt habe. Dieser wisse, daß er sich im
Bereich des Rechtsberatungsgesetzes bewege, im übrigen habe die
Beraterin gesehen, daß auch die Fa. H. eine Anwältin gefunden habe,
die ohne Rücksicht auf den niedrigen Streitwert für sie tätig
geworden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand
der mündlichen Verhandlung waren.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Soweit durch die vorliegende Entscheidung des Senats der
Urteilsausspruch neu gefaßt worden ist, liegt hierin keine Ànderung
des materiellen Inhalts der Verurteilung, sondern lediglich eine
der Klarstellung dienende nähere Anpassung des Tenors an die
konkrete Form der Verletzungshandlung.
Der Anspruch ist aus § 1 UWG i.V.m. Art.1 § 1 RBerG begründet.
Die Versendung des von dem Kläger beanstandeten Schreibens durch
die Beratungsstelle L. des Beklagten verstößt gegen die vorgenannte
Bestimmung des Rechtsberatungsgesetzes. Dieser Gesetzesverstoß
begründet ohne weiteres den Sittenwidrigkeitskeitsvorwurf des § 1
UWG, ohne daß insoweit weitere Unlauterkeitsmomente hinzutreten
müßten (ständ. Rechtsprechung des Senats, Anw.Bl.86,346; WRP
95,864; vgl. auch Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17.Aufl.,
§ 1 UWG RZ 623 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Beklagten ist
im vorliegenden Falle der Unlauterkeit wegen Gesetzesverstoßes die
positive Feststellung der auch hier zu vermutenden
Wettbewerbsabsicht nicht erforderlich. Im übrigen lag eine solche
aber auch vor, weil dem Beklagten bzw. seiner Mitarbeiterin bekannt
war, daß Frau Sch. bei einer Beachtung des Verbotes der
Rechtsberatung auf die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe
angewiesen war, um sich gegen den geltendgemachten Anspruch zur
Wehr zu setzen.
Es bedarf keiner Begründung, daß die Abfassung und Absendung des
Schreibens das Besorgen einer Rechtsangelegenheit der von der Fa.
H. in Anspruch genommenen Frau Sch. darstellt, zumal dies der
Beklagte selbst nicht in Abrede stellt.
Entscheidungserheblich ist daher allein die Frage, ob diese
Rechtsbesorgung unter den - allein in Betracht kommenden -
Ausnahmetatbestand des Art.1 § 3 Ziff.8 RBerG fällt. Diese Frage
ist indes zu verneinen. Nach jener Bestimmung ist die
außergerichtliche Besorgung von Rechtsangelegenheiten durch
bestimmte Verbraucherzentralen ,im Rahmen ihres Aufgabenbereiches"
zulässig. Der Aufgabenbereich des Beklagten, der eine derartige
Verbraucherzentrale darstellt, ist durch die Beratung der Frau Sch.
und ihre Vertretung gegenüber der Fa. H. überschritten worden.
Zur Abgrenzung des Aufgabenbereichs des Beklagten, in dem ihm
die Rechtsberatung gestattet ist, ist in erster Linie auf seine
Satzung abzustellen (vgl. zu der gleichgelagerten Problematik im
Rahmen des Art.1 § 7 RBerG: BGHZ 83,210,213). Zu den in Ziffer 2
der Satzung des Beklagten niedergelegten Aufgaben gehört es
unzweifelhaft, die Belange der Verbraucher generell nach außen zu
vertreten und für eine umfassende Beratung der Verbraucher über sie
allgemein angehende Fragen zu sorgen. Zu den Aufgaben des Beklagen
mag es darüber hinaus auch gehören, in konkreten Einzelfällen, in
denen Verbraucher Ansprüche geltend machen wollen oder sich solchen
ausgesetzt sehen, für den betroffenen Verbraucher dessen Rechte
wahrzunehmen, sofern Belange des Verbraucherschutzes tangiert sind.
Hierfür spricht zumindest der Wortlaut von Ziffer 2.1 d) der
Satzung, wonach der Beklagte die Aufgabe hat, ,die Rechte der
Verbraucher wahrzunehmen". Angesichts der Tatsache, daß in den
übrigen Unterpunkten der Ziffer 2 der Satzung eher generalisierende
Aufgaben angesprochen sind, dürfte die Bestimmung im vorstehenden
Sinne zu verstehen sein, was im übrigen auch der Kläger
ausdrücklich nicht in Abrede stellt. Mit einem solchen Inhalt steht
die Satzung auch im Einklang mit der in Art.1 § 3 Ziff.8 RBerG
normierten Ausnahmebestimmung, weil es zu den Aufgaben einer
Verbraucherzentrale gehören kann, im Einzelfall, in dem die Belange
des Verbraucherschutzes tangiert sind, auch die rechtlichen
Interessen des Betroffenen wahrzunehmen. Dies wird schon daran
deutlich, daß der Gesetzgeber sonst keinen Bedarf gesehen haben
könnte, die Ausnahmebestimmung zu schaffen. Wenn
Verbraucherzentralen nicht befugt wären, im Einzelfall auch
Individualinteressen rechtlich wahrzunehmen bzw. die Betroffenen
rechtlich zu beraten, bedürfte es der gesetzlichen Befreiung von
dem generellen Verbot der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten
nicht. Dementsprechend wird auch in der Literatur - soweit
ersichtlich übereinstimmend - ein solches Recht von
Verbraucherzentralen angenommen (vgl. Reich ZRP 81,53,54; Paschke
DB 82,2389).
Gleichwohl war der Beklagte nicht zu der Abfassung und Absendung
des beanstandeten Schreibens berechtigt, weil in der
Auseinandersetzung der Frau Sch. mit der Fa. H. Fragen des
Verbraucherschutzes nicht tangiert waren. Dies ist indes
Voraussetzung für das Eingreifen der Ausnahmevorschrift. Es kann
zunächst keinem Zweifel unterliegen, daß eine Rechtsberatung nach
Art.1 § 3 Ziff.8 RBerG nur erlaubt sein kann, wenn
verbraucherspezifische Fragen, also solche tangiert sind, die den
einzelnen gerade in seiner Eigenschaft als Verbraucher betreffen
(vgl. Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 2.Aufl., Art.1 § 3 RZ
54). Dies ergibt sich entgegen der Auffassung des Beklagten ohne
weiteres schon aus dem Wortlaut des Gesetzes, wonach
Verbraucherzentralen eben ,im Rahmen ihres Aufgabenbereiches"
rechtsberatend tätig werden dürfen, weil dieser offenkundig
jedenfalls dann überschritten ist, wenn die Auseinandersetzung
Fragen des Verbraucherschutzes nicht betrifft. Abgesehen davon wäre
es mit dem Sinn der Ausnahmebestimmung auch nicht zu vereinbaren,
Verbraucherzentralen auch außerhalb ihres satzungsmäßigen
Tätigkeitsgebietes eine rechtsberatende Tätigkeit zu gestatten.
Dementsprechend wird die Notwendigkeit des Bezugs zu Fragen des
Verbraucherschutzes in der Literatur auch, und zwar auch von den
Befürwortern einer weiten Fassung der Ausnahmevorschrift, einhellig
angenommen (vgl. Rennen/Caliebe a.a.O.; Reich a.a.O.; Paschke
a.a.O.).
Es ist schon fraglich, ob die von dem Beklagten beratene Frau
Sch. gerade in ihrer Eigenschaft als Verbraucherin von der Fa. H.
in Anspruch genommen worden ist. Immerhin könnte das Mißgeschick,
das zu dem Herabfallen der Alben geführt hat, ihr auch dann
passiert sein, wenn sie von vorneherein die feste Absicht gehabt
hätte, keinen Kauf zu tätigen, und nur etwa aus Neugier trotzdem
ein Album in die Hand genommen und dabei das Herabfallen der
anderen Alben verursacht hätte. Es dürfte allerdings mehr dafür
sprechen, Frau Sch. als in ihrer Eigenschaft als Verbraucherin
betroffen anzusehen, weil für den allein maßgeblichen konkreten
Einzelfall davon auszugehen ist, daß sie zumindest in Betracht
gezogen hatte, eines der Alben zu kaufen. Frau Sch. war daher in
der Situation, die zu dem angeblichen Schaden geführt hat,
potentielle Kundin und aus diesem Grunde ungeachtet der Tatsache,
daß das Mißgeschick auch Personen ohne Kaufabsichten hätte
passieren können, gerade als Verbraucherin betroffen.
Für den Ausnahmetatbestand des Art.1 § 3 Ziff.8 RBerG reicht es
indes nicht aus, daß der Beratene gerade in seiner Eigenschaft als
Verbraucher betroffen ist. Vielmehr ist erforderlich, daß in dem
konkreten Einzelfall darüber hinaus spezielle Belange des
Verbraucherschutzes den Gegenstand der Auseinandersetzung
darstellen. Daran fehlt es im vorliegenden Verfahren. Der Senat
braucht die Frage nicht abschließend zu entscheiden, wo insofern
die Grenzen liegen, weil die Auseinandersetzung der Frau Sch. mit
der Fa. H. jedenfalls keine Frage des Verbraucherschutzes
betrifft.
Die Ziele des Verbraucherschutzes sind u.a. in dem zweiten
Bericht der Bundesregierung zur Verbraucherpolitik vom 20.10.1975
aufgeführt (BT-Drucksache 7/4181). Danach hat der Verbraucherschutz
- neben einem breiten Katalog noch weiter vom vorliegenden
Streitfall entfernt liegender Ziele - auch die ,Verbesserung der
Rechtsposition der Verbraucher und (den) Schutz des Verbrauchers
vor Irreführung, unlauteren Verkaufspraktiken und den Verbraucher
unbillig benachteiligenden Vertragsbedingungen" zum Gegenstand.
Hierunter fällt indes, ohne daß dies näherer Begründung bedürfte,
der Schutz einer Kundin vor einer Inanspruchnahme auf Ersatz des
Schadens, der bei der Besichtigung von Ware entstanden sein soll,
nicht. Auch nach der Definition durch von Hippel
(Verbraucherschutz, 3. Aufl., S.23), der für einen umfassenden
Verbraucherschutz eintritt, ist dieser im vorliegenden Verfahren
nicht berührt. Von Hippel sieht einen Schutzbedarf des Käufers, als
Prototyp des Verbrauchers, vor einer Gefährdung seiner Sicherheit
und Gesundheit einerseits und vor Täuschung und Óbervorteilung
andererseits (a.a.O, S.183). Beide Bereiche waren im Falle der Frau
Sch., die ebenfalls als (potentielle) Käuferin Verbraucherin war,
offensichtlich nicht betroffen.
Ist indes der Begriff des ,Verbraucherschutzes" u.a. auf die
vorstehend aufgeführte Weise definiert, so stellt diese Definition
auch die Grenze der erlaubten Tätigkeit des Beklagten dar. Wenn der
Gesetzgeber auch im Rahmen der Einführung des einschlägigen Art.1 §
3 Nr.8 RBerG durch das 5. Gesetz zur Ànderung der
Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 18.8.1980 ausdrücklich
von einer Umschreibung der Aufgaben der Verbraucherzentralen im
einzelnen abgesehen hat (BTDrucksache 8/4277), so kann doch kein
Zweifel daran bestehen, daß die Verbraucherzentralen durch die
Beschränkung der Erlaubnis auf den ,Rahmen ihres Aufgabenbereichs"
nur in solchen Fällen sollen tätig werden dürfen, in denen eben
gerade der Verbraucherschutz den Gegenstand der Auseinandersetzung
bildet. Der von dem Beklagten angeführte Gesichtspunkt, wonach die
Materie des Verbraucherschutzes einem ständigen Wandel unterlegen
sei, steht dem nicht entgegen. Es kann dahinstehen, ob und
inwieweit die dem Verbraucherschutz zuzuordnende Materie noch nicht
abschließend definiert ist. Sofern zukünftig noch weitere Belange
des Verbrauchers sich als im Rahmen des Verbraucherschutzes
schutzwürdig erweisen sollten, wäre der Beklagte nämlich nicht
gehindert, auch insoweit im Einzelfall für den Betroffenen
außergerichtlich bei der Wahrnehmung seiner Interessen tätig zu
werden. Jedenfalls aber gehört der Schutz des Kunden vor der
Inanpruchnahme auf Ersatz angeblicher Schäden, die bei dem
Betrachten von Ware entstanden sein sollen, nach der derzeitigen
Rechtslage nicht zu den Aufgaben des Verbraucherschutzes. Es ist im
übrigen auch nicht zu erwarten, daß sich hieran zukünftig etwas
ändern wird, weil es sich um eine nur selten auftretende
Fallkonstellation handelt, bei der ein besonderes Bedürfnis des
Verbrauchers auf Hilfe durch die Institution des
Verbraucherschutzes nicht ersichtlich, sondern dieser vielmehr
regelmäßig durchaus in der Lage ist, seine Belange selbst
wahrzunehmen. Der Verzicht auf die vorstehend beschriebenen
Einschränkungen des erlaubten Tätigkeitsfeldes des Beklagten, die
diesem im übrigen noch eine weite Palette der gestattetenen
Beratungstätigkeit belassen, würde auch zu einer fast uferlosen
Erlaubnis des Beklagten führen, die mit der Intention des
Gesetzgebers nicht im Einklang stünde. Rechtliche
Auseinandersetzungen außergerichtlicher Art, wie sie hier in Rede
stehen, sind nämlich zu einem sehr hohen Anteil dadurch
gekennzeichnet, daß an ihnen auf einer Seite Personen gerade in
ihrer Eigenschaft als Verbraucher beteiligt sind. Das erklärt sich
ohne weiteres aus der Tatsache, daß die notwendige und durch das in
Deutschland bestehende Wirtschaftssystem geförderte Teilnahme des
einzelnen am Wirtschaftsleben den Abschluß einer Vielzahl
unterschiedlicher Rechtsgeschäfte mit sich bringt, an denen der
Betroffene als Verbraucher beteiligt ist und aus denen sich die
unterschiedlichsten rechtlichen Auseinandersetzungen ergeben können
und auch tatsächlich ergeben. Gerade der vorliegende Fall zeigt
eindrucksvoll, wie groß die Bandbreite der in Betracht kommenden
Konfliktfälle ist. Es ist ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber für
die sich bei bloßem Abstellen auf die Verbrauchereigenschaft eines
Beteiligten ergebende breitgefächerte Palette rechtlicher Probleme
den Verbraucherzentralen die uneingeschränkte Befugnis zu
rechtsberatender Tätigkeit einräumen wollte. Dagegen spricht schon
die Tatsache, daß die Tätigkeit der Verbraucherzentralen eine
besondere juristische Qualifikation ihrer Mitarbeiter nicht
voraussetzt. Die von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 30.10.1995
behauptete Qualifikation gerade ihrer Mitarbeiter beruht
gegebenenfalls nicht auf gesetzlichen Anforderungen an die
Ausstattung einer Verbraucherzentrale. Damit trifft die Auffassung
des Beklagten nicht zu, die Erlaubnis zur Rechtsberatung in dem von
ihm in Anspruch genommenen Umfange stehe mit dem Sinn und Zweck des
Rechtsberatungsgesetzes, zu denen der Schutz der Allgemeinheit vor
Schäden aus unzureichender Rechtsberatung gehört (BGH a.a.O.
S.215), in Einklang. Im übrigen macht der Verbraucherschutz, dessen
Förderung der Ausnahmetatbestand dienen soll, aus den soeben
dargestellten Gründen so weitgehende Kompetenzen der
Verbraucherzentralen aber auch nicht erforderlich.
Nach alledem steht dem Beklagten der Ausnahmetatbestand des
Art.1 § 3 Ziff.8 RBerG nicht zur Seite und ist die Berufung daher
zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. 546
Abs.1 S.2 Ziff.1 ZPO liegen nicht vor. Der Rechtsstreit hat keine
grundsätzliche Bedeutung, weil eine über den Einzelfall hinaus
bedeutsame Definition des Aufgabenbereiches von
Verbraucherzentralen weder erforderlich noch von dem Senat
vorgenommen worden und überdies nicht zu erwarten ist, daß die
vorliegende Fallkonstellation zukünftig wiederholt auftreten wird
(zu dem letztgenannten Erfordernis vgl. Zöller-Gummer, ZPO, 19.
Auflage, § 546 RZ 31).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO. Die Berufung
ist auch unter Berücksichtigung der Neufassung des
Urteilsausspruches in vollem Umfange erfolglos geblieben, weil es
sich - wie oben dargelegt - insoweit nur um eine Klarstellung des
von seinem materiellen Inhalt her unveränderten Tenors handelt.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr.10, 713 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer des Beklagten
entspricht dem Wert seines Unterliegens im Rechtsstreit.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 30.000 DM
OLG Köln:
Urteil v. 24.11.1995
Az: 6 U 7/95
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4abdef26da66/OLG-Koeln_Urteil_vom_24-November-1995_Az_6-U-7-95