Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 23. Februar 2006
Aktenzeichen: 4 U 164/05
(OLG Hamm: Urteil v. 23.02.2006, Az.: 4 U 164/05)
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7. November 2005 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Arnsberg abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, unaufgefordert im geschäftlichen Verkehr ohne Einverständnis per Telefax Ankaufgesuche zu versenden.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, angedroht.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,- EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte, die mit Kraftfahrzeugen handelt, versandte am 10. März 2005 ein Telefaxschreiben mit folgendem Inhalt:
"... Wir sind auf der Suche nach folgenden Fahrzeugen:
(es folgt eine Aufzählung verschiedener Fahrzeugmodelle der Marke "Toyota")
zum sofortigen Ankauf.
Weiterhin sind wir auch an Neu- wie auch an Gebrauchtfahrzeugen folgender Marken interessiert:
(auch Fahrzeuge aus Leasing, Vermietung, Firmenwagen, etc.)
(es folgt sodann eine Aufzählung verschiedener Automarken sowie die Unterschrift der Beklagten nebst Firmenstempel)
Mit freundlichen Grüßen"
Wegen des Inhaltes des Telefaxschreibens im einzelnen wird auf die Fotokopie der Anlage K 1 zur Klageschrift verwiesen.
Dieses Telefaxschreiben war an die Klägerin adressiert, die eine Toyota-Vertretung betreibt und sich mit dem An- und Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen befasst. Eingegangen ist das Telefaxschreiben auf dem Faxgerät der Fa. Autohaus T2 e.K.. Deren Inhaber ist der Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin. Diese Firma ist ebenfalls im Kfz-Handel tätig.
Das fragliche Telefaxschreiben wurde an die Klägerin weitergeleitet.
Sowohl die Klägerin als auch die Fa. Autohaus T2 e.K. machen auf ihrer gemeinsamen Website folgende Angabe: "Bitte keine Werbung per Fax oder E-Mail an uns".
Die Klägerin hat die Beklagte durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 11. April 2005 wie folgt abmahnen lassen:
"Unsere Mandantschaft teilt uns mit, dass ihr am 10. März 2005 per Telefax ein Schreiben übersandt wurde, in dem Sie Produkte anbieten und so für Ihr Unternehmen warben. ... Unser Mandant ist nicht gewillt die Zusendung unverlangter Werbung per Fax durch Sie hinzunehmen.
Mit vorstehend wiedergegebenem Verhalten verstoßen Sie gegen die Bestimmung des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. ..."
Zusätzlich rügte die Klägerin in dieser Abmahnung einen Verstoß der Beklagten gegen die Impressumpflicht nach § 6 TDG.
Wegen des Inhaltes der Abmahnung im einzelnen wird auf die Anlage K 2 zur Klageschrift verwiesen.
Unter dem 4. Mai 2005 gab die Beklagte eine Unterwerfungserklärung ab, aber nur wegen des gerügten Verstoßes gegen die Impressumpflicht.
Die Klägerin hat daraufhin wegen der ungefragten Faxzusendung Unterlassungsklage erhoben.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte sich die Weitergabe des Faxes durch die Fa. Autohaus T2 e.K. an die Klägerin als übliche Reaktion bei Fehlsendungen zurechnen lassen müsse. Darüber hinaus habe die Beklagte gerade die Klägerin anfaxen wollen und durch die Weiterleitung des Faxes dieses Ziel auch erreicht. Im Übrigen bediene sich die Beklagte unabhängig von der Weitergabe des Faxes allein schon durch dessen Zusendung ohne Einverständnis des jeweiligen Faxempfängers unlauterer Werbemethoden und verschaffe sich so einen Wettbewerbsvorteil vor rechtstreuen Mitbewerbern.
Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, unaufgefordert im geschäftlichen Verkehr ohne Einverständnis per Telefax Werbung zu versenden, und zwar jeder Art, gleichgültig ob es sich um An- oder Verkaufsgesuche handelt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat es zunächst als entscheidend angesehen, dass das versandte Telefaxschreiben gerade nicht an die Klägerin gesandt worden sei. Die Weiterleitung des Telefaxschreibens an die Klägerin habe sie nicht zu vertreten. Die Klägerin sei nicht berechtigt, etwaige Ansprüche der Fa. Autohaus T2 e.K. geltend zu machen. Zudem sei in der Ankaufanfrage keine Werbung zu sehen. Im Übrigen habe die Klägerin in anderen Fällen auf Ankaufanfragen positiv reagiert. Mit dem vorliegenden gerichtlichen Verfahren verfolge die Klägerin daher nur den Zweck, die Beklagte als Wettbewerberin zu schädigen und für ein auskömmliches Honoraraufkommen ihres Anwaltes zu sorgen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 7. November 2005 die Klage als unbegründet abgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin scheide schon deshalb aus, weil ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG voraussetze, dass gerade das Faxgerät der Klägerin durch die Zusendung des Telefaxschreibens belastet worden sei. Hier liege die Belastung der Klägerin nur darin, dass ihr das Telefaxschreiben übergeben worden sei. Diese Belastung reiche nicht aus, um einen Verstoß der Beklagten zu begründen. Zudem sei die Weitergabe des Telefaxschreibens an die Klägerin der Beklagten nicht zuzurechnen. Die Fa. Autohaus T2 e.K. habe die Abneigung der Klägerin gegen die Zusendung von Faxschreiben und EMails nämlich gekannt. Ein Wettbewerbsverstoß liege auch nicht in der Zusendung des Faxes an die Fa. Autohaus T2 e.K., weil das Fax offensichtlich nicht an diese Firma gerichtet gewesen sei.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages ist die Klägerin der Ansicht, dass das Telefaxschreiben der Beklagten vom 10. März 2005 als Werbung i.S.d. § 7 Abs. 2 UWG zu qualifizieren sei, auch wenn es sich um eine Kaufanfrage gehandelt habe. Es sei auch nicht entscheidend, dass das beanstandete Telefaxschreiben nicht auf ihrem eigenen Faxgerät eingegangen sei. Um den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu begründen, reiche es aus, dass die Beklagte als ihre Konkurrentin ohne Genehmigung des Adressaten Faxwerbung betreibe. Eine Genehmigung der Fa. Autohaus T2 e.K. habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen.
Zudem habe die Beklagte Telefaxschreiben wie das angegriffene Telefaxschreiben auch an andere Mitbewerber ohne deren Einwilligung versandt. Wie sich auch aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 5. Oktober 2005 (Bl. 59 ff d.A.) ergebe, halte sich die Beklagte für berechtigt, äußerst kostengünstig Telefaxschreiben mit Kaufanfragen ohne Genehmigung zu versenden, um sich so einen wirtschaftlichen Vorteil vor gesetzestreuen Konkurrenten zu verschaffen. So habe die Beklagte am 9. Dezember 2005 ohne Genehmigung Kaufanfragen per Telefaxschreiben an die Fa. Autohaus K GmbH und auch noch einmal an die Klägerin gerichtet.
Die Klägerin hat als Berufungsantrag zunächst angekündigt,
das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 7. November 2005 abzuändern und nach den in erster Instanz gestellten Anträgen zu entscheiden.
Auf Anregung des Senats hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2006 diesen Antrag lediglich noch mit der Maßgabe gestellt, dass sich das Verbot nur auf Ankaufgesuche und nicht auf Verkaufgesuche erstreckt (vgl. das Sitzungsprotokoll Bl. 160 d.A.).
Die Beklagte beantragt,
die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages hält die Beklagte die beanstandeten Telefaxschreiben nach wie vor für zulässig. Die Klägerin biete gewerblich Kraftfahrzeuge zum Verkauf an und offeriere ebenso wie die Fa. Autohaus T2 e.K. in diesem Zusammenhang ihre Telefaxnummer. Damit habe die Klägerin ebenso wie die Fa. Autohaus T2 e.K. ihr tatsächliches Einverständnis mit Kaufanfragen, die sich auf Fahrzeuge beziehen, erklärt. Dem stünden auch die Internetangaben der Klägerin und der Fa. Autohaus T2 e.K. über die Unerwünschtheit von Telefaxwerbung nicht entgegen, zumal diese Angaben lediglich an versteckter Stelle stünden.
