Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. August 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 175/01
(BPatG: Beschluss v. 06.08.2002, Az.: 27 W (pat) 175/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die Eintragung der Wortmarke ANTESIS für
"Datenverarbeitungsgeräte, Computer-Hardware, Rechner, Kabel, Modems, Decoder, Datenträger und Disketten, lokale Daten- und Informationsabfragestationen; Programme für Datenverarbeitungsgeräte (Computer-Software), insbesondere auf Datenträgern aufgezeichnete Software aus dem Bereich Kommunikationstechnik, Rechnerkopplung, Dateiverwaltung und Netzwerkbetrieb; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Entwicklung von Hard- und Softwarelösungen insbesondere im Bereich Medien, Produktion und Vertrieb"
ist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Wortmarke ACTEBIS eingetragen unter der Nr 398 52 261 für
"Auf maschinenlesbaren Datenträgern aufgezeichnete Computerprogramme, elektronische und elektrotechnische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten), Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Magnetaufzeichnungsträger, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsanlagen, Computer, Computer-Peripheriegeräte (soweit in Klasse 9 enthalten); Computer-Software in Form von Computerprogrammen und Druckereierzeugnissen, mit Computerprogrammen bespielte Datenträger aller Art, Teile aller vorgenannten Waren; Computersoftware in Form von Programmhandbüchern und Dokumentationen; Druckschriften; Kundendienst, insbesondere Installationen, Konfigurationen, Wartung und Reparatur von Datenverarbeitungsgeräten, Datenverarbeitungsanlagen, Netzwerken sowie Peripheriegeräten; Installationen, Konfiguration und Pflege von Datenverarbeitungsprogrammen; Aus- und Fortbildung im Bereich von Computerhardware und Computersoftware, insbesondere Schulung zur Installation, Konfiguration, Wartung, Reparatur und Anwendung von Computerhardware und Computersoftware; Produktschulungen zum Betrieb von Computeranlagen; Produktschulung zur Anwendung von Standardsoftware; Schulungen zur Einrichtung und zum Betrieb von Netzwerken; Beratung zur Anwendung von Computerhard- und Software; Aktualisieren von Computersoftware; Vermieten von Computerhard- und Computersoftware; Vermieten der Zugriffszeit zu Datenbanken; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Vermieten von Datenverarbeitungsgeräten; Entwicklungs- und Recherchedienst bezüglich neuer Produkte; Forschungen auf dem Gebiet der Informationstechnik; Konstruktion und Fertigungsplanung für Computerhardware; Verwertung von Patenten; Projektplanungen zur Errichtung von Datenverarbeitungsanlagen und Netzwerken; Erstellung von technischen Gutachten über Computerhardware, beispielsweise EMV-Zulassung, EMV-Übersichtsmessungen, ESD-Messungen, MPR2-Messungen am Arbeitsplatz, TCO-Messungen am Arbeitsplatz, Gutachten zur BZT-Zulassung von Elektrogeräten, Messung der Geräuschentwicklung von Systemen und Anlagen und dergleichen".
