Verwaltungsgericht Stuttgart:
Urteil vom 23. Juni 2016
Aktenzeichen: 1 K 3376/13
(VG Stuttgart: Urteil v. 23.06.2016, Az.: 1 K 3376/13)
1. Einen presserechtlichen Auskunftsanspruch kann nur derjenige geltend machen, der einem Presseunternehmen zugeordnet werden kann, das die Gewähr für die publizistische Aufbereitung und ggf. Verbreitung der begehrten Auskünfte an die Öffentlichkeit bietet und an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirkt.
2. Ein Unternehmen, dessen Geschäftszweck die Sammlung und Aufbereitung von Auftragsinformationen für Unternehmen insbesondere der Bauwirtschaft ist, verfolgt mit seinen Internetportalen keine journalistische Zielsetzung, wenn diese ersichtlich auf die Geschäftsinteressen der gewerblichen Nutzer zugeschnitten sind und der Schwerpunkt des Angebots auf der kommerziellen Vermarktung von Daten über die Vergabe öffentlicher Aufträge liegt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten, ihr bezüglich diverser, im Einzelnen bezeichneter Vergabeentscheidungen Auskunft über den beauftragten Auftragnehmer, die Auftragssumme, die Zahl der Bieter und das Datum der Auftragsvergabe zu erteilen.
Die Klägerin betreibt unter den Adressen €...de€, €...eu€, €...de€, €...eu€, €...de€, ...de€, €...eu€, €...de€, €...de€ und €...eu€ zehn im Wesentlichen gleich gestaltete, an die Bau- und Gebäudewirtschaft und damit verbundene Wirtschaftszweige gerichtete Internetportale.
Auf diesen Webseiten beschreibt die Klägerin unter der Rubrik €Über uns€ ihr Betätigungsfeld wie folgt: [Wir sind] €ein Unternehmen, dessen Geschäftszweck die Recherche und Aufbereitung von Auftragsinformationen für Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche mit Schwerpunkt auf der Bauwirtschaft und deren Veröffentlichung mittels branchenspezifischen Telemedien und einem Quartals-Printmedium €... - Ausgewählte Auftragsvergaben aus den öffentlichen Beschaffungsmärkten" ist. Mittels moderner Methoden der elektronischen Datenverarbeitung und unter Nutzung der Kommunikationswege des Internet werden diese Auftragsinformationen von einer Fachredaktion aufbereitet und nach umfangreichen Gewerkelisten gegliedert in Datenbanken gespeichert. Daraus werden dann durch Vorgabe individueller Suchprofile für Gewerke und Regionen die für die Nutzer interessanten Ausschreibungen täglich per Fax oder Email übermittelt und gewährleisten dadurch eine hohe Transparenz des Wettbewerbs um öffentliche Aufträge. Auch die zeitnahe Recherche bei den Auftraggebern, wer diese öffentlichen Aufträge erhalten hat, schafft eine deutlich höhere Transparenz bezüglich der Verwendung von Steuermitteln, was für die Fachöffentlichkeit von hoher Priorität ist, der interessierten Öffentlichkeit aber über die frei zugänglichen Telemedien www...de und www...eu laufend aktualisierte Informationen über ausgewählte Auftragsvergaben liefert.€ (http://www...de/firmendetails_..._AG_-_Informationslogistik_fuer_die_Bauwirtschaft_id_44.html; letzter Zugriff: 23.06.2016).
Zentrale Elemente jedes der zehn Portale sind zwei Datenbanken, nämlich das €Adress-Center€ und das €Projekt-Center€. Auf der Eingangsseite des Portals €...de€ heißt es zur Beschreibung des €Adress-Center€: €Ob Planer oder Gutachter, Bauunternehmen und Baudienstleister, Baustoffhandel, Baustoff- und Baumaschinenhersteller, Verbände und Behörden, zehntausende gründlich recherchierte Kontaktdaten stehen hier für Sie zur kostenlosen Nutzung bereit. Kurz: Ihr Branchenführer für den gesamten Sektor der Bauwirtschaft!€. Zum €Projekt-Center€ heißt es dort: €Das Onlinemedium, welches das öffentliche Beschaffungswesen in Form öffentlicher Ausschreibungen nach VOB/VOL und VOF durch tägliches Monitoring dutzender Quellen dokumentiert und redaktionell für die individuellen Bedürfnisse potentieller Auftragnehmer nach diversen Kriterien aufbereitet. Nach Vergabe der Aufträge werden die Auftragnehmer durch Recherche bei den Vergabestellen publiziert, um die Transparenz der Verwendung öffentlicher Mittel zu verbessern und das öffentliche Interesse wer welchen Auftrag von wem erhalten hat, zu befriedigen€. (http://www...de; letzter Zugriff: 23.06.2016).
In der Zeit vom 02.05.2013 bis zum 16.09.2013 richtete die Klägerin insgesamt 377 Anfragen an 15 Dienststellen des Beklagten, wobei sie - jeweils nach Abschluss des betreffenden Vergabeverfahrens - um Auskunft über den Auftragnehmer, der den Zuschlag erhalten habe, die Zahl der Bieter und die Auftragssumme ersuchte. Die Antworten zu den jeweiligen Projekten wurden per E-Mail oder durch direkte Eingabe in die Datenbanken der Klägerin nach Anklicken eines entsprechenden Links erbeten. Diese Anfragen wurden zunächst von einer Dienststelle des Beklagten beantwortet, nach kurzer Zeit jedoch nicht mehr. Mit Schreiben vom 20.08.2013 teilte der Beklagte mit, die erbetenen Auskünfte würden nicht mehr erteilt, da ein entsprechender Auskunftsanspruch nicht bestehe.
Hierauf hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.09.2013 Klage zum erkennenden Gericht erhoben und zugleich beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin jeweils auf Antrag und ein entsprechendes Auskunftsersuchen nach Ablauf der Bindefrist und damit nach Beendigung des Vergabeverfahrens die im entsprechenden Umfang (Auftragnehmer, Zahl der Bieter, Auftragssumme) verlangte Auskunft zu erteilen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat den Antrag der Klägerin auf einstweilige Anordnung mit Beschluss vom 02.01.2014 (Az.: 1 K 3377/13) abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 25.03.2014 zurückgewiesen (Az.: 1 S 169/14).
