Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 1. September 2009
Aktenzeichen: I-20 U 121/08

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 01.09.2009, Az.: I-20 U 121/08)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkam-mer des Landgerichts Duisburg vom 1. April 2008 wird zurück-gewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Der Kläger ist ein im Vereinsregister eingetragener ärztlicher Berufsverband. Er ist ein Zusammenschluss von über 1.000 sogenannten Knappschaftsärzten, also niedergelassenen Ärzten, die neben der normalen Kassenzulassung aufgrund eines mit der Knappschaft B. S. in B. geschlossenen Vertrages zugleich über die Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung verfügen. Zu seinem satzungsgemäßen Vereinszweck gehören u. a. die Pflege der Berufsethik unter den Mitgliedern und die Wahrnehmung der vertraglichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange. Die Tätigkeit des Klägers erstreckt sich traditionell auf die (ehemalige) Bergbauregion R. und damit auch auf das Gebiet der Stadt O.

Dort betreibt die Beklagte zu 1. das M.H. Chefarzt in dessen chirurgischer Abteilung ist der Beklagte zu 2.

Die Beklagte zu 1. bietet niedergelassenen Ärzten den Abschluss eines Vertrages über eine "Sektorenübergreifende Versorgung" an. Diese Kooperation wird auch als "MVG O" bezeichnet. Der Vertrag enthält unter anderem die nachfolgend wiedergegebenen Bestimmungen:

Präambel

Das Krankenhaus und die Vertragsärzte verpflichten sich mit dieser Vereinbarung zu einer sektorenübergreifenden Kooperation. Inhalt der Kooperation ist die medizinisch abgestimmte, arbeitsteilige Behandlung von Patienten, bei denen eine vor- oder nachstationäre Behandlungsnotwendigkeit besteht. Die Vertragspartner sind davon überzeugt, mit dieser Kooperation den Interessen der Patienten zu dienen, da koordinierte Behandlungsabläufe die Versorgungsqualität erhöhen und ferner mit dem Vorteil für den Patienten verbunden sind, länger im häuslichen Umfeld zu bleiben. Zugleich erzeugt die Kooperation wirtschaftliche Synergieeffekte, die den Vertragspartnern einen noch wirtschaftlicheren Ressourceneinsatz ermöglichen. Das Recht der Patienten, den behandelnden Arzt bzw. das Krankenhaus frei auszuwählen, wird durch diesen Vertrag nicht eingeschränkt.

§ 1

Grundsätze

Die sektorenübergreifende Versorgung dient in erster Linie den Interessen der Patienten durch Optimierung der Versorgungsqualität. Aus diesem Grund wird die medizinische Verantwortung des jeweils behandelnden Arztes und sein Letztentscheidungsrecht in allen medizinischen Fragen durch diesen Vertrag nicht berührt.

(…)

§ 2

Leistungen

Das Krankenhaus beauftragt Vertragsärzte mit der Durchführung von prä- und poststationären Leistungen, die im Zusammenhang mit einer stationären Behandlung im Krankenhaus notwendig sind. In Anlage A sind die stationären Behandlungen nach Satz 1 aufgeführt, bei denen eine Beauftragung der Vertragsärzte im Rahmen der sektorenübergreifenden Versorgung in Betracht kommt. Die von Vertragsärzten im Auftrag des Krankenhauses durchführbaren Leistungen sind in der Anlage B dieses Vertrages abschließend aufgeführt. Das Krankenhaus entscheidet über den Umfang der im konkreten Behandlungsfall durch den Vertragsarzt zu erbringenden Leistungen und koordiniert diese. Das Nähere regelt § 3.

§ 3

Ablaufkonzept der sektorenübergreifenden Versorgung

Der Vertragsarzt empfiehlt dem Patienten, für den er die Indikation für eine stationäre Behandlung nach Anlage A gestellt hat, die Vorstellung im Krankenhaus. Das Krankenhaus nimmt den Patienten als Behandlungsfall i.S. dieser Vereinbarung an, wenn es die Indikation zur stationären Behandlung bestätigt und der Patient sein schriftliches Einverständnis nach § 8 gegeben hat. Nach Annahme des Behandlungsfalles entscheidet das Krankenhaus über die weiteren Behandlungsschritte und dokumentiert diese in einer Patientenakte. Das Krankenhaus beauftragt den Vertragsarzt, der die Indikation gestellt hat, mit den im konkreten Behandlungsfall notwendigen prästationären Leistungen durch Übersendung der Patientenakte und informiert den Patienten. Der beauftragte Vertragsarzt erbringt die prästationären Leistungen und gibt anschließend die Patientenakte nach entsprechender Dokumentation an das Krankenhaus zurück. [bleibt frei] [bleibt frei] (…) Soweit diese [scil.: poststationäre Leistungen] erforderlich sind, beauftragt das Krankenhaus hiermit den Vertragsarzt, der die Indikation gestellt hat, durch Übersendung der Patientenakte. Der beauftragte Vertragsarzt reicht die Patientenakte, nachdem er die poststationären Leistungen erbracht und dokumentiert hat, an das Krankenhaus zurück. (…) Es kann sich - je nach Behandlungsnotwendigkeit - eine erneute stationäre Behandlung (ggf. mit weiterer poststationärer Behandlung) (…) anschließen.

