Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Dezember 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 75/99
(BPatG: Beschluss v. 05.12.2001, Az.: 26 W (pat) 75/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. November 1998 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Markenstelle für Klasse 34 des DPMA hat die für die Waren
"Tabak, Tabakerzeugnisse, insbes Cigaretten, Raucherartikel, soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer"
angemeldete Bildmarkehttp://agora/bpatg2/docs/26W(pat)75-99.3.gifmit dem genannten Beschluß gemäß § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß es sich bei der angemeldeten Darstellung um eine typische etikettenartige Umrahmung handele, wie sie dem Verkehr in dieser oder ähnlicher Art nicht nur von Büchern und Heften, sondern auch von Verpackungen unterschiedlichster Waren vertraut sei. Derartige Umrandungen dienten gewöhnlich zur Aufnahme warenbeschreibender oder betriebskennzeichnender Hinweise, den Charakter eines betrieblichen Unterscheidungsmerkmals besäßen sie selbst aber nicht. Dies träfe auch für die angemeldete Bildmarke zu, die im Vergleich zu üblichen Etikettgestaltungen keinerlei phantasievollen Überschuß aufweise.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie verweist ua auf die Entscheidung BGH MarkenR 1999, 133 - Etiketten, wonach der naturgetreuen Abbildung einer Etikettenform sogar für die Ware "Etiketten" nicht von vornherein jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne. Solange die äußere Gestalt der Abbildung geeignet sei, den Verkehr auf die betriebliche Herkunft der Waren hinzuweisen, müsse das Zeichen als schutzfähig gelten. Selbst wenn die abgebildete geometrische Figur für sich betrachtet und ohne Bezug auf das Warenverzeichnis Erinnerungen an alte Etikettenformen wecke, wie sie in früherer Zeit einmal auf Schulheften oder Marmeladengläsern angebracht wurden, so sei die vorliegende Marke jedoch für "Tabakwaren" und gerade nicht für Etiketten angemeldet. Die Markenstelle habe nicht dargelegt, daß es üblich sei, die beanspruchten Waren mit Etiketten zu kennzeichnen. Die angemeldete Gestaltung sei deshalb sehr wohl geeignet, auf den Betrieb der Anmelderin hinzuweisen.
Demgemäß beantragt die Anmelderin die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung steht das Eintragungshindernis des § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG nicht entgegen.
Der angemeldeten Bildmarke kann nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrunde liegenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh, jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden. Selbst Bildmarken weisen dann die erforderliche - geringe - Unterscheidungskraft auf, wenn sie sich nicht nur in der Abbildung der damit gekennzeichneten Waren erschöpfen oder sie sich auf die Darstellung von warentypischen Merkmalen oder solchen beschränken, die allein die technische Gestaltung der Ware betreffen (vgl BGH GRUR 1997, 527 - Autofelge; WRP 1999, 525 - Etiketten; WRP 2001, 31 - Zahnpastastrang). Ein bestimmter Eigentümlichkeitsgrad und Originalität sind keine zwingenden Erfordernisse für das Vorliegen von Unterscheidungskraft und können deshalb auch nicht zum selbständigen Prüfungsmaßstab erhoben werden (vgl BGH aaO - Zahnpastastrang).
Hiervon ausgehend kann der schutzbegehrenden graphischen Darstellung nicht die erforderliche Unterscheidungseignung im Bezug auf die beanspruchten Waren abgesprochen werden: Feststellungen dahin, daß es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine Abbildung der im Warenverzeichnis aufgeführten Tabak- und Raucherartikel selbst oder um ein in bezug auf ein der beanspruchten Waren maßgebliches Gestaltungsmerkmal handeln könnte, hat der Senat nicht treffen können. Es muß deshalb davon ausgegangen werden, daß das Zeichen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den beanspruchten Waren steht. Auch wenn diese Waren - anders als im vom Bundesgerichtshof entschiedenen "Etiketten"-Fall (aaO) - in erster Linie nicht nur für den Fachverkehr, sondern für das breite Publikum bestimmt sind, kann auch dem angemeldeten Zeichen, das ähnlich wie eine Etikettenumrahmung keine bloße geometrische Grundform ist, die erforderliche - wenn auch geringe - Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
Der angefochtene Beschluß war deshalb aufzuheben.
Kraft Eder Sekretarukbr/prö
BPatG:
Beschluss v. 05.12.2001
Az: 26 W (pat) 75/99
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