Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 29. Januar 2013
Aktenzeichen: 11 U 33/12

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 29.01.2013, Az.: 11 U 33/12)

1. Ein Nachunternehmeraustausch im Rahmen der Vergabe einer Dienstleistungskonzession löst ausnahmsweise die Verpflichtung zur Neuausschreibung aus, wenn dem Nachunternehmer ein ausschlaggebendes Gewicht bei der Zuschlagserteilung zukam.

2. Der Verstoß gegen eine Verpflichtung zur Neuausschreibung einer Dienstleistungskonzession begründet regelmäßig keinen Anspruch auf Unterlassen der weiteren Vertragsdurchführung gegen den Auftraggeber und Auftragnehmer.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.12.2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten der Streithelferin zu tragen.

Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten und der Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110%des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils werden gemäß § 540 Abs. 1 ZPO in Bezug genommen und wie folgt ergänzt:

Die Klägerin ist international im Bereich der Stadtmöblierung tätig. Sie bewirtschaftet u.a. Plakatflächen und übernimmt die Herstellung und Wartung von A-anlagen. Sie ist Inhaberin von Schutzrechten für die von ihr entwickelten sogenannten 1B.

Die Beklagte zu 1) schrieb im Wege der freiwilligen EU-weiten Bekanntmachung im Jahr 2002 einen Dienstleistungskonzessionsvertrag für Bau, Instandsetzung, Instandhaltung, Wartung, Reinigung und Betrieb öffentlicher B-Anlagen der O1 aus (Anlage C3, Anlagenband).Als Gegenleistung sollte dem Dienstleister die Berechtigung zur Erhebung einer Benutzungsgebühr sowie die Überlassung von Werbeflächen in und an den B-Anlagen sowie auf öffentlichen Flächen eingeräumt werden (ebenda).

Die Beklagte zu 2) und die Klägerin bewarben sich mit eigenständigen Angeboten um die Konzession. Im Rahmen ihres Angebots benannte die Beklagte zu 2) zudem die Klägerin als Nachunternehmerin sowohl im Zusammenhang mit der Ausstattung der A-anlagen mit sog. 1B als auch im Rahmen der Bewirtschaftung der Werbeflächen (Anlage K 3).

Nachdem die Beklagte zu 2) den Zuschlag auf ihr Angebot erhalten hatte, schloss sie mit der Beklagten zu 1) im Sommer 2004 einen €Dienstleistungskonzessionsvertrag zu den A-anlagen der O1€ (i.F.: KV). Gegenstand des Vertrags war der Umbau von neun sowie der Neubau von zwei öffentlichen B-Anlagen und deren Betrieb über einen Zeitraum von 15 Jahren. Der Beklagten zu 2)wurde im Gegenzug das Recht zur Nutzung und Bewirtschaftung von Werbemöglichkeiten auf öffentlichen Flächen eingeräumt.Hinsichtlich dieser Werbemöglichkeiten sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2KV die endverhandelten Konzepte der Beklagten zu 2)Vertragsbestandteil geworden (Anlage C 2, Anlagenband). Diese Konzepte beruhen auf Ausarbeitungen der Klägerin, u.a. der sog.Werbeträgerstandortplanung. Wieweit sie von der Beklagten zu 2)nach Angebotsabgabe verändert wurden, ist zwischen den Parteien streitig.

Hinsichtlich der gem. § 13 KV geschuldeten Planungsleistungen für die Renovierung der A-anlagen sowie der in § 17 KV geregelten Bau- und Instandsetzungsleistungen sieht § 18 Abs. 1, Abs. 2 KVvor, dass die Beklagte zu 2) diese Arbeiten selbst oder durch einen der dort insgesamt acht genannten Nachunternehmer € u.a. die Klägerin € zu erbringen hat. § 18 Abs. 2 S. 3 KV knüpft die Zulässigkeit eines Wechsels des Nachunternehmers an die vorherige schriftliche Zustimmung der Beklagten zu 1) (ebenda).

Für die gem. § 30 Abs. 1 KV eingeräumte Berechtigung zur Nutzung von Werbeanlagen sieht § 30 Abs. 3 KV vor, dass die Werbeanlagen gemäß der dort näher bezeichneten Konzepte zu betreiben sind. Gemäߧ 30 Abs. 4 S. 2 KV ist Unterauftragnehmer der Beklagten zu 2) die dort namentlich benannte Klägerin. Ein Wechsel des Unterauftragnehmers ist gemäß § 30 Abs. 4 S. 3 KV nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Klägerin zulässig.

Mit Schreiben vom 5.1.2005 (Anlage K 17) forderte die Beklagte zu 2) die Klägerin und Dritte zur Abgabe von Angeboten zur Vermarktung der Werbeflächen auf. Sowohl die Klägerin als auch die Streithelferin gaben Angebote ab (Anlage K 18). Die Beklagte zu 2)entschied sich für das Angebot der Streithelferin. Mit Schreiben vom 15.8.2005 bat die Beklagte zu 2) um die Zustimmung der Beklagten zu 1) zum Austausch des Nachunternehmers hinsichtlich der Werbeleistungen (GA 655). Die Beklagte zu 1) erteilte am 21.6.2005die Zustimmung (Anlage C 1, Anlagenband). Nachfolgend schloss die Beklagte zu 2) am 21.6.2005 einen Vertrag mit der Streithelferin über die von dieser zu erbringenden Werbeleistungen (GA 607ff).

Im Sommer 2005 forderte die Beklagte zu 2) zudem zur Abgabe von Angeboten für die Lieferung der neu zu errichtenden A auf. Das Angebot der Klägerin lehnte sie wiederum ab und bat nachfolgend die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 10.10.2005 um Zustimmung zum Wechsel des Nachunternehmers gemäß § 18 KV u.a. in Bezug auf die im Vertrag genannte Klägerin (Anlage 15, GA 717). Diese Bitte erläuterte sie mit weiterem Schreiben vom 17.11.2005 dahingehend,dass sie die vertraglichen Regelungen allein als Festlegung auf die B-Module der Klägerin nur im Zusammenhang mit den C-anstalten OT1und OT2 verstehe (Anlage 16, GA 719). Mit Schreiben vom 19.12.2005erklärte die Beklagte zu 1), dass sie diesen Schreiben der Beklagten zu 2) entnehme, dass diese die baulichen Leistungen mit dem eigenen Betrieb und damit in einer im Vertrag bezeichneten Weise vornehmen wolle. Sie müsse sich deshalb nicht mit der Frage befassen, ob dem Wechsel des Nachunternehmers zugestimmt werde (Anlage 17, GA 721).

Die Klägerin hält das Vorgehen der Beklagten, sie als Nachunternehmerin entgegen den Ankündigungen im Rahmen des Angebots sowohl im Zusammenhang mit den Werbeleistungen als auch der Errichtung von sog. 1B gegen Dritte auszutauschen, für rechtswidrig. Die zweifache Zustimmung der Beklagten zu 1) zum Austausch der Klägerin als Nachunternehmerin stelle faktisch eine Neuvergabe des Auftrags dar. Gemäß den aus Art. 43,49 EGVabgeleiteten Grundsätzen der Transparenz- und Diskriminierungsfreiheit sei in diesem Fall eine Neuausschreibung erforderlich gewesen. Dieser Verstoß gegen Art. 43, 49 EGV begründe einen Anspruch auf Aufhebung des Vertrags und auf Unterlassen der weiteren Vertragsdurchführung gegen die Beklagten. Hilfsweise stehe ihr jedenfalls ein Schadensersatzanspruch zu, mit welchem sie € im Wege der Teilklage - entgangenen Gewinn, hilfsweise Ersatz frustrierter Aufwendungen begehrt.

Das Landgericht hat im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens dem EuGH die im Beschluss vom 28.1.2008 ausgeführten Fragestellungen vorgelegt (GA 952, 1661). Mit Urteil vom 13.4.2010 hat der EuGH zu diesen Auslegungsfragen Stellung genommen (GA 2044).

Nachfolgend hat das Landgericht die Klage mit Ausnahme des auf die Kosten der Werbestandortplanung entfallenden Teilbetrags von EUR 24.660,90 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Unterlassungsanspruch gemäß Antrag zu 1. gegen die Beklagte zu 1)zu. Insbesondere ergebe sich dieser nicht aus §§ 823 Abs. 2, 1004i.V.m. Art. 43, 49 EGV. Offenbleiben könne insoweit, ob Art. 43, 49EG Schutzgesetze darstellten. Jedenfalls seien diese Artikel vorliegend nicht verletzt. Sowohl der Wechsel des Nachunternehmers hinsichtlich der Werbeleistungen als auch der Wechsel des Nachunternehmers hinsichtlich der A-anlagen hätten nicht zu einer wesentlichen Änderung des Konzessionsvertrags geführt. Der Konzessionsvertrag weise nach dem Austausch keine wesentlichen anderen Merkmale auf als zuvor. Dem Parteiwillen lasse sich auch kein Wille zur Neuverhandlung entnehmen. Es sei nicht feststellbar,dass die Beklagte zu 1) nur deshalb der Beklagten zu 2) den Zuschlag erteilt habe, weil die Beklagte zu 2) bestimmte Nachunternehmerleistungen gerade durch die Klägerin erbringen lassen wollte. Hiergegen spreche auch, dass die Beklagte zu 1)gerade nicht der Klägerin den Zuschlag auf deren eigenes Angebot erteilt habe.

Da zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) in Bezug auf das Ausschreibungsverfahren kein vorvertragliches Schuldverhältnis bestanden habe, könne die Klägerin nicht auf vertraglicher Basis die Unterlassung der Durchführung des Vertrags von der Beklagten zu 2) verlangen. Den Vorgaben der Art. 43, 49 EGV unterläge die Beklagte zu 2) mangels Adressatenstellung nicht, so dass auch insoweit keine Basis für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch bestünde.

Die mit Antrag zu 2. geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien bereits mangels Darlegung eines kausalen Schadens abzuweisen.Es sei nicht dargelegt, welcher Teil der eingeklagten Aufwendungen nicht auf das eigene Angebot, sondern allein auf die Benennung der Klägerin als Nachunternehmerin entfielen.

