Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 5. August 2008
Aktenzeichen: I-20 U 175/07
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 05.08.2008, Az.: I-20 U 175/07)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 14c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 10.10.2007 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass Unterlassungs-, Auskunfts- und dem Grunde nach festgestellte Schadensersatzansprüche bezüglich des Hemdes mit der Artikelnummer 518... ab dem 25.01.2008 erledigt sind,
sowie
dass Auskunfts- und dem Grunde nach festgestellte Schadensersatzan-sprüche bezüglich des Hemdes mit der Artikelnummer 824... bis zum 29.04.2007, des Hemdes mit der Artikelnummer 598... bis zum 01.04.2007, des Hemdes mit der Artikelnummer 742... bis zum 06.05.2007 und des Hemdes mit der Artikelnummer 538... bis zum 25.10.2005 be-grenzt sind.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat den von der Klägerin in Bezug auf die Herstellung des Hemdes 1 mit der Artikelnummer 518... geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus Art. 19 Abs. 2, Abs. 1, Art. 10, 89 Abs. 1 a der GGV für begründet erachtet. Es hat die in erster Instanz bestrittene Aktivlegitimation der Klägerin bejaht und ausgeführt, dass das Hemd 1 neu im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GGV sei und die nach Art. 6 Abs. 1 GGV erforderliche Eigenart aufweise. Die Vernehmung des Zeugen M. habe ergeben, dass das Schutz beanspruchende Muster am 25.01.2005 auf der Messe "T." in S. erstmals präsentiert und damit offenbart im Sinne von Art. 7 GGV worden sei. Das angegriffene Muster stelle eine Nachahmung des geschützten Produktes dar.
Die Beklagte ist darüber hinaus zur Rechnungslegung in Bezug auf das genannte Hemd 1 sowie in Bezug auf weitere vier Hemden mit den Artikelnummern 824..., 598..., 742... und 538.... verurteilt worden. Für Letztgenannte hat das Landgericht ebenfalls die Neuheit und Eigenartigkeit nach der GGV bejaht. Die Offenbarung der Hemden 2 bis 4 am 20.07.2004 auf der Messe "T." in S. und des Hemdes 5 am 01.02.2003 auf der Messe "E." in N. ergäben sich aus den Bekundungen der Zeugen H. und J. Das Verschulden für den gleichfalls dem Grunde nach festgestellten Schadenersatzanspruch folge aus dem gegen die Beklagte sprechenden und von ihr nicht entkräfteten Beweis des ersten Anscheins.
Die Beklagte ist weiter zur Zahlung von 3.288,80 € vorgerichtlich entstandener Abmahnkosten verurteilt worden.
Des weiteren hat das Landgericht die Schadensersatzpflicht der Beklagten für die Herstellung und Verbreitung von Abbildungen der Hemden mit den Artikelnummern 518..., 824..., 598... und 742... festgestellt und die Beklagte diesbezüglich zur Auskunftserteilung und zum Ersatz von 2.180,- € entstandener vorgerichtlicher Abmahnkosten verurteilt.
Schließlich ist die Beklagte zur Unterlassung des Angebots, Vertriebs und sonstigen In-Verkehrbringens des Hemdes mit der Artikelnummer 538... unter dem Gesichtspunkt ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes verurteilt worden. Die Unlauterkeit ergebe sich unter dem Aspekt der Behinderung. Die Beklagte habe gerade den Hemdentwurf der Klägerin nahezu identisch übernommen, der innerhalb der Kollektion der Klägerin eine hervorgehobene Stellung habe.
Mit der Berufung erstrebt die Beklagte eine vollumfängliche Abweisung der Klage.
Sie rügt in Bezug auf die Verurteilung zur Unterlassung der Herstellung des Hemdes mit der Artikelnummer 518... eine Verkennung der Beweislast durch das Landgericht in Bezug auf die Feststellung des Zeitpunktes, an dem das Schutz beanspruchende Muster erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Der Zeuge M. habe nicht bestätigen können, dass die von ihm behauptete Präsentation auf der Messe in S. die allererste Offenbarung des entsprechenden Hemdes gewesen sei. Damit habe die Klägerin den ihr obliegenden vollen Beweis für den Zeitpunkt der erstmaligen Offenbarung nicht erbracht. Auch bezüglich der anderen vier Hemden hätten die Zeugen H. und J. nicht bestätigen können, dass die von ihnen angesprochene Präsentation die erstmalige Offenbarung der Hemden gewesen sei.