Der Unterlassungsanspruch der Klägerin scheitere zudem daran, dass der Klägerin das bei der Fa. Autohaus T2 e.K. eingegangene Telefaxschreiben nicht per Telefax zugeleitet worden sei. Ob das Telefaxschreiben der Klägerin per Post oder per Boten zugeleitet worden sei, könne dahinstehen. Denn eine solche Zusendung stelle keine unzumutbare Belästigung dar.
Die Klägerin könne den Anspruch auch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass die Beklagte das Telefaxschreiben an die Fa. Autohaus T2 e.K. gesandt habe. Denn insoweit sei ein evtl. Anspruch verjährt. Die Klägerin habe erstmals mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2005 ausgeführt, dass die Fa. Autohaus T2 e.K. mit der Zusendung nicht einverstanden gewesen sei. Zuvor sei es immer nur um die angebliche Beeinträchtigung der Rechte der Klägerin gegangen.
Hinsichtlich der Kaufanfrage bei der Fa. Autohaus K GmbH handele es sich um einen neuen Streitgegenstand, der in der Berufungsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden könne. Zudem habe die Klägerin nicht substantiiert behauptet, dass diese Firma mit der Zusendung solcher Telefaxschreiben nicht einverstanden gewesen sei.
Die Beklagte stellt auch nach wie vor in Abrede, dass es sich bei dem beanstandeten Telefaxschreiben als bloße Kaufanfrage überhaupt um Werbung i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG gehandelt habe.
Letztlich ist die Beklagte der Ansicht, dass der Klage der Missbrauchseinwand des § 8 Abs. 4 UWG entgegenstehe. Denn die Klage diene ausschließlich dazu, einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Vermutlich bestünde eine Abrede zwischen der Klägerin, der Fa. Autohaus T2 e.K. und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dass im Falle eines negativen Prozessausgangs die Klägerin keine eigenen Anwaltskosten zu zahlen habe.
Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das Landgericht hat das Verbotsbegehren der Klägerin zu Unrecht zurückgewiesen.
Es geht der Klägerin dabei nicht darum, nur ihr eigenes Faxgerät vor unerwünschter Werbung zu schützen. Schon in der Klageschrift (vgl. Bl. 4 d.A.) hat die Klägerin als Klageziel ausdrücklich formuliert, der Beklagten aus Wettbewerbsrecht generell die Versendung von Telefaxwerbung zu verbieten. Dementsprechend geht auch der in der Klageschrift angekündigte Verbotsantrag dahin, der Beklagten Telefaxwerbung jeder Art zu verbieten, und zwar nicht nur gegenüber der Klägerin als Adressatin der Werbung.
Soweit es in diesem angekündigten Klageantrag noch weiter heißt, "gleichgültig, ob es sich um An- und Verkaufsgesuche handelt", hat die Klägerin ihr Verbotsbegehren auf Hinweis des Senats nach § 139 ZPO dahingehend konkretisiert, dass sich das Verbot nur auf Ankaufgesuche erstrecken soll.
In dieser auf die konkrete Verletzungsform gestützten Fassung ist das begehrte Verbot auch hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 ZPO, auch wenn es sich im Übrigen auf den Wortlaut der Verbotsnorm des § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG bezieht. Der Verbotsgegenstand ist durch den Begriff des Ankaufgesuches sprachlich eindeutig umrissen. Es handelt sich um einen gängigen Begriff der Umgangssprache, um eine bestimmte Art und Weise zu kennzeichnen, mit der ein Kaufinteressent mit der Verkäuferseite in Kontakt tritt.
Dass das begehrte Verbot im Übrigen, nämlich hinsichtlich der Begehungsmodalitäten, auf den Gesetzeswortlaut Bezug nimmt, ist hier ausnahmsweise unschädlich. Denn die beanstandete Begehungsweise ist genau die, die auch der Gesetzeswortlaut in typisierender Weise wiedergibt (Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren Kap. 51 Rz. 8 a m.w.N.).
Das Verbotsbegehren wird auch nicht missbräuchlich i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG geltend gemacht.
Zu Unrecht glaubt die Beklagte, als Indiz für einen Rechtsmissbrauch könne auf die nur geringfügige Belästigung der Klägerin aufgrund des lediglich an sie weitergeleiteten Faxschreibens abgestellt werden. Die Beklagte übersieht dabei, dass es, wie dargelegt, der Klägerin von Anfang an eben nicht darum gegangen ist, nur ihr eigenes Faxgerät zu schützen. Vielmehr geht es generell um den Wettbewerbsverstoß der unerlaubten Faxwerbung.