Gegen das der Klägerin am 5.1.2012 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 6.2.2012 (Montag) eingegangene Berufung, soweit ihre Klage abgewiesen wurde. Zur Begründung führt sie insbesondere Folgendes aus:

Ihr stünde gemäß §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 49, 56 AEUV(hilfsweise aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 3 GG,hilfsweise aus § 280 BGB und äußerst hilfsweise unmittelbar aus Art. 46, 59 AEUV) ein Anspruch auf Unterlassen der weiteren Vertragsdurchführung gegen die Beklagte zu 1) zu. Durch die €zweifache - Zustimmung zum Austausch der Klägerin als Nachunternehmerin habe die Beklagte zu 1) die Dienstleistungskonzession € unter Missachtung der Vorgaben der Art 49, 56 AEUV - faktisch neu vergeben. Es habe einer Neuausschreibung bedurft, da ihre, der Klägerin, Einbeziehung in das Angebot der Beklagten zu 2) als Nachunternehmerin ein wesentliches Element für die Zuschlagsentscheidung gewesen sei.Dies ergebe sich zum einen aus der Auswahl und Gewichtung der Zuschlagskriterien, wonach allein 40% der Wertung auf die von der Klägerin zu erbringenden Werbeleistungen und 22,5% auf die von der Klägerin im Zusammenhang mit den A-anlagen zu erbringenden Dienstleistungen entfielen. Zum anderen sprächen die Äußerungen sowohl der Beklagten zu 1) als auch der Beklagten zu 2) im Rahmen der vor Zuschlagserteilung erfolgten Verhandlungen für die wesentliche Bedeutung, die ihrer Benennung als Nachunternehmerin im Zusammenhang mit der Angebotsabgabe zugekommen sei. Ihre Bedeutung als Nachunternehmerin lasse sich zudem am Verhältnis der von ihr zu erbringenden Leistungen im Vergleich zum Wert der Hauptleistungen ablesen. Demnach entfielen 70% auf den für sie als Nachunternehmerin vorgesehenen Leistungsteil. Schließlich spreche für ihre wesentliche Rolle, dass sie namentlich an mehreren Stellen des KV benannt und ihre Konzepte sowie die von ihr zu erfüllenden Pflichten in den KV Eingang gefunden hätten.

Eine zur Neuausschreibung verpflichtende wesentliche Vertragsänderung setze nicht die Änderung der Leistungs-/Vertragskonditionen voraus. Vielmehr sei sie auch bei Beibehaltung der vertraglichen Regelungen erforderlich, sofern der Vertragspartner ausgewechselt werde. Dieser Situation komme der hier erfolgte zweifache Nachunternehmeraustausch gleich. Es hätten auch keine triftigen Gründe für eine Beendigung der Zusammenarbeit bestanden. Vielmehr sei ihr € auskömmlich kalkuliertes -Angebot über die Bewirtschaftung der Werbeflächen gegenüber dem der Streithelferin wirtschaftlich sogar günstiger gewesen.

Die Beklagte zu 2) hafte als Mittäterin auf Unterlassen. Sie habe pflichtwidrig die bereits ausgehandelte Kooperation mit ihr,der Klägerin, gebrochen. Zudem folge ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.

Hilfsweise verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Schadensersatz weiter. Die Beklagte zu 1) hafte gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art.43, 49 EGV auf Ersatz des positiven Interesses. Die einzige rechtmäßige Reaktion der Beklagten zu 1) im Hinblick auf die Bitte der Beklagten zu 2), den Nachunternehmer austauschen zu dürfen,wäre € so meint die Klägerin - gewesen, diese Zustimmung zu versagen. Dann wäre sie, die Klägerin, als Nachunternehmerin tätig geworden. Demnach stünde ihr jedenfalls in Höhe des zunächst im Wege der Teilklage beschränkten Betrags ein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns zu. Zumindest könne sie Ersatz frustrierter Aufwendungen in dieser Höhe verlangen.

Die Beklagte zu 2) habe den mit ihr geschlossenen Kooperationsvertrag verletzt und sei deshalb ebenfalls zum Schadensersatz verpflichtet. Ihr stünde ein Anspruch wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten gegen die Beklagte zu 2) zu.Diese habe ohne triftigen Grund die Verhandlungen über Einzelheiten des geschlossenen Kooperationsvertrags abgebrochen. Noch im Sommer 2005 habe ihr zudem die Beklagte zu 2) zugesichert, dass an der ausgehandelten Kooperation festgehalten werde.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.12.2011, soweit dieses die Klageanträge abgewiesen hat,

1. die Beklagten zu 1) und zu 2) zu verurteilen, den €Dienstleistungskonzessionsvertrag zu den A-anlagen der O1für Los 1€ vom ...2004 aufzuheben und die weitere Durchführung dieses Vertrags zu unterlassen;

2. hilfsweise, die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldnerinnen zu verurteilen, an die Klägerin EUR1.038.682,18 € hinsichtlich der Beklagten zu 2) abzüglich der bereits durch Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.12.2011 der Klägerin zugesprochenen EUR 24.660,90 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, dass der Benennung der Klägerin als Nachunternehmerin im Angebot der Beklagten zu 2) keine wesentliche Bedeutung für die Zuschlagsentscheidung zuzumessen sei.Grundsätzlich sei der Austausch eines Nachunternehmers nur in Ausnahmefällen als wesentliche, eine Verpflichtung zur Neuausschreibung auslösende Vertragsänderung anzusehen. Dies habe der EuGH auch im Rahmen seines im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Urteils betont. Tatsächlich habe sich das Angebot der Beklagten zu 2) durchgesetzt, da es die bessere Punktzahl im Rahmen des Kriteriums €geringer Bedarf an Werbemöglichkeiten€ erhalten habe. Dieses Kriterium habe sich allein auf die Wirtschaftlichkeit des Angebots bezogen. Aus dem Umstand, dass das von der Beklagten zu 2) ihrem Angebot zugrunde gelegte Werbekonzept auch unter Einbeziehung der Streithelferin - statt der Klägerin - unverändert umgesetzt werde,ergebe sich, dass nicht die Person des Nachunternehmers, sondern die sachlichen Bedingungen maßgeblich für die Zuschlagsentscheidung und den nachfolgenden Vertragsschluss gewesen seien. Eine wesentliche Bedeutung erlange ein im Angebot benannter Nachunternehmer nur, wenn der Auftraggeber ein dauerhaftes Interesse an dem benannten Nachunternehmer habe. Gegen dieses dauerhafte Interesse an einer personellen Kontinutität in Form der Klägerin als Nachunternehmerin spreche hier, dass sowohl im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der A-anlagen gemäߧ 18 KV als auch im Zusammenhang mit den Werbeleistungen gemäß § 30KV der Austausch eines Nachunternehmers als grundsätzlich möglich,lediglich zustimmungsgebunden im KV geregelt worden sei.

Die Beklagte zu 2) behauptet, es habe zu keinem Zeitpunkt eine verbindliche Nachunternehmervereinbarung zwischen der Klägerin und ihr bestanden. Eine Kooperation sei lediglich vom Grundsatz her angestrebt gewesen. Jedenfalls hätten ihr triftige Gründe zur Seite gestanden, von einer weiteren Zusammenarbeit mit der Klägerin abzusehen. Nach Abgabe des Angebots gegenüber der Beklagten zu 1)habe sie von der Klägerin erfahren, dass diese ihr Angebot selbst für nicht auskömmlich erachte. Die Klägerin habe u.a. ein nicht von der Beklagten zu 1) vorgesehenes Entgelt sowie zu hohe Werbeinnahmen eingeplant. Nachfolgend habe die Klägerin zudem die ihr gegenüber abgegebenen Angebote an rechtlich und wirtschaftlich nicht hinnehmbare Bedingungen geknüpft.

Unterlassungsansprüche in Verbindung mit Art. 43, 46 EGV €auch unter dem Gesichtspunkt der Mittäterschaft - bestünden bereits mangels eigener Adressatenstellung ihr gegenüber nicht.

Der Klägerin stünde auch kein Schadensersatzanspruch zu. Weder sei ein Nachunternehmervertrag geschlossen worden noch lägen Pflichtverletzungen ihrerseits vor. Ihr, der Beklagten zu 2),hätten vielmehr triftige Gründe zur Seite gestanden, um von einer weiteren Zusammenarbeit mit der Klägerin abzusehen.

Die Streithelferinverteidigt ebenfalls das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat sie weder hinsichtlich des Hauptantrags (unter A.) noch hinsichtlich des Hilfsantrags (unter B.) Erfolg.

A.

Die Klägerin kann weder von der Beklagten zu 1) (unter 1.) noch von der Beklagten zu 2) (unter 2.) verlangen, den KV vom Juli 2004aufzuheben und seine weitere Durchführung zu unterlassen.

1.

Der Klägerin steht nach keiner erdenklichen Rechtsgrundlage ein Anspruch darauf zu, die Beklagte zu 1) zu verpflichten, den KV vom Juli 2004 nicht weiter abzuwickeln.

a.

Beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts werden Dienstleistungskonzessionsverträge von keiner der Richtlinien erfasst, mit denen der Unionsgesetzgeber den Bereich des öffentlichen Auftragwesens geregelt hat. Die öffentlichen Stellen,die solche Verträge schließen, haben jedoch die Grundlagen des EG-Vertrags, insbesondere die Art. 43, 49 EG, sowie die daraus fließenden Transparenzpflichten zu beachten. Diese Transparenzpflicht besteht in dem Fall, in dem ein Unternehmen, das in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die betreffenden Dienstleistungskonzession erteilt wird, ansässig ist, an dieser interessiert sein kann (EuGH NZBau 2010, 382, 284 Rd. 33 € FAG).

b.

Diesen Anforderungen hat die Beklagte zu 1) zunächst durch die freiwillige EU-weite Bekanntmachung vor Abschluss des Konzessionsvertrags genügt. Die aus Art. 43, 49 EGV folgenden Verpflichtungen bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungskonzessionen wurden vorliegend auch nicht nach Zuschlagserteilung durch die Beklagte zu 1) verletzt.

