Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 19. November 2003
Aktenzeichen: 13 B 1955/03

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 19.11.2003, Az.: 13 B 1955/03)

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klagen 1 K 5218/03 und 1 K 5382/03 VG Köln wird angeordnet, soweit Anfechtungsgegenstand jeweils Tenor-Nr. 1.1.3. der Bescheide der Antragsgegnerin vom 18. Juli 2003 - Az: BK 3a-03/010 - und vom 15. August 2003 - Az: BK 3a-03/010 - ist.

Im Óbrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin jeweils 4/5 der Gerichtskosten, ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen sowiejeweils die Antragsgegnerin und die Beigeladene jeweils 1/10 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin und 1/5 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 250.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

Die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt im Hinblick auf Nummer 1.1.3. der angefochtenen Bescheide der Antragsgegnerin vom 18. Juli und 15. August 2003 zu Gunsten, im Übrigen zu Ungunsten der Antragstellerin aus, weil die Anfechtungsklagen der im Tenor angeführten Hauptsacheverfahren bei der in der vorliegenden Verfahrensart nur möglichen Prüfungsdichte voraussichtlich entsprechend begründet bzw. unbegründet sein werden. Soweit die angefochtenen Bescheide die Position "Sicherheitsleistung" betreffen, ist der Antragstellerin ihre Befolgung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar, weil ihr die angegriffenen Regelungen im Falle der Insolvenz eines von ihr belieferten Resellers keine hinreichende Sicherheit bieten und ein unüberwindbares Markteintrittshindernis für Reseller und ein wesentlicher Nachteil für die Entwicklung von Wettbewerb zumal bei der Möglichkeit der aufsichtsrechtlichen Neugestaltung dieser Position nicht zu befürchten ist.

1. Die von der Antragstellerin zunächst angegriffene Maßnahme gemäß Tenor-Nr. 1.1.1. der angefochtenen Bescheide ist bei summarischer Betrachtung nicht zu beanstanden.

Die Antragstellerin hat gegen § 33 Abs. 1 TKG verstoßen und ihre marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt (§ 33 Abs. 2 TKG). Sie hat auf Grund früherer Bescheide der Antragsgegnerin, die nach den Beschlüssen des Senats vom 1. Oktober 2001 - 13 B 1156/01 - und vom 27. Februar 2002 - 13 B 1550/01 - weiterhin vollziehbar sind, Wettbewerbern Angebote für AGB-Produkte im Teilnehmerbereich an Reseller zu unterbreiten. Im Rahmen dessen ist sie aus § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG verpflichtet, der Beigeladenen Telefonanschlüsse und DSL-Anschlüsse ungebündelt mit der Möglichkeit der Preselection auf die Beigeladene und der Callby-Call-Sperre als Resaleprodukte anzubieten. Dies zu verweigern, ist bei summarischer Betrachtung nicht i.S.v. § 33 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 TKG sachlich gerechtfertigt.

Bei diesen Anschlüssen handelt es sich um wesentliche Vorleistungen für - nach dem glaubhaften Vorbringen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin - von der Beigeladenen beabsichtigte, weiter entwickelte andere Telekommunikationsdienstleistungen für Endkunden, nämlich bundesweit im Vollsortiment aus einer Hand angebotene Verbindungsleistungen über ihr Verbindungsnetz. Hierfür benötigt sie, wenn sie nicht zu nach ihrem Konzept unnötigen Infrastrukturinvestitionen im Teilnehmernetz gezwungen sein soll, entbündelte Telefon- und DSL-Anschlüsse mit der Möglichkeit der Preselection und einer Callby-Call-Sperre. Letzteres stellt die Antragstellerin unternehmens- bzw. konzernintern auch ihrem Geschäftsfeld Marketing/Vertrieb zur Verfügung. Dieses Geschäftsfeld stellt die zunächst ungebündelten Anschlüsse mit anderen Leistungen zu neuen veredelten Produkten, z. B. XXL-Leistungen oder AktivPlus-Leistungen zusammen. Auch ist bei der unternehmens- bzw. konzerninternen Bereitstellung der Anschlüsse die Möglichkeit der Preselection auf die Antragstellerin bei Callby-Call-Sperre gegeben. Aufgrund der Tatsache, dass im Teilnehmerbereich nahezu ausschließlich die Antragstellerin die Anschlüsse nebst Anschlussleitung zu ihrem Teilnehmernetz herstellt und ein bundesweites Verbindungsnetz betreibt, sind in aller Regel die Endkunden ohnehin zunächst einmal - im Wege einer zwangsläufigen Quasi-Preselection - auf die Antragstellerin festgelegt, so dass sie Telekommunikationsdienstleistungen anderer Anbieter wie der Beigeladenen nur durch deren dauerhafte oder einzelfallweise Einwahl erlangen können; zudem bietet die Antragstellerin nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beigeladenen eine Preselection auf sich selbst für bestimmte Produkte - für Hotels, Krankenhäuser usw. - an; ebenfalls bietet sie eine Callby-Call-Sperre an. Das bestreitet die Antragstellerin ebenso wenig wie ihre marktbeherrschende Stellung sowohl auf dem Endkundenmarkt der Telefon- und DSL-Anschlüsse als auch auf dem Vorleistungsmarkt der Resaleprodukte.