Auch die Tatsache, dass sich die Abmahnung zusätzlich auf ein nicht korrektes Impressum bezogen hat, ist kein Indiz für einen Klagemissbrauch i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG. Man könnte allenfalls dann an ein missbräuchliches Verhalten denken, wenn der Impressumsverstoß und die Faxwerbung getrennt in zwei Abmahnungen angegriffen worden wären. Die Bündelung der beanstandeten Verhalten in einer Abmahnung spricht gerade für ein gegebenes sachliches Interesse der Klägerin.
Auch die Vielzahl der Verfahren, die die Klägerin angestrengt hat, spricht nicht ohne weiteres für die Verfolgung eines bloßen Kosteninteresses. Eine Vielzahl von Verstößen kann auch eine Vielzahl von Verfahren nach sich ziehen. Ein Missverhältnis zwischen der Anzahl der Abmahnungen und der Anzahl der sich anschließenden Gerichtsverfahren, was auf die Verfolgung bloßer Kosteninteressen schließen könnte, ist hier nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass ein und dieselbe Anwaltskanzlei für die Klägerin und auch für Wettbewerber der Klägerin aufgetreten ist, reicht für sich nicht aus, um einen Rechtsmissbrauch anzunehmen. Der von der Beklagten vermuteten Kostenabrede zwischen der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten ist der Senat nicht weiter nachgegangen, weil die Beklagte für eine solche Abrede keinerlei Anhaltspunkte liefern konnte.
Die Klägerin ist nach § 8 Abs. 3 Ziff. 1 UWG auch klagebefugt. Sie ist als Kraftfahrzeughändlerin Mitbewerberin der Beklagten im Sinne dieser Vorschrift. Das nach § 2 Ziff. 3 UWG für die Mitbewerbereigenschaft erforderliche konkrete Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien ist hier gegeben. Auch wenn der jeweilige Geschäftssitz der Parteien mit B einerseits und J andererseits relativ weit voneinander entfernt liegt, so wird doch auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt, dass sich die geschäftlichen Aktivitäten der Parteien auch in räumlicher Hinsicht zumindest berühren, wie das umstrittene Telefaxschreiben der Beklagten ja auch zeigt.
Das Verbotsbegehren ist jedenfalls, was Ankaufgesuche betrifft, die allein noch im Streit sind, auch begründet. Die Beklagte hat mit der Zusendung des Telefaxschreibens schon an die Fa. Autohaus T2 e.K. gegen § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG verstoßen und damit nach §§ 7 Abs. 1; 3 UWG wettbewerbswidrig gehandelt, was nach § 8 Abs. 1 UWG den Unterlassungsanspruch der Klägerin begründet.
Nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Ziff. 1 UWG i.V.m. § 3 UWG können Mitbewerber des Verletzers wie hier die Klägerin vom Verletzer Unterlassung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen verlangen. Nach § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG stellt eine Faxwerbung, die ohne Einwilligung des Adressaten erfolgt, eine unzumutbare Belästigung dar, die nach § 7 Abs. 1 UWG eine unlautere Wettbewerbshandlung i.S.d. § 3 UWG darstellt.
Eine solche verbotene Faxwerbung stellt das beanstandete per Fax versandte Ankaufgesuch der Beklagten hier dar.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, an wen die Beklagte das Ankaufgesuch eigentlich faxen wollte, ob an die Klägerin oder an das Autohaus T2 e.K.. Denn das Ankaufgesuch ist in jedem Fall mittels eines Faxgerätes versandt worden. Allein an diese Art der Versendung knüpft § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG den wettbewerbsrechtlichen Unwertgehalt an. Ein Irrtum des Absenders hinsichtlich des Adressaten des Telefaxschreibens kann allenfalls bei der Frage der den Wettbewerbsverstoß ausschließenden Einwilligung des Adressaten relevant werden. Infolgedessen ist es auch unerheblich, auf welche Weise die Klägerin in den Besitz des Ankaufgesuches der Beklagten gekommen ist. Wie dargelegt, geht es der Klägerin nicht darum, ihr eigenes Faxgerät vor unerwünschter Werbung zu schützen. Vielmehr geht es ihr darum, der Beklagten als Mitbewerberin eine bestimmte Geschäftsmethode, nämlich die Versendung von Ankaufgesuchen per Telefaxschreiben, zu verbieten. Dieses beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten hat sich mit der Absendung des Telefaxschreibens durch die Beklagte und dessen Ankunft auf dem Faxgerät der Fa. Autohaus T2 e.K. vollendet. Der weitere Weg, den dieses Telefaxschreiben genommen hat, lässt diese Vollendung des Tatbestandes der unerlaubten Faxwerbung unberührt.
Das beanstandete Telefaxschreiben der Beklagten stellt auch Werbung i.S.d. § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG dar, auch wenn es sich lediglich um ein Ankaufgesuch handelt, es also nicht um Absatzförderung ging, die man typischerweise mit dem Begriff der Werbung in erster Linie verbinden mag.
Der Begriff der Werbung ist gesetzlich nicht ausdrücklich definiert.
Nach der Definition der Werbung in Art. 2 Nr. 1 der Irreführungsrichtlinie 84/450/EG wird allerdings ausdrücklich nur die Absatzförderung erfasst. Denn nach dieser Definition bedeutet "Werbung" jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels ... mit dem Ziel, den Absatz von Waren ... zu fördern.
Insoweit liegt aber eine planwidrige Regelungslücke vor, die durch eine analoge Erstreckung der Definition der Werbung jedenfalls im Rahmen des § 7 Abs. 2 UWG auch auf die Bezugsförderung zu schließen ist (Hefermehl/Köhler/Bornkamm Wettbewerbsrecht § 5 UWG Rz. 2.6; 2.12; 2.14; 2.17; § 6 Rz. 30; § 7 Rz. 42). Andernfalls käme man zu unterschiedlichen Anwendungsbereichen des § 7 Abs. 1 UWG einerseits und des § 7 Abs. 2 UWG andererseits. Denn § 7 Abs. 1 UWG sieht in Verbindung mit § 3 UWG jede Wettbewerbshandlung als unlauter an, die einen Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt. Entsprechend der weiten Definition der Wettbewerbshandlung in § 2 Abs. 1 Ziff. 1 UWG kann es sich dabei auch um eine Nachfragehandlung handeln. Nach dieser Definition wird nämlich als "Wettbewerbshandlung" jede Handlung einer Person angesehen, die mit dem Ziel erfolgt, zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren ... zu fördern (Fezer, Wettbewerbsrecht § 5 UWG Rz. 161; § 2 Rz. 89; Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O. § 2 Rz. 17; § 4 Rz. 3.9; § 6 Rz. 27 ff; Harte/Henning UWG § 5 Rz. 117).
§ 7 Abs. 2 UWG führt nun einzelne Fälle unzumutbarer Belästigung an, indem er besondere Werbeformen herausgreift, die typischerweise belästigend sind. Es stellt dann aber einen Systembruch dar, wenn im Gegensatz zu § 7 Abs. 1 UWG nun nicht mehr der weite Begriff der Wettbewerbshandlung des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 UWG gelten soll, sondern in § 7 Abs. 2 UWG mit dem Begriff der Werbung das Anwendungsgebiet dieses Absatzes auf bloße Absatzgeschäfte beschränkt werden soll. Nachfragemaßnahmen könnten dann, auch wenn sie mit den in § 7 Abs. 2 UWG aufgeführten Telekommunikationsmitteln erfolgen, in ihrem wettbewerbsrechtlichen Unwertgehalt nur allgemein an § 7 Abs. 1 UWG gemessen werden.
Eine solche Aufspaltung in Absatz- und Nachfragewettbewerb widerspricht nicht nur der Definition der Wettbewerbshandlung in § 2 Abs. 1 Ziff. 1 UWG, sondern findet sich auch sonst nicht in den Verbotstatbeständen des UWG.
Auch die Generalklausel des § 1 UWG a.F. erfasste nicht nur den Absatzwettbewerb, sondern auch den Nachfragewettbewerb. So erfasste diese Vorschrift auch das Anzapfen als typischen Verbotstatbestand im Rahmen eines Nachfragewettbewerbs (Köhler/Piper UWG § 1 Rz. 446 ff).