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die einander gegenüberstehenden Waren seien größtenteils identisch, die übrigen jedenfalls sehr ähnlich. Die Zeichenwörter "ACTEBIS" und "ANTESIS" seien in klanglicher Hinsicht so ähnlich, dass eine Verwechslungsgefahr bestehe. Hinsichtlich der Silbenzahl und der Vokalfolge seien sie identisch. Die einzigen Abweichungen lägen in den dem Sprenglaut "T" vorangehenden Konsonanten und in den Anfangskonsonanten der dritten Silbe. Im Hinblick auf die Übereinstimmungen seien diese Abweichungen jedoch nicht so groß, um die starke klangliche Ähnlichkeit der Vergleichsmarken zu beseitigen; denn während der harte, markante Sprenglaut "T" zu Beginn der zweiten Silbe den klanglichen Gesamteindruck der Zeichenwörter in einem erheblichen Maße präge, fielen die vorangehenden Verschlusslaute "K" und "N" weniger auf. Auch die zu Beginn der dritten Silbe abweichenden Konsonanten "B" und "S" bestimmten den klanglichen Gesamteindruck nicht in so deutlicher Weise, dass eine klangliche Verwechslungsgefahr hierdurch ausgeschlossen werden könnte. Wegen der sehr großen Markenähnlichkeit bei weitgehender Warenidentität sei die jüngere Marke daher zu löschen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses anstrebt. Sie beschränkt zunächst das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der angegriffenen Marke durch den Zusatz "sämtliche vorstehenden Waren und Dienstleistungen ausschließlich für und in Verbindung mit Waren und Dienstleistungen der Bildverarbeitung, insbesondere Videoübertragung und -speicherung". Ausgehend hiervon ist sie der Ansicht, dass die Warenähnlichkeit nunmehr geringer als zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Patentamtes sei. Dabei müsse die Diversifizierung des Software-Marktes berücksichtigt werden. Wegen der unübersehbaren Flut von Produkten und Marken auf dem Bereich der digitalen Bildverarbeitung achteten die angesprochenen Verkehrskreise bereits auf kleine Markenunterschiede; wegen des eingeschränkten Warenverzeichnisses sei zudem von einem Fachpublikum auszugehen. Die Marken seien auch nicht in dem Maße, wie dies die Markenstelle angenommen habe, ähnlich. Denn der noch zur Anfangssilbe zu rechnende Sprenglaut "C" in der Widerspruchsmarke, der im Deutschen wie "K" gesprochen werde, falle dem Verkehr stärker auf als der weiche Summkonsonant "N" in der jüngeren Marke. Zudem werde in dieser durch die zweifache Verwendung des Buchstaben "S" eine Assoziation an Begriffe wie Synthesis, Antithesis hervorgerufen, die auch in der Erinnerung haften bleibe. Diese Doppelverwendung finde in der älteren Marke keine Entsprechung und sei auch nicht zu überhören. Vor dem Hintergrund ausgesprochener Spezialwaren und der gesteigerten Aufmerksamkeit der beteiligten Verkehrskreise wahre daher die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke. Gleiches gelte auch in schriftbildlicher Hinsicht. Eine begriffliche Verwechslungsgefahr scheide ohnehin aus.
Die Beschwerdegegnerin ist dem entgegengetreten. Trotz der Einschränkung des Warenverzeichnisses bestehe zwischen den jeweils beanspruchten Waren noch eine erhebliche Warenähnlichkeit. Denn auch das spezielle Marktsegment, auf welches sich die Markeninhaberin jetzt beschränke, werde vom Schutzbereich der Widerspruchsmarke umfasst. Dem Verkehr sei es entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht möglich, die auf diesem Marktsegment vorhandenen Produkte zu unterscheiden. Es bestehe auch eine hochgradige Zeichenähnlichkeit. Denn beide Marken seien hinsichtlich des identischen Anfangsvokals, der Vokalfolge, der Anordnung von Vokalen und Konsonanten, der Buchstabenzahl, der Silbenzahl und der Wortmelodie identisch. Die von der Markeninhaberin aufgezeigten Unterscheide seien demgegenüber nicht ausreichend, um die große klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken zu beseitigen. Denn der Verkehr habe in der Regel nicht die Möglichkeit, die Zeichen unmittelbar zu vergleichen, sondern müsse sich auf das unvollkommene Bild in seinem Gedächtnis verlassen; dabei achte er stärker auf die Übereinstimmungen als die Unterschiede. Die jüngere Marke sei daher wie von der Markenstelle angeordnet zu löschen.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn angesichts der auch nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der jüngeren Marke weiterhin bestehenden Warenidentität, zumindest aber hochgradigen Warenähnlichkeit, und unter Zugrundelegung normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann eine Verwechselbarkeit der Vergleichsmarken im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, auch wenn es sich um einen Grenzfall handeln mag.