Soweit die Antragstellerin meint, einer Preselection auf die Beigeladene bei Callby-Call-Sperre stehe § 43 Abs. 6 Satz 3 TKG entgegen, kann das schon begrifflich nicht zum Wegfall der dargelegten Wesentlichkeit der beanspruchten Leistung führen, weil die von der Beigeladenen geplante Produktpalette bei einer Bündelung des Anschlusses mit Verbindungsleistungen allein der Antragstellerin nicht möglich ist. Die Antragstellerin kann auch nicht erfolgreich argumentieren, die Beigeladene müsse die Leistung Telefonanschluss und DSL-Anschluss genauso akzeptieren, wie sie diese unternehmens-/konzernintern erbringe, nämlich gemäß § 43 Abs. 6 Sätze 1 und 2 TKG mit der Möglichkeit für jeden Endkunden zur dauerhaften oder einzelfallbezogenen Betreiberauswahl, der eine Preselection auf die Beigeladene mit Callby-Call-Sperre entgegenstünde. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin - nach dem von ihr nicht bestrittenen gegnerischen Vorbringen - selbst eine Preselection auf sich bei Callby-Call-Sperre für bestimmte Produkte anbietet, wäre eine Bereitstellung der Leistung Telefon- und DSL-Anschluss unter insoweit ungleichen Bedingungen sachlich gerechtfertigt. Denn die Verpflichtung aus § 43 Abs. 6 Sätze 1 u. 2 TKG trifft nur marktbeherrschende Unternehmer, zu denen die Beigeladene nicht zählt.

Auch kann die Antragstellerin aus dieser Verpflichtung des Marktbeherrschers keine sachliche Rechtfertigung für eine externe ungleiche Behandlung herleiten. Anhaltspunkte für einen Ermessensfehler der Antragsgegnerin im Rahmen des nach § 33 Abs. 2 TKG eröffneten Ermessens etwa wegen Missachtung von Sinn und Zweck des § 43 Abs. 6 Satz 3 TKG ergeben sich ebenfalls nicht. Richtig ist, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung dieser Vorschrift u.a. eine gewisse Attraktivität für Investitionen alternativer Diensteanbieter in neue eigene Netze als eine Möglichkeit zur Herbeiführung von Wettbewerb im Telekommunikationsbereich bewirken wollte. Damit stellt diese Regelung aber noch keine Schutzvorschrift für alternative Netzbetreiber und erst recht nicht für die Antragstellerin dar, sondern lediglich einen Auftrag an die Regulierungsbehörde, diesen einen Weg zur Erreichung des Gesetzeszwecks aus § 1 TKG - nämlich Entwicklung von Wettbewerb im Telekommunikationssektor - nicht aus dem Auge zu verlieren. Die Materialien des Gesetzgebungsverfahrens

vgl. hierzu die Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf, BT-Drucks. 14/9194, S. 8,