Die Klägerin führt zur Begründung der Klage im Wesentlichen aus, die von ihr wahrgenommene Aufgabe der Recherche und Publikation öffentlicher Ausschreibungen liege im öffentlichen Interesse, da sie der Erhöhung der Transparenz des öffentlichen Beschaffungs- und Vergabewesens diene. Das von ihr vorgehaltene Internetangebot gebe unter anderem Materiallieferanten und Herstellern die Möglichkeit, sich an denjenigen zu wenden, der den Zuschlag im Vergabeverfahren erhalten habe, um Leistungen, die für die Durchführung des Auftrages erforderlich seien, anzubieten. Der Auftritt diene auch am Markt tätigen Wettbewerbern und interessierten Bürgern, welche nicht am entsprechenden Vergabeverfahren beteiligt gewesen seien, sich aber über die Wettbewerbssituation in ihrem Gewerk und ihrer Region informieren wollten. Da die Klägerin vorrangig Informationen zu Vergabeverfahren begehre, für welche nach den Regelungen der VOB und VOL kein Veröffentlichungsgebot bestehe, seien diese bislang der Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Zur Unterhaltung und Pflege der Datenbanken hat die Klägerin mitgeteilt, am Anfang stehe deutschlandweit eine umfangreiche, tägliche Recherche nach öffentlichen Ausschreibungen der öffentlichen Hände durch ein Monitoring zahlreicher Quellen. Diese Ausschreibungen - zwischen dem 01.01.2013 und dem 30.11.2013 seien 152.392 Ausschreibungen bearbeitet worden - würden den derzeit 15 haupt- und nebenamtlichen redaktionellen Mitarbeitern nach deren Sachgebieten zum Redigieren zugewiesen. Diese würden jede Ausschreibung manuell nach einem von der Klägerin entwickelten, vorgegebenen Schema bearbeiten, wobei es neben der Schaffung von Hyperlinks (z.B. zum Download von Leistungsverzeichnissen) und der Zuordnung der jeweiligen Ausschreibung zu Objektkategorien hauptsächlich um die Zuweisung der einzelnen Ausschreibung und deren Leistungsinhalte zu einer sehr umfangreichen Nomenklatur von deutlich mehr als 5.000 Positionen in bis zu acht Ebenen gehe. Auf diese Weise könnten den Abonnenten entsprechend ihrem individuellen Suchprofil die sie interessierenden Ausschreibungen täglich per E-Mail übermittelt werden. Die Portale würden aber auch Nichtabonnenten für eingeschränkt generierbare Abfragen zur Verfügung stehen. In der zeitlichen Abfolge des Vergabeprozesses würden nach der Angebotseröffnung Submissionsergebnisse - soweit verfügbar - publiziert. Anschließend würden die vergebenen Aufträge, welche im €oberschwelligen€ Bereich für EU-weite Vergabeverfahren regelmäßig veröffentlicht würden, täglich in das Datenbanksystem integriert und die Verlinkung zu den dort vorhandenen Ausschreibungen bearbeitet. Da nationale (€unterschwellige€) Vergabeverfahren nach VOB und VOL, welche die große Masse der Vergabeverfahren darstellten, bislang nur in wenigen Ausnahmefällen veröffentlicht würden, betreibe die Klägerin seit Mai 2013 eine systematische bundesweite Recherche nach denselben Informationen, wie sie im oberschwelligen Bereich seit vielen Jahren üblich seien, mit dem Ziel, die Transparenz dieses Segments der öffentlichen Auftragsvergabe deutlich zu verbessern und das öffentliche Interesse diesbezüglich zu befriedigen. Da nach Ablauf der Bindefrist die beschriebenen Leistungen in der Regel vergeben seien, werde zu diesem Termin jeweils eine E-Mail-Abfrage an die Vergabestellen generiert mit der Bitte um Nennung des Unternehmens, welches den Auftrag erhalten habe, der Auftragssumme und der Zahl der Bieter, welche an diesem Wettbewerb teilgenommen hätten.