Weder die Zustimmung der Beklagten zu 1) zum beantragten Austausch der Klägerin als Nachunternehmerin im Bereich des Werbemarketings noch die Zustimmung der Beklagten zu 1) dazu, dass die Beklagte zu 2) die im Rahmen des Angebots der Klägern als Nachunternehmerin zugewiesenen Aufgaben im Bereich der Neuerrichtung der 1B selbst übernimmt, verstießen gegen die Vorgaben der Art. 43, 49 EGV. Die mit diesen beiden genannten Zustimmungen verbundenen Vertragsänderungen des Konzessionsvertrags vom Juli 2004 kamen ihrem Gehalt nach nicht einer Neuvergabe gleich, so dass keine Verpflichtung zur Neuausschreibung bestanden hat:

Eine Vertragsänderung löst die Verpflichtung zur Neuausschreibung aus, wenn sie €Bedingungen einführt, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebots erlaubt hätten, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären. Der Wechsel eines Nachunternehmers kann, auch wenn diese Möglichkeit im Vertrag vorgesehen ist, in Ausnahmefällen eine solche Änderung eines der wesentlichen Bestandteile des Konzessionsvertrags darstellen, wenn die Heranziehung eines Nachunternehmers anstelle eines anderen unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale der betreffenden Leistung ein ausschlaggebendes Element für den Abschluss des Vertrags war€ (EuGH ebenda Rd. 38, 39). Der EuGH geht grundsätzlich von einer dreifachen Wesentlichkeit aus: €Um die Transparenz der Verfahren und die Gleichbehandlung der Bieter sicherzustellen,könnten wesentliche Änderungen der wesentlichen Bestimmungen eines Dienstleistungskonzessionsvertrags in bestimmten Fällen die Vergabe eines neuen Konzessionsvertrags erfordern, wenn sie wesentlich andere Merkmale aufweisen als der ursprüngliche Konzessionsvertrag €€ (EuGH ebenda Rd. 37). Bereits im Rahmen der pressetext-Entscheidung hatte der EuGH ausgeführt, dass eine Neuausschreibung erfolgen muss, wenn die Änderungen €wesentlich andere Merkmale aufweisen als der ursprüngliche Auftrag und damit den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Bestimmungen dieses Vertrags erkennen lassen€(NJW 2008, 3341, 2242 € pressetext, Rd. 34).

Diesen Auslegungsvorgaben entsprechend wurde bereits vor Erlass der Entscheidung des EuGH in der Kommentarliteratur und Rechtsprechung davon ausgegangen, dass ein erneutes Vergabeverfahren erforderlich ist, wenn es um Änderungen geht, die im ursprünglichen Vertrag nicht vorgesehen sind, die Änderungen keine gesetzliche Grundlage haben (vgl. Reidt/Stickler/Glahs,VergabeR, 3. Aufl., § 99 Rd. 24) oder wesentliche Bestandteile betreffen, wie etwa das Leistungsspektrum, den Preis,Laufzeitveränderungen oder Leistungserweiterungen (OLG Düsseldorf,Beschluss vom 20.6.2001, Verg 3/01; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.1.2004, VI Verg 71/03; Senat, Beschluss vom 26.7.2011, 11 Verg 3/11).

Danach ist hier maßgeblich, ob die Änderung der Person des Nachunternehmers wesentliche Bestandteile des Konzessionsvertrags betraf, so dass die Zustimmung zum Auswechseln des Nachunternehmers ohne Neuausschreibung geeignet war, den Wettbewerb zu verzerren.Weder bei Betrachtung des Gesamtvertrags (unter aa.) noch der einzelnen Leistungsteile, die von der Klägerin als Nachunternehmerin erfüllt werden sollten (unter bb.), ergibt sich aus Sicht des Senats, dass diese Änderungen geeignet waren, eine Verpflichtung zur Neuausschreibung auszulösen.

aa.

Betrachtet man das Gesamtvertragsgefüge, ist nicht erkennbar,dass der geplante Einsatz der Klägerin als Nachunternehmerin ein wesentlicher Bestandteil des Konzessionsvertrags war. Insbesondere kann der Ansicht der Klägerin nicht gefolgt werden, sie habe eine mit dem Hauptvertragspartner materiell vergleichbare Stellung innegehabt (GA 2600).

Der Klägerin ist allerdings zuzustimmen, dass die Beklagte zu 2)die Klägerin im Rahmen ihres Angebots an mehreren Stellen jedenfalls werbend, wenn nicht sogar als verbindlich in Aussicht gestellte Nachunternehmerin erwähnt hat. So heißt es im Rahmen ihres als Anlage K 14 eingereichten Konzepts etwa, dass mit der Ausschreibung für die Beklagte zu 2) die Möglichkeit bestehe,€mit einem leistungsstarken und erfahrenen Partner, wie es die F AG ist,€ (€), zusammenzuarbeiten. Weiter führte die Beklagte zu 2) aus: €Die Vermarktung der Werbeflächen erfolgt durch den Partner der D, die F-AG, als erfahrener und weltweit agierender Werbespezialist, in allen hier angebotenen Produkten netzweise (€)€. Schließlich verwies sie darauf, dass die €ästhetisch-modernen Produkte€ der FAG im Rahmen der Ausstattung der öffentlichen A-anlagen eingesetzt würden.

Diese Formulierungen belegen jedoch nicht, dass dem angekündigten Einsatz der Klägerin als Nachunternehmerin bei der Zuschlagsentscheidung und dem anschließenden Vertragsschluss € über den werbenden Charakter hinaus - wesentliche Bedeutung aus Sicht der Beklagten zu 1) beigemessen wurde. Vielmehr kommt grundsätzlich dem Nachunternehmer gegenüber dem Bieter eine nachgeordnete Rolle zu. Vertragliche Rechte und Pflichten werden allein zwischen Auftraggeber und Bieter begründet. Der vom Bieter angekündigte Nachunternehmer kann mit Zustimmung des Auftraggebers grundsätzlich ausgewechselt werden. Dieses Grundverständnis spiegelt auch der vorliegende Konzessionsvertrag wieder. Vor diesem Hintergrund hat der EuGH im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens auch betont, dass nur in Ausnahmefällen die personelle Bedeutung eines angekündigten Nachunternehmers im Fall des beabsichtigten Austausches als so wesentlich anzusehen sei, dass sein Austausch faktisch einer Neuvergabe gleichkomme.

Vorliegend kommt der Klägerin nach Einschätzung des Senats eine derartige Bedeutung für die Vergabeentscheidung nicht zu. Gegen die Annahme, dass es der Beklagten zu 1) bei der Entscheidung, der Beklagten zu 2) den Zuschlag zu erteilen, maßgeblich auf die Einbeziehung der Klägerin angekommen ist, spricht bereits, dass sie das eigene Angebot der Klägerin nicht in die engere Wahl gezogen hat. Wäre es der Beklagten zu 1) darauf angekommen, für die avisierte Vertragslaufzeit zuverlässig auf die Leistungen der Klägerin zurückgreifen zu können, wäre eine unmittelbare Vertragsbeziehung mit der Klägerin naheliegend gewesen. Auch der Hinweis der Klägerin, es sei der Beklagten zu 1) maßgeblich auf ihr Unternehmen und die damit verbundene Eignung und Zuverlässigkeit angekommen, ist nicht überzeugend. Vielmehr folgt aus den hier verwendeten weitergehenden vertraglichen Regelungen, die grundsätzlich den späteren Wechsel eines im Angebot benannten Nachunternehmers mit Zustimmung des Auftraggebers ermöglichen und allein an die Vorlage entsprechender Erklärungen zur Befähigung des neuen Nachunternehmers binden, dass die Eignung eines bestimmten Nachunternehmers für die Zuschlagsentscheidung selbst grundsätzlich kein wesentliches Element beinhaltet. § 30 Abs. 4 S. 7 KVverpflichtet die Beklagte zu 2) zwar, nur fachkundige,leistungsfähige und zuverlässige Nachunternehmer zu beauftragen.Die eigene Prüfung der Auftraggeberin, ob der benannte €ausgewechselte € Nachunternehmer diese Kriterien erfüllt,beschränkt sich jedoch auf vom Nachunternehmer beizubringende Erklärungen, aus denen sich ergibt, dass er Kenntnis von sämtlichen einschlägigen gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen und Bedingungen hat und er deren Einhaltung zusichert (§ 30 Abs. 4 S. 8KV). Die weitergehende Auslegung der Klägerin, wonach sich der Zustimmungsvorbehalt zum Nachunternehmeraustausch im Konzessionsvertrag finde, €gerade und weil€ die Klägerin die Nachunternehmerleistungen durchführen solle, überzeugt insoweit nicht. Die Klausel entspricht vielmehr unstreitig den üblichen Formulierungen und erscheint praktikabel und notwendig,nicht aber konkret auf das Unternehmen der Klägerin und seiner Bedeutung bezogen.

Durch den Wechsel des Nachunternehmers wurden auch keine abweichenden Vertragsbedingungen eingeführt, die die Zulassung anderer Bieter oder aber die Annahme eines anderen Angebots erlaubt hätten. Vielmehr ist auf Basis des Vortrags der Klägerin davon auszugehen, dass sich auch im Fall der von der Klägerin geforderten Neuausschreibung das Spektrum der möglichen Bieter nicht verändert hätte. Es wäre zu erwarten, dass auch die im Rahmen der Ausschreibung aus dem Jahr 2002 beteiligten Bieter erneut ein Angebot abgegeben hätten. Der Vortrag der Klägerin deckt auch nicht die Annahme, dass der Gegenstand des Vergabeverfahrens sich geändert hätte, so dass die Annahme eines anderen Angebots angezeigt gewesen wäre. Vielmehr wäre auch in diesem Fall Gegenstand des Vergabeverfahrens die Instandsetzung der öffentlichen A-anlagen gegen Einräumung von Werberechten gewesen.

bb.

Auch bezogen auf die konkreten Leistungsteile ist nicht davon auszugehen, dass der geplante Einsatz der Klägerin als Nachunternehmerin wesentliche Bedeutung im Rahmen der Zuschlagsentscheidung und der Abfassung des Konzessionsvertrags hatte:

(a)