Gegen die vom Landgericht zuerkannten Auskunftsansprüche und die Feststellungen der Schadensersatzpflicht wendet die Beklagte ein, dass zu Unrecht ein Verschulden ihrerseits angenommen worden sei. Ein Anscheinsbeweis könne beim nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht greifen.
Mangels eines zugrundeliegenden Anspruchs seien auch die Abmahnkosten unbegründet.
Die Beklagte rügt weiter mit der Berufung, dass sie zu Unrecht zur Auskunft und zu dem Grunde nach festgestellten Schadensersatz wegen der Abbildung der Hemden, wie sie auf Seite 25 des Urteils wiedergegeben sind, verurteilt worden sei. Die Abbildungen beträfen nur Ausschnitte; ein Elementenschutz sei dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster fremd, weshalb die Klägerin nur gegen eine vollständige Abbildung hätte vorgehen können.
Auch hätte das Landgericht die Erweiterung der Klage um den unter Ziffer V. des Tenors angeführten Anspruch nicht für sachdienlich erachten dürfen.
Schließlich greift die Beklagte die unter Ziffer VII. erfolgte Verurteilung zur Unterlassung bezüglich des Hemdes mit der Artikelnummer 538... an. Es liege keine Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG vor. Die Klägerin habe nach ihrem eigenen Vortrag seit Herbst/Winter 2003 mehr als 19.000 Stück dieses Hemdes verkauft. Auch habe die Beklagte keine Entwicklungskosten durch die Nachahmung eingespart, da sie die Hemden nicht selbst hergestellt, sondern von einem seriösen Lieferanten gekauft habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 10.10.2007 abzuändern und die Klage zurückzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Darüber hinaus regt die Beklagte an, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof mit im einzelnen ausformulierten Fragen zur Entstehung des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, festzustellen, dass der Rechtsstreit in Bezug auf den Unterlassungsanspruch gegen das Hemd mit der Artikelnummer 518... ab dem 25.01.2008 erledigt ist,
die gegen das Hemd mit der Artikelnummer 518... gerichteten Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche bis zum 25.01.2008 zu begrenzen; die gegen das Hemd mit der Artikelnummer 742... gerichteten Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die Verletzungshandlungen des Anbietens und in Verkehrbringens bis zum 01.02.2008 zu begrenzen.
Hilfsweise stellt die Klägerin die früheren Sachanträge zu Ziffer I. 1., I. 2 a, b, II., IV. und V.
Die Klägerin verteidigt das zu ihren Gunsten ergangene landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft ihr Vorbringen. Sie führt aus, dass der gegen das Hemd mit der Artikelnummer 518... gerichtete Unterlassungsanspruch für die Zeit ab dem 25.01.2008 erledigt sei, da das entsprechende Original zu dieser Nachahmung von der Klägerin für die aktuelle Herbst/Winter-Saison 2007/2008 bzw. die kommende Frühjahr/Sommer-Saison 2008 nicht mehr angeboten werde. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, die über den Ablauf der Schutzdauer eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters hinausgehen, schieden daher aus. Ebenso sei das Original zu der Nachahmung des Hemdes mit der Artikelnummer 742... letztmals mit der Herbst/Winter-Kollektion 2007 angeboten worden, weshalb sich die entsprechenden Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche ab dem 01.02.2008 erledigt hätten.
Die von der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts vorgebrachten Angriffe seien unberechtigt. Das erstmalige Zugänglichmachen für die Öffentlichkeit im Sinne von Art. 11 GGV sei durch die Aussagen der Zeugen M., H. und J. bestätigt worden und passe auch zu den Aussagen der Zeugen F. und Höfer, die bekundet haben, wann die Hemden entworfen worden seien. In der mündlichen Verhandlung vom 03.06.2008 hat die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten erklärt, dass sie eine Bekanntgabe des Geschmacksmusters im Sinne seiner Entstehung für die Zeitpunkte gegen sich gelten lasse, die als Entstehungszeitpunkte der Hemden 2 bis 5 in der Anlage ROP 58 mitgeteilt worden sind. Ansprüche für den Zeitraum zwischen diesen Zeitpunkten und denen der Klageanträge würden nicht geltend gemacht.
Das Landgericht habe zu Recht ein Verschulden der Beklagten hinsichtlich der Erfüllung des Nachahmungstatbestandes bejaht. Der erstmals in der Berufungsbegründung vorgebrachte Vortrag der Beklagten, ihr seien die Nachahmungen von einem seriösen Lieferanten angeboten worden, sei unbeachtlich.
Die vom Landgericht wegen der Abbildung der vier auf Seite 19/20 des landgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Hemden zuerkannten Ansprüche auf Auskunft, Schadensersatz und Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten seien begründet. Es sei unerheblich, dass die Nachahmungen nicht in ihrer Gesamtheit abgebildet seien, da es sich unstreitig um die im Tenor unter Ziffer 1 mit den Artikelnummern 518... und 824.... wiedergegebenen Nachahmungen handele.
Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch bezüglich des Hemdes 5 sei zu Recht unter dem Gesichtspunkt der Behinderung bejaht worden. Nach den von der Klägerin in der Anlage ROP 31 vorgelegten Verkaufszahlen seien im Frühjahr/Sommer 2006 deutlich weniger Aufträge geschrieben worden als zuvor, was mit dem Marktauftritt der billigeren Nachahmungen der Beklagten im Herbst/Winter 2005 korrespondiere.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Der Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der Herstellung des Trachtenhemdes mit der Artikelnummer 518... ist bis zum 25.01.2008 begründet gewesen und durch den dann eingetretenen Ablauf der dreijährigen Schutzfrist für das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster unbegründet geworden, weshalb insoweit die von der Klägerin in zweiter Instanz erklärte Erledigung des Rechtsstreits festzustellen gewesen ist.
Die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme hat ergeben, dass das Schutz beanspruchende Muster erstmals am 25.01.2005 auf der Messe "T." in S. offenbart worden und damit zur Entstehung gelangt ist. Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis, dass das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster zu einem bestimmten Tag entstanden ist (vgl. Ruhl, Kommentar zur GGV, Art. 11 Rdnr. 34) erbracht. Der für die Klägerin als Handelsvertreter tätige Zeuge M. hat bekundet, dass das Hemd Nr. 1 auf der Messe am 25.01.2005 in S. präsentiert wurde. Er sei sich sicher, dass dieses Hemd nicht auf einer vorigen Messe gezeigt worden sei. Auf Nachfrage, warum er sich erinnern könne, dass das Hemd auf der Messe erstmals ausgestellt wurde, hat der Zeuge erklärt, dass er sich sicher sei, dass dies der Fall gewesen sei.
Die Beklagte rügt mit der Berufung, dass sich aus der Aussage des Zeugen M. gerade nicht ergäbe, dass die Präsentation des Hemdes 1 am 25.01.2005 die erstmalige Offenbarung dieses Hemdes gewesen sei. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Wie oben ausgeführt, konnte der Zeuge sich sicher daran erinnern, dass das Hemd 1 erstmals auf der Trachtenmesse in S. am 25.01.2005 gezeigt worden ist, und seine Gewissheit damit begründen, dass er täglich mit der Ware der Klägerin zu tun habe und die einzelnen Hemden der Kollektion genau kenne. Damit ist der Beweis, dass das Schutz beanspruchende Muster am 25.01.2005 offenbart worden ist, vom Landgericht zu Recht als erbracht angesehen worden.
Die Schutzfrist des Gemeinschaftsgeschmacksmusters ist während des Berufungsverfahrens am 25.01.2008 abgelaufen, weshalb die Klägerin - einseitig - die Erledigung des Rechtsstreits erklärt hat und diese auch festzustellen ist. Allerdings sind die Ausführungen der Klägerin, dass sie das Hemd in der Frühjahr/Sommer-Saison 2008 nicht mehr anbiete und wettbewerbsrechtliche Ansprüche ausscheiden würden, irrelevant, da bezüglich des Hemdes 1 Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz nicht mehr zu prüfen sind. Die Klägerin hat zwar in der Klageschrift (dort Seite 36/37) ihren Unterlassungsanspruch auch auf Wettbewerbsrecht (§§ 3, 4 Nr. 9 UWG) gestützt. Das Landgericht hat über diesen wettbewerbsrechtlichen Anspruch, der neben dem geschmacksmusterrechtlichen Anspruch einen weiteren gesonderten Streitgegenstand bildet, nicht entschieden, sondern das ausgesprochene Verbot allein auf das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gestützt. Bejaht ein Gericht zur Begründung eines Verbotes nur einen von mehreren prozessualen Ansprüchen und äußert sich unzulässigerweise nicht zu den anderen Ansprüchen (indem es diese weder bejaht noch verneint), so muss der Kläger, um sicherzustellen, dass die bisher nicht beschiedenen Streitgegenstände in die zweite Instanz gelangen, selbst Berufung einlegen oder sich dem Rechtsmittel der Beklagten anschließen (Berneke, WRP 2007, 579, 585). Dies hat die Klägerin vorliegend nicht getan, so dass in zweiter Instanz nur der geschmacksmusterrechtliche Anspruch angefallen ist und sich die Frage, inwieweit über die dreijährige Schutzdauer hinaus wettbewerbsrechtliche Ansprüche bestehen, nicht stellt.