weisen aus, dass der Bundesrat und ihm folgend der Gesetzgeber mehrere Wege zum Wettbewerb im Telekommunikationsbereich gesehen hat, dass nämlich neben der Möglichkeit von Telekommunikationsdienstleistungen über - zu fördernde - alternative Netzinvestitionen auch die Möglichkeit von Telekommunikationsdienstleistungen im Resale-Wege denkbar ist. Es obliegt der Entscheidung der insoweit fachkundigen Regulierungsbehörde - und nicht des Marktbeherrschers -, welchem Weg zur Verwirklichung des o. a. Gesetzesziels im Einzelfall der Vorzug zu geben ist. Auch deshalb kann die Antragstellerin die Vorschrift des § 43 Abs. 6 Satz 3 TKG nicht für sich als einen sachlichen Grund für eine interne und externe Ungleichbehandlung heranziehen. Soweit die Antragsgegnerin durch die angefochtene Entscheidung eventuell das Vertrauen alternativer Wettbewerber, die in neue Netzstruktur investiert haben, enttäuschen oder sogar möglicherweise zu deren Umsatznachteil die Nachfrage der Endkunden in Richtung der Reseller umlenken sollte, unterfällt das dem Bereich wirtschaftspolitischer Steuerung und Verantwortung der Regulierungsbehörde, verletzt aber keine geschützten Rechte oder Interessen der Antragstellerin, auf deren Beachtung zumindest im Rahmen des behördlichen Ermessens sie sich berufen könnte.

2. Auch die von der Antragstellerin ferner angefochtene Regelung gemäß Tenor-Nr. 1.1.2. der angefochtenen Bescheide ist bei summarischer Betrachtung nicht zu beanstanden.

Die Antragstellerin ist aus § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG verpflichtet, der Beigeladenen ein Angebot zum Resale von Telefon- und DSL-Anschlüssen jedenfalls ohne die Regelungen zum Bestellverfahren in Nr. 4.4 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen Resale von Telekommunikationsdienstleistungen (AGB) zu unterbreiten, d. h. diese Regelungen im Ergebnis zu streichen, wobei es ihr unbenommen ist, statt dessen diskriminierungsfreie Regelungen zu entwickeln und zum Gegenstand des Angebots zu machen.

Die Regelungen der Nr. 4.4 der AGB zum Bestellverfahren stellen ein missbräuchliches Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung dar und sind mit § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG unvereinbar. Sie entsprechen nicht den Bedingungen, unter denen die Antragstellerin unternehmens-/konzernintern das Vorprodukt - entbündelter - Telefonanschluss und DSL-Anschluss ihrem Geschäftsfeld Marketing/Vertrieb zur Verfügung stellt. Es ist unstreitig, dass sich die Antragstellerin bei der internen Versorgung mit diesem Vorprodukt nicht den Regelungen des Forecast- und FIFO-Verfahrens und den Pönalen bei Nichtabnahme bestellter Mengen unterwerfen muss. Eine sachliche Rechtfertigung für eine derart umfangreiche Ungleichbehandlung bei der Vorproduktsbelieferung zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen ist gegenwärtig nicht erkennbar. Auch für das Forecast- und FIFO-Verfahren selbst ist eine sachliche Rechtfertigung nicht erkennbar, weil dem für den Reseller keine verbindliche Bereitstellungsfrist für die bestellten Anschlüsse entspricht und durch die Teilnahme an diesem Verfahren keine Bearbeitungskapazität für Resellerbestellungen geschaffen wird. Die Antragstellerin treffen bei Nichteinhaltung der ohnehin allenfalls kurzfristig angekündigten Bereitstellungsfristen keinerlei Nachteile, während dem Reseller bei Nichtabnahme bestellter Mengen unterhalb der Toleranz Bereitstellungskosten drohen. Das ist im angefochtenen Beschluss überzeugend näher dargelegt und von der Antragstellerin nicht entscheidend erschüttert worden. Dass den Pönalen für die Reseller ein höheres Maß an Verbindlichkeit der Bereitstellungsfrist gegenüberstehe, was als sachliche Rechtfertigung gewertet werden könnte, ist von der Antragstellerin nur behauptet, aber nicht dargelegt und kann auch vom Senat anhand der AGB und des Arbeitshandbuchs nicht festgestellt werden.