Die Bedeutung der Klägerin im Rahmen der Werbeleistungen ist bereits deshalb eingeschränkt, weil es sich hierbei nicht um die vorrangig im Interesse der Beklagten zu 1) liegende Hauptleistung des Bieters handelt, sondern die als Gegenleistung von der Beklagten zu 1) eingeräumte Berechtigung zur Finanzierung der Hauptleistung. Die nachrangige Stellung dieses Leistungsteils gegenüber der Hauptleistung wird auch an verschiedenen Stellen des Konzessionsvertrags deutlich: Gemäß der Präambel des Konzessionsvertrags ist Vertragszweck die Verbesserung des Dienstleistungsangebots der Stadt bezgl. der öffentlichen A-anlagen. Die eingeräumten Werberechte dienen der Finanzierung dieser Dienstleistung. Entsprechend beziehen sich die Teile I bis IV des KV auf die Durchführung der Hauptleistung, Teil V regelt die Werbeanlagen als Gegenleistung. Auch die Formulierung und Gewichtung der Zuschlagskriterien zeigt, dass den Werbeanlagen und ihrer Bewirtschaftung gegenüber der Hauptleistung eine untergeordnete Stellung zukommt: Das Zuschlagskriterium €geringer Bedarf an Werbemöglichkeiten€ hat ein Gewicht von 30% und bezieht sich allein auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Es diente der Ermittlung des günstigsten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Entsprechend hat auch der Amtsleiter des Amts 79, Wichert, im Rahmen des Gesprächs vom 2.4.2004 (Anlage G 5, Aktenordner) das Kriterium erläutert. Die Art und Weise der Werbeträger und deren Bewirtschaftung finden in diesem Kriterium keinen Niederschlag. Soweit ein weiteres Zuschlagskriterium €Plausibilität des Werbekonzeptes€ mit 10%Berücksichtigung fand, ist zwar unstreitig, dass dieses Werbekonzept maßgeblich auf die Arbeiten der Klägerin zurückzuführen ist. Dabei kann offenbleiben, in welchem Umfang das Konzept durch Mitarbeiter der Beklagten zu 2) weiterentwickelt wurde und welche Änderungen das €endverhandelte€Konzept aufwies. Selbst wenn das Konzept der Klägerin mit einem Gewicht von 10% die Zuschlagsentscheidung geprägt hätte, wäre damit nicht verbunden, dass es der Beklagten zu 1) mit dieser Gewichtung auch auf das Unternehmen der Klägerin als Nachunternehmerin ankam.Auch den eigenen Angaben der Klägerin nach bezog sich dieses Kriterium zunächst auf die Standortliste der Werbeträger. Diese weist keine personelle Verknüpfung mit dem Unternehmen der Klägerin auf und wird unstreitig derzeit von der Streithelferin bei ihren Tätigkeiten ebenfalls zugrunde gelegt. Soweit zudem im Rahmen des Werbekonzeptes auf die €ästhetisch-modernen Produkte der FAG€ verwiesen wurde, die sich dezent in das Stadtbild der Beklagten zu 1) einfügen sollten, stünde diese Konkretisierung auf die Art der Werbeträger nur dann einer Substituierbarkeit entgegen,wenn nicht auch vergleichbare Produkte Dritter diese Kriterien erfüllen könnten und die Beklagte zu 1) zudem ein besonderes Interesse an gerade dieser ästhetischen Gestaltung hatte. Beides kann dem Vortrag der Klägerin nicht entnommen werden.

Gegen die wesentliche Bedeutung der Klägerin als im Angebot der Beklagten zu 2) für die Werbeleistungen benannte Nachunternehmerin spricht dagegen zum einen der Umstand, dass die Beklagte zu 1) ohne weitere Nachfragen zügig die Zustimmung zum Wechsel des Nachunternehmers bezüglich der Werbeleistungen erteilt hatte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte zu 1) € nach Ansicht der Klägerin in rechtlich zweifelhafter Weise € von einem freien Ermessen hinsichtlich der Zustimmungserteilung ausging. Maßgeblich ist vielmehr, dass aus der für die Beurteilung der Wesentlichkeit maßgeblichen Sicht der Beklagten zu 1) das Unternehmen der Klägerin in diesem Leistungssegment offensichtlich ohne weiteres substituierbar erschien.

Zum anderen ist unstreitig, dass das den Werbeleistungen zugrunde liegende Konzept in identischer Form derzeit von Dritten durchgeführt wird. Dies ist ein weiteres starkes Indiz dafür, dass dem Konzept funktionale, nicht aber personelle Bedeutung zukam und im Vordergrund die Inhalte, nicht aber die Person des umsetzenden Unternehmens standen.

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass Dritte nicht berechtigt seien, ihr Konzept zu verwerten, ist diese € eher im Urheberrecht angesiedelte - Frage nicht Gegenstand der vorliegenden Anträge.

Der Hinweis der Klägerin, dass die Beklagte zu 2) ihrem eigenen Aufsichtsrat gegenüber dem von der Klägerin wahrzunehmenden Werbebereich eine wesentliche Bedeutung bei der Vergabe zugemessen habe, ist für die Beurteilung, in welchem Umfang es der Beklagten zu 1) bei der Vergabe auf die geplante Einbindung der Klägerin in die Auftragsabwicklung angekommen ist, unergiebig.

Auch die Einschätzung der Klägerin, dass sich aus den Wertverhältnissen der Leistungen ihre Bedeutung für die Zuschlagsentscheidung ermitteln lasse, überzeugt nicht. Dabei kann offenbleiben, ob die von der Klägerin angegebenen erwarteten Gewinnzahlen im Werbebereich übersetzt sind. Selbst wenn wirtschaftlich betrachtet auf den Werbebereich 70% der vertragsgegenständlichen Leistungen entfallen sollten, könnte einer derartigen, am erwarteten Gewinn orientierten Gewichtung keine Aussage dazu entnommen werden, dass über den funktionalen Leistungsbezug hinaus eine personelle Entscheidung wesentlich für die Zuschlagsentscheidung gewesen ist.

Schließlich überzeugt auch die Argumentation der Klägerin nicht,mit dem Wechsel des Nachunternehmers im Werbebereich seien nicht bloß Produkte, sondern individuelle, allein an das klägerische Unternehmer gebundene Dienstleistungen ausgetauscht worden.Unstreitig ist zwar nach dem von der Klägerin jedenfalls maßgeblich geprägten Konzept ein geringerer Bedarf an Werbemöglichkeiten erforderlich gewesen als nach den Konzepten der Mitbieter. Ob dieser geringere Bedarf auf eine höhere €Werbewertigkeit€ der Klägerin oder aber andere Faktoren zurückzuführen ist (GA 2602), bedarf keiner Aufklärung.Maßgeblich ist vielmehr, dass dieses Konzept keine personelle Ausschließlichkeitsbindung an die Klägerin enthielt, sondern in unveränderter Form € wie derzeit praktiziert € von anderen Unternehmen ebenfalls umgesetzt werden kann.

Auch die auf die Werbeleistungen bezogenen Regelungen des Konzessionsvertrags sind ihrem Inhalt nach nicht individuell auf die Leistungen der Klägerin zugeschnitten, sondern allgemein formuliert und damit auch von Dritten grundsätzlich erfüllbar: § 31des KV regelt allein, dass auf eigenes Risiko die Werbeanlagen errichtet werden; nähere Vorgaben etwa zur Ästhetik der Werbeanlagen finden sich nicht. § 32 KV enthält Regelungen, wie die Werbung auszuüben ist. Die gewählten Formulierungen beschränken sich auf inhaltlich offene Angaben, wonach die Werbung €künstlerischen Anforderungen, insbesondere in städtebaulicher Hinsicht€ genügen müsse, nicht gegen die guten Sitten verstoßen dürfe und das Werbewesen mit Rücksicht auf die Sauberkeit, die Ordentlichkeit und das gute Aussehen der öffentlichen Straßen und Plätze zu betreiben ist.Konkretisierungen, die eine Zuordnung allein zum Leistungsangebot der Klägerin aus diesen Auflagen zuließen, finden sich nicht. § 33und § 34 KV ist ebenfalls nur zu entnehmen, dass Instandhaltung und Wartung sowie die Beibringung der erforderlichen Nachweise und Genehmigungen in den Aufgabenbereich des Bieters fallen.Schließlich kann auch den Regelungen der §§ 35, 36 und 37 KV kein Bezug zu den individuell von der Klägerin angebotenen Leistungen entnommen werden. Diese Paragraphen befassen sich lediglich allgemein mit den Verkehrssicherungspflichten, der Frage mangelhafter Werbeanlagen und schließlich dem Genehmigungsrisiko.

(b)

Der auf die öffentlichen A-anlagen entfallende Leistungsteil,für den die Klägerin als Nachunternehmerin benannt worden war,rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme, dass das Verhalten der Beklagten zu 1) gemäß Schreiben vom 14.12.2005, mit welchem keine Einwände gegen die geplante Nichteinbeziehung der Klägerin geäußert wurden, einen Verstoß gegen die Vorgaben der Art. 43, 49 EGVbeinhaltete.

Die Beklagte zu 2) hatte mit Schreiben vom 10.10.2005 i.V.m. dem Schreiben vom 17.11.2005 darum ersucht, dem €Wechsel der Nachunternehmerschaft€ gemäß § 18 Abs. 2 KV u.a. bezogen auf die Klägerin zuzustimmen (GA 717-720). Die Beklagte zu 1)antwortete nach Rückfragen, sie entnehme diesem Schreiben, dass an Stelle der Klägerin nicht ein anderer Nachunternehmer, sondern die Beklagte zu 2) selbst nunmehr diesen Leistungsteil durchführen möchte (GA 721). Entsprechend hat sie ausdrücklich die Frage offengelassen, ob sie insoweit einem Wechsel des Nachunternehmers zustimmen würde (ebenda). Dieses Antwortschreiben lässt keinen Verstoß gegen die Grundsätze der Art. 43, 49 EGV erkennen. Auch die Klägerin vertritt nicht die Ansicht, dass die Entscheidung zur Eigenleistung des Bieters € statt der Einschaltung eines Nachunternehmers - die Verpflichtung zur Neuausschreibung auslösen kann. Vielmehr ist der den Zuschlag erhaltende Bieter als Vertragspartner des Auftraggebers grundsätzlich nicht nur zur eigenen Leistung verpflichtet, sondern auch berechtigt. Dies entspricht vorliegend auch der vertraglichen Formulierung in § 18Abs. 1, Abs. 2, 1. Hs. KV.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ein möglicherweise von der Beklagten zu 2) langfristig beabsichtigter Austausch der Klägerin gegen ein anderes Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausstattung der öffentlichen A-anlagen mit B-Modulen an zwei ggf.drei Standorten nicht die Annahme rechtfertigen würde, dass eine Neuausschreibung des Vertrags erfolgen müsste. Gegen die Maßgeblichkeit der angekündigten Einbindung der Klägerin als Nachunternehmerin in diesem Segment spricht bereits, dass das Konzept der Beklagten zu 2) hier keine besseren Wertungen als das der Mitbewerber erhalten hatte. Für eine geringe Bedeutung der Benennung der Klägerin als Nachunternehmerin in diesem Leistungsteil spricht zudem, dass eine Konkretisierung auf Leistungen der Klägerin allein in Bezug auf den Einsatz der 1B-Module an zwei ggf. drei von insgesamt elf Standorten erfolgt war (GA 719: Standorte OT1 und OT2, fakultativ Standort OT3/OT4).Soweit die Eigenschaften der einzusetzenden Produkte zwar im Rahmen der Zuschlagskriterien €Integration ins Stadtbild€,€Benutzerfreundlichkeit€, €Zweckmäßigkeit€,€Ästhetik€ und €Umweltverträglichkeit€Bedeutung erlangen, ist nicht ersichtlich, dass nicht auch andere Produkte diese Anforderungen in gleicher Weise erfüllen. Soweit die Klägerin auf Alleinstellungsmerkmale ihrer 1B verweist, betreffen diese nur zu einem geringen Teil wertungsrelevante Eigenschaften:Ein Kriterium €Kombination kleinste Fläche/Barrierefreiheit€ (GA 902 IV) lässt sich den Ausschreibungsunterlagen nicht entnehmen. Dies gilt auch für besondere Qualitätsmerkmale, wie eine integrierte E oder bestehenden Patentschutz. Die Eigenschaft der €G€unterfällt zwar dem Kriterium €Funktionalität€. Die Behauptung, dies würden €Standard-B€ nur unzureichend erfüllen, ist allerdings nicht hinreichend konkret, um auf maßgebliche Unterschiede zu schließen. Angesichts des substanziierten Bestreitens der Beklagten unter Bezugnahme u.a. auf gutachterliche Ausführungen des Architekten H genügen diese Angaben nicht, um eine fehlende Ersetzbarkeit der Produkte anzunehmen.

c.