Mit Schriftsatz vom 12.02.2016 hat die Klägerin ihren Klagantrag auf die Verurteilung des Beklagten zur Erteilung konkreter Einzelauskünfte geändert und zur Begründung vorgetragen, es werde nunmehr eine exemplarische Verurteilung begehrt. Die Klägerin sei Vertreterin der Presse im Sinn von § 4 LPresseG. Bei der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift €...€ handle es sich um ein periodisches Druckwerk, welches in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschaffe und verbreite, dazu Stellung nehme, Kritik übe und durch weitere Berichte wie beispielsweise Buchbesprechungen an der Meinungsbildung der Öffentlichkeit mitwirke. Publizistisches Ziel der Zeitschrift €...€ und des diese ergänzenden Telemedienangebots sei es, über öffentliche Beschaffungsmaßnahmen zu berichten, um sowohl der allgemeinen Öffentlichkeit wie auch der Fachöffentlichkeit einen Überblick über das öffentliche Vergabewesen zu verschaffen. Durch die Veröffentlichung dieser Informationen verfolge die Klägerin zugleich eine öffentliche Aufgabe als €öffentlicher Wachhund€, da nur so bekannt werde, ob bestimmte Auftraggeber bestimmte Auftragnehmer bevorzugten und möglicherweise Vergabeentscheidungen fehlerhaft getroffen würden. Die publizierten Informationen dienten dabei keineswegs allein einer Nutzung durch Unternehmen der jeweiligen Branche, sondern auch der allgemeinen Öffentlichkeit. Entscheidend sei, dass die erfragten Informationen in einen komplexen, von staatlicher Bewertung oder gar Einflussnahme freizuhaltenden journalistischen und verlegerischen Entscheidungsprozess Eingang fänden. Auskunftsverweigerungsgründe seien nicht ersichtlich. Insbesondere stellten die Gesichtspunkte zur Transparenz des Vergabeverfahrens keine Geheimhaltungsvorschriften im Sinn von § 4 Abs. 2 Nr. 2 LPresseG dar. Die Klägerin habe in ihren Auskunftsanfragen an die Beklagte stets ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie die Auskünfte nicht nur zur Nutzung im Rahmen von Telemedienangeboten begehre, sondern gerade auch für das Printmedium €...€; sie habe mithin den Auskunftsanspruch als Verlegerin der Zeitschrift €...€ geltend gemacht. Sie sei ferner Anbieterin eines journalistisch-redaktionell gestalteten Telemediendienstes und daher auch gemäß § 55 Abs. 3 RStV i.V.m. § 9a Abs. 1 Satz 1 RStV auskunftsberechtigt. Die Printausgabe der Zeitschrift €...€ sei als sogenanntes E-Paper abrufbar und die meisten in der Printversion enthaltenen Artikel seien als Einzelbeiträge im Telemedium enthalten. Das Telemedienangebot erfülle insbesondere auch die Anforderungen nach der Begründung zu § 54 RStV, €als elektronische Presse in Erscheinung€ zu treten. Das Telemedienangebot €...de€ und die unter €News aus den Beschaffungsmärkten€ publizierten Informationen seien ohne jede Zugangsbeschränkung für jedermann kostenlos zugänglich. Darüber hinaus enthalte das Telemedienangebot der Klägerin eine Vielzahl weiterer Informationen und Nachrichten, die zur Meinungsbildung der Öffentlichkeit bestimmt seien. Dass die Klägerin ihre Telemedienangebote auch kostenpflichtig zur Recherche anbiete, ändere nichts an der Auskunftspflicht der Beklagten. Auch die werbliche Anpreisung des Premiumangebots im Telemedienangebot der Klägerin stelle eine für sämtliche Telemedienanbieter geltende übliche Verfahrensweise dar und könne ihrem Auskunftsanspruch nicht entgegengehalten werden. National durchgeführte unterschwellige Vergabeverfahren unterlägen keiner Publikationspflicht gemäß der VOB oder VOL, obgleich diese ca. 80 % aller öffentlichen Beschaffungsmaßnahmen darstellten. Damit fehle es für den Großteil der Vergabeverfahren an einer öffentlichen Publikation. Gerade im Vergaberecht bestünden aber erhebliche Gefahren hinsichtlich Compliance-Verstößen und Vorteilsgewährungen, so dass die Presse als öffentlicher Wachhund ein besonderes Informationsinteresse in diesem Bereich habe. Die Klägerin sei zur Erfüllung ihrer publizistischen Aufgabe darauf angewiesen, sich ein möglichst umfassendes Bild über die Vergabepraxis der jeweiligen Behörde zu verschaffen.
Die Beklagte verkenne zudem grundlegend Anwendungsbereich und Umfang des Grundrechts der Pressefreiheit sowie den Einfluss des Verfassungsrechts auf die Auslegung der einfachrechtlichen Normen des § 4 LPresseG sowie § 55 Abs. 3 RStV i.V.m. § 9a Abs. 1 Satz 1 RStV. Indem die Beklagte die einfachrechtlichen Normen einseitig zulasten der Klägerin auslege, verletze sie das strikte Gebot staatlicher Inhaltsneutralität. Alleine die Vorveröffentlichung bestimmter Nachrichten in anderen Medien stünde einer Pressetätigkeit nicht entgegen. Auch ein vergleichender Blick, beispielsweise zu Anzeigen- oder Wochenblättern, zeige, dass die Anforderungen der Beklagten an Inhalte von Presseprodukten völlig überzogen seien. Auch Anzeigenblätter bestünden neben der darin enthaltenen Werbung zu einem völlig überwiegenden Anteil der redaktionellen Berichterstattung aus der Wiedergabe anderweitig bezogener Nachrichten oder der Übernahme von PR-förmig aufbereiteten Informationen Dritter, welche lediglich verbreitet würden. Gleichwohl gehörten Anzeigen- und Wochenblätter anerkanntermaßen zur Presse im Sinn von § 3 LPresseG. Am Schutz der Pressefreiheit nehme nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sogar der Anzeigenteil eines periodischen Presseerzeugnisses teil. Dass jeder Verleger wie jeder andere Gewerbetreibende auch durch die Publikation der Medien Einnahmen erzielen wolle und mithin Geschäftsinteressen verfolge, könne weder an der grundrechtlichen Verbürgung noch an seinem Auskunftsanspruch nach § 4 LPresseG etwas ändern. Die begehrten Auskünfte dienten ferner nicht rein privaten Geschäftsinteressen und der kommerziellen Kommunikation. Beispielsweise beweise die Berichterstattung auf Seite 28 des €...€ 01/15 das Gegenteil; es handle sich bei diesem Artikel um eine typische Pressetätigkeit, die auf den durch die Recherchemaßnahmen erlangten Informationen beruhe.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über den beauftragten Auftragnehmer, die Auftragssumme, die Zahl der Bieter und das Datum der Auftragsvergabe zu erteilen, hinsichtlich folgender Vergabeentscheidungen
a) Gerüstarbeiten, Kompetenzzentrum Ökologische Landwirtschaft (KÖL) in ... gemäß Anfrage vom 09.01.2015 (Anlage K 13)
b) Abbrucharbeiten, Universität ..., Geb. K, Mensa, Ertüchtigung Brandschutz gemäß Anfrage vom 23.12.2014 (Anlage K 14)
c) Baureinigung, Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (SSDL) gemäß Anfrage vom 23.12.2014 (Anlage K 15)
d) Trockenbauarbeiten in ... gemäß Anfrage vom 23.12.2014 (Anlage K 16)
e) Fliesen- und Plattenarbeiten in ... gemäß Anfrage vom 23.12.2014 (Anlage K 17)
f) Bodenbelagsarbeiten in ... gemäß Anfrage vom 23.12.2014 (Anlage K 18)
g) Abgehängte Decken - Trockenbau in ... gemäß Anfrage vom 22.12.2014 (Anlage K 19)
h) Los: Rückbau-, Beton- und Maurerarbeiten, Universitätsklinikum ..., CRONA, Ebene 1 Sterilgutlager Zentral-OP, Teil 3 Modul 3 in ... gemäß Anfrage vom 22.12.2014 (Anlage K 20)
i) Los: Landschaftsbauarbeiten, Hochschule ..., T 2, Erweiterungsbau Landschaftsbauarbeiten in ... gemäß Anfrage vom 22.12.2014 (Anlage K 21)
j) Los: Gas-, Wasser- und Entwässerungsanlagen, Sanierung Urinale, Hochschule ... Gebäude B1 in ... gemäß Anfrage vom 19.12.2014 (Anlage K 22)
k) Los: Verglasung-, Sonnenschutz und Beschlagarbeiten DIN 18361, 18357, 18358 BR General-Dr. Speidel-Kas. - Neubau Hundezwingeranlage Feldjäger in ... gemäß Anfrage vom 19.12.2014 (Anlage K 23)
l) Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (SSDL) Art der Leistung: Laboreinrichtungen in ... gemäß Anfrage vom 19.12.2014 (Anlage K 24)
m) Los: Abbrucharbeiten, Neubau des Interdisziplinären Tumorzentrums ... (ITZ) in ... gemäß Anfrage vom 19.12.2014 (Anlage K 25)
n) BImA Dienstgebäude, Umbau ehemaliger KWEA und VBK: Elektroinstallation in ..., ...-Straße 72 und 72a gemäß Anfrage vom 19.12.2014 (Anlage K 26)
o) Unterhalts- und Grundreinigung - Kriminalpolizei, ... gemäß Anfrage vom 17.12.2014 (Anlage K 27)
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt sie aus, ein Anspruch aus § 4 Abs. 1 LPresseG bestehe nicht, da die Klägerin keine Vertreterin der Presse sei und überdies keine öffentliche Aufgabe erfüllt werde. Beim von der Klägerin herausgegebenen Medium €...€ handle es sich nicht um freie journalistische Textproduktion, da die Publikation die zentrale Funktion der Presse, der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu dienen, nicht erfülle. Das Printmedium enthalte ausnahmslos schlichte Wiedergaben bereits veröffentlichter Informationen ohne eigenen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung. Überdies verweise die Klägerin bei Meldungen über vergebene Aufträge mehrfach auf ihre kostenpflichtigen Portale. Die in den Ausgaben des €...€ 2015 enthaltenen unstrukturiert zusammengestellten Berichte seien nicht geeignet, der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit zu eröffnen, sich spezifisch eine Übersicht über die Vergabepraxis der öffentlichen Hand zu verschaffen. Eine meinungsbildende Wirkung sei nicht ersichtlich. Die von der Klägerin behauptete publizistische Intention (Korruptionsprävention, Verwendung von Steuergeldern) sei anhand der von ihr publizierten Berichte bereits im Ansatz nicht realisierbar. Weder die Klägerin noch die als verantwortlicher Redakteur benannte Person seien Vertreter der Presse. Dem aktuellen Auszug des Handelsregisters B des Amtsgerichts Leipzig (HRB 17754) vom 24.03.2016 zufolge sei Unternehmensgegenstand der ... AG die €Entwicklung, der Vertrieb und die Einführung von Datenbanksystemen sowie damit zusammenhängende Beratungsleistungen und die Bereitstellung von Information- und Softwaredienstleistungen über das Internet und damit zusammenhängende Technologien.€ Der Unternehmensgegenstand enthalte keine Hinweise darauf, dass die Klägerin neben der kommerziellen und gewerblichen Bereitstellung von Informationsdienstleistungen auch als Presseunternehmen tätig sei. Dem aktuellen XING-Profil des benannten verantwortlichen Redakteurs zufolge sei dieser Diplom-Volkswirt, Unternehmer und Generalbevollmächtigter der Klägerin. Es sei fraglich, wie dies mit einer hauptberuflichen journalistischen Tätigkeit zu vereinbaren sei. Das Auskunftsbegehren gemäß § 4 LPresseG müsse sich auf einen bestimmten Tatsachenkomplex beziehen; es bestehe kein Anspruch auf Informationen, die nicht der publizistischen Auswertung zu dienen bestimmt seien, sondern nur die wettbewerblichen Chancen verbessern sollten. Selbst wenn die allgemeine Information der Leser des €...€ zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen könnte, wäre dies ein reiner Nebeneffekt und außerpublizistischen Geschäftszwecken ersichtlich untergeordnet.
Ferner sei die Klägerin keine Anbieterin eines journalistisch-redaktionell gestalteten Telemediendienstes. Bei der rechtlichen Bewertung, ob ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot vorliege, sei der vollständige, unter einer bestimmten Homepage einschließlich der untergeordneten Seiten abrufbare Dienst zu betrachten. Sämtliche von der Klägerin betriebenen zehn Portale seien miteinander vermengt und aus Sicht der Zielgruppe integrale Bestandteile des umfassenderen kommerziellen Angebots der Klägerin. Dieses Angebot sei deshalb einheitlich danach zu würdigen, ob bei ihm die journalistisch-redaktionelle Gestaltung im Vordergrund stehe und danach, ob publizistische oder nicht publizistische Zwecke (kommerzielle Kommunikation) aus Sicht der Zielgruppe angebotsprägend seien. Der Bundesgerichtshof habe mit Urteil vom 23.06.2009 (Az.: 6 ZR 196/08) entschieden, dass die bloße automatische Auflistung von (redaktionellen) Beiträgen noch keine eigene journalistisch-redaktionelle Gestaltung darstelle. Von einer solchen Gestaltung könne erst dann gesprochen werden, wenn eine meinungsbildende Wirkung für die Allgemeinheit ein prägender Bestandteil des Angebots und nicht nur schmückendes Beiwerk sei. Das Gutachten der Universität Leipzig vom 14.07.2014 habe den Geschäftszweck des Gesamtangebots der Klägerin nicht gewürdigt. Das öffentliche Informationsinteresse sei nur vorgeschoben; tatsächlich ziele das Angebot der Klägerin im Kern auf kommerzielle Kommunikation ab, indem der Nutzer ihrer Portale gezielt zur kostenpflichtigen Registrierung geführt werde. Selbst wenn die Portale www€..de und www€..eu sowie die auf den kostenpflichtigen Portalen der Klägerin enthaltene kostenfreie Rubrik €News zu den Beschaffungsmärkten€ isoliert betrachtet als journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote eingeordnet werden könnten, käme eine Verwertung der Daten für die kommerziell betriebenen Teile der Portale nicht in Betracht. Der medienrechtliche Auskunftsanspruch gelte ausschließlich und zweckgebunden für journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote. Das Verhalten der Klägerin sei im Übrigen rechtsmissbräuchlich; es sei davon auszugehen, dass sie im Falle eines Obsiegens die begehrten Auskünfte nicht ausschließlich für die kostenfreien Portale, sondern auch zur kommerziellen Kommunikation verwenden würde.
Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG resultiere grundsätzlich kein allgemeiner Anspruch auf Auskunft. Soweit die Rechtsprechung einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch bejaht habe, beruhe dies auf Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts und sei nicht verallgemeinerungsfähig. Es sei Sache der Landesgesetzgeber, durch einfache Gesetze die Vorgaben der Verfassung auszugestalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Gründe
I.
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Die mit dem Schriftsatz vom 12.02.2016 vorgenommene Klageänderung ist zulässig, nachdem der Beklagte sich auf die geänderte Klage im Sinn des § 91 Abs. 2 VwGO rügelos eingelassen hat.
II.
Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auskunft gegen den Beklagten.
1. Der von der Klägerin geltend gemachte Informationsanspruch ergibt sich nicht aus § 4 Abs. 1 LPresseG, wonach Behörden verpflichtet sind, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.
a) Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der Klägerin um eine Vertreterin der Presse handelt. Bei den von der Klägerin betriebenen Internetportalen handelt es sich offensichtlich nicht um €Presse€ im Sinne des Landespressegesetzes, sondern um Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG) bzw. § 2 Abs. 1 Satz 3 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV). Das von der Klägerin herausgegebene Printmedium €...€ stellt hingegen nach dem herrschenden weiten, formellen Pressebegriff, der allein auf die Art der Herstellung oder Anfertigung und nicht auf Inhalt und Qualität einer Veröffentlichung abstellt, €Presse€ im Sinne des Landespressegesetzes dar (vgl. Held, in: Hahn/Vesting, Beck€scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 54 RStV Rn. 43).
Wer €Vertreter der Presse€ im Sinne von § 4 Abs. 1 LPresseG und damit Inhaber des der Presse zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe als Meinungsmittlerin im demokratischen Prozess in allen Landespressegesetzen eingeräumten Auskunftsanspruchs ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Da es sich bei § 4 Abs. 1 LPresseG um einen spezifisch der Presse zustehenden Auskunftsanspruch handelt, muss nach der Rechtsprechung hinzukommen, dass derjenige, der sich dieses Auskunftsanspruchs berühmt, einem Presseunternehmen zugeordnet werden kann, das die Gewähr für die publizistische Verbreitung der begehrten Auskünfte zur Kenntniserlangung einer breiten Öffentlichkeit bietet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.10.1995 - 10 S 1821/95 -, juris; Schröer/Schallenberg, Informationsansprüche der Presse gegenüber Behörden, 1. Aufl. 1987, S. 48 ff. m.w.N.). Eine solche Zuordnung hat der Generalbevollmächtigte der Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Ausweislich des Handelsregisters B des Amtsgerichts Leipzig beinhaltet der dort festgelegte Unternehmensgegenstand keine Pressetätigkeit.
b) Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 LPresseG liegen ferner auch deshalb nicht vor, weil die Klägerin keine Auskünfte begehrt, die der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Presse dienen. Nach § 3 LPresseG erfüllt die Presse eine öffentliche Aufgabe, wenn sie in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt.
Die Klägerin nimmt keine öffentliche Aufgabe im Sinn des § 3 LPresseG wahr, weil bei ihr die zentrale Funktion der Presse, der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu dienen, ersichtlich außerpublizistischen Geschäftszwecken untergeordnet ist. Sie zielt mit ihrem Onlineangebot und der Herausgabe der Vierteljahreszeitschrift €...€ in erster Linie darauf ab, die von ihr begehrten Auskünfte über Daten zu Auftragsvergaben in der Bau- und Gebäudewirtschaft und damit verbundene Wirtschaftszweige gewinnbringend für kommerzielle Zwecke zu nutzen. Durch die Bereitstellung der Daten soll Materiallieferanten und Herstellern die Möglichkeit gegeben werden, sich an denjenigen zu wenden, der den Zuschlag im Vergabeverfahren erhalten hat, um Leistungen, die für die Durchführung des Auftrags erforderlich sind, anzubieten. Danach geht es primär um die Befriedigung geschäftlicher Interessen potentieller Anbieter. Dementsprechend ist die Klägerin vor allem daran interessiert, möglichst umfassend diejenigen, die öffentliche Aufträge erhalten haben, in ihren Datenbanken namentlich und mit ihrer Anschrift sowie unter Angabe des Auftragswerts und der Zahl der Bieter aufzunehmen. Diese Daten sollen zwar nicht vollständig automatisch aufgelistet, aber doch im Wesentlichen lediglich als systematisch zugeordnete Rohdaten in Datenbanken dauerhaft archiviert werden. Ihr Onlineangebot ist mithin insgesamt auf die Geschäftsinteressen gewerblicher Nutzer aus der Bauwirtschaft zugeschnitten. Soweit die Klägerin auch andere interessierte Bürger als Zielgruppe versteht, die sich etwa über die Wettbewerbssituation informieren wollen, handelt es sich dabei allenfalls um einen zu vernachlässigenden Nebeneffekt, der unter Umständen zur Erhöhung der Transparenz des öffentlichen Beschaffungs- und Vergabewesens auch im unterschwelligen Bereich, der nicht europarechtlich geprägt ist, führen könnte. Das lückenlose Informationsinteresse der Klägerin, das alle öffentlichen Vergaben ausnahmslos erfasst, ist durch ein mögliches Bestreben, interessierte Bürger über die Wettbewerbssituation zu unterrichten, nicht zu erklären. Vor allem aber sind für eine derartige Unterrichtung die im Fokus des Begehrens der Klägerin stehenden Namen und Anschriften derjenigen, die einen öffentlichen Auftrag erhalten haben, nicht entscheidend (vgl. zum Ganzen: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.07.2014 - 5 B 1430/13 -, juris).
c) Ob dem Beklagten zusätzlich ein Auskunftsverweigerungsgrund nach § 4 Abs. 2 LPresseG zur Seite steht, kann nach den bisherigen Ausführungen dahinstehen.
d) Das Gericht verkennt dabei nicht die Bedeutung des Grundrechts der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantiert in ihrem objektiv-rechtlichen Gehalt die institutionelle Eigenständigkeit der Presse. Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, die Rechtsordnung in einer Weise zu gestalten, die der besonderen verfassungsrechtlichen Bedeutung der Presse gerecht wird und ihr eine funktionsgemäße Betätigung ermöglicht. Hierzu zählt auch die Schaffung von behördlichen Auskunftspflichten. Beim Erlass entsprechender Vorschriften zur Auskunftserteilung steht dem Gesetzgeber ein weiter Ausgestaltungsspielraum zu. Er kann die aus seiner Sicht der Auskunftserteilung entgegenstehenden privaten und öffentlichen Interessen berücksichtigen und gegenüber dem Auskunftsinteresse der Presse bzw. der Öffentlichkeit in Abwägung bringen. Im Hinblick auf die Gewichtung und Austarierung dieser Interessen unterliegt er deutlich schwächeren verfassungsrechtlichen Direktiven als beim Erlass von Regelungen, mit denen Eingriffe in den abwehrrechtlichen Gewährleistungsgehalt der Pressefreiheit verbunden sind. So ist er im Grundsatz etwa nicht gehindert, bei Vorliegen plausibler Gründe auch solchen Vertraulichkeitsinteressen im Einzelfall Vorrang einzuräumen, die bei abstrakter Betrachtung nicht das verfassungsrechtliche Gewicht aufbringen, das der Pressefreiheit zukommt; ebenso wenig ist er grundsätzlich gehindert, auf der Grundlage typisierender bzw. pauschalierender Interessensgewichtungen und -ab-wägungen bestimmte behördliche Funktionsbereiche von der Pflicht zur Auskunftserteilung ganz auszunehmen. Entscheidend ist, dass die Auskunftsregelungen insgesamt hinreichend effektiv sind, d.h. der Presse im praktischen Gesamtergebnis eine funktionsgemäße Betätigung sichern (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 27.11.2013 - 6 A 5.13 -, NJW 2014, 1126; Urteil vom 25.03.2015 - 6 C 12.14 -, juris).
Der Gesetzgeber hat mit der Regelung in § 4 LPresseG die Entscheidung getroffen, Pressevertretern lediglich dann privilegierten Zugang zu Auskünften zu verschaffen, wenn diese der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienen und Auskunftsverweigerungsrechte nicht entgegenstehen. Dass der Gesetzgeber mit dieser einfach-rechtlichen Regelung die Grenzen seines weiten Ausgestaltungsspielraums überschritten hätte, ist nicht erkennbar.
2. Der Klägerin steht auch der geltend gemachte Auskunftsanspruch nach § 55 Abs. 3 i.V.m. § 9 a RStV nicht zu, da sie kein Anbieter von Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten im Sinne dieser Vorschriften ist.
a) Telemedien sind nach § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 TKG sind, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen oder telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 TKG oder Rundfunk nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 RStV sind. Die von der Klägerin betriebenen Internetportale sind Telemedien im Sinne dieser Legaldefinition.
b) Es fehlt jedoch an der journalistisch-redaktionellen Gestaltung der Angebote der Klägerin. Welche Angebote als journalistisch-redaktionell anzusehen sind, ist im Rundfunkstaatsvertrag nicht definiert. Ausweislich der Begründung zu § 54 Abs. 2 im 9. RÄStV sind €alle Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, die als elektronische Presse in Erscheinung treten€, erfasst. Unerheblich ist dabei, ob die Inhalte auch in periodischen Druckerzeugnissen oder - wie hier - ausschließlich elektronisch verbreitet werden.
Die Bindestrich-Verknüpfung €journalistisch-redaktionell€ bedeutet journalistisch und redaktionell, d.h. es müssen kumulativ beide Voraussetzungen erfüllt sein. Journalistische Angebote sind stets auch redaktionell gestaltet. Umgekehrt gehören aber nicht alle redaktionell gestalteten Angebote zum Online-Journalismus (Lent, ZUM 2013, 914 <915>). Journalistisch-redaktionelle Angebote zeichnen sich dadurch aus, dass bei ihnen Informationen nach ihrer angenommenen gesellschaftlichen Relevanz ausgewählt und zusammengestellt werden. Dahinter steht das Ziel des Anbieters, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen (Held, in: Hahn/Vesting, Beck€scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 54 RStV Rn. 51). Dabei ist es allerdings nicht erforderlich, dass das Angebot sich an eine breite Öffentlichkeit richtet. Auch auf enge Zielgruppen zugeschnittene Angebote können journalistisch sein, wenn sie eine erkennbare publizistische Zielsetzung haben, d.h. von der Intention her auf Teilhabe am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung - jedenfalls innerhalb der Zielgruppe - angelegt sind (vgl. Lent, a.a.O. S. 915 f.; ähnlich BGH, Urteil vom 23.06.2009 - VI ZR 196/08 -, BGHZ 181, 328 zum datenschutzrechtlichen Medienprivileg in § 41 Abs. 1 BDSG, wonach journalistisch-redaktionelle Gestaltung nur dann vorliegt, wenn die meinungsbildende Wirkung für die Allgemeinheit prägender Bestandteil des Angebots und nicht nur schmückendes Beiwerk ist). Kommerzielle Kommunikation fällt grundsätzlich nicht unter die journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote (Held, a.a.O., § 54 RStV Rn. 59). Ein rein formelles Verständnis wie beim Begriff der Presse scheidet zur Bestimmung des Begriffs der €journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote€ aus (vgl. Held, a.a.O., § 54 RStV Rn. 44-45). Weitere Kriterien für die Einstufung eines Angebots als journalistisch-redaktionell sind die Ausrichtung an Tatsachen (Faktizität), die Aktualität, ein hoher Grad an Professionalisierung der Arbeitsweise sowie ein gewisser Grad an organisatorischer Verfestigung und Kontinuität (vgl. Held, a.a.O., § 54 RStV Rn. 52 ff.).
Bei der rechtlichen Prüfung des Vorliegens eines redaktionellen Angebots muss dabei einzelfallabhängig auf diejenige Einheit abgestellt werden, die aus Sicht des Nutzers als journalistisch-redaktionelle Einheit erscheint (vgl. zum Meinungsstand Held, a.a.O., § 54 RStV Rn. 56 m.w.N.). Denn es erscheint wenig sinnvoll, von vornherein jede Webseite einzeln zu betrachten (so aber Weiner/Schmelz, K&R 2006, 453, 458), da auf einer Webseite häufig - so auch vorliegend - eine Kombination verschiedener Dienste angeboten wird (so auch Held, a.a.O., § 54 Rn. 56). Als €Webseite€ wird ein Dokument als Bestandteil eines Angebotes oder einer Website im World Wide Web bezeichnet, das mit einem Browser unter Angabe eines Uniform Resource Locators (URL) abgerufen und von einem Webserver angeboten werden kann (https://de.wikipedia.org/wiki/Webseite; letzter Zugriff: 23.06.2016). Ebenso wenig sachgerecht wäre es, das Vorliegen eines journalistisch-redaktionellen Angebots standardisiert anhand des Gesamtobjekts Homepage zu überprüfen. Mit €Homepage€ wird eine Webseite bezeichnet, die für eine ganze Internetpräsenz steht. Im engeren Sinne bezeichnet sie die Seite, die als zentrale Ausgangsseite eines Internetauftritts angezeigt wird. Im weiteren Sinne wird Homepage auch als Bezeichnung für einen gesamten Internetauftritt verwendet und mit der Website gleichgesetzt (https://de.wikipedia.org/wiki/Homepage; letzter Zugriff: 23.06.2016). Da auf einer Homepage diverse, gegebenenfalls sehr unterschiedliche Dienste kombiniert werden können, stellt eine derart umfassende Betrachtung ohne Ansehung des Einzelfalls keine zielführende Herangehensweise für die Frage der journalistisch-redaktionellen Ausgestaltung dar. So kann eine Homepage beispielsweise über eine Suchmaschine, einen Chatdienst, einen Weblog, eine Datenbank und weitere Dienste verfügen.
Prüfungsgegenstand muss nach dem dargelegten individuellen Maßstab, der die Nutzersicht in den Vordergrund stellt, das gesamte Angebot der Klägerin sein. Bei objektiver Betrachtung handelt es sich bei den unter verschiedenen Internetadressen geführten zehn Portalen der Klägerin, deren im Einzelnen funktional abgrenzbaren Diensten (E-Mail-Service, Suche nach Vergabeverfahren, Kontakt- oder Adress-Center) und der von ihr herausgegebenen Vierteljahreszeitschrift €Auftragsmonitor€ um ein einheitliches Geschäftsmodell, welches darin besteht, Daten zu Vergabeaufträgen aus der Bauwirtschaft kommerziell zu vermarkten. Dies ergibt sich insbesondere aus den wechselseitigen Verlinkungen der Portale untereinander sowie der in der Zeitschrift €...€ jeweils bereits im Logo der Überschrift enthaltenen Verweise auf die Onlineportale.
Daran gemessen ist eine journalistisch-redaktionelle Gestaltung des Angebots der Klägerin zu verneinen. Entscheidend ist, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht festgestellt werden kann, dass das Angebot insgesamt oder einzelne abgrenzbare Teile (E-Mail-Service, Suche nach Vergabeverfahren, Kontakt- oder Adress-Center; Zeitschrift €...€) eine publizistische Zielsetzung haben. Vielmehr sind die Angebote auf die Geschäftsinteressen der gewerblichen Nutzer aus dem Bereich der Bauwirtschaft und auf die eigenen Geschäftsinteressen der Klägerin (Gewinnung zahlender Premiumnutzer) zugeschnitten. Der Schwerpunkt des Angebots der Klägerin liegt auf der kommerziellen Vermarktung von Daten über die Vergabe öffentlicher Aufträge. Die Klägerin sammelt die von ihr abgefragten Daten zu einzelnen Vergabeverfahren, ordnet sie, teilt sie in verschiedene Kategorien ein und bietet sie bei den kostenpflichtigen Angeboten den gewerblichen Nutzern zum Kauf an. Diese Tätigkeit der Klägerin bei der Datensammlung und -verwaltung ist vergleichbar mit dem Erstellen von Statistiken. Die allgemeine Information der Nutzer der Datenbanken, die zur Meinungsbildung in öffentlichen Vergabeverfahren beitragen könnte, ist dabei ein reiner Nebeneffekt von allenfalls untergeordneter Bedeutung (vgl. dazu auch VG Köln, Urteil vom 25.02.2015 - 6 K 5245/13 -, juris).