Die Kassation der Nr. 4.4 der AGB durch die Antragsgegnerin ist ermessensfehlerfrei. Sie lässt der Antragstellerin die Möglichkeit, ein diskriminierungsfreies Bestellverfahren selbst zu entwickeln und zum Gegenstand des Angebots zu machen, insbesondere bei verbindlichen Bereitstellungsfristen die Nichtabnahme zu pönalisieren und die unternehmens-/konzerninterne Belieferung mit Anschlüssen in die Arbeitsressourcen des Bestellverfahrens mit einzubeziehen.

3. Die von der Antragstellerin schließlich angegriffene Tenor-Nr 1.1.3. der angefochtenen Bescheides unterliegt bei summarischer Betrachtung durchgreifenden Bedenken.

Die Antragstellerin ist aus gegenwärtiger Sicht nicht verpflichtet, der Beigeladenen ein Angebot mit der Position "Sicherheitsleistung" entsprechend Tenor-Nr 1.1.3. der angefochtenen Bescheide zu unterbreiten. Diese Regelung wird einer Überprüfung im Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht standhalten, weil die der Antragstellerin einzig ermöglichte Sicherheitsleistungsvereinbarung nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG gestützt werden kann.

Die von der unternehmens-/konzerninternen Belieferungspraxis abweichende Forderung nach einer Sicherheitsleistung der Reseller ist - wovon auch die Antragsgegnerin auf Seite 37 des Erstbescheides ausgeht - im Grundsatz sachlich gerechtfertigt; die Antragsgegnerin beanstandet lediglich deren Inhalt und Umfang. Offen bleiben kann, ob und inwieweit die Sicherheitsforderungen der Antragstellerin im Einzelnen über das Erforderliche und damit bürgerlichrechtlich zulässige Maß hinausgehen. Jedenfalls bietet die der Antragstellerin durch die o. a. Regelung allein eingeräumte Sicherheitsleistung in Form der Unsicherheitseinrede nach § 321 BGB bei realistischer Betrachtung keine oder jedenfalls keine angemessene Sicherheit für das für die Antragstellerin bestehende Ausfallrisiko, ist sie in ihrer Stringenz überzogen und daher sachlich nicht gerechtfertigt.

Dabei kann offen bleiben, ob die Antragstellerin, wie die Antragsgegnerin unter Bezug auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts meint, aus § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG vorleistungspflichtig ist. Interne Vorbereitungsmaßnahmen der Antragstellerin für die geschuldete Leistung "entbündelte Bereitstellung eines Anschlusses zum Resale durch den Wettbewerber" und die - sinnvolle - periodische Abrechnung der Umsatzentgelte dürften das Vertragsverhältnis noch nicht zwingend von einem Austauschverhältnis der Zug um Zug-Leistungen in ein solches der Vor- und Nachleistungen der Vertragspartner umwandeln. Selbst wenn die Antragstellerin vorleistungspflichtig wäre, schlösse das die Vereinbarung einer vor der Leistungserbringung der Antragstellerin (= Wirkbereitstellung der jeweiligen Anschlüsse) zu stellenden Sicherheit des Resellers nicht aus dem Rechtsgedanken des § 321 BGB aus. Denn § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG lässt unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Rechtfertigung Raum für eine interne und externe Ungleichbehandlung bei der Sicherheitsforderung; zudem ist § 321 BGB nicht zwingend, sondern entweder ausdrücklich vertraglich oder auch nur sinngemäß durch vereinbarte Sicherheitsleistung abdingbar; auch macht allein eine Sicherheitsleistungsvereinbarung die zu sichernde Leistung nicht zwangsläufig zu einer Vorleistung. Ist § 321 BGB kein zwingendes Recht und die Berücksichtigung seines Rechtsgedankens in einem Austauschverhältnis somit im Ergebnis vom Willen der Vertragsparteien abhängig, kann die Antragsgegnerin eine entsprechende Vertragsausgestaltung nicht aufsichtsrechtlich gegen den Willen des Betroffenen durchsetzen. Das gilt erst recht, wenn die Interessenlage des § 321 BGB, wie hier, nicht gegeben ist: Wer seinen Vertragspartner selbst aussuchen und auf seine Bonität prüfen kann und gleichwohl eine Vorleistungspflicht eingeht, hat grundsätzlich kein Sicherungsbedürfnis. Die Antragstellerin hat insoweit keine Auswahl- und Prüfungsmöglichkeit.