Auch der allgemeine Sprachgebrauch steht einem so verstandenen weiten Begriff der Werbung nicht entgegen. Auch wenn der Verkehr bei "Werbung" zunächst einmal an Absatzförderung denken mag, so verbindet er damit jedenfalls in einem zweiten Schritt auch die sog. Image-Werbung, also die rein unternehmensbezogene Werbung. Auch bei dieser Art von Werbung geht es nur mittelbar um Absatzwerbung. In erster Linie will das Unternehmen selbst beim angesprochenen Verkehr in gutem Licht erscheinen. Fasst man aber eine für die Definition der Werbung erforderliche Absatzförderung in diesem weiten Sinne auf, lässt sich auch bei Nachfragegeschäften letztlich noch ein solcher Bezug zur Absatzförderung feststellen, weil auch solche Geschäfte letztlich dem Unternehmen und seinen Absatzinteressen zugute kommen. Auch vom allgemeinen Sprachverständnis her erscheint es daher als gekünstelt, als Werbung nur die Absatzförderung im engen Sinne zu verstehen. Auch mit den Kaufgesuchen stellt sich ein Unternehmen letztlich als florierendes Unternehmen dar, das am Markt aktiv ist. Selbstdarstellung eines Unternehmens ist aber auch nach dem allgemeinen Sprachverständnis Werbung. Von daher spricht die Systematik des UWG und das allgemeine Sprachverständnis dafür, entgegen der Definition der Werbung in der Irreführungsrichtlinie auch Ankaufgesuche eines Unternehmens als Werbung i.S.d. § 7 Abs. 2 UWG aufzufassen.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf eine Einwilligung berufen, weder auf eine der Klägerin noch auf eine der Fa. Autohaus T2 e.K., die das beanstandete Telefaxschreiben nach § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG zulässig sein ließe. Dabei kommt es nicht darauf an, dass sich beide Unternehmen auf ihrer Website ausdrücklich gegen solche Telefaxwerbung verwahrt haben. Insoweit kann der Streit der Parteien über die Augenfälligkeit dieses Hinweises dahingestellt bleiben.
Nach § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG kommt es allein darauf an, ob eine Einwilligung in die beanstandete Telefaxwerbung tatsächlich erfolgt ist. Ausdrücklich ist das hier unstreitig nicht geschehen.
Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang auch nur darauf, dass die Klägerin wie auch das angefaxte Autohaus T2 e.K. in ihrer Werbung ihre Telefaxnummer angegeben haben. Sie will darin eine konkludente Einwilligung in Ankaufgesuche per Telefax sehen.
Der Beklagten kann darin aber nicht gefolgt werden. Zwar kann die Einwilligung i.S.d. § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG auch konkludent erfolgen. Eine solche konkludente Einwilligung liegt in der bloßen Angabe der Telefaxnummer aber gerade nicht. Sie stellt gerade keine Einwilligung in die Zusendung von Werbung per Telefax dar, sondern will nur dem Käufer eine Möglichkeit bieten, mit dem werbenden Verkäufer in Kontakt zu treten (Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 7 Rz. 45; Fezer a.a.O. § 7 Rz. 104; Harte/Henning a.a.O. § 7 Rz. 166).
Da auch Ankaufgesuche eines Mitbewerbers wie dargelegt Werbung bleiben, kann aus der bloßen Angabe der Telefaxnummer folglich nicht auf eine generelle Einwilligung in Ankaufsgesuche solcher Art geschlossen werden. Die Beklagte kann in diesem Zusammenhang auch nicht damit gehört werden, dass die Angabe der Telefaxnummer dann sinnlos sei. Sie übersieht, dass zwischen dem Ankaufsgesuch eines Kunden und dem eines Wiederverkäufers ein grundlegender Unterschied besteht. Denn der Ankaufswunsch eines privaten Kunden stellt schon keine Wettbewerbshandlung dar, weil es an der Wettbewerbsförderungsabsicht i.S.d. § 2 Abs. 1 Ziff. 1 UWG fehlt. Insoweit bleibt die Angabe der Telefaxnummer für diesen gesamten Bereich der Endverbrauchernachfragen offen. In diesem Bereich kann man sich der Telefaxnummer bedienen, ohne mit § 7 UWG in Konflikt zu kommen. Insoweit gilt nur das allgemeine Deliktsrecht.