2.
Soweit das Landgericht der Klägerin dem Grunde nach für die Hemden 1 bis 5 Schadensersatz- und Auskunftsansprüche wegen Verletzung der Gemeinschaftsgeschmacksmuster zuerkannt hat, hat die Klägerin ihre Ansprüche in der mündlichen Verhandlung für die Hemden 2 bis 5 insoweit begrenzt, als sie in Bezug auf den Beginn der Schutzfrist frühere Zeitpunkte gegen sich gelten lässt und damit die Schutzdauer verkürzt wird.
Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die Schutz beanspruchenden Muster innerhalb Europäischen Gemeinschaft offenbart worden sind; streitig sind die von der Klägerin bislang angegebenen Zeitpunkte, nach denen sich die dreijährige Dauer des Schutzes richtet. Die Beklagte rügt mit der Berufung zu Recht, dass die Zeugen H. und J. nicht die erstmalige Präsentation der Hemden auf den von der Klägerin angegebenen Messen bestätigen konnten. Allerdings kann eine Offenbarung, die unstreitig stattgefunden hat, nicht vor dem Zeitpunkt der Produktion der Muster erfolgt sein. Insoweit liegen die von der Klägerin in der Anlage ROP 58 aufgeführten Zeitpunkte noch früher als die frühestmöglichen Zeitpunkte, zu denen die Hemden erstmals offenbart worden sein können. Denn nach der Aussage der Zeugin H. hat sie kurz nachdem der Geschäftsführer der Klägerin den entsprechenden Entwurf gemacht hatte, die Sache in eine Excel-Tabelle aufgenommen. Das war am 28.10.2004 für das Hemd 1, am 29.04.2004 für das Hemd 2, am 01.04.2004 für das Hemd 3, am 06.05.2004 für das Hemd 4 und am 25.10.2002 für das Hemd 5.
Die Klägerin hat damit zumindest einen Zeitraum, innerhalb dessen der Schutzgegenstand zum ersten Mal offenbart worden ist, bewiesen. Sie muss sich (und will sich entsprechend ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung auch) bei dieser Konstellation (vgl. Ruhl, a.a.O., Art. 11 Rdnr. 34) so behandeln lassen, dass der für sie ungünstigste Zeitpunkt zugrundegelegt wird. Ihre Ansprüche sind demnach zeitlich zu verkürzen auf die aus dem Tenor ersichtlichen Daten, wobei auch hier zu betonen ist, dass sich die Ansprüche nur auf die Verletzung der Gemeinschaftsgeschmacksmuster beziehen. Schadensersatzansprüche aus Wettbewerbsrecht sind in zweiter Instanz nicht angefallen, weil das Landgericht darüber nicht entschieden und die Klägerin kein Rechtsmittel eingelegt hat.
3.
Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht liegt auch das für eine Schadensersatzpflicht erforderliche Verschulden vor.
Die Beklagte, bei der es sich um ein Versandhandelsunternehmen handelt, das seine Ware erkennbar nicht selbst produziert, sondern einkauft, hat die die Schutzrechte der Klägerin verletzende Nachahmung zwar nicht durch Reproduktion im eigenen Unternehmen vorgenommen. Es steht jedoch im Raum, dass die Beklagte an der Nachahmungshandlung ihres Lieferanten beteiligt gewesen ist und zumindest den Verdacht haben musste, nachgeahmte Produkte einzukaufen, was den Fahrlässigkeitsvorwurf begründet. Die Beklagte trägt nicht vor, von welchem Lieferanten sie die schutzrechtsverletzenden Hemden bezogen hat und lässt ihre Quelle damit bewusst im Dunkeln. Ihr Vortrag, die Ware sei ihr von einem seriösen Lieferanten angeboten worden, ist nichtssagend und unbeachtlich.
4.
Da - wie oben ausgeführt - eine Schutzrechtsverletzung der Beklagten gegeben ist, sind auch die Abmahnkosten, die mit der Berufung weder aus sonstigen Gründen noch der Höhe nach beanstandet werden, begründet.
5.
Des weiteren hat das Landgericht die Beklagte zu Recht zur Auskunft und zu - dem Grunde nach festgestellten - Schadensersatz verurteilt, soweit sie Abbildungen der nachgeahmten Hemden verbreitet hat. Die Beklagte meint, sie habe mit den beiden Abbildungen, wie sie auf Seite 19/25 des landgerichtlichen Urteils wiedergegeben sind, keine Rechte der Klägerin verletzt, da es sich nur um Ausschnitte handele und nur Teilbereiche der Hemden sichtbar seien. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Zwar sind die abgebildeten Hemden teilweise durch darüber getragene Jacken verdeckt. Der Betrachter erkennt jedoch, dass das Hemd insgesamt Gegenstand der Abbildung ist, so dass sich die Frage des Teileschutzes nicht stellt, wie im übrigen auch nicht in Zweifel zu ziehen ist, dass es sich bei den Abbildungen um die unter den Artikelnummern 518... und 824... vertriebenen Nachahmungen der Hemden handelt.
6.
Die Beklagte rügt weiter zu Unrecht, dass unter Ziffer V. des Tenors des landgerichtlichen Urteils ihre Schadensersatzpflicht bezüglich der Abbildung der Hemden 824..., 598... und 742... festgestellt worden ist, obgleich die in erster Instanz um diesen Antrag erfolgte Klageänderung nicht sachdienlich gewesen sei. Hierzu kann nur auf die eindeutige gesetzliche Regelung in § 268 ZPO, wonach die Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliege oder dass die Änderung zuzulassen sei, nicht anfechtbar ist, verwiesen werden.
7.
Da - wie oben ausgeführt - eine Rechtsverletzung wegen der Abbildung der Hemden vorliegt, sind auch die vorgerichtlich entstandenen Abmahnkosten, die im übrigen nicht beanstandet werden, zu Recht vom Landgericht der Klägerin zugesprochen worden.
8.
Schließlich hat das Erstgericht einen Unterlassungsanspruch aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz gemäß §§ 3, 4 Nr. 9, 8 UWG bezüglich des Hemdes mit der Artikelnummer 53811/605 zu Recht bejaht.
Der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH GRUR 2006, 79, 81 - Jeans; BGH GRUR 2007, 984 - Gartenliege) wettbewerbswidrig sein, wenn das Erzeugnis von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerbsrechtlichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen.
Gegen die vom Landgericht angenommene wettbewerbliche Eigenart des Hemdes 5 bringt die Beklagte mit der Berufung nichts vor. Sie wendet sich allein gegen die Annahme unlauterer Umstände in Form einer Behinderung.
Die besonderen wettbewerblichen Umstände, an die hier wegen der Intensität der Übernahme nur geringe Anforderungen zu stellen sind, liegen jedoch vor, und zwar ergeben sie sich daraus, dass - wie auch schon das Landgericht festgestellt hat - eine Vielzahl von Mustern der Klägerin nachgeahmt und durch die Beklagte vertrieben wurde. Bei dem Hemd 5 handelt es sich zudem um ein Produkt von besonderer Attraktivität, da es von einem Mitglied der "K. S." getragen wird, was die Wertigkeit des Produktes bei den angesprochenen Verkehrskreisen steigert. Es ist davon auszugehen, dass einem großen Teil des Verkehrs, der Trachtenmode nachfragt, die Volksmusikgruppe der K. S. bekannt ist. Insofern schädigt es auch den Ruf der Klägerin, wenn ein von ihr vertriebenes Produkt, das mit einer populären Musikgruppe in Verbindung gebracht wird, zu einem geringeren Preis (34,95 € statt 39,95 €) von einem weiteren Anbieter auf den Markt gebracht wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 i.V.m. § 711 ZPO.
Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 542 Abs. 2 ZPO.
Streitwert zweite Instanz:
Unterlassungsanspruch bezüglich des Hemdes 1 50.000 €
ab 07.03.2008 7.000 €
Auskunftsanspruch bezüglich der Hemden 1 bis 5 10.000 €
Schadensersatzanspruch für die Hemden 1 bis 5 50.000 €
Auskunftsanspruch für die Abbildungen von vier Hemden 2.000 €
Schadensersatzanspruch für die Abbildungen von vier Hemden 10.000 €
Unterlassungsanspruch bezüglich des Hemdes 5 50.000 €
Prof. B. F. N.
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 05.08.2008
Az: I-20 U 175/07
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4ad909757b31/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_5-August-2008_Az_I-20-U-175-07