Selbst wenn man jedoch der Auffassung wäre, die Beklagte zu 1)hätte eine Verpflichtung zur Neuausschreibung verletzt, stünde der Klägerin kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu 1)zu:

Welche Rechtsfolgen ein Verstoß gegen die Vorgaben der Art. 43,49 EGV auslöst, ist weder in Art. 43, 49 EGV unmittelbar noch an anderer Stelle innerhalb des EG-Vertrags geregelt. Nach der Rechtsprechung des EuGH muss jedoch auch bei Vergabeverfahren, die nicht der Vergaberichtlinie unterfallen, der Einzelne die Möglichkeit haben, einen effektiven gerichtlichen Schutz der Rechte in Anspruch nehmen zu können, die sich aus der Gemeinschaftsrechtsordnung herleiten. Insoweit ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten, für die erforderlichen Vorschriften und Verfahren zu Gewährleistung eines effektiven gerichtlichen Schutzes zu sorgen (vgl. Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen, ebenda S. 7).Im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren hat der EuGH klarstellend ausgeführt, dass sich die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die europäischen Grundfreiheiten allein nach nationalem Recht richten (EuGH F-AG ebenda, Rd. 63). Die Rechtsschutzmöglichkeiten im Fall der Verletzung der Art. 43, 49 EGV dürfen gemäß den Ausführungen des EuGH nicht ungünstiger als bei der Verletzung nationaler Rechte sein. Sie dürfen die Ausübung der EG-Rechte nicht unmöglich machen oder unnötig erschweren (ebenda Rd. 64). Eine Verletzung der Verpflichtung zur Neuausschreibung verpflichtet die nationalen Behörden aber auch €nicht in allen Fällen€ zur Kündigung eines Vertrags und zur Unterlassung seiner Durchführung (ebenda Rd. 65). Im hiesigen Vorabentscheidungsverfahren hat auch die Kommission die Ansicht vertreten, dass die Mitgliedstaaten bei einer behaupteten Verletzung des Transparenzgebots bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen nicht eine Unterlassungsklage gewähren müssen, sofern andere effektive Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen (GA 1979, 1980). Dem entspricht auch die bisher schon herrschende Meinung in der Rechtsprechung und Literatur, die sich unter Hinweis auf die Regelung der Rechtsmittelrichtlinie dafür ausgesprochen hat, dass aus dem Gebot zur Beachtung der allgemeinen Grundsätze € wie dem Gleichbehandlungs- oder dem Transparenzgebot € nicht zwangsläufig die Verpflichtung folgt, einen Primärrechtsschutz zu gewährleisten, sondern ein Sekundärrechtsschutz genügt (OLG München NZBau 2011, 380).

Selbst wenn man den € national nicht geregelten -Rechtsschutz im Rahmen der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen den für Unterschwellenvergaben geltenden Grundsätzen oder aber den im formellen Vergaberecht vorhandenen Regelungen unterwerfen würde,ergäbe sich vorliegend kein Anspruch auf Unterlassen eines nach Zuschlagserteilung wirksam geschlossenen Vertrags:

Im Rahmen von Unterschwellenvergaben wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung ein € vorbeugender -Anspruch auf Unterlassen gemäß §§ 311, 280, 241 i.V.m. § 1004 BGBanerkannt, sofern das Vergabeverfahren nicht abgeschlossen ist (vgl. OLG Düsseldorf NZBau 2010, 328, 329; OLG Saarbrücken ZfBR2012, 799, 802 m.w.N.). Innerhalb der vorzunehmenden Interessenabwägung gebührt in diesen Fällen dem Interesse des Bieters an der Vermeidung eines Vergabeverstoßes der Vorrang gegenüber dem Interesse des Auftraggebers an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens.

Diese Wertung ist nach Zuschlagserteilung € wie hier -indes nicht mehr maßgeblich. In diesem Fall ist dem Vertrauensschutz des Vertragspartners entsprechend dem Grundsatz,dass geschlossene Verträge einzuhalten sind, grundsätzlich der Vorrang zu geben. Der Bieter ist auf den Sekundärrechtsschutz zu verweisen. Ihn trifft gemäß § 1004 Abs. 2 BGB eine Duldungspflicht,den unter dem behaupteten Vergabeverstoß geschlossenen Vertrag hinzunehmen (vgl. Glahs in: Reidt/ Stickler/Glahs, VergabeR, 3.Aufl., Einl. Rd. 26, 28, 29).

Auch wenn man die Rechtsschutzmöglichkeiten im Bereich der förmlichen Vergabeverfahren heranzieht, ergibt sich aus diesen vorliegend kein Unterlassungsanspruch.

Maßgeblich war im Jahr 2005 die Vorschrift des § 13 VgV a.F..Gemäß § 13 S. 6 VgV a.F. waren Verträge nichtig, die unter Verstoßgegen die in § 13 VgV normierten Vorab-Informationspflichten geschlossen worden waren. § 13 VgV a.F. enthielt jedoch keine expliziten Regelungen für € echte oder unechte - de-facto Vergaben (nunmehr seit 2009: § 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB), d.h.Auftragsvergaben ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens (vgl.OLG Düsseldorf BeckRS 2007, 00388, Beschluss vom 19.7.2006, Az:Verg 26/06; m.w.N.). Auf Fälle der sog. unechten de-facto-Vergabe wurde nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und überwiegender Ansicht in der Literatur § 13 VgV entsprechend angewandt (BGH NZBau 2005, 290, 294); auf Fälle der sog. echten de-facto Vergabe dagegen nicht (vgl. Mentzins in: Pünder/Schellenberg, VergabeR, § 101 b Rd.11, 16 m.w.N.; Glahs in: Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR, 3. Aufl.,§ 101 b Rd. 11; Dippel in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-VergR, 2.Aufl., § 13 VgV Rd. 29).

Eine echte de-facto Vergabe liegt vor, wenn der Auftrag ohne Kenntnis von mehreren Interessenten und/oder Verhandlungen mit anderen Unternehmen abgeschlossen wurde. Eine unechte de-facto-Vergabe erfolgt dagegen, wenn der Auftraggeber mehrere Angebote von Interessenten kennt oder jedenfalls weiß, dass mehrere Unternehmen an der Auftragserteilung ein Interesse haben (vgl. BGHNZBau 2005, 290, 294; OLG Düsseldorf NZBau 2005, 535; OLGDüsseldorf NZBau 2002, 639, 640). Auf Basis des Vorbringens der Klägerin wäre die vorliegende Sachverhaltskonstellation dem Bereich der echten de-facto Vergabe zuzuordnen. Läge € dem Vortrag der Klägerin folgend € in der zweimaligen Zustimmung der Beklagten zu 1) zum Umstand, dass die Klägerin nicht mehr als Nachunternehmerin eingesetzt wird, eine faktische Neuvergabe des Dienstleistungskonzessionsvertrags, hätte die Beklagte zu 1) zu diesem Zeitpunkt im Jahr 2005 weder andere Angebote interessierter Unternehmen eingeholt noch wären ihr solche bekannt gewesen. Auf eine derartige sog. echte de-facto Vergabe wurde € wie oben dargestellt - von der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur die Regelung des § 13 S. 6 VgV nicht entsprechend angewendet. Zur Begründung wurde insbesondere darauf hingewiesen,dass keine planwidrige Regelungslücke festgestellt werden könne (vgl. König in: Kulartz/Kus/Portz, 2. Aufl., § 101 b Rd. 1).Vorrang hatte vielmehr in diesen Fällen der dem deutschen Vertragsrecht innewohnende und in § 114 S. 2 GWB ausdrücklich normierte Grundsatz €pacta sunt servanda€, der zu einer Duldungspflicht i.S.d. § 1004 Abs. 2 BGB führte. Hinreichender Rechtsschutz in Form der Folgenbeseitigung wurde über den Sekundärrechtsschutz gewährt.

Die im Jahr 2009 in Umsetzung der Rechtsmittelrichtlinie 2007/66/EG eingeführte Regelung des § 101 b GWB, die unmittelbar sog. echte de-facto Vergaben erfasst, stellt eine vollständig neue Regelung dar. Eine rückwirkende Anwendung verbietet sich aus diesen Gründen (vgl. Weyand, VergabeR, 3. Aufl., § 101 b Rd. 2790). Selbst wenn § 101 b GWB vorliegend anwendbar wäre, würde sich daraus für die Klägerin keine Grundlage für den begehrten Primärrechtsschutz ergeben. Die Unwirksamkeit einer Vergabe wäre gemäß § 101 b GWB nur anzunehmen, wenn im Rahmen eines fristgerecht eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens, dem vorliegend das hiesige Klageverfahren gleichzusetzen wäre, ein Verstoß gegen die Transparenzpflichten festgestellt worden wäre. Gemäß § 101 b Abs. 2 GWB wäre innerhalb von 30 Tagen nach Kenntnis des hier angegriffenen Verhaltens die Klage zu erheben gewesen. Diese Frist hat die Klägerin vorliegend durch das hiesige Klageverfahren nicht gewahrt. Sie wurde mit Schreiben der Beklagten zu 2) vom 7.6.2005 darüber informiert, dass hinsichtlich der Werbeleistungen eine Zusammenarbeit mit der Streithelferin erfolgen solle (Anlage B4); mit Schreiben vom 7.9.2005 teilte die Beklagte zu 2) der Klägerin mit, dass sie sich gegen den Einsatz der 1B-Module der Klägerin entschieden habe (Anlage K 28). Die hiesige Klage ging am 10.2.2006 beim Landgericht Frankfurt am Main, d.h. weit nach Ablauf der mit Kenntniserlangung in Lauf gesetzten 30-Tagefrist gemäß § 101 b Abs. 2 GWB.

