Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. April 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 257/04

(BPatG: Beschluss v. 04.04.2007, Az.: 26 W (pat) 257/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Dienstleistungen

"39 Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, Vermittlung von Verkehrsleistungen, Veranstaltung von Stadtbesichtigungen, Reisebegleitung; Beförderung von Reisenden"

bestimmten Wortmarkebavaria Flugreisenmit zwei Beschlüssen, von denen einer Erinnerungsverfahren ergangen ist, gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei dem Markenbestandteil "bavaria" handele es sich einerseits um eine das Land Bayern versinnbildlichende Frauengestalt und andererseits um die auch im Inland bekannte englische Bezeichnung für "Bayern". Die Marke beschreibe deshalb insgesamt die mit der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen dahingehend, dass Flugreisen durch ein bayerisches bzw. schwerpunktmäßig in Bayern tätiges Unternehmen angeboten bzw. erbracht würden. Im Internet seien mehr als 700 Treffer zu der Eingabe "bavaria Flugreisen" erzielt worden. Dies veranschauliche, dass die angemeldete Marke als beschreibende Angabe im dargestellten Sinne auch von den Mitbewerbern der Anmelderin benötigt werde. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit liege nicht vor. Insbesondere ein Verständnis des Markenbestandteils "bavaria" im Sinne der gleichnamigen bayerischen Schutzpatronin liege angesichts des nachfolgenden Wortes "Flugreisen" fern, hingegen ein Verständnis von "bavaria" i. S. v. "Bayern" im Zusammenhang mit Flugreisen deutlich näher. Zudem werde allein dadurch, dass ein Markenbestandteil neben der beschreibenden noch eine weitere Bedeutung aufweise, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht beseitigt. Es reiche vielmehr aus, dass eine angemeldete Marke in einer ihrer Bedeutungen zur Beschreibung der beanspruchten Waren/Dienstleistungen dienen könne. Angesichts ihres beschreibenden Charakters für die beanspruchten Dienstleistungen fehle der angemeldeten Marke zudem jegliche Unterscheidungskraft.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die angemeldete Marke weise das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft auf, weil das Wort "bavaria" entgegen den Regeln der deutschen Rechtschreibung am Wortanfang klein geschrieben sei und sich damit von der Ortsangabe "Bavaria" abhebe. Auch die in den Beschlüssen der Markenstelle festgestellte Doppelbedeutung führe dazu, dass der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden könne. Es seien auch bereits Marken mit dem Bestandteil "Bavaria", wie z. B. "A..." für "Veranstaltung von Reisen, Unterhaltung", "B... GmbH" für "Sicherheitsdienstleis- tungen" und "C... mbH und Co" für die "Beförderung von Per- sonen und Gütern mit Flugzeugen", eingetragen worden. Diese Eintragungen seien im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu berücksichtigen. Auch ein Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Marke bestehe nicht. Die hohe Trefferzahl der von der Markenstelle durchgeführten Internetrecherche beruhe darauf, dass nach den einzelnen Begriffen "bavaria" und "Flugreisen" gesucht worden sei. Zudem drängten sich Assoziationen der angemeldeten Marke mit der Angabe "bayerische Flugreisen" nicht auf. Den Mitbewerbern stehe es auch bei einer Eintragung der angemeldeten Marke weiterhin frei, diesen Sachbegriff oder die Bezeichnung "bajuwarische Flüge" zu verwenden.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde erweist sich als unbegründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke für die in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Nach dieser Bestimmung dürfen Marken nicht eingetragen werden, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Das mit Art. 3 Buchstabe c der EU-Markenrichtlinie übereinstimmende Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben auf Grund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725, Nr. 25 - Chiemsee; GRUR 2004, 680, 681, Nr. 35 f. - BIOMILD). Als eine solche Angabe, die im Verkehr zur Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Dienstleistungen dienen kann, ist auch die angemeldete Bezeichnung "bavaria Flugreisen" zu beurteilen.

Dass das Wort "Flugreisen" zur Bezeichnung der Art der Dienstleistungen und - was die beanspruchten Vermittlungsdienstleistungen betrifft - zur Bezeichnung des Gegenstandes der vermittelten Dienstleistungen dienen kann, stellt auch die Anmelderin nicht in Abrede. Entgegen der von ihr vertretenen Ansicht kann jedoch auch das Wort "bavaria" i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sowohl zur Bezeichnung der geografischen Herkunft als auch zur Bezeichnung der Beschaffenheit der beanspruchten Dienstleistungen gelten, und zwar dahingehend, dass die fraglichen Dienstleistungen mit dem Reiseziel "Bayern" bzw. in Bayern angeboten bzw. erbracht werden.

Das Wort "bavaria" ist nicht nur die lateinische, sondern zugleich die englische Bezeichnung für das deutsche Bundesland "Bayern" und ist in dieser Bedeutung deshalb nicht nur den der lateinischen Sprache mächtigen Teilen des deutschen Allgemeinverkehrs, sondern darüber hinaus auch dem wesentlich größeren deutschen Verkehrsteil bekannt, der über Grundkenntnisse der englischen Sprache verfügt. Es wird zudem, insbesondere in Bayern selbst, umgangssprachlