Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Februar 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 404/02

(BPatG: Beschluss v. 18.02.2004, Az.: 32 W (pat) 404/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die nach dem Madrider Markenabkommen (MMA) für die Waren 11 Cabines de douche; cabines de douche et paredouches pour baignoires sans installations et robinetterie pour l'alimentation en eau et l'evacuation de l'eau; parois de separation, parois pliantes et parois coulissantes pour cabines de douche et pour paredouches pour baignoires; parois de separation, parois pliantes et parois coulissantes faisant partie de douches et de baignoires; baignoires; receveurs de douche; lavabos; bains à remous.

registrierte Marke IR 690 791 (Ursprung Benelux mit Priorität vom 15. Juli 1997)

COLLECTION sucht um Schutz in Deutschland nach.

Die Markenstelle für Klasse 11 IR des Deutschen Patentamts (seit dem 1.11.1998 Deutsches Patent- und Markenamt) hat am 29. Oktober 1998 einen auf die Bestimmungen der Art. 5 MMA, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ, § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, § 107, § 113 MarkenG gestützten refus de protection erlassen und die Schutzverweigerung mit nachfolgenden Beschlüssen vom 17. April 2000 und vom 3. September 2002 aufrechterhalten.

Der Erstprüfer hat ausgeführt, das dem englischen und französischen Grundwortschatz angehörende Markenwort werde in seiner Bedeutung "Zusammenstellung, Sammlung, Reihe" vom angesprochenen Verkehr ohne weiteres erkannt und sei damit einem deutschen Wort gleichzusetzen. Es bringe in beschreibender Weise - auch auf anderen Gebieten als dem Modesektor - zum Ausdruck, dass die so gekennzeichneten Waren zu einer Produktreihe, -sammlung oder -zusammenstellung auf einem bestimmten Warengebiet gehörten. Den Mitbewerbern müsse es unbenommen bleiben, eine derartige beschreibende Angabe frei von Rechten Dritter verwenden zu können. Da die Zuordnung eines hinreichend bestimmten, im Vordergrund stehenden beschreibenden Bedeutungsgehalts naheliege, fehle der Marke zudem die notwendige Unterscheidungskraft.

Die Erinnerungsprüferin - eine Beamtin des höheren Dienstes - hat ergänzend darauf hingewiesen, dass ein aktuelles Freihaltungsbedürfnis bereits dann vorliege, wenn die um Schutz nachsuchende Bezeichnung sich - wie hier - für eine beschreibende Verwendung eigne. Hierfür genüge, dass die Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung einer sich auf die beanspruchten Waren selbst beziehenden Beschaffenheits- oder Bestimmungsangabe erwecke. Ein verständiger und durchschnittlich informierter Verbraucher - ebenso wie der Fachverkehr - entnehme dem Wort COLLECTION in Alleinstellung die Zugehörigkeit derartig gekennzeichneter Waren zu einer bestimmten Produktreihe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und der IR-Marke den nachgesuchten Schutz in Deutschland zu gewähren.

Das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft dürfe einem Markenwort nicht bereits dann abgesprochen werden, wenn es irgendeinen Sinngehalt aufweise, sondern nur, wenn dieser in Bezug auf die konkreten Waren vom Verkehr als Sachangabe aufgefaßt werde. An einer derartigen konkreten Aussage, welche die beanspruchten Erzeugnisse auf dem Gebiet der Sanitärinstallation unmittelbar beschreibe, ermangele es dem Markenwort COLLECTION in Alleinstellung. Diesem lasse sich nichts über die Form, die Funktion, die Ausstattung oder die übliche Wirkungsweise z.B. von Duschkabinen und Waschbecken entnehmen. Für sich genommen, ohne jeden Zusatz, stelle COLLECTION (bzw. der deutsche Begriff Kollektion) in Klasse 11 keine übliche Bezeichnung für Warensortimente eines bestimmten Stils dar. Außerdem bestehe kein aktuelles oder künftiges Freihaltebedürfnis, zumal auch bei einer Schutzgewährung Mitbewerbern ein nicht- markenmäßiger Gebrauch der Bezeichnung COLLECTION weiterhin möglich sei. Da dem Markenwort im Deutschen kein von seiner Bedeutung im Französischen abweichender Sinngehalt zukomme, sei die indizielle Wirkung der Auslandseintragung in Benelux gegen die Annahme einer freihaltbedürftigen beschreibenden Angabe zu berücksichtigen.