Damit sind solche allgemeinen Händlernachfragen wie hier auch in der Sache nicht vergleichbar. Sie bleiben eine Maßnahme im Rahmen des bestehenden Wettbewerbsverhältnisses und stellen sich damit als Werbung dar, die nach der Wertung des § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG der Konkurrent nicht hinzunehmen braucht, wenn sie per Fax geschieht, unabhängig davon, wessen Faxgerät betroffen ist.
Der beanstandete Wettbewerbsverstoß der Beklagten stellt auch keine Bagatelle i.S.d. § 3 UWG dar. Er erfüllt vielmehr in typischerweise den Tatbestand der unerlaubten Faxwerbung nach § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG. Irgendwelche Begleitumstände, die diesen Verstoß als minderschwer erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich.
Auch die nach § 8 Abs. 1 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ist gegeben, nachdem es durch die Beschränkung des Verbotsbegehrens nur noch um Ankaufgesuche geht. Insoweit wird die Wiederholungsgefahr schon durch die geschehene Telefaxwerbung indiziert. Auch in diesem Zusammenhang ist ein möglicher Irrtum der Beklagten hinsichtlich des Adressaten des Telefaxschreibens oder hinsichtlich der benutzten Telefaxnummer unbeachtlich. Denn er ändert nichts an der generellen Bereitschaft der Beklagten, per Telefax Ankaufgesuche zu verwenden. Auch das Verteidigungsvorbringen der Beklagten im vorliegenden Verfahren lässt an dieser grundsätzlichen Einstellung der Beklagten zur Zulässigkeit solcher Ankaufgesuche per Telefax keinen Zweifel, was zumindest eine Erstbegehungsgefahr nach § 8 Abs. 1 S. 2 UWG begründet.
Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist auch nicht verjährt. Wie bereits dargelegt, hat sich die Klägerin von Anfang an dagegen gewehrt, dass sich die Beklagte per Telefax generell nach Fahrzeugen umsieht. Die Klägerin hat darin von Anfang an eine wettbewerbswidrige Telefaxwerbung gesehen, die sie mit der vorliegenden Klage unterbinden wollte. Diese Klage ist aber bereits am 6. Juni 2005 beim Landgericht eingegangen, so dass die Klägerin damit nach § 204 Abs. 1 Ziff. 1 BGB die 6monatige Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG rechtzeitig gehemmt hat. Denn das beanstandete Telefaxschreiben stammt erst vom 10. März 2005.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Soweit die Klägerin zunächst auch die Werbung für Verkaufsgesuche per Telefax verbieten lassen wollte, hat sie die Klage durch die Einschränkung ihres Verbotsbegehrens im Senatstermin teilweise zurückgenommen und muss schon deshalb insoweit mit den Kosten belastet werden. Die Beklagte hat in diese Klagerücknahme auch nach § 269 Abs. 1 ZPO eingewilligt. Eine solche Einwilligung kann auch konkludent erfolgen (Zöller ZPO § 269 Rz. 15 m.w.N.). Diese konkludente Einwilligung der Beklagten ist hier darin zu sehen, dass sie sich auf den eingeschränkten Verbotsantrag der Klägerin widerspruchslos eingelassen hat, ohne darauf hinzuweisen, dass sie hinsichtlich des Verbotes von Verkaufsgesuchen nach wie vor auf einer Entscheidung in der Sache bestehen wolle.
Beide Verbotsalternativen, also sowohl das Verbot der Verkaufsgesuche wie auch das Verbot der Ankaufsgesuche erscheinen dem Senat als gleichbedeutend, so dass eine Kostenaufhebung hier angezeigt ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
Der Senat hat die Revision nach § 543 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO zugelassen, weil der Definition der Werbung i.S.d. § 7 Abs. 2 UWG auch im Hinblick auf die Definition der Werbung durch die Irreführungsrichtlinie grundsätzliche Bedeutung zukommt.
OLG Hamm:
Urteil v. 23.02.2006
Az: 4 U 164/05
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