§ 5

Vergütung

Das Krankenhaus zahlt den Vertragsärzten für die von ihnen erbrachten prä- und poststationären Leistungen die Vergütung nach Anlage B. Mit der Vergütung sind alle beim Vertragsarzt mit der Leistungserbringung verbundenen Kosten, einschließlich derjenigen für Verbrauchsmaterialien, abgegolten. Die Abrechnung der ärztlichen Leistungen erfolgt über mit dem Vertragsarzt gem. Anlage E.

(…)

§ 8

Teilnahme von Versicherten

Voraussetzung für die Behandlung im Rahmen der sektorenübergreifenden Versorgung ist die Einverständniserklärung des Patienten. Sie ist schriftlich gegenüber dem Krankenhaus abzugeben, nachdem dieses den Patienten umfassend über den Inhalt der sektorenübergreifenden Versorgung aufgeklärt hat. (…)

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf das als Bl. 40 ff. d. GA. bei der Akte befindliche Muster verwiesen. Hinsichtlich der vom Vertragsarzt zu erbringenden Leistungen wird auf die nach dem Krankheitsbild gegliederten Kataloge, Bl. 46 bis 54 d. GA., und hinsichtlich der dem Arzt insoweit nach § 5 Abs. 1 des Vertrages zustehenden Vergütung wird auf den "Laufzettel Honorar MVG O", Bl. 55 d. GA., Bezug genommen. Über den Ablauf der "Sektorenübergreifenden Versorgung" informiert ein vom Beklagten zu 2. unterzeichnetes Formschreiben.

Der Kläger hält den Abschluss solcher Verträge für wettbewerbswidrig. Erstinstanzlich hat er vorgetragen, der Vertrag sei darauf angelegt, den teilnehmenden Ärzten ein "Kopfgeld" für die Überweisung von Patienten zur stationären Behandlung im Rahmen der Viszeralchirurgie, insbesondere Schilddrüse, Cholezystektomie, inguinalen und femoralen Hernioplastik, Nabelhernie, Hiatushernie, kolorektalen Tumore, Divertikulose, Hämorrhoiden, perianalen Fisteln und Magenkarzinom, zu zahlen. Dies komme in der Zielsetzung der MVG O auch zum Ausdruck, wo offen ausgeführt werde, dass für die teilnehmenden Hausärzte eine Honorierung der bisher oft intrabudgetär erbrachten Leistungen resultiere. Alle Beteiligten gewännen zudem durch den Marketingeffekt eine stärkere Bindung der Patienten an den einweisenden Arzt und die Klinik. Auf das Beiblatt "Zielsetzung der MVG O", Bl. 39 d. GA., wird Bezug genommen. Dies sei weder mit § 31 der Berufsordnung der Ärzte, der dem Arzt eine Vorteilsannahme für die Zuweisung von Patienten verbiete, noch mit § 1 Abs. 1 GOÄ zu vereinbaren.

Die Art der vereinbarten Zusammenarbeit widerspreche auch §§ 140a ff. SGB V. Denn mit der Überweisung des Patienten an das Krankenhaus sei die Behandlungszuständigkeit des Hausarztes beendet. Für die prä- und poststationäre Behandlung, insbesondere die präoperative Diagnostik, sei die Klinik selbst und nicht der Hausarzt zuständig. Gleiches gelte insbesondere auch für die poststationären Untersuchungen. Der Hausarzt, der diese Dinge nicht durchführen könne, dürfe sie auch nicht durchführen. Niedergelassene Hausärzte hätten in der Regel nicht einmal die Möglichkeit, die jeweils geforderte Lungenübersicht (Röntgenthorax in zwei Ebenen) durchzuführen. Soweit der Hausarzt diese Diagnose- und Behandlungsmaßnahmen im medizinisch erforderlichen Umfang vornehmen könne, dürfe hingegen das Krankenhaus nicht tätig werden kann, § 115a Abs. 1 Nr. 2 SGB V, so dass es sich in diesem Fall bei diesen Leistungen in Wahrheit schlicht um ambulante Leistungen handele, die nur virtuell und zu Unrecht der Krankenhaussphäre zugerechnet würden. Ferner werde durch das beanstandete Vorgehen die Budgetlimitierung im Bereich der Honorare für ambulante Behandlungen in unzulässiger Weise umgangen. Der Tatbestand des § 299 StGB und sogar des § 331 StGB werde durch das Vorgehen der Beklagten erfüllt.

Nach § 3 des Vertrages habe der Vertragsarzt dem Patienten die Vorstellung im Krankenhaus der Beklagten zu 1. zu empfehlen. Dies sei mit seiner gesetzlichen Verpflichtung, unter Berücksichtigung der ihm zugänglichen Informationen ein geeignetes Krankenhaus und dabei insbesondere die beiden nächsterreichbaren geeigneten Krankenhäuser anzugeben nicht zu vereinbaren. Nach allem erfülle das Verhalten der Beklagten somit die Tatbestände unlauteren Wettbewerbsverhaltens nach § 4 Nr. 1, 3, 4, 11 UWG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, Bl. 267 ff. d. GA., Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zu 1. unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zur Unterlassung des Abschlusses von Verträgen mit den eingangs wiedergegeben Regelungen in den §§ 2, 3 und 5 sowie zur Unterlassung der Zahlung pauschaler Rechnungsbeträge nach dem "Laufzettel Honorar MGV O" verurteilt. Den Beklagten zu 2. hat es zur Unterlassung der Mitwirkung bei der Anbahnung oder dem Abschluss entsprechender Verträge verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Verhalten der Beklagten sei nach §§ 3, 4 Nr. 1 UWG unlauter, die beanstandeten Klauseln des Vertragswerkes seien letztendlich dazu geeignet, auf unangemessene und unsachliche Weise Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit der Patienten zu nehmen. Es liege auf der Hand, dass die Vertragsärzte ihre Patienten möglichst an die Beklagte zu 1. weiterreichen würden, um später Leistungen zu Sätzen, die mindestens denen der GOÄ entsprächen und die nicht ihr Budget belasteten, abrechnen zu können.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründeten Berufung.

Unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens tragen die Beklagten vor, die Argumentation des Landgerichts, es liege auf der Hand, dass die Vertragsärzte aus pekuniären Gründen geneigt seien, Patienten möglichst an ihr Krankenhaus weiterzureichen, halte einer näheren Überprüfung nicht stand. Im Zeitpunkt der Empfehlung stehe noch nicht fest, ob der Vertragsarzt mit einer poststationären Behandlung beauftragt werde, dies entscheide nach § 2 Abs. 2 des Vertrages allein sie. Der empfehlende Vertragsarzt könne folglich nicht von vorneherein sicher damit rechnen, dass er mit der Durchführung von prä- und poststationären Behandlungen auch tatsächlich beauftragt werde. Dem Vertragsarzt diese Einnahmequelle zu erschließen sei auch nicht der Zweck des Vertrages, er diene dem Interesse des Patienten, der länger in seinem häuslichen Umfeld verbleibe und vom Arzt seines Vertrauens behandelt werde. Der Vertragsarzt habe nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages seine Empfehlung allein nach medizinischen Gesichtspunkten auszurichten. Die Vertragsärzte würden für tatsächlich erbrachte Leistungen entlohnt. Die in dem "Laufzettel Honorar MGV O" geregelte Vergütung orientiere sich an der GOÄ, die sich danach ergebenden Beträge seien um nicht mehr als 2 Prozent nach oben oder unten gerundet. Im Übrigen sei dieser Laufzettel auch nicht mehr aktuell, inzwischen vergüte sie ihre Vertragsärzte unmittelbar nach GOÄ. Eine unsachliche Beeinflussung der Patienten gebe es nicht, gemäß § 8 Abs. 1 des Vertrages sei der Vertragsarzt verpflichtet, den Patienten umfassend über den Inhalt der sektorenübergreifenden Versorgung aufzuklären. Das Recht auf freie Arztwahl werde nicht eingeschränkt. Von der K. V. N. seien folglich auch keine Bedenken geäußert worden. Kooperationen im Bereich der Erbringung von prä- und poststationären Behandlungsleistungen seien nach § 115 SGB V ausdrücklich erwünscht, die ursprünglich bestehende gesetzliche Beschränkung in § 36 Abs. 2 Satz 2 KHG NRW sei aufgehoben worden.

Eine Unlauterkeit unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs scheitere aber auch am Verstoß gegen eine das Marktverhalten regelnde Norm. Den §§ 115 ff SGB V fehle die erforderliche wettbewerbsschützende Funktion. Gleiches gelte für § 331 StGB. Im Übrigen unterfielen weder sie noch die Vertragsärzte dem Anwendungsbereich der §§ 331, 299 StGB. Den Krankenhausbehandlungsrichtlinien fehle bereits die erforderliche Normqualität, auch sei dort die Empfehlung eines Krankenhauses gerade vorgesehen. Die Vorschrift des § 31 der Berufsordnung wende sich an den Arzt, Krankenhäuser gehörten nicht zu den Normadressaten. Für eine Teilnahme an einem Verstoß fehle es jedenfalls am erforderlichen Vorsatz ihrerseits, dem stehe die Billigung des Vertrages durch die K. V. und ein Rundschreiben der K., wonach Krankenhäuser die Leistungen von Vertragsärzten vergüten dürften, entgegen. Die Voraussetzungen des § 31 seien aber ohnehin nicht erfüllt. Wie ausgeführt binde sich der Vertragsarzt nicht gegen ein Entgelt, vielmehr erhalte er ein solches nur für die tatsächlich von ihm erbrachten Leistungen. In jedem Fall aber habe das Landgericht nicht ohne Beweisaufnahme über ihr Bestreiten der klägerischen Behauptung, die Vertragsärzte würden sich bei ihrer Empfehlung weniger nach medizinischen, als nach wirtschaftlichen Kriterien richten hinweggehen dürfen.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Duisburg vom 1. April 2008 (Az. 4 O 300/07) die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens trägt er vor, es entspreche der Lebenserfahrung, dass ein Arzt geneigt sei, seinem Patienten das Krankenhaus zu empfehlen, bei dem er bei sonst vergleichbaren Bedingungen selbst einen wirtschaftlichen Vorteil hat. Im Übrigen habe er zwischenzeitlich aufgrund eines anonymen Hinweises erfahren, dass Hintergrund der Verträge die in 2006 erneut rückläufigen Fallzahlen bei der Beklagten zu 1. gewesen seien. So führe die Beklagte zu 1. in ihrem Geschäftsbericht vom 30. März 2007 selbst aus, die Verträge über die "Sektorenübergreifende Versorgung" seien mit dem Ziel geschlossen worden, die Patientenzahlen zu steigern. Von Patienteninteressen sei nicht Rede. Auf sozialrechtliche Bestimmungen könnten sich die Beklagten bei ihrem Vorgehen nicht berufen, § 69 SGB V erfasse nur Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu verschiedenen Leistungserbringern. Im Rahmen der "Sektorenübergreifenden Versorgung" würden von den Vertragsärzten als Krankenhausleistung getarnte, in Wirklichkeit ambulante Leistungen abgerechnet. Die ihr Honorar andernfalls deutlich reduzierende Budgetierung werde so umgangen. Hierin liege die Entlohnung des Arztes, wegen der er das Haus der Beklagten empfehle. Dieses Verhalten sei nicht nur wegen unangemessener und unsachlicher Beeinflussung der Patienten unlauter, sondern es verstoße auch gegen § 331 StGB. Kassenärzte seien taugliche Täter, da sie zugelassen worden seien. § 31 Berufsordnung sei verletzt, auch wenn die Beklagte nicht primäre Normadressaten sei, sei sie doch notwendige Teilnehmerin der Tat.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte zu 1. zu Recht zur Unterlassung des Abschlusses von Verträgen mit den eingangs wiedergegeben Regelungen in den §§ 2, 3 und 5 sowie zur Unterlassung der Zahlung pauschaler Rechnungsbeträge nach dem "Laufzettel Honorar MGV O" und den Beklagten zu 2. zur Unterlassung der Mitwirkung bei der Anbahnung oder dem Abschluss entsprechender Verträge verurteilt.

Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG prozessführungs- und anspruchsberechtigt.

Die Voraussetzungen der Angehörigkeit einer erheblichen Zahl von Unternehmen, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und einer für die Wahrnehmung seiner satzungsgemäßen Aufgabe erforderlichen personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung betreffen nicht nur die sachlichrechtliche Anspruchsberechtigung, sondern auch die prozessuale Klagebefugnis (BGH, GRUR 2006, 873, 874 - Augenoptiker-Mittelstandsvereinigung) und sind daher von Amts wegen zu prüfen.

Vorliegend unterliegt die Klagebefugnis keinen Bedenken. Die Wahrnehmung der beruflichen Belange seiner Mitglieder und die Pflege der Berufsethik gehörten zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Klägers. Der Begriff der Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art i.S. des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist weit auszulegen. Ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis wird wesentlich durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur selben Branche oder zu zumindest angrenzenden Branchen begründet (BGH, GRUR 2006, 778 - Sammelmitgliedschaft IV). Bei der werbliche Betätigung eines Krankenhauses ist auf den Branchenbereich der Heilbehandlungen abzustellen (BGH, GRUR 2007, 809, 810 - Krankenhauswerbung). Es reicht, dass die Gewerbetreibenden aus der einschlägigen Branche im Verband in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann; es kommt nicht entscheidend darauf an, ob den Verbandsmitgliedern nach Anzahl, Bedeutung oder Umsatz im Verhältnis zu allen auf diesem Markt tätigen Unternehmen eine repräsentative Stellung zukommt (BGH, GRUR 2009, 692, 693 - Sammelmitgliedschaft VI). Dass der Kläger, dem über 1000 zu einem erheblichen Teil in der ehemaligen Bergbauregion Ruhrgebiet ansässige Ärzte angehören, diese Voraussetzung erfüllt, begegnet keinen Bedenken und wird auch von den Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Für das Vorhandensein der erforderlichen personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung gilt Gleiches.

Verträge zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten sind auch nicht der wettbewerbsrechtlichen Kontrolle entzogen. Gemäß § 69 Abs. 1 SGB V regelt das Sozialgesetzbuch abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden. Die Bestimmung erfasst folglich nur solche Vereinbarungen, bei denen auf der einen Seite eine Krankenkasse und auf der anderen ein Erbringen medizinischer Leistungen steht. Der Vertrag über eine "Sektorenübergreifende Versorgung" kommt jedoch zwischen einem Krankenhaus und einem niedergelassenen Arzt und folglich zwischen zwei Leistungserbringern zustande.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten zu 1. einen Anspruch auf Unterlassung des Abschlusses des Vertrages über die "Sektorenübergreifende Versorgung" in der im Tenor des erstinstanzlichen Urteils wiedergegebenen Fassung und der Vergütung der Leistungen nach dem "Laufzettel Honorar MVG O" aus § 8 Abs. 1 S. 1 UWG i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 1 UWG und §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 31 der Berufsordnung für die Ärzte in Nordrhein-Westfalen. Gegenüber dem Beklagten zu 2. hat sie einen Anspruch auf Unterlassung der Mitwirkung am Abschluss dieses Vertrages.

Der Abschluss des Vertrages über die "sektorenübergreifende Versorgung" stellt sich als Beihilfe zu einem Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 1 UWG dar, weil sie ein Verhalten des Vertragsarztes ermöglicht, welches sich als unangemessener Druck auf seine Patienten darstellt, sich zur stationären Behandlung in das Haus der Beklagten zu begeben.

Gemäß § 4 Nr. 1 UWG handelt unlauter, wer geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch Ausübung von Druck zu beeinträchtigen. Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift sind vorliegend die Patienten. Auch wenn sie die von ihnen in Anspruch genommenen ärztlichen Leistungen nicht unmittelbar selbst bezahlen, sind sie es doch, die die Nachfrageentscheidung treffen. Unter Druck ist die Zufügung oder Androhung von Nachteilen wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder sonstiger Natur zu verstehen, wozu auch der Entzug von bisher gewährten Vorteilen gehört. Die Maßnahme muss darüber hinaus geeignet sein, die Entscheidungsfreiheit des Marktpartners zu beeinträchtigen. Es muss also zu befürchten sein, dass der Angesprochene nicht mehr frei entscheidet, sondern sich dem Druck beugt (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 4 UWG Rn. 1.12).

Gemäß § 3 Abs. 1 des Vertrages empfiehlt der Vertragsarzt seinem Patienten die Vorstellung im Krankenhaus. Dass hiermit das Haus der Beklagten gemeint ist, ergibt aus Abs. 2, wonach das Krankenhaus den Patienten "als Behandlungsfall i.S. dieser Vereinbarung" annimmt, wenn es die Indikation bestätigt.

Schon allein diese Verpflichtung des Vertragsarztes zur Empfehlung des Hauses der Beklagten reicht für Untersagung des Vertrages aus. Vom Kläger werden nicht einzelne Klauseln des Vertrages beanstandet, sondern nur allgemein die Untersagung des Abschlusses eines solchen Vertrages begehrt. Dem ist stattzugeben, wenn auch nur eine der Klauseln eine wettbewerbswidrige Regelung enthält (vgl. BGH, GRUR 2001, 453, 455 - TCM-Zentrum). Dass das Landgericht einzelne Klauseln herausgegriffen hat, macht diese nicht zum Gegenstand separater Unterlassungsbegehren, da dem Kläger nicht mehr zugesprochen werden kann, als er beantragt hat, § 308 Abs. 1 ZPO.

Dem Arzt kommt bei der Empfehlung eines Krankenhauses eine besondere Verantwortung zu. Jede Empfehlung, die er ausspricht, schafft für einen erheblichen Teil seiner Patienten einen Druck, dem sie sich nur schwer entziehen können. Erwägungen, den Arzt, auf den man sich im Hinblick auf die eigene Gesundheit oder diejenige von Familienangehörigen angewiesen fühlt, und dessen Wohlwollen man selbst bei Kleinigkeiten wie Terminvergaben nicht verlieren will, nicht zu verärgern und sich ihm gegebenenfalls auch dankbar zu zeigen, werden vielen Patienten in den Sinn kommen und sie um so mehr unter Druck setzen, als sie sich zu einer Entscheidung ausdrücklich aufgefordert sehen und dies in einer Situation, in der sie der Entscheidung aus ihrer Sicht schlecht entfliehen können, ohne den befürchteten Schaden bereits zu verursachen (vgl. OLG Stuttgart, GRUR-RR 2008, 429, 434 - eyemedics). Obgleich weder zu Hause, noch am Arbeitsplatz, entsteht so eine Drucksituation, die derjenigen an Gewicht nicht nachsteht, welche den Gesetzgeber veranlasst hatte, das HWiG a.F. zu schaffen (OLG Stuttgart a.a.O.).

Ein solcher Druck ist nur dann angemessen, wenn die Empfehlung allein auf ärztlichen Erwägungen im Hinblick auf die Bedürfnisse des konkret beratenen Patienten ausgesprochen wird (vgl. BGH, GRUR 2005, 1059, 1060 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften). Eine wie auch immer geartete Verpflichtung des Arztes zur Empfehlung eines bestimmten Hauses lässt aber immer einen Druck befürchten, der unangemessen ist. Es ist nicht zu erwarten, dass die im angegriffenen Vertrag vorgesehene Empfehlung immer nur dann ausgesprochen wird, wenn sie nach den Bedürfnissen der Patienten ohnehin die allein richtige ist. Daran ändert das in § 1 Abs. 1 S. 2 des Vertrages gewährleistete Letztentscheidungsrecht des Arztes in medizinischen Fragen nichts. Es ist ein allgemeiner Grundsatz, dass die Parteien Vereinbarungen, die sie in einen Vertrag aufnehmen, auch einen Regelungsgehalt zumessen. Das insoweit zwischen § 3 Abs. 1 und § 1 Abs. 1 S. 2 bestehende Spannungsverhältnis führt folglich nicht zur Gegenstandslosigkeit von § 3 Abs. 1, allenfalls gibt § 1 Abs. 1 S. 2 dem Vertragsarzt das Recht, in begründeten Einzelfällen von seiner grundsätzlichen Empfehlungspflicht abzuweichen. Eine Entscheidung, die gegenüber dem Vertragspartner gerechtfertigt werden muss, ist jedoch nicht wirklich frei. Schon um sich Ärger zu ersparen, wird der Vertragsarzt das Haus der Beklagten empfehlen, wenn es nicht evident zur Behandlung des Patienten ungeeignet ist.

Hinzu kommt, dass der Vertrag über die "Sektorenübergreifende Versorgung" einen finanziellen und damit einen eindeutig sachfremden Anreiz zur Empfehlung des Hauses der Beklagten setzt. Nach § 3 Abs. 4, Abs. 8 beauftragt das Krankenhaus den Vertragsarzt, der die Indikation gestellt hat, mit den im konkreten Behandlungsfall notwendigen prä- bzw. poststationären Leistungen. Diese werden gemäß § 5 Abs. 1 nach Anlage B, also nach dem "Laufzettel Honorar MVG O" vergütet. Die dort vorgesehene Vergütung ist eng an die Sätze der GOÄ angelegt, nach dem Vortrag der Beklagten wird zwischenzeitlich unmittelbar nach GOÄ abgerechnet. Eine solche Abrechnung der Behandlung von Kassenpatienten ist für die teilnehmenden Vertragsärzte attraktiv. Die gewährte Vergütung ist höher, zudem findet keine Anrechnung auf das Budget statt, was das Risiko einer finanziell nachteiligen Budgetüberschreitung reduziert. Es ist ohne weiteres damit zu rechnen, dass zumindest ein erheblicher Teil der Ärzte bei mehreren in Betracht kommenden, qualitativ gleichwertigen Alternativen seinem Patienten diejenige empfehlen wird, von der er selbst einen wirtschaftlichen Vorteil hat (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Mai 2007, Az. 2 U 176/06, BeckRS 2007 08769). Die Empfehlung eines Arztes für ein bestimmtes Haus, die auch darauf beruht, dass ihm ein Vorteil zufließt, ist aber mit dem Grundsatz einer allein nach ärztlichen Gesichtspunkten zu treffenden Entscheidung nicht zu vereinbaren (vgl. BGH, GRUR 2005, 1059, 1060 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften).

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Vertragsarzt bei der Empfehlung "nicht von vornherein sicher damit rechnen" kann, "dass er mit der Durchführung von prä- und poststationären Behandlungen auch tatsächlich beauftragt wird" (Bl. 322 d. GA.). Es reicht völlig aus, dass für ihn die realistische Möglichkeit einer für ihn lukrativen Beauftragung besteht. Der Vertrag ist grundsätzlich auf die Beauftragung des empfehlenden Arztes zugeschnitten. So sehen die Absätze 4 und 8 nur die Möglichkeit der Beauftragung des Vertragsarztes vor, der dem Patienten das Haus der Beklagten empfohlen hat. Ein Vertrag, der die Beauftragung von Vertragsärzten vorsieht, macht zudem nur Sinn, wenn solche Beauftragungen in einem erheblichen Teil der Fälle auch tatsächlich vorgenommen werden. Dass die Beauftragung des empfehlenden Arztes eine Ausnahme wäre, behaupten die Beklagten selbst nicht. Die Aussicht für den Arzt, in einem erheblichen Teil der Fälle beauftragt zu werden, genügt zur Annahme eines Zusammenhangs zwischen den von ihm insgesamt ausgesprochen Empfehlungen und dem sich aus seiner Beteiligung an der "Sektorenübergreifenden Versorgung" ergebenden Zusatzverdienst.

Die Beklagten sind passivlegitimiert, sie sind dem Kläger neben den am Vertrag beteiligten niedergelassenen Ärzten zur Unterlassung verpflichtet. Unmittelbarer Normadressat sind zwar die empfehlenden Ärzte, da sie es sind, die auf ihre Patienten mit der Empfehlung des Hauses der Beklagten in unsachlicher Weise Druck ausüben. Bei einer Zuwiderhandlung gegen ein Verbot kann neben dem Normadressaten selbst aber auch derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der den Normadressaten im Wissen um die Verpflichtung vorsätzlich zu einem Verstoß veranlasst. Dies folgt aus den auch insoweit heranzuziehenden deliktischen Teilnahmeregeln (BGH, GRUR 2003, 807, 809 - Buchpreisbindung) und entspricht dem Rechtsgedanken des § 28 Abs. 1 StGB, wonach auch solche Personen Teilnehmer einer Tat sein können, bei denen persönliche Merkmale, die die Strafbarkeit des Täters begründen, fehlen. Was für die Beteiligung an einer Straftat gilt, muss für die Beteiligung an einer zivilrechtlich untersagten Handlung erst recht gelten. Gemäß § 830 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB haftet nicht nur der Anstifter, sondern auch der Gehilfe gemeinsam mit dem Täter.

Gehilfe ist, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlung Hilfe geleistet hat (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 27. Aufl., § 8 Rn. 2.6). Hierunter fällt, wer den fremden Verstoß durch sein eigenes Verhalten gefördert oder gar erst ermöglicht hat, indem er zumindest bedingt vorsätzlich zu einer Lage beigetragen hat, die nach der Lebenserfahrung zu einem bestimmten gesetzeswidrigen Verhalten des anderen Beteiligten führt (BGH, GRUR 2003, 624, 626 - Kleidersack).