Soweit die Klägerin geltend macht, ihre Angebote dienten auch der Erhöhung der Transparenz des öffentlichen Beschaffungs- und Vergabewesens und damit der Befriedigung eines öffentlichen Interesses, und Zielgruppe seien auch interessierte Bürger, die sich etwa über die Wettbewerbssituation informieren wollten, erscheint diese Argumentation lediglich vorgeschoben. Die Aufbereitung und Präsentation der von der Klägerin zusammen getragenen Informationen und Daten zielt ausschließlich auf gewerbliche Nutzer. Eine Registrierung als Premiumnutzer, die Voraussetzung ist, um etwa Auskunft über den Auftragnehmer in einem bestimmten Vergabeverfahren zu erhalten, ist auf den entsprechenden Registrierungsmasken nur für Unternehmen, nicht aber für Privatpersonen, Vereine oder andere Organisationen vorgesehen. Auch die Preisgestaltung (147,-- € monatlich bei Jahreszahlung auf Rechnung) macht eine Nutzung nur für Unternehmen interessant, die damit eigene gewerbliche Zwecke verfolgen. Für einen Bürger, der sich etwa für die Vergabepraxis in seiner Region interessiert, sind die Angebote der Klägerin hingegen unbrauchbar.
Ferner kann die Gestaltung des Impressums die Einschätzung, dass der Schwerpunkt des Telemediums der Klägerin offensichtlich kommerziell ausgerichtet ist, nicht erschüttern. Das Impressum der Internetportale der Klägerin ist zwar - abweichend von der früheren Gestaltung - dahingehend geändert worden, dass mittlerweile nach § 55 Abs. 2 RStV ein Verantwortlicher für die Webseite, nämlich der Generalbevollmächtigte U.K. als €Ansprechpartner | verantwortlicher Redakteur | Webmaster€, benannt wird. Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin als Diensteanbieter gemäß § 7 Abs. 1 TMG für eigene Inhalte auf diesen Seiten nach allgemeinen Gesetzen verantwortlich ist. Die Gestaltung des Impressums als solche kann allerdings lediglich als Indiz für die journalistisch-redaktionelle Gestaltung eines Angebots fungieren (vgl. Held, a.a.O., § 54 RStV Rn. 44-45, wonach ein rein formelles Verständnis zur Bestimmung des Begriffs der €journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote€ ausscheidet).
Auch das von der Klägerin vorgelegte Gutachten von Professor Dr. ... vom 14. Juli 2014 vermag die Einschätzung, dass es an der journalistisch-redaktionellen Gestaltung respektive der publizistischen Zielsetzung der Angebote der Klägerin fehlt, nicht in Frage zu stellen. Denn der Gutachter leitet die hier verneinte publizistische Zielsetzung der - wohl als Gesamtheit beurteilten, nicht auf einen als funktional abgrenzbar angesehenen Bereich €News€ begrenzten - Angebote allein daraus ab, dass die Klägerin als Erstellerin des Angebots sich erkennbar von der gesellschaftlichen Relevanz habe leiten lasse und sich dies besonders im Bereich der Nachrichtensparte erkennen lasse, €da hier u. a. über die Auftragsvergabe berichtet wird, die aus öffentlichen Geldern (u. a. Steuereinnahmen) finanziert wird€ (S. 6 des Gutachtens). Allein der Umstand, dass es sich bei der Vergabe von aus öffentlichen Mitteln finanzierten Aufträgen um einen Gegenstand von gesellschaftlicher Relevanz handeln kann, dürfte indes nicht genügen, die Auswahl und Präsentation der Inhalte durch die Klägerin im konkreten Fall als Beitrag zur öffentlichen Kommunikation zu bewerten. Denn nach den erklärten Zielen der Klägerin - die sich selbst als €Informationsbroker im B2B Geschäft€ bezeichnet - strebt diese die Sammlung und Aufbereitung von Auftragsinformationen für Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche mit Schwerpunkt auf der Bauwirtschaft an, um ihre Nutzer mit Informationen über für sie interessante Ausschreibungen versorgen und ihnen einen weitgehenden Überblick über das Wettbewerbsgeschehen ohne Zeitaufwand bei nur geringen monatlichen Kosten als Vorteile anbieten zu können. Dass mit dem Angebot auf eine Teilhabe der angesprochenen Zielgruppe am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung hingewirkt werden soll, erscheint fernliegend und wird auch mit dem vorgelegten Gutachten nicht belegt. Denn mit der sich angesichts des konkreten Falles aufdrängenden Problematik der Abgrenzung zwischen Angeboten öffentlicher und kommerzieller Kommunikation und den sich daraus gegebenenfalls ergebenden Konsequenzen für den besonderen, über die Information aus allgemein zugänglichen Quellen (Art. 5 Abs. 1 Halbsatz 2 GG) hinausgehenden medienrechtlichen Auskunftsanspruch aus § 55 Abs. 3 i. V. m. § 9a RStV befasst sich das Gutachten nicht (vgl. zum Ganzen OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.08.2014 - OVG 11 S 15.14, juris).
c) Die Frage, ob der Beklagte sich gegenüber dem Auskunftsbegehren der Klägerin auf das Vorliegen von Auskunftsverweigerungsgründen nach § 9a Abs. 1 Satz 2 RStV berufen könnte und mit welchem Gewicht die Interessen der Klägerin in eine etwaige Ermessensentscheidung einzustellen wären, kann vorliegend offen bleiben.
d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit Blick auf das Grundrecht der Pressefreiheit; insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter 1.d) verwiesen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen vor, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Denn die Klärung der für die Beurteilung des Streitfalles maßgeblichen Rechtsfrage, was unter der journalistisch-redaktionellen Gestaltung von Telemedienangeboten zu verstehen ist, hat - über ihre Bedeutung für den zu entscheidenden konkreten Fall hinaus - wesentliche Bedeutung für die einheitliche Auslegung und Anwendung sowie für die Fortbildung des Rechts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 132 Rn. 9).
VG Stuttgart:
Urteil v. 23.06.2016
Az: 1 K 3376/13
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4b1985cdd7d1/VG-Stuttgart_Urteil_vom_23-Juni-2016_Az_1-K-3376-13