Soweit die Klägerin darauf verweist, vorliegend greife das grundsätzlich gegen die Gewährung eines Primärrechtsschutzes nach Zuschlagserteilung angeführte Argument, einen Stillstand der ausgeschriebenen Leistungen zu vermeiden, nicht, da der Vertrag unmittelbar unter Einbindung der Klägerin fortgesetzt werden könne,überzeugt dies nicht. Mit der in der Berufungsinstanz noch maßgeblichen Antragsstellung zu 1. begehrt die Klägerin gerade, den ihre Einbindung vorsehenden Konzessionsvertrag vom Juli 2004aufzuheben und dessen weitere Durchführung zu unterlassen.

Ist demnach dem deutschen Vergaberecht nach Zuschlagserteilung kein Primärrechtsschutz in der begehrten Form zu entnehmen, kann die Klägerin weder über §§ 241, 280, 311 BGB noch unmittelbar über Art. 43, 49 EGV Unterlassen der Vertragsdurchführung verlangen.Einem aus §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 43, 49 EGVabgeleiteten Unterlassungsanspruch stünde die aus dem Grundsatz €pacta sunt servanda€ abgeleitete Duldungspflicht gemäߧ 1004 Abs. 2 BGB entgegen.

Diese Beurteilung ändert sich auch nicht, soweit die Klägerin den Konzessionsvertrag als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter einstuft. Zum einen ist ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nur dann anzunehmen, wenn der Dritte schutzbedürftig ist. Daran fehlt es, wenn er wegen des Sachverhalts, aus dem er seinen Anspruch herleitet, einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch gegen den Gläubiger oder einen Dritten hat (Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 328 Rd.18). Vorliegend kann auf Basis des eigenen Vorbringens der Klägerin keine Schutzbedürftigkeit erkannt werden. Die Klägerin behauptet vielmehr, eine bindende Kooperationsabrede mit der Beklagten zu 2)getroffen zu haben. Die behauptete Verletzung einer derartigen Abrede wäre geeignet, unmittelbar eigene Ansprüche auszulösen. Zum anderen wäre selbst bei Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter die Rechtsfolge einer behaupteten Pflichtverletzung nicht auf Unterlassen der Vertragsdurchführung,sondern auf Schadensersatz gerichtet (Palandt/Grüneberg ebenda Rd.13, 19)

2.

Der Klägerin stehen auch keine Ansprüche auf Unterlassen der Durchführung des Konzessionsvertrags gegen die Beklagte zu 2)zu.

a.

Soweit die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch auf eine mittäterschaftliche Beteiligung an einem Verstoß der Beklagten zu 1) gegen Art. 43, 49 EGV i.V.m. §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB stützt,dringt sie damit nicht durch. Weder liegt ein Verstoß der Beklagten zu 1) gegen die in Art. 43, 49 EGV niedergelegten Grundfreiheiten vor noch würde ein derartiger Verstoß geeignet sein, einen Anspruch auf Unterlassen im Sinne des Primärrechtsschutzes nach Zuschlagserteilung zu begründen. Schließlich wäre eine mittäterschaftliche Beteiligung der Beklagten zu 2) an dem behaupteten pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten zu 1) daran gebunden, dass sie selbst den aus Art. 43, 49 EGV abgeleiteten Pflichten als Normadressatin unterliegen würde. Dies ist jedoch € wie vom EuGH im Rahmen des hiesigen Vorabentscheidungsverfahrens klargestellt (EuGH F-AG, Rd. 53, 57,60; BGH NZBau 2008, 664, 665) - nicht der Fall.

b.

Der Klägerin steht auch kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) gemäß §§ 8, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 43, 49 EGV zu.Da die Beklagte zu 2) nicht Adressatin der in Art. 43, 49 EGVenthaltenen Gebote ist, kann sie auch nicht wegen eines behaupteten Verstoßes gegen deren Vorgaben auf Unterlassen über §§ 8, 4 Nr. 11UWG in Anspruch genommen werden.

B.

Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg den hilfsweise verfolgten Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu 1)(unter 1.) und/oder die Beklagte zu 2) (unter 2.) geltend machen.

1.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu 1).

a.

Soweit die Klägerin von der Beklagten zu 1) Ersatz des positiven Interesses gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 43, 49 EGV fordert,dringt sie damit nicht durch. Wie oben ausgeführt, entnimmt der Senat dem Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit der Zustimmung, die Klägerin nicht als Nachunternehmerin im Werbebereich und der Ausstattung der B einzusetzen, keine Verletzung der Vorgaben der Art. 43, 49 EGV. Insoweit kann offenbleiben, ob die Klägerin ohne die angegriffene Zustimmung zur Auswechslung des Nachunternehmers den eingeklagten Gewinn hätte realisieren können.

b.

Die Klägerin kann auch nicht über §§ 311, 280, 241 Abs. 2 BGBErsatz des negativen Interesses wegen einer behaupteten Pflichtverletzung von der Beklagten zu 1) verlangen. Auch insoweit fehlt es bereits dem Grunde nach an einem zum Schadensersatz verpflichtenden Verhalten der Beklagten zu 1).

2.

Die Klägerin kann auch von der Beklagten zu 2) nicht mit Erfolg Ersatz des behaupteten Schadens verlangen.

aa.

Da die Beklagte zu 2) € wie ausgeführt € nicht den Vorgaben der Artikel 43, 49 EGV unterliegt, kann die Klägerin nicht mit Erfolg wegen einer Verletzung dieser Grundfreiheiten Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 43, 49EGV verlangen.

bb.

Die Klägerin kann auch nicht gemäß §§ 280, 281 BGBSchadensersatz wegen Verletzung der aus einem Kooperationsvertrag mit der Beklagten zu 2) erwachsenen Pflichten von der Beklagten zu 2) verlangen.

Zwar ist auch auf Basis des Vortrags der Beklagten zu 2) davon auszugehen, dass die Parteien sich während der Angebotsphase auf eine Zusammenarbeit zur Erstellung eines zuschlagsfähigen Angebots unter Berücksichtigung von Leistungsteilen sowohl der Klägerin als auch der Beklagten zu 2) geeinigt hatten. Die Klägerin rügt jedoch nicht die Verletzung dieser Absprache. Vielmehr ist ein Angebot der Beklagten zu 2) entsprechend den Absprachen der Klägerin abgegeben und damit das Ziel dieser Kooperation ohne Pflichtverletzung erreicht worden.

Der Vortrag der Klägerin deckt jedoch nicht die Annahme, dass die Parteien € vor oder nach Abgabe dieses Angebots €eine weitergehende Kooperationsvereinbarung derart getroffen hätten, dass unter Festlegung der vertragswesentlichen Parameter zwischen den Parteien verbindlich die weitere Zusammenarbeit gemäßder Angebotsplanung für den Fall der Zuschlagserteilung vereinbart worden ist. Zwar ist auch dem Vortrag der Beklagten zu 2) zu entnehmen, dass zum Zeitpunkt der Überlassung der für die Angebotserstellung erforderlichen Unterlagen der Klägerin an die Beklagte zu 2) die Klägerin als Nachunternehmerin tätig werden sollte und eine entsprechende Kooperation vom Grundsatz her angestrebt war. Eine weitergehende Verbindlichkeit dieser beabsichtigten Vorgehensweise lässt sich jedoch weder dem Vortrag der Klägerin noch den von ihr angeführten Unterlagen entnehmen:

Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin ist bereits widersprüchlich: Im Rahmen ihrer Klageschrift hatte sie die geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 2) auf die Grundsätze der sog. culpa in contrahendo gemäß §§ 241, Abs. 2, 280,311 Abs. 2 BGB gestützt und offengelassen, ob die Absprachen einen Vorvertrag darstellten (GA 33). Im Rahmen der Replik stellte sie auf den Einwand der Beklagten hin ausdrücklich klar, dass auch sie sich nicht auf eine verbindliche vertragliche Beziehung berufe,sondern € allein - von der Verletzung der aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis erwachsenen Pflichten ausginge (GA 250). Soweit sie nachfolgend zwar eine €vereinbarte Kooperation€ (GA 253, 268) erwähnte, erfolgte dies jeweils im Kontext der Ausführungen zur Verletzung der aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis entstandenen Pflichten der Beklagten zu 2). Auf eine hinreichend konkretisierte verbindliche Kooperationsabsprache im Fall der Zuschlagserteilung berief sie sich erstinstanzlich ausdrücklich nicht.

Abweichend hiervon stützt sich die Klägerin in der Berufungsbegründung nunmehr vorrangig auf die Verletzung einer bereits ausgehandelten Kooperationsvereinbarung € ohne allerdings die in diesem Fall naheliegende Möglichkeit der Klage auf Primärleistung zu erwähnen. Sie führt nunmehr aus, dass die verbindlich vereinbarte Zusammenarbeit sich über die Angebotserstellung hinaus auch auf die nachfolgende gemeinsame Vertragserfüllung bezogen habe (GA 2619). Unabhängig von Verspätungsfragen tragen jedenfalls die von ihr zur Untermauerung dieser Behauptung angeführten Umstände diese Behauptung nicht:

Der Verweis auf die angedachte Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft zwischen der Beklagten zu 2) und der Klägerin für die Sanierung und den Betrieb der öffentlichen A- in Frankfurt ist unergiebig, da die Gesellschaft unstreitig im Planungsstadium stecken geblieben ist.

Der Brief der Beklagten zu 2) an die Klägerin vom 1.4.2003(Anlage K 9, Aktenordner) ist ausdrücklich mit der Bezeichnung €Kooperation€ überschrieben. Neben der Bestätigung,dass bei der Angebotsabgabe gemeinsam vorgegangen werden soll, wird unter Nr. 3 bestätigt, dass €für die Durchführung des Auftrags bei Zuschlagserteilung die Errichtung einer gemeinsamen Gesellschaft mit einem Beteiligungsverhältnis von € für angemessen gehalten wird€ sowie nach Nr. 4 €im operativen Geschäft der I- bereich von D und der Werbebereich von Fwahrgenommen werden sollte€. Die Angaben beziehen sich ausweislich des Gesamtzusammenhangs auf Planungen,Absichtserklärungen, nicht aber verbindliche Absprachen. Dafür spricht auch die nachfolgende eigene E-Mail der Klägerin vom 18.7.2003 (GA 544). Die Klägerin dringt in dieser E-Mail darauf,dass nunmehr mit der Beklagten zu 2) €rechtswirksam€ zu vereinbaren sei, wie im Fall der Zuschlagserteilung die dort näher aufgeführten Punkte geregelt werden sollten. Demnach ging auch die Klägerin zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass noch keine verbindliche Kooperationsabrede mit der Beklagten zu 2) getroffen worden war.