Die Beklagte zu 1. war vorliegend zumindest als Gehilfin an der Zuwiderhandlung der Vertragsärzte beteiligt. Ohne den Abschluss von Verträgen über die "Sektorenübergreifende Versorgung" wäre es in einer Vielzahl von Fällen nicht zur Empfehlung ihres Hauses aufgrund der bestehenden vertraglichen Verpflichtung und der mit der Empfehlung einhergehenden finanziellen Vorteile gekommen. Durch ihre Handlung hat sie den Verstoß der mit ihr vertraglich verbundenen Ärzte gegen § 4 Nr. 1 UWG überhaupt erst ermöglicht.

Die Beklagten handelten auch vorsätzlich. Sie kennen die von der Beklagten zu 1. angebotenen und geschlossenen Verträge. Sie wissen, dass der Vertrag die Ärzte zur Empfehlung ihres Hauses verpflichtet und dass diese von der Empfehlung finanziell profitieren können. Die Annahme, sie seien gleichwohl davon ausgegangen, die teilnehmenden Ärzte würden ihre Empfehlung ausschließlich nach medizinischen Gesichtspunkten treffen, ist lebensfremd. Fernliegende, jeder Lebenserfahrung widersprechende Erklärungen braucht das Gericht nicht zu berücksichtigten (BGH, NZV 1992, 77, 78). Gleiches gilt für die Annahme, die Patienten würden trotz der ärztlichen Empfehlung frei und unbeeinflusst über das von ihnen zu wählende Krankenhaus entscheiden. Die Beklagten kannten folglich alle Umstände, aus denen sich die Wettbewerbswidrigkeit des Handelns ihrer Vertragspartner und ihre Mitwirkung daran ergeben.

Die von den Beklagten als Anlage B1 vorgelegte Äußerung der K. V. N. vom 12. Januar 2007 (Bl. 222 d. GA.) und das als Anlage H1 vorgelegte Rundschreiben der K. N. W. vom 12. März 2007 (Anlagenhefter) sind nicht geeignet, einen Vorsatz der Beklagten auszuschließen. Es kann dahinstehen, ob es im Bereich der Teilnahme an einer unlauteren Wettbewerbshandlung sinnvoll ist, dass Vorsatzerfordernis auch auf das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit zu erstrecken. Zieht man, da der Begriff des Gehilfen im strafrechtlichen Sinne zu verstehen ist (BGH, NJW 2005, 3137, 3139), auch die strafrechtliche Regelung über den Verbotsirrtums heran, ist die irrige Annahme, das eigene Verhalten sei erlaubt, gemäß § 17 StGB als Verbotsirrtum unbeachtlich, soweit dieser vermeidbar war. Jedenfalls aber obliegt, soweit der Bundesgerichtshof ein Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Haupttat verlangt, die Beweislast für einen vorsatzausschließenden Rechtsirrtum den Beklagten (BGH, NJW 1977, 1875, 1878).

Diesen Beweis haben die Beklagten nicht geführt. In ihrem Schreiben vom 12. Januar 2007 hat die K. V. N. den streitgegenständlichen Vertrag über eine "Sektorenübergreifende Versorgung" gerade nicht für unbedenklich erklärt. Vielmehr erachtete sie die in § 3 normierte Empfehlungspflicht der Vertragsärzte als eine unzulässige (verdeckte) Zuweisung von Patienten gegen eine Vergütung. Es sei erforderlich, dass der Vertrag eine Regelung enthalte, wonach der Vertragsarzt keiner Verpflichtung unterliegt, die Patienten einem bestimmten Krankenhaus zuzuweisen, wobei das Wort "keiner" unterstrichen ist. Danach wäre es erforderlich gewesen, die in dem Vertrag geregelte Beauftragung der Vertragsärzte mit prä- und poststationären Leistungen vollständig von der Empfehlung des Hauses der Beklagten zu entkoppeln. Dies ist nicht geschehen. § 3 Abs. 1 sieht unverändert eine Empfehlungspflicht des Vertragsarztes vor, mag diese auch durch die Hervorhebung seines Letztentscheidungsrechts etwas relativiert worden sein. Vor allem gestatten aber die Absätze 4 und 8, wie ausgeführt, nur eine Beauftragung des empfehlenden Vertragsarztes. Die Verknüpfung zwischen Zuweisung und Vergütung ist folglich erhalten geblieben. Danach ist nichts ersichtlich, was die Beklagten gleichwohl veranlasst haben könnte, anzunehmen, der Vertrag sei nunmehr zulässig.

Das Rundschreiben der K. N. W. vom 12. März 2007 behandelt vorrangig die Frage der Abrechnung der Vergütung der von niedergelassenen Ärzten vorgenommenen prä- und poststationären Behandlungen, daneben geht es im letzten Absatz auf die Frage der Zulässigkeit der Beauftragung Dritter durch das Krankenhaus ein. Die vorliegend streitgegenständliche Problematik, dass die beauftragten Dritten ihrerseits die das Krankenhaus Empfehlenden sind, wird hingegen nicht behandelt.

Der Beklagte zu 2. hat das Zustandekommen der beanstandeten Verträge gefördert. Er hat das den Ablauf der "Sektorenübergreifenden Versorgung" erläuternde Schreiben unterzeichnet. Der Feststellung seiner Mitwirkung im landgerichtlichen Urteil ist er dementsprechend auch nicht entgegengetreten. Mit der Förderung des Zustandekommens der Verträge hat der Beklagte zu 2. Beihilfe zur Beihilfe geleistet, die ebenfalls dem Beihilfebegriff unterfällt. Zur Vorsätzlichkeit gilt das bereits Gesagte.