Nachdem der Markeninhaberin vom Senat durch Recherche im Internet ermittelte Belegstellen zur Verwendung der Bezeichnungen Collection und Kollektion auf dem vorliegendem Warengebiet (7 Anlagen) zur Kenntnis gegeben worden sind, hat diese ihre Auffassung bekräftigt, ein Sachbezug ergebe sich nur bei Hinzufügung weiterer Elemente, nicht aber in Alleinstellung. Einer erweiternden Auslegung der Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG stehe Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ entgegen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin muß ohne Erfolg bleiben. Einer Schutzgewährung für den deutschen Anteil der IR-Marke stehe die Regelungen des Art. 5 MMA, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2, § 107, § 113 MarkenG entgegen.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MMA, § 113, § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 MarkenG war das Deutsche Patent- und Markenamt befugt, die IR-Marke auf absolute Schutzhindernisse in den Grenzen des Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ zu überprüfen und ihr im Ergebnis die Schutzerstreckung auf Deutschland zu verweigern. Ob der materielle Regelungsgehalt dieser Bestimmung des internationalen Verbandsrechts sich von der entsprechenden nationalen Norm unterscheidet, vor allem hinsichtlich der Frage des Vorliegens einer Produktmerkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, kann dahinstehen. Denn auch bei strikter Beachtung des Wortlauts von Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ stellt COLLECTION eine Angabe dar, die zur Bezeichnung einer wesentlichen Eigenschaft der beanspruchten Waren, mithin der Beschaffenheit, dienen kann. Die Markenstelle hat die Schutzverweigerung auch innerhalb der Jahresfrist des Art. 5 Abs. 2 MMA dem Internationalen Büro (OMPI) mitgeteilt. Im weiteren Verlauf des amtlichen und gerichtlichen Verfahrens gefundene Belege - wie hier die vom Senat durch Internet-Recherchen ermittelten -, welche die Gründe der Schutzverweigerung bestätigen, sind beachtlich und dürfen bei der abschließenden Entscheidung im Beschwerdeverfahren nicht unberücksichtigt bleiben.

Ob der Bedeutungsgehalt von COLLECTION, verstanden als Wort französischer Herkunft (im Hinblick auf den Ursprung der IR-Marke aus den teilweise französischsprachigen Benelux-Staaten), sich vollständig mit dem des deutschen Wortes Kollektion deckt oder in bestimmten sprachlichen Zusammenhängen von diesem abweicht bzw. über ihn hinausgeht (vgl. PONS, Großwörterbuch Französisch-Deutsch, Neubearbeitung 1999, S. 141), ist nicht entscheidungserheblich. Jedenfalls auf den hier maßgeblichen Gebieten der Warenproduktion und des Handels besteht kein feststellbarer Unterschied zwischen dem Sinngehalt der IR-Marke und dem des deutschen Begriffs Kollektion. Unter einer solchen versteht man, wie die Markenstelle zutreffend dargelegt hat, auch eine Produktreihe oder -serie, d.h. Erzeugnisse auf einem Warensegment, die - vor allem vom Design her - aufeinander abgestimmt sind bzw. einander ergänzen. Eine derartige Eigenschaft einer (Einzel-)Ware, Teil einer Produktserie zu sein, kann für den Verkehr von wesentlicher Bedeutung sein. Der Begriff COLLECTION eignet sich als schlagwortartiger Hinweis auf diesen Umstand und stellt deshalb eine Beschaffenheitsangabe im Sinne der einschlägigen Bestimmungen der PVÜ und des MarkenG dar.