Der weitere Brief der Beklagten zu 2) an die Klägerin vom 20.8.2003 (Anlage K 45 GA 546) enthält wiederum allein eine Absichtsbekundung, eine Gesellschaft zu gründen, die im Fall der Zuschlagserteilung die operative Umsetzung übernehmen soll. Diese Absicht bestätigt die Klägerin mit Schreiben vom 12.9.2003, wonach €bei Zuschlagserteilung (€) die Instandsetzung (€) der öff. B-Anlagen im Rahmen einer gemeinsamen Gesellschaft betrieben€ werden soll. Gemäß Nr. 3 führte sie aus, dass €die weiteren Einzelheiten (€) nach Zuschlagserteilung partnerschaftlich geregelt€ werden sollen (GA 549). Auch dieses Schreiben kann nicht als verbindliche Einigung, sondern allein als vorbereitende Absichtserklärung verstanden werden.

Die E-Mail der Beklagten zu 2) vom 19.9.2003 (Anlage K 49 GA550) bezieht sich auf die €Zuarbeit€ der Klägerin im Rahmen der Angebotserstellung; über die verbindliche Vereinbarung einer Kooperation nach Zuschlagserteilung lässt sich ihr nichts entnehmen.

Soweit der Aufsichtsrat der Beklagten zu 2) am 23.9.2003 (Anlage K 13, Aktenordner) dem unter Top 6 a vorgestellten Beschlussvorschlag über eine Zusammenarbeit der Klägerin mit der Beklagten zu 2) auf Basis des dort genannten Konzeptes vom Grundsatz her zustimmte, die €Einzelheiten der Zusammenarbeit€ aber noch auszuhandeln sein würden, ist auch dies als Basis einer verbindlichen Kooperationsabsprache ungeeignet. Da die Klägerin unstreitig gegenüber der Beklagten zu 2) zu diesem Zeitpunkt noch kein konkretes Angebot für die von ihr zu übernehmenden Leistungen abgegeben hatte, geht diese Erklärung über eine Absichtserklärung nicht hinaus. Ein verbindlicher Kooperationsvertrag würde voraussetzen, dass Leistung und Gegenleistung der Parteien hinreichend bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sind. Auch nach dem Vortrag der Klägerin war dies zu diesem Zeitpunkt nicht der Fall. Sie führt vielmehr selbst aus,dass erstmals im Zusammenhang mit einem Gespräch nach Zuschlagserteilung im Juni 2004 über Preise gesprochen worden sei (GA 510). Ihre nachfolgend eingereichten Leistungsangebote zeigen zudem, dass sie Bedingungen für wesentlich erachtete, die von der Beklagten zu 2) nicht akzeptiert wurden (etwa bezüglich der Verteilung des Risikos der Erteilung der Baugenehmigungen für die Werbeträger). Insoweit besteht auch keine Grundlage für die Annahme, dass die Beklagte zu 2) im Hinblick auf ein bereits hinreichend individualisiertes Leistungsspektrum der Klägerin zur angemessenen Vergütung entsprechend § 631 Abs. 2 BGB verpflichtet gewesen wäre. Dagegen spricht auch das nachfolgende eigene Schreiben der Klägerin 20.1.2004, in welchem sie mitteilt, sie gehe davon aus, dass die Beklagte zu 2) den Vorschlag €gemeinsam in Frankfurt anzutreten, nicht angenommen€ habe (GA 128).

Dem Schreiben vom 18.3.2004 (GA 561) lässt sich nur entnehmen,dass die Klägerin selbst noch zu diesem Zeitpunkt nicht von einer sicheren Einbindung bei Zuschlagserteilung an die Beklagten zu 2)ausging, sondern gleichermaßen auch gerichtliche Schritte zur Durchsetzung des eigenen Angebots in Erwägung zog (GA 562). Gemäßder internen Mail des Mitarbeiters der Klägerin, Herrn K, vom gleichen Tag sollte aber die Kooperation mit der Beklagten zu 2)€dicht€ gemacht werden (GA 560). Diese Formulierung belegt gerade, dass auch noch zu diesem Zeitpunkt aus Sicht der Klägerin keine verbindliche Kooperationsabsprache bestand.

Weitere Kontakte vor Zuschlagserteilung, die auf den Abschluss einer hinreichend konkreten und verbindlichen Kooperationsabsprache schließen ließen, zeigt auch die Klägerin nicht auf. Der Umstand,dass die Beklagte zu 2) gegenüber der Klägerin im August 2004erklärte, sie würde es begrüßen, wenn diese €jetzt schon€ die Lieferbedingungen für die A bekannt geben würde,nachfolgend würde sie zur Angebotsabgabe bezüglich des Werbesegments aufgefordert, ist ebenfalls keine taugliche Basis für die Annahme einer verbindlichen Kooperationsabsprache (GA 511). Das Vorgehen zeigt vielmehr, dass die Bedingungen der Zusammenarbeit sowohl im Bereich der A-module als auch der Werbung zu diesem Zeitpunkt noch nicht einverständlich ausgehandelt worden waren.Über die beabsichtigte Zusammenarbeit hinausgehende verbindliche Aussagen lassen sich dieser Aufforderung nicht entnehmen.Weitergehende Anhaltspunkte für eine verbindliche Kooperationsabsprache erwähnt die Klägerin nicht. Vielmehr erfuhr sie ihrem eigenen Vortrag gemäß im Oktober 2004, dass auch Dritte zur Abgabe von Angeboten aufgefordert wurden. Auch wenn ihre Behauptung als wahr unterstellt wird, dass auf ihre Nachfrage hin,ob damit eine Abkehr von der geplanten Zusammenarbeit verbunden sei, dies von der Beklagten zu 2) verneint wurde (GA 512), würde dieses Gespräch allein wiederum nicht als Basis für die Annahme einer über die Absichtserklärung hinausgehenden Kooperationsabrede ausreichen.

Die genannte Chronologie der Kontakte zeigt insoweit zwar, dass eine Zusammenarbeit sowohl von der Klägerin als auch der Beklagten zu 2) angedacht und geplant war. Eine darüberhinausgehende hinreichend verbindliche Konkretisierung lässt sich ihr jedoch nicht entnehmen.

cc.

Die Klägerin kann schließlich auch nicht mit Erfolg Ersatz frustrierter Aufwendungen wegen Verletzung eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses zwischen den Parteien gemäß §§ 280, 281, 311Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB verlangen.

Die zwischen den Parteien gepflegten Kontakte führten zwar spätestens mit der Übergabe der für die Angebotserstellung der Beklagten zu 2) erforderlichen Unterlagen durch die Klägerin zu einem vorvertraglichen Schuldverhältnis. Ob die Beklagte zu 2)daraus resultierende Pflichten zur Rücksichtnahme verletzt hat,insbesondere ohne triftigen Grund entgegen einem qualifizierten Vertrauen der Klägerin in das Zustandekommen eines späteren Vertrags die Vertragsverhandlungen abgebrochen hat, kann vorliegend jedoch offenbleiben.

Der Klägerin würde in diesem Fall allein ein Anspruch auf Ersatz der auf dieses berechtigte Vertrauen hin entstandenen, nunmehr frustrierten Aufwendungen zustehen. Auch nach den entsprechenden Hinweisen im Rahmen des landgerichtlichen Urteils hat die Klägerin aber nicht im Einzelnen aufgezeigt, welche der geltend gemachten Aufwendungen nicht der eigenen Bewerbung, sondern der Benennung als Nachunternehmerin der Beklagten zu 2) zuzuordnen sind:

Der Hinweis der Klägerin, sie hätte ohne die €zweite Chance€, den Zuschlag zumindest als Nachunternehmerin der Beklagten zu 2) zu erhalten, selbst ein anderes, günstigeres Angebot unter Einbeziehung eines dritten Unternehmens abgegeben (GA2630, 2631), vermag die Bedenken an der Kausalität nicht auszuräumen. Für die Frage, welche der geltend gemachten Aufwendungen nicht im Zusammenhang mit dem tatsächlich abgegebenen Angebot, sondern allein im Zusammenhang mit der Benennung als Nachunternehmerin entstanden sind, ist diese Behauptung unergiebig.Selbst wenn die Klägerin ohne ihre Nachunternehmerbenennung durch die Beklagten zu 2) ein anderes, günstigeres Angebot abgegeben hätte, hätte sie Aufwendungen im Zusammenhang mit diesem anderen Angebot gehabt. Da dem Vortrag auch nicht entnommen werden kann,dass sich der Leistungsteil, den die Klägerin selbst zu übernehmen beabsichtigte, in diesem Fall geändert hätte, liegt kein Ansatzpunkt für die Annahme vor, dass ihr in diesem Fall jedenfalls niedrigere Aufwendungen entstanden wären. Auf Basis dieser pauschalen Behauptung, der keine konkreten Parameter hinsichtlich des Alternativangebots zu entnehmen sind, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin auf jeden Fall den Zuschlag auf ein derartiges Alternativangebot erhalten hätte.

Welche Aufwendungen ausschließlich auf die Nachunternehmerbenennung entfallen, ergibt sich auch nicht aus der Behauptung der Klägerin, dass die Beklagte zu 2) ohne die Integration der klägerischen Leistungen in ihr Angebot kein zuschlagsfähiges Angebot habe abgeben können, so dass sie, die Klägerin, den Zuschlag habe erhalten müssen. Da sich neben der Klägerin und der Beklagten zu 2) weitere Unternehmen an der Ausschreibung beteiligt hätten, wäre zum einen darzustellen gewesen, dass dennoch dem Angebot der Klägerin der Vorzug zu geben gewesen wäre € obwohl tatsächlich das Angebot der Klägerin in einem relativ frühen Stadium als nicht zuschlagsfähig angesehen wurde. Zum anderen wäre der Einwand auszuräumen gewesen, dass die Beklagte zu 2) statt mit der Klägerin mit einem dritten Unternehmen hätten kooperieren können.

Schließlich deckt sich der Hinweis der Klägerin, der geltend gemachte Vertrauenstatbestand sei schon vor dem Beginn des Vergabeverfahrens gesetzt worden, nicht mit den eigenen Angaben zur Chronologie der Zusammenarbeit. Aus welchen Gründen vor der Ausschreibung Veranlassung bestanden haben soll, kostenintensive Aufwendungen im Hinblick auf eine mögliche, nicht bekannte Ausschreibungssituation zu treffen, bleibt offen.

