Oberlandesgericht Celle:
Urteil vom 7. Dezember 2005
Aktenzeichen: 3 U 141/05
(OLG Celle: Urteil v. 07.12.2005, Az.: 3 U 141/05)
Ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung auch für den Fall, dass bereits Verjährung eingetreten ist, muss ausdrücklich oder jedenfalls aus den Gesamtumständen eindeutig auch hierauf bezogen sein.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 25. Mai 2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Kläger verlangt von dem beklagten Rechtsanwalt Schadensersatz aus einem seiner Ansicht nach schlecht erfüllten Anwaltsvertrag mit der Behauptung, Gewährleistungsansprüche gegen einen für den Kläger tätigen Bauunternehmer seien mangels Einleitung verjährungsunterbrechender Maßnahmen durch den Beklagten teilweise gescheitert.
Der Beklagte führte für den Kläger dessen Rechtsstreit gegen die Firma H. vor dem Landgericht Stade zu 4 O 313/96 mit einer Klagesumme für Mängelbeseitigungsarbeiten in Höhe von 121.713,13 DM. Im Verlaufe des Rechtsstreits wurde die Klage um 57.552,17 DM erweitert. Nach Durchführung einer Beweisaufnahme erhielt der Kläger 95.905,92 DM zugesprochen. Das Landgericht ging in seinem Urteil vom 23. März 2000 davon aus, dass dem Kläger insgesamt 138.438,03 DM zustünden, abzüglich einer zur Aufrechnung gestellten Werklohnforderung der Firma H. in Höhe von 42.532,11 DM. Gegen dieses landgerichtliche Urteil legten beide Parteien des damaligen Rechtsstreits Berufung ein, wobei der Beklagte im Berufungsverfahren nicht mehr für den Kläger tätig war. Der Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 17. April 2000 seine Abschlussrechnung. Nachdem das Urteil des Landgerichts Stade zu 4 O 313/96 ergangen war, schrieben der Kläger und seine Ehefrau unter dem 4. Mai 2000 (Bl. 52 d. A.) den Beklagten an und teilten mit, dass mit der Durchführung des Berufungsverfahrens die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers beauftragt worden seien. Auch mit der Frage der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus dem landgerichtlichen Urteil solle nicht mehr der Beklagte, sondern ein ortsnah zu dem Kläger ansässiger Rechtsanwalt beauftragt werden. Das Schreiben endete mit: €Für Ihre Bemühungen in unserem Rechtsstreit bedanken wir uns und verbleiben ...€. In der Folgezeit informierte der Beklagte mit Schreiben vom 12. Mai 2000 (Bl. 54 d. A.) den Prozessbevollmächtigten des damaligen Prozessgegners darüber, dass er den Kläger nicht mehr vertrete. Mit Schreiben vom selben Tage (Bl. 55 d. A.) leitete der Beklagte ein Schreiben der damaligen Prozessgegner an den Kläger und dessen Ehefrau weiter und wies sie auf die Folgen der Berufungseinlegung durch die Gegenseite bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit hin. Dieses Schreiben endete wie folgt: €Wir werden Sie über den Fortgang unterrichten und verbleiben ...€. Im damaligen Berufungsverfahren wurde die Klage um weitere 62.699,12 DM wegen eines dem Kläger seiner Behauptung nach entstandenen Finanzierungsschadens erweitert. Mit Urteil vom 24. Oktober 2001 bestätigte der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle (7 U 80/00) den Anspruch des Klägers dem Grunde nach und in einem Umfang von 110.814,49 DM. Alle darüber hinausgehenden Ansprüche wies das Oberlandesgericht mit der Begründung zurück, diese seien verjährt. Eine zunächst eingelegte Revision wurde nach entsprechender Prüfung zurückgenommen.
Unter dem 8. März 2002 (Bl. 117 d. A.) schrieb der Kläger den Beklagten an, wies auf die vom Oberlandesgericht erkannte Verjährung hin und bat um Stellungnahme des Beklagten. Mit Schreiben vom 11. Juni 2002 (Bl. 118 d. A.) fasste der Kläger nach, nachdem die Revision zurückgenommen worden war. In diesem Schreiben drohte der Kläger bereits Klage gegen den Beklagten an. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 24. Juni 2002 (Bl. 119 d. A.), dass er das Forderungsschreiben des Klägers an seine Haftpflichtversicherung weitergeleitet habe. Ferner bestritt er die Berechtigung von Schadensersatzforderungen, forderte Substantiierung und behielt sich Einwendungen vor. Mit Schreiben vom 27. März 2003, auf dessen Ablichtung (Bl. 234 f. d. A.) Bezug genommen wird, übersandten die jetzigen Prozessbevollmächtigten eine Kopie des oberlandesgerichtlichen Urteils und meldeten Schadensersatzansprüche an. Schon mit diesem Schreiben wurde der Beklagte gebeten, mit Blick auf einen möglichen Ablauf der Verjährung Ende April 2003 auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Mit Schreiben vom 2. April 2003 verlangte der Beklagte die Vorlage einer Vollmacht mit dem Hinweis, danach abschließend Stellung beziehen zu wollen. Im Übrigen habe er den Vorgang an seinen Versicherer weitergeleitet. Ein weiteres Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde unter dem 28. April 2003 an den Beklagten übersandt mit der Bitte, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, dies wurde nochmals mit Schreiben vom 7. Mai 2003 wiederholt. Am 16. Mai 2003 bestätigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegenüber dem Beklagten ein mit diesem geführtes Telefonat vom 15. Mai 2003, in dem der Beklagte auf die Einrede der Verjährung bis zum 30. Juni 2003 verzichtet habe. Diesem Schreiben widersprach der Beklagte nicht. Nochmals bestätigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dieses Telefonat mit Schreiben vom 17. Juni 2003 (Bl. 58 d. A.). In der Folgezeit verzichtete der Beklagte wiederholt auf die Einrede der Verjährung, nämlich mit Schreiben vom 30. Juni 2003 mit Verzicht bis zum 31. Juli 2003, mit Schreiben vom 29. Juli 2003 mit Verzicht bis zum 15. September 2003, mit Schreiben vom 15. September 2003 mit Verzicht bis zum 30. Oktober 2003, mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 mit Verzicht bis zum 31. Dezember 2003, in einem Telefonat vom 30. Dezember 2003 mit Verzicht bis 31. März 2004, mit Schreiben vom 23. März 2004 mit Verzicht bis 30. Juni 2004 und schließlich mit Schreiben vom 15. Juni 2004 mit Verzicht bis 31. August 2004.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Verjährung in dem von ihm geführten Bauprozess sei durch den Beklagten zu vertreten, indem dieser keine die Verjährung unterbrechenden Maßnahmen hinsichtlich des abgewiesenen Forderungsteils veranlasst habe. Ohne die Verjährung hätten dem Kläger die entsprechenden Forderungsteile auch zugesprochen werden müssen. Wegen der Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages habe er gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung des wegen Verjährung nicht zugesprochenen Forderungsanteils in Höhe von 48.811,40 € (95.466,81 DM). Insbesondere seien Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten nicht verjährt. Insoweit hat der Kläger die Auffassung vertreten, es sei eine wirksame Vereinbarung über einen Einredeverzicht gemäß § 202 BGB n. F. getroffen worden. Es komme nicht darauf an, ob die Verzichtsvereinbarung vor oder nach Eintritt der Verjährung getroffen worden sei, wobei sich die Erklärungen des Beklagten auch nicht so verstehen ließen, sie enthielten keinerlei Einschränkungen. Im Übrigen wäre eine Berufung auf Verjährung nach dem mehrfach erklärten Verjährungsverzicht rechtsmissbräuchlich. Ferner hat der Kläger die Auffassung vertreten, in der Zeit vom 8. März bis 24. Juni 2002 sei die Verjährung wegen Verhandlungen nach § 203 BGB n. F. gehemmt gewesen. Insoweit sei nicht erforderlich, dass eine Vergleichsbereitschaft signalisiert werde; ausreichend seien vielmehr Erklärungen, die den Gläubiger zu der Annahme berechtigen würden, der Schuldner lasse sich auf eine Erörterung über die Berechtigung der Ansprüche ein. Dies habe der Beklagte durch die Mitteilung, die Forderung an den Haftpflichtversicherer weiterzuleiten, und durch die Forderung nach Substantiierung der Ansprüche getan. Dies gelte selbst für den Fall, dass sich der Beklagte nach der Konkretisierung der Ansprüche weitere Einwendungen vorbehalten habe.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 48.811,40 € nebst 6,98 % Zinsen darauf seit dem 29. Oktober 1996 sowie Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten auf 48.811,40 € sowie auf die darauf zu zahlenden Zinsen von 6,98 % seit dem 1. Juli 2002 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen. Insoweit hat er die Auffassung vertreten, das von dem Kläger und dessen Ehefrau erteilte Mandat sei um den 20. April 2000 herum beendet gewesen. Er hat behauptet, die Mandatsbeendigung habe der Kläger dem Beklagten auch telefonisch mitgeteilt. Spätestens mit Schreiben des Klägers vom 4. Mai 2000 sei das Mandat jedoch beendet gewesen, nachdem sowohl für die Durchführung der Berufung als auch für die Vollstreckung andere Anwälte beauftragt worden seien. Soweit er zu einem späteren Zeitpunkt einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung erklärt habe, habe dies nur für den Fall gelten sollen, dass Ansprüche in diesem Zeitpunkt nicht bereits verjährt gewesen sein sollten. Im Übrigen sei der Lauf der Verjährung auch zu keinem Zeitpunkt gehemmt gewesen, es habe keinerlei Erörterungen zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits über die Haftungsfrage gegeben. Mit der Weiterleitung der Akten an seine Haftpflichtversicherung habe er lediglich eine dieser gegenüber bestehende Obliegenheit erfüllt.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, Ansprüche des Klägers seien verjährt. Das zwischen den Parteien bestehende Mandatsverhältnis habe spätestens im Mai 2000 mit Zugang des Schreibens des Klägers und seiner Ehefrau vom 4. Mai 2000 bei dem Beklagten am 11. Mai 2000 geendet. Mit dem 11. Mai 2003 sei die Verjährung gemäß Art. 229 § 6 EGBGB abgelaufen. Eine Hemmung vor dem 11. Mai 2003 hat das Landgericht verneint. Aus den Äußerungen des Beklagten habe der Kläger keinerlei Verhandlungsbereitschaft des Beklagten herleiten können, insbesondere sei dies nicht aus der Übersendung des Forderungsschreibens an die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu entnehmen gewesen. Auch ein Verzicht des Beklagten auf die Einrede der Verjährung sei nicht zu bejahen. Denn in dem Zeitpunkt der entsprechenden Erklärung in dem Telefonat vom 15. Mai 2003 sei die Verjährung bereits eingetreten gewesen. Vielmehr ließen sich die Erklärungen des Beklagten nur als ein bloßes Stillhalten während der Verjährungsfrist deuten, was mit Blick auf die bereits eingetretene Verjährung jedoch wirkungslos gewesen sei. Ein Anspruch des Klägers bestehe auch nicht aus einem sogenannten Sekundäranspruch gegen den Beklagten. Denn der Kläger sei rechtzeitig wegen der Haftungsfrage durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten gewesen, wodurch die Sekundärhaftung entfalle.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der insbesondere die Feststellungen des Landgerichts zur Frage des Verzichts auf die Verjährungseinrede angreift und rügt, das Landgericht habe seiner Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO nicht ausreichend Rechnung getragen, indem die Frage des objektiven Erklärungswertes der Verzichtserklärungen im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht ausreichend geklärt worden sei. Dabei vertritt der Kläger die Auffassung, die von dem Landgericht problematisierte Frage, ob der Beklagte Kenntnis von einer möglicherweise eingetretenen Verjährung gehabt habe, stelle sich vorliegend nicht. Denn die Erklärung des Beklagten, auf die Einrede der Verjährung verzichten zu wollen, sei ausdrücklich und unmissverständlich erfolgt, und damit nicht auslegungsbedürftig. Der Kläger greift darüber hinaus auch die Feststellungen des Landgerichts hinsichtlich der Beendigung des Mandats durch den Beklagten an. Diese sei nicht auf den Eingang des Schreibens des Klägers vom 4. Mai 2000 bei dem Beklagten zu beziehen. Vielmehr sei die Erklärung des Beklagten in dessen Schreiben vom 12. Mai 2000, den Kläger über den Fortgang des Verfahrens unterrichten zu wollen, dahin zu verstehen, dass auch der Beklagte zu diesem Zeitpunkt noch nicht von einer Mandatsbeendigung ausgegangen sei. Darüber hinaus sei der Lauf der Verjährung auch gehemmt gewesen durch Verhandlungen mit dem Beklagten. Dieser habe - unstreitig - erklärt, nach Vorlage des Anspruchsschreibens an seine Haftpflichtversicherung unaufgefordert auf die Sache zurückkommen zu wollen. Damit habe er den Eindruck vermittelt, den Ersatz des Schadens nicht von vornherein abzulehnen, sondern sich vielmehr auf Erörterungen über die jeweilige Berechtigung von Schadensersatzansprüchen einlassen zu wollen. Dieses an den Tag gelegte Verhalten des Beklagten sei als €Verhandlung€ i. S. d. § 203 BGB zu werten.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stade vom 25. Mai 2005 den Beklagten zu verurteilen, an ihn 48.811,40 € nebst 6,98 % Zinsen seit dem 29. Oktober 1996 sowie Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf 48.811,40 € sowie auf die Zinsen von 6,98 % seit dem 1. Juli 2002 zu zahlen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Er vertritt die Auffassung, seine Verzichtserklärungen zur Verjährung stellten lediglich ein bloßes Stillhalten während der Verjährungsfrist dar. Ferner sei, wie vom Landgericht zutreffend festgestellt, das Mandatsverhältnis spätestens am 11. Mai 2000 mit der Mitteilung, das damalige Urteil solle nunmehr von den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers überprüft werden, beendet gewesen. Insbesondere sei die Verjährung nicht gehemmt gewesen. Der Beklagte habe zu keiner Zeit Bereitschaft signalisiert, in Verhandlungen über den geltend gemachten Anspruch eintreten zu wollen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das angefochtene Urteil sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Verletzung des Anwaltsvertrages gegen den Beklagten verneint.
I. 1. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten ein Fehlverhalten im Ausgangsprozess vorzuwerfen ist. Eventuelle Ansprüche des Klägers sind jedenfalls verjährt.
Verjährung trat spätestens mit Ablauf des 11. Mai 2003 ein. Gemäß § 51 b 2. Alternative BRAO, der über Art. 229 § 6 EGBGB vorliegend noch Anwendung findet, verjähren Schadensersatzansprüche des Auftragsgebers gegen den Rechtsanwalt spätestens drei Jahre nach Beendigung des Auftrags. Das dem Beklagten erteilte Mandat endete mit Eingang des Schreibens des Klägers vom 4. Mai 2000 bei dem Beklagten am 11. Mai 2000. Dieses Schreiben war unmissverständlich dahin zu verstehen, dass der Kläger und seine Ehefrau keine weiteren Tätigkeiten des Beklagten wünschten, weder mit Blick auf die Überprüfung des damaligen Urteils noch hinsichtlich der Vollstreckungsfragen. Die Schlussformel in dem genannten Schreiben stellte deutlich einen Abschluss der Zusammenarbeit der Parteien dieses Rechtsstreits dar. Dass im Nachgang der Beklagte seine Akten an die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers übersandte und darüber hinaus den Kläger und dessen Ehefrau über die Berufungseinlegung der damaligen Prozessgegnerin unterrichtete, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn damit erfüllte der Beklagte ausschließlich seine auch nach Beendigung des Mandats bestehenden nachvertraglichen Verpflichtungen. Dass er ferner in seinem Schreiben vom 12. Mai 2000 versprach, den Kläger und dessen Ehefrau über den Fortgang zu unterrichten, ändert daran ebenfalls nichts. Denn dies kann im Kontext mit dem Anlass des Schreibens vom 12. Mai 2000 nur in dem Sinne verstanden werden, dass der Beklagte auch zukünftig seinen nachvertraglichen Pflichten nachzukommen gedachte. Einen Einfluss auf den Zeitpunkt der Mandatsbeendigung hatte dies jedenfalls nicht (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Aufl. 2003, § 51 b Rn. 23). Auch hatte der Beklagte bereits mit Schreiben vom 17. April 2000 seine Abschlussrechnung für die erste Instanz beigefügt, sodass sich daraus keine Besonderheiten ergeben.
2. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts mit Blick auf etwaige Sekundäransprüche. Denn zu Recht hat das Landgericht einen solchen Anspruch verneint, weil der Kläger mit seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten rechtzeitig einen anderen Rechtsanwalt wegen der Haftungsfrage beauftragt hatte (vgl. BGH NJW 2003, 822 [823 f.]; Feuerich/Weyland, a. a. O., § 51 b Rn. 23).
3. Der Beklagte ist an der Ausübung der Verjährungseinrede auch nicht durch einen etwaigen Verzicht gehindert. Zwar ist allgemein anerkannt, dass auch nach Eintritt der Verjährung auf die Einrede der Verjährung wirksam verzichtet werden kann (vgl. etwa Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., 2005, § 202 Rn. 2 m. w. N.). Die entsprechenden Erklärungen des Beklagten im Telefonat mit dem Klägervertreter vom 16. Mai 2003, wie sie im Schreiben des Klägervertreters vom 17. Mai 2003 bestätigt wurden, sowie die übrigen €Verzichtserklärungen€ des Beklagten bis zum 31. August 2004 bedürfen der Auslegung. Entgegen der Auffassung des Klägers sind diese keineswegs eindeutig dahin zu verstehen, dass der Beklagte auf die Einrede einer bereits eingetretenen Verjährung würde verzichten wollen. Ausgangspunkt für das Ersuchen des Klägervertreters gegenüber dem Beklagten, dieser möge zunächst bis zum 30. Juni 2003 auf die Einrede der Verjährung verzichten, war die Erwartung eines möglichen Ablaufs der Verjährung wie sie auch mit Schreiben vom 27. März 2003 geäußert wurde. Aus dem Gesamtzusammenhang wird keineswegs deutlich, dass der Klägervertreter oder der Beklagte bereits sicher vom Eintritt der Verjährung ausgegangen wären. Vielmehr ist, worauf das Landgericht zutreffend abstellt, die Erklärung des Beklagten dahingehend zu verstehen, dass er während des Laufs der Verjährungsfrist für eine bestimmte Frist, nämlich zunächst bis zum 30. Juli 2003, später in mehreren Erklärungen bis zuletzt zum 31. August 2004, auf die Einrede der Verjährung verzichtet mit der Folge, dass er, sollte innerhalb dieser Frist die Verjährung eintreten, an der Ausübung der Verjährungseinrede gehindert wäre (vgl. BGH NJW-RR 1994, 1210 [1211]). Dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor. Denn die Verjährung war, wie oben ausgeführt, bereits am 12. Mai 2003 eingetreten. Der Beklagte hat darüber hinaus keinerlei Anhaltspunkte dafür geliefert, dass seine Erklärungen als Verzicht auf die Einrede einer bereits eingetretenen Verjährung auszulegen wären. Zum einen kann aus den Erklärungen des Beklagten nicht geschlossen werden, dass dieser vom Eintritt der Verjährung ausgegangen ist. Von dem Beklagten konnte keine detailliertere Einschätzung der rechtlichen und tatsächlichen Situation erwartet werden als von dem Klägervertreter. Bereits die Befristung des Einredeverzichts zeigt, dass sich der Beklagte lediglich auf den Eintritt der Verjährung innerhalb der jeweiligen Frist nicht berufen wollte (vgl. BGH NJW 1996, 661 [663]). Bei einem Verzicht auf die Einrede einer bereits eingetretenen Verjährung würde die Befristung keinerlei Sinn machen. Insoweit ist insbesondere von Bedeutung, dass der Beklagte ohne vorherige Absprache mit seiner Haftpflichtversicherung keinesfalls auf die Einrede einer bereits eingetretenen Verjährung hätte verzichten dürfen. Denn dies würde eine Obliegenheitsverletzung gegenüber der Versicherung bedeuten mit der Folge, dass diese für den Schaden, sollte er festgestellt werden, nicht haften würde, sondern der Beklagte ausschließlich selbst. Dass darüber hinaus die Bestätigung des Klägervertreters vom 16. Mai 2003 den ansonsten in Fällen dieser Art üblichen Zusatz zum Einredeverzicht €sobald Verjährung nicht bereits eingetreten ist€ nicht enthält, führt zu keiner anderen Einschätzung. Denn die von dem Kläger vorgenommene Auslegung der Erklärung des Beklagten ist aus den o. a. Gründen derart unüblich, dass in der Bestätigung des Klägervertreters der Einredeverzicht auch für eine bereits eingetretene Verjährung hätte ausdrücklich deutlich gemacht werden müssen. Dies umso mehr, als der Beklagte nicht selbst seine Erklärung bestätigte. Mithin ist vielmehr darauf zu schließen, dass sowohl der Klägervertreter als auch der Beklagte davon ausgingen, dass die Verjährung noch nicht eingetreten war. Mit Blick auf die bereits eingetretene Verjährung waren die Erklärungen des Beklagten jedoch wirkungslos.
4. Eine unzulässige Rechtsausübung ist in der Erhebung der Einrede der Verjährung nicht zu sehen. Dies ergibt sich bereits aus den Ausführungen zur Frage der Verzichtserklärungen.
5. Der Ablauf der Verjährung war auch nicht durch Verhandlungen zwischen den Parteien über die Haftungsfrage gehemmt. Zwar ist der Begriff der €Verhandlung€ gemäß § 203 Satz 1 BGB weit zu fassen, wobei jeder Meinungsaustausch über den Schadensfall ausreichen soll, sofern nicht sofort und eindeutig der geltend gemachte Anspruch zurückgewiesen wird. Es reicht aus, wenn der in Anspruch Genommene Erklärungen abgibt, die dem Geschädigten die Annahme gestatten, der Verpflichtete lasse sich auf die Erörterung über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein (vgl. BGH NJW 2004, 239 [240], m. w. N.). Dies hat das Landgericht mit zutreffender Begründung verneint. Bereits in der Klageschrift hatte der Kläger moniert, dass der Beklagte zugesagte Stellungnahmen nicht abgegeben und sich lediglich auf Erklärungen hinsichtlich der Verjährung beschränkt habe. Soweit der Beklagte in seinem Schreiben an den Kläger vom 24. Juni 2002 die Weiterleitung des Anspruchsschreibens an seine Haftpflichtversicherung anzeigte, stellte er damit lediglich die Erfüllung seiner Obliegenheit gegenüber der Versicherung dar. Weitere Erklärungen, aus denen der Kläger hätte schließen können, der Beklagte werde sich auf Verhandlungen über den geltend gemachten Anspruch einlassen, enthält dieses Schreiben nicht. Im Gegenteil: Der Beklagte weist die Ansprüche gegen ihn als unbegründet zurück. Insbesondere stellt das Schreiben des Klägervertreters vom 27. März 2003 keine Verhandlung i. S. d. § 203 BGB dar. Denn auf dieses Schreiben hat der Beklagte nicht inhaltlich geantwortet. Einseitige Erklärungen einer Partei können nicht als €verhandeln€ ge-wertet werden. Keinesfalls kann der Begriff des €Verhandelns€ i. S. d. § 203 BGB dahingehend ausgedehnt werden, dass davon bereits ein Schweigen zum geltend gemachten Anspruch oder das Unterbleiben angekündigter Stellungnahmen umfasst wären. Eine solch weite Auslegung, wie sie der Kläger in seiner Berufungsbegründung vornimmt, ist von der von ihm zitierten Rechtsprechung nicht gedeckt. Auch die von dem Kläger zitierte Entscheidung des BGH vom 27. Januar 2005, VII ZR 158/03 (BauR 2005, S. 705 ff.) führt zu keiner anderen Einschätzung. Zum einen ist der dortige Sachverhalt mit dem Vorliegenden nicht vergleichbar. Denn in dem der zitierten Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren bereits Gespräche vorausgegangen. Selbst wenn man jedoch in dem Verzicht auf die Einrede der Verjährung bereits ein Verhandlungssignal sehen sollte, so kann dies nicht dazu führen, dass eine bereits eingetretene Verjährung nunmehr gegenstandslos wäre. Ist die Verjährung bereits eingetreten, kann ihr Lauf nicht mehr gehemmt werden.
6. Auch ein Verstoß des Landgerichts gegen die Hinweispflicht des § 139 ZPO ist vorliegend nicht gegeben. Zwar besteht generell eine Verpflichtung des Gerichts zur Erörterung des Streitverhältnisses in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Hier sind Fehler des Landgerichts jedoch nicht zu erkennen. Ausweislich des Protokolls wurden die Verjährungsfragen in der mündlichen Verhandlung erörtert. Selbst für den Fall, dass die Ausführungen des Klägers zum Gang der mündlichen Verhandlung zutreffen sollten, ist nicht ersichtlich, dass damit ein Verstoß gegen die Hinweis- und Erörterungspflichten zu bejahen wäre. Es ist bereits nicht zu erkennen, dass das angefochtene Urteil auf der von dem Kläger gerügten fehlenden Erörterung beruht. Vielmehr stellt es die aus Sicht der Kammer konsequente Beurteilung des jeweiligen Parteivortrages dar. Keinesfalls darf die Pflicht nach § 139 ZPO soweit verstanden werden, dass das Gericht bereits in der mündlichen Verhandlung umfassend ein erst noch abzusetzendes Urteil zu erörtern hätte, um den Parteien bereits in der mündlichen Verhandlung quasi eine €antizipierte Berufungsbegründung€ zu ermöglichen. So stellt das Urteil des Landgerichts auch nach dem Vortrag des Klägers keine für ihn überraschende Entscheidung dar.
II. Aus den oben genannten Gründen war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zuzulassen, hat der Senat nicht.
OLG Celle:
Urteil v. 07.12.2005
Az: 3 U 141/05
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