Diese Beurteilung gilt auch für den hier betroffenen Bereich der Sanitärinstallationen bzw. Badezimmerausstattungen (Duschen und deren Teile, Badewannen, Waschbecken). Wie die der Markeninhaberin in der Beschwerdeinstanz zur Kenntnis gegebenen Internet-Seiten belegen, verwenden ganz unterschiedliche Anbieter von Badezimmerausstattungen die Begriffe Collection und Kollektion (unterschiedslos) in einer glatt beschreibenden Weise, und zwar nicht nur in Verbindung mit der Voran- oder Nachstellung des Namens der betreffenden Kollektion, sondern auch in den Wortzusammenstellungen "Bad-Kollektion" (Schreyer GmbH), "Badmöbel-Kollektion" (Sumo), "Bad-Collection" (Plan von Keuco und San ReMo von Ideal-Standard) sowie "Armaturen-Collection" (Cerasprint von Ideal-Standard). Für Duschwannen und ein Handwaschbecken (Laguna von Ideal-Standard) wird mit den Worten geworben: "eine Collection, die sich sehen lassen kann...". Angesichts dieser Verwendungsbeispiele ist der Rüge der Markeninhaberin, die Beschlüsse der Markenstelle seien nicht auf produktbezogene tatsächliche Feststellungen gestützt, nachträglich jede Grundlage entzogen.

Die inhaltliche Argumentation der Markeninhaberin, COLLECTION weise in Alleinstellung keinen konkreten Warenbezug auf, der Bezeichnung werde bei markenmäßiger Verwendung der Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb entnommen und sie unterliege keinem Freihaltebedürfnis, weil Mitbewerber weiterhin die Möglichkeit einer beschreibenden Verwendung hätten, vermag nicht zu überzeugen. Ob der Regelung des § 23 Nr. 2 MarkenG im Eintragungsverfahren (bzw. hier dem der Schutzgewährung) überhaupt Bedeutung zukommt (verneinend Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 23 Rdnr. 23) kann dahinstehen. Jedenfalls ist die Abgrenzung zwischen einem markenmäßigen und einem warenbeschreibenden Gebrauch bereits generell schwierig; bei einem eindeutig warenbezogenen Begriff wie COLLECTION ist eine Monopolisierung zugunsten eines einzelnen Unternehmens nicht vertretbar. Den Mitbewerbern muß es weiterhin möglich sein, diesen geläufigen Begriff nicht nur in Wortkombinationen, sondern auch in Alleinstellung unbehindert verwenden zu können. Als einem im Inland gebräuchlichen und zudem mit Kollektion im Sinngehalt übereinstimmenden Wort, dessen Bedeutung sich auch in Alleinstellung breiten Verbraucherkreisen sofort erschließt, kommt ihm zudem nicht die Eignung zu, als Herkunftshinweis aufgefaßt zu werden. Dass Interessenten bei einer Kennzeichnung der Waren nur mit COLLECTION (ohne Zusätze) diese zwangsläufig so benennen müssen, stellt kein Argument für das Vorhandensein eines Mindestmaßes von Unterscheidungskraft dar; andernfalls müßten so gut wie alle glatt beschreibenden Angaben als unterscheidungskräftig gelten, dieser Schutzversagungsgrund also weitgehend leerlaufen, was aber nicht Sinn der gesetzlichen bzw. markenverbandsrechtlichen Regelung sein kann.

Der der Markeninhaberin an sich zustehende Schutzerstreckungsanspruch (§ 107, § 33 Abs. 2 MarkenG) besteht ausnahmsweise nicht, wenn - wie hier - ein Schutzhindernis nach der PVÜ vorliegt (BGH GRUR 1999, 728, 729 - PREMIERE II). Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit des deutschen Anteils der IR-Marke führt die Voreintragung im Ursprungsgebiet zu keiner rechtlichen Bindung der im Inland zur Entscheidung berufenen Stellen (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl, § 8 Rdnr. 31; Ströbele/Hacker, aaO, § 8 Rdnr. 264, 266). Die tatsächliche Indizwirkung, welcher der Registrierung eines fremdsprachigen Markenworts in einem Staat des betreffenden Sprachraums zukommen kann (vgl BGH GRUR 2001, 1046 - GENESCAN), vermag sich nur in Zweifelsfällen auszuwirken und ist beim Vorhandensein entgegenstehender Anhaltspunkte widerleglich (Ingerl/Rohnke aaO; Ströbele/Hacker, aaO, § 8 Rdnr. 268, 269). Da - wie vom Senat belegt - der Begriff COLLECTION (in gleicher Weise wie Kollektion) in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren für Badezimmer-Sanitärinstallationen bereits beschreibend Verwendung findet, liegt hier kein Grenzfall vor, in dem sich die Registrierung im Ursprungsgebiet der IR-Marke zugunsten einer Schutzgewährung in Deutschland auswirken könnte.

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BPatG:
Beschluss v. 18.02.2004
Az: 32 W (pat) 404/02


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