Davon unabhängig verbleibt es auch bei Nichtanwendbarkeit des § 321 BGB bei dem zivilrechtlichen Grundsatz, dass von dem - unterstellt vorleistungspflichtigen - Unternehmen nur eine zulässige, d. h. angemessene Sicherheitsleistung gefordert werden kann. Zwar wird die Antragstellerin lediglich eine Sicherheitsleistung für die anstehenden - ggf. anteiligen - Investitionskosten, die unmittelbar nach Zahlung durch den Wettbewerber zurückzureichen ist, und für die bei angemessenem Rechnungslegungsmodus offenen Umsatzentgelte basierend auf Mindest- oder Durchschnittsmonatsbeträgen verlangen können. Eine Sicherheitsleistung in Abhängigkeit von der Kreditwürdigkeit des Nachfragers hält der Senat wegen der für die Antragstellerin nur sehr unzuverlässig einschätzbaren Leistungsfähigkeit möglicher Wettbewerber für unzumutbar. Der Senat braucht indes die der Antragstellerin einzuräumende Modalität und Grenze der zulässigen Sicherheitsleistung nicht festzulegen. Die Antragstellerin wird eine zulässige Sicherheitsforderung entwickeln müssen, die ggf. einer erneuten aufsichtsrechtlichen Überprüfung unterzogen werden könnte.

Jedenfalls führt die - wie bei der Anfechtungsklage vorzunehmende - Prüfung der Rechtmäßigkeit allein des angefochtenen Entscheidungssatzes hier dazu, dass die auferlegte Maßnahme gegen eine eventuell missbräuchliche Sicherheitsforderung der Antragstellerin wegen ihrer Stringenz überhöht und sachlich nicht gerechtfertigt ist. Sie räumt der Antragstellerin realistisch betrachtet keine Sicherheit für einen Forderungsausfall ein. Bei der Schnelllebigkeit der Entwicklung im Telekommunikationsbereich und der mangelnden Einschätzbarkeit der finanziellen Leistungsfähigkeit insbesondere junger Wettbewerber wird es der Antragstellerin so gut wie nicht möglich sein, eine Gefährdung ihrer Entgeltansprüche rechtzeitig zu erkennen und nachzuweisen sowie Sicherheitsforderungen entsprechend § 321 BGB geltend zu machen. Wird mangelnde Bonität eines Resellers etwa durch Insolvenzankündigung, versagte Kredite, Wechselprotest oder ähnliches offenkundig, wird auch die Antragstellerin eine Sicherheitsleistung von ihm nicht mehr erwarten können. Für eventuell offene Investitionskosten oder aufgelaufene Umsatzentgelte böte eine Leistungsverweigerung der Antragstellerin keine Sicherheit; die Kosten wären umsonst aufgebracht.

Angesichts dieser Bedenken gegen Tenor-Nr. 1.1.3. fällt die Abwägung der widerstreitenden Interessen insoweit zu Gunsten der Antragstellerin aus. Dem kann nicht entgegengehalten werden, bei fortbestehender Vollziehbarkeit der angefochtenen Verfügungen drohe der Antragstellerin kein Nachteil, weil es wegen von der Beigeladenen nicht akzeptierter Entgelte zu keiner Vertragsvereinbarung kommen werde. Denn die Beigeladene könnte jederzeit ein den Maßgaben der angefochtenen Bescheide entsprechendes Angebot der Antragstellerin nebst geforderten Entgelten annehmen und die - vereinbarten - Entgelte einer ex post- Überprüfung unterziehen lassen. Müsste die Antragstellerin aufgrund eines solchen Vertrages ihre Leistungen erbringen, liefe sie Gefahr, ohne angemessene Sicherheitsleistung der Beigeladenen bei - höchstwahrscheinlich - nicht rechtzeitig erkannter Gefährdung ihrer Entgeltansprüche mit diesen auszufallen. Zwar mag eine Sicherheitsleistung für ein in den Markt eintretendes junges Unternehmen der Telekommunikationsbranche eine zusätzliche Belastung darstellen, doch sind derartige Sicherheitsforderungen im Wirtschaftsleben üblich und im angemessenen Rahmen zumutbar.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 19.11.2003
Az: 13 B 1955/03


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