Die von den Vergleichsmarken beanspruchten Waren und Dienstleistungen sind auch nach der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der angegriffenen Marke auf Produkte für die Bildverarbeitung weiterhin hochgradige ähnlich, ja sogar weitgehend identisch. Denn auch die nach der Einschränkung von der jüngeren Marke noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen sind - worauf die Widersprechende zutreffend hingewiesen hat - Bestandteil des weit gefassten Warenverzeichnisses der Widerspruchsmarke, da die Fähigkeit zur Bildverarbeitung heutzutage zur Grundausstattung der "Datenverarbeitungsanlagen" und "Computer" gehören, für welche die Widerspruchsmarke geschützt ist, und es hierzu vielfältige "auf maschinenlesbaren Datenträgern aufgezeichnete Computerprogramme" bzw "Computer-Software in Form von Computerprogrammen" gibt, für welche die Widerspruchsmarke ebenfalls beansprucht wird. Bei gegebener normaler Kennzeichnungskraft beider Zeichen, die auch von der Markeninhaberin nicht in Abrede gestellt wird, muss die jüngere Marke daher einen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke einhalten. Hierfür reichen die vorhandenen Unterschiede zwischen beiden Marken wegen der großen Übereinstimmungen aber nicht aus.
Die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken bestehen lediglich in den abweichenden zweiten und fünften Buchstaben. Dem steht gegenüber, dass die Vergleichszeichen sowohl nach Silben- und Buchstabenzahl gleich lang sind als auch dieselbe Vokalfolge "A - E - I" aufweisen. Auch der Rhythmus der üblichen Aussprache beider Zeichen ist gleich. Da sie von den angesprochenen Verkehrskreisen - bei denen es sich entgegen der Ansicht der Markeninhaberin nicht nur um Fachpublikum, sondern um alle Durchschnittsverbraucher handelt, weil die beiderseits nach der Registerlage beanspruchten Waren, auch im nunmehr für die angegriffene Marke beschränkten Umfang, auf dem allgemeinen Markt angeboten werden und sich somit an alle Bevölkerungsschichten richten - in der Regel als Phantasiewörter ohne erkennbaren Sinngehalt aufgefaßt werden, sind alle wahrscheinlichen Aussprachemöglichkeiten in Betracht zu ziehen. Hierzu gehört die vom Wortcharakter der Marken her naheliegende Betonung auf der jeweils mittleren Silbe. Der Klangeindruck beider Marken, der maßgeblich von Vokalfolge, Silbenzahl und Rhythmus geprägt wird, weist daher beachtliche Übereinstimmungen auf. Die vorhandenen Unterschiede fallen demgegenüber nicht derart ins Gewicht, dass sie geeignet wären, die Übereinstimmungen, denen bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr in der Regel größere Bedeutung zukommt (vgl BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal), bei der klanglichen Wahrnehmung in den Hintergrund zu drängen. Zwar hat die Markeninhaberin zutreffend darauf hingewiesen, dass der Konsonant "C", der im Deutschen in der Regel wie ein "K" ausgesprochen wird, stärker hervortritt als der weiche Laut "N". Insbesondere bei flüchtiger und undeutlicher Übermittlung der beiden Markenwörter, etwa über Telefon, kann dieser klangliche Unterschied aber gerade wegen der stärker beachteten identischen Vokalfolge, Silbenzahl und Betonung beider Zeichen auf der Mittelsilbe deutlich zurücktreten und leicht überhört werden. Auch der gegenüber dem Konsonanten "B" in der Widerspruchsmarke abweichende Konsonant "S" in der jeweils letzten Silbe beider Marken kann bei solchen ungünstigen Übertragungsbedingungen leicht unbemerkt bleiben, zumal die übereinstimmende Buchstabenfolge "IS", die für deutsche Wörter ungewöhnlich ist und vom Verkehr als typisch für Fremdwörter griechischen oder lateinischen Ursprungs angesehen wird, klanglich markant hervortritt und sich dem Gehör daher besonders einprägt. Den Unterschieden kommt damit in der Wahrnehmung beider Marken durch den Hörer für den Gesamtklang weniger Gewicht zu als den Übereinstimmungen. Auch in schriftbildlicher Hinsicht treten die vorgenannten Übereinstimmungen deutlicher als die Unterschiede zutage, so dass der Verkehr, der beim Zeichenvergleich häufig auf sein weniger genaues Erinnerungsbild angewiesen ist, die Zeichen nicht mehr mit der gebotenen Sicherheit auseinanderhalten kann.
Da somit im Ergebnis die Markenstelle zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet hat, ist die hiergegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.
Wegen der Kosten des Beschwerdeverfahrens wird auf § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG verwiesen.
Dr. Schermer Dr. van Raden Schwarz Pü
BPatG:
Beschluss v. 06.08.2002
Az: 27 W (pat) 175/01
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