Der Unterlassungsanspruch ergibt sich auch aus § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 31 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte.

Nach § 31 BO ist es Ärzten nicht gestattet, sich für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt oder einen anderen Vorteil versprechen oder gewähren zu lassen. Die Vorschrift ist Ausdruck der Verpflichtung des Arztes, die Entscheidung darüber, an wen er den Patienten verweist, allein nach ärztlichen Gesichtspunkten zu treffen. Die Entscheidung darf nicht aufgrund eigener Interessen des Arztes getroffen werden, insbesondere nicht danach, ob ihm für die Überweisung eine Gegenleistung zufließt oder nicht (BGH GRUR 2005, 1059, 1060 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften; Ratzel/Lippert, Kommentar zur Musterberufsordnung der deutschen Ärzte [MBO], 4. Aufl., § 31 Rn. 1). Die Regelung ist auch dazu bestimmt, ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile von Ärzten untereinander zu verhindern (BGH, NJW-RR 2003, 1175; Ratzel/Lippert a.a.O.). Dieser Schutzzweck gebietet, jede Art der Patientenvermittlung gegen Entgelt oder sonstige Vorteile, die ihren Grund nicht in der Behandlung selbst haben, als verbotswidrig anzusehen (Ratzel/Lippert a.a.O.). Der Charakter als Schutzgesetz gebietet zudem als allgemeinen Rechtsgrundsatz ein Umgehungsverbot. Danach ist unwirksam auch ein Geschäft, das einen verbotenen Erfolg durch Verwendung von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu erreichen sucht, die scheinbar nicht von der Verbotsnorm erfasst werden (BGH, NJW 2006, 1066, 1067; Heinrichs in Palandt, BGB, 66. Aufl., § 134, Rn. 28; OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Mai 2007, Az. 2 U 176/06, BeckRS 2007 08769).

Die Vertragsärzte der Beklagten zu 1. lassen sich für die Empfehlung des Hauses der Beklagten und anschließende Überweisung einen Vorteil versprechen und gewähren. Wie ausgeführt stellt schon die Möglichkeit mit prä- und poststationären Leistungen beauftragt zu werden, die nach GOÄ abgerechnet werden können, das Versprechen eines Vorteils.

Der Verstoß gegen § 31 BO ist gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG wettbewerbswidrig. Unter § 4 Nr. 11 UWG fällt eine Vorschrift, die jedenfalls auch der Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer dient. Hierzu gehört jede Regelung, die in ihrem Geltungsbereich das gleichförmige Auftreten der Wettbewerber mit ihren Produkten am Markt gebietet und dem Schutz der Verbraucher dient (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2003, Az. I ZR 119/03). Hierzu gehören die entsprechenden berufsrechtliche Vorschriften (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009, Az. I ZR 13/07, Brillenversorgung). Durch die Regelung in § 31 BO werden alle Ärzte verpflichtet, sich für ihre Zuweisungen kein Entgelt oder einen anderen Vorteil versprechen oder gewähren zu lassen, die Vorschrift gebietet folglich ein gleichförmiges Auftreten aller Ärzte am Markt. Sie dient der Sicherstellung einer allein nach ärztlichen Gesichtspunkten zu treffenden Zuweisungsentscheidung und damit dem Verbraucherschutz.

Die Beklagten sind passivlegitimiert. § 31 BO richtet sich zwar nicht an Krankenhäuser, die Beklagten sind jedoch auch insoweit Teilnehmer der von dem niedergelassenen Arzt begangenen Tat. Wie ausgeführt, hat die K. V. N. die Empfehlungspflicht der Vertragsärzte als eine unzulässige (verdeckte) Zuweisung von Patienten gegen eine Vergütung erachtet. Damit wussten die Beklagten, dass die Verknüpfung von Zuweisung und Beauftragung unzulässig. Dies ist der Rechtsgedanke des § 31 BO, womit dessen Verwirklichung von ihrem Vorsatz umfasst war.

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob der Rechtsbruchtatbestand auch im Hinblick auf einen Verstoß gegen § 115a SGB V verwirklicht ist. Kern der vorliegenden Problematik ist die Verknüpfung von Empfehlung und Vergütung. Das Oberlandesgericht Schleswig hat im Übrigen im Falle der Beauftragung niedergelassener Ärzte durch ein Krankenhaus einen Verstoß gegen § 115a SGB V und dessen Wettbewerbswidrigkeit mit überzeugender Begründung bejaht (vgl. OLG Schleswig, GRUR 2004, 171 - Pauschalentgelte).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Die grundlegenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich entschieden. Eine von der vorliegenden Entscheidung abweichende Auffassung aus dem Bereich der obergerichtlichen Rechtsprechung ist nicht ersichtlich.

Der Streitwert wird in Übereinstimmung mit der unbeanstandet gebliebenen erstinstanzlichen Festsetzung auf 100.000,00 Euro festgesetzt.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 01.09.2009
Az: I-20 U 121/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4bc99e897eef/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_1-September-2009_Az_I-20-U-121-08




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