Die hier geltend gemachten Aufwendungen stellten damit nur dann einen kausalen Schaden dar, wenn sie - unabhängig von der parallel von der Klägerin betriebenen Erstellung eines eigenen Angebots als Bieterin € darauf zurückzuführen sind, dass die Beklagte zu 2) angekündigt hatte, die Klägerin im Rahmen ihres Angebots als Nachunternehmerin zu benennen. Auf diesen Umstand hatte bereits das Landgericht im Rahmen des Urteils ausführlich hingewiesen. Der Berufungsbegründung lassen sich € über die soeben dargestellten allgemeinen Erwägungen hinaus - jedoch keine weitergehenden detaillierten Ausführungen entnehmen, auf deren Basis die geltend gemachten Aufwendungen dem Umstand der Nachunternehmerbenennung zugeordnet werden könnten.

Der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, wonach die erstinstanzlichen Ausführungen für die Annahme kausaler Aufwendungen nicht hinreichend sind:

Die Klageschrift beschränkt sich auf die Auflistung von Aufwendungen €im Zusammenhang mit der Ausschreibung der Beklagten zu 1)€ (GA 41ff). Diese werden untergliedert in €Projektleitung/Vertragsverhandlungen/Marketing€,€Konzepterstellung € Sanierung A€,€Ausschreibungsunterlagen€ sowie €Liste Werbestandorte€, die nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist.

Der Kostenblock €Projektleitung/Vertragsverhandlungen/Marketing€umfasst zum einen die für die Jahre 2001 bis 2004 in Rechnung gestellten Arbeitskraftanteile der Mitarbeiter L, M, N, O und von Herrn 1F. Eine nähere Umschreibung der Tätigkeiten ist weder der Auflistung noch den Schriftsätzen zu entnehmen. Mangels konkreter Umschreibung der berechneten Tätigkeiten kann € im Hinblick auf die notwendigen Arbeiten im Zusammenhang mit der Erarbeitung des eigenen Angebots € allein auf Basis der Zahlen keine kausale Zuordnung zur Nachunternehmerbenennung erfolgen. Die für die Jahre 2001 und 2002 geltend gemachten Arbeitskraftanteile können im Hinblick darauf, dass die Ausschreibung erst Ende Dezember 2002 erfolgte, nicht ohne nähere Erläuterung der Nachunterbenennung in diesem Verfahren zugeordnet werden. Gleiches gilt, soweit nach Angebotsabgabe bzw. Nachunternehmerbenennung im September 2003 noch Kosten für das verbleibende Jahr 2003 und das Jahr 2004 berechnet werden. Die aufgeführten Arbeitsstunden für Frau P beziehen sich ausdrücklich auf die Angebotsphase und die Vorphase der Angebotserstellung. Diese Formulierung legt zunächst allein einen Bezug zur Erarbeitung des eigenen Angebots nahe. Die Erstellung diverser Kalkulationen lässt sich mangels Angabe näherer Bezugspunkte ebenfalls nicht kausal dem Umstand zuordnen, dass die Klägerin im Rahmen des Angebots der Beklagten zu 2) als Nachunternehmerin benannt wurde. Soweit schließlich Kosten der juristischen Begleitung des Projekts in der Angebotsphase und den Vertragsverhandlungen geltend gemacht werden, hätten es wiederum einer Erläuterung bedurft, welche Bestandteile hier konkret und allein in Bezug auf die geplante Zusammenarbeit mit der Beklagten zu 2) unabhängig von der Abgabe eines eigenen Angebots angefallen sein sollen. Daran fehlt es. Auch für eine Kostenschätzung ist vorliegend mangels hinreichender Anhaltspunkte kein Raum.

Der Kostenblock €Konzepterstellung € Sanierung A€ bezieht sich allenfalls hinsichtlich der 1B-Module auf einen € zahlenmäßig nicht fassbaren € Bereich, in welchem die Klägerin als Nachunternehmerin von der Beklagten zu 2)benannt worden war. Die abgerechneten Planungs- und Beratungsleistungen gemäß Anlagenkonvolut K 34 beziehen sich vorrangig auf Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bestandsaufnahme aller Los 1 unterfallenden A-anlagen; auch insoweit ist ein abtrennbarer Kostenblock für die in diesem Segment allein vorgesehene Teilleistung der Klägerin nicht erkennbar. Soweit Honorarrechnungen vom 31.3.2003 eingereicht wurden, beziehen sich die abgerechneten Tätigkeiten auf €erste Abstimmungen mit der D€. Da zu diesem Zeitpunkt sowohl eine Bietergemeinschaft als auch eine Nachunternehmerschaft der Beklagten zu 2) für die Klägerin im Raum stand, ist auf Basis dieser Bezeichnung ebenfalls keine Zuordnung möglich. Weitere Rechnungen gemäß Anlagenkonvolut K34 beziehen sich auf A-anlagen, die nicht Gegenstand des Los 1waren. Die mit Anlagenkonvolut K 35 eingereichten Reisekostenabrechnungen teilen diese Kausalitätsmängel. Ein konkreter Bezugspunkt oder Tätigkeitszeitpunkt der Honorarnote gemäß Anlage K 36 lässt sich nicht ermitteln; schriftsätzlich hat die Klägerin insoweit lediglich ausgeführt (GA 253), dass es sich um juristische Beratung in der Angebotsphase gehandelt habe €dies legt zunächst einen Kausalzusammenhang zur eigenen Bewerbung der Klägerin nahe. Schließlich ist auch der als Anlage K 37eingereichten Rechnung nicht zu entnehmen, ob diese Kosten für das eigene Angebot oder aber die Benennung als Nachunternehmerin im Rahmen des Angebots der Beklagten zu 2) entstanden sein sollen. Die Klägerin erläuterte nachfolgend, dass diese Aufwendungen für die Erstellung des Angebots angefallen seien (GA 254). Auch insoweit ist zunächst allein ein Bezug zum eigenen Angebot anzunehmen.

Der Kostenblock €Ausschreibungsunterlagen€ bezieht sich ausweislich der in Bezug genommenen Anlagen auf die €Teilnahme der F AG an der Ausschreibung der O1€. Dies deutet auf die eigene Angebotsabgabe hin. Es hätte insoweit jedenfalls näherer Angaben bedurft, dass mit der aufgeführten €Teilnahme€ hier tatsächlich die Nachunternehmerstellung der Klägerin im Rahmen des Angebots der Beklagten zu 2) gemeint gewesen ist (Anlagen K 38, 39). Tatsächlich erläuterte die Klägerin jedoch allein, dass auch dies Kosten im Zusammenhang mit der Angebotserstellung gewesen seien (GA 254).

III.

Ohne Erfolg beantragte die Klägerin, ihr Einsicht in die Vergabeakten gemäß §§ 810, 142 ZPO zu gewähren. Die von ihr angeführte Begründung, ein Interesse an den Verhandlungsprotokollen, den Angebotswertungen, Zuschlagskriterien und €sonstigen Informationen€ zu haben (GA 262, 2905),ist nicht geeignet, dem Antrag auf Einsicht in die Vergabeakten zum Erfolg zu verhelfen: Hinsichtlich der Verhandlungsprotokolle fehlt eine Konkretisierung, auf welche konkreten Protokolle die Klägerin Bezug nimmt; offen ist, welche € nicht dem Geheimhaltungsinteresse unterfallende € Informationen diesen Unterlagen entnommen werden sollen. Die Angebotswertungen sind der Klägerin bekannt. Die Beklagte zu 1) hat im Rahmen ihres Schriftsatzes vom 7.1.2008 ausführlich die Angebotswertungen inklusive der Einzelwertungen aufgeführt (GA 884ff). Es besteht keine Grundlage, an der Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Wiedergabe zu zweifeln. Allein der Hinweis der Klägerin, dass sie sich weitere €Informationen und Unterlagen€ zu den Einzelwertungen erhofft (GA 2905), ist zu vage, um ein Einsichtsrecht zu begründen. Dazu muss die Partei schlüssig die Beweisbedürftigkeit und die Beweiseignung der vorzulegenden Unterlagen darlegen (BGH NJW 2007, 2989). Die Zuschlagskriterien sind der Klägerin ebenfalls bereits bekannt und wurden im genannten Schriftsatz der Beklagten zu 1) im Einzelnen aufgeführt. Soweit die Klägerin konkretisiert (GA 2906), es gehe um Vermerke über die Zuschlagsentscheidung, ist nicht ersichtlich, dass über die bekannten Wertungsergebnisse hinaus ergiebige Vermerke vorhanden sind. Auch der Verweis, sie erwarte Vermerke für die Entscheidung,nicht mit Klägerin weiter zu verhandeln, ist nicht geeignet, einen Akteneinsichtsanspruch zu begründen. Dabei kann offenbleiben, ob derartige Vermerke zu erwarten sind. Im Rahmen dieses Rechtsstreits geht es nicht um die Hintergründe der Entscheidung, das eigene Angebot der Klägerin nicht in die engere Wahl zu ziehen. Soweit schließlich noch von der Klägerin vermutete Vermerke im Raum stehen, ihrem beantragten Austausch als Nachunternehmerin zuzustimmen, ist diese Vermutung im Hinblick auf das Verbot eines Ausforschungsbeweises nicht geeignet, einen Anspruch auf Einsichtnahme zu begründen. Auch wenn der Senat nicht verkennt,dass die Klägerin im Zusammenhang mit den von ihr darzulegenden und ggf. zu beweisenden Anhaltspunkten für eine ihr zukommende wesentliche Stellung innerhalb des Vertragsgefüges auf Informationen der Beklagten zu 1) zur Einordnung ihrer Bedeutung angewiesen ist, folgt daraus unter Abwägung dieses Interesses gegen das Geheimhaltungsinteresse der Bieter allein kein Anspruch auf Einsicht in die Vergabeakten. Die Beklagte zu 1) hat vielmehr ausführlich in diesem Verfahren die von der Klägerin erwarteten Informationen erteilt; konkrete Anhaltspunkte, dass diese unvollständig sind oder aber im Widerspruch zu möglichen Vermerken der Vergabeakten stehen, werden von der Klägerin nicht vorgetragen und sind auch aus der Akte nicht ersichtlich.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da keine Zulassungsgründe vorliegen. Soweit der Rechtsstreit Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen hat, waren diese Gegenstand der in diesem Verfahren eingeholten Entscheidung des EuGH. Die Anwendung der Auslegungsvorgaben auf die hier zu beurteilende Sachverhaltskonstellation stellt sich dagegen als Würdigung der Einzelfallumstände dar, ohne dass insoweit eine fortbestehende grundsätzliche Bedeutung erkannt werden kann. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung fordern vorliegend nicht die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2ZPO).






OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 29.01.2013
Az: 11 U 33/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4cddade95960/OLG-Frankfurt-am-Main_Urteil_vom_29-Januar-2013_Az_11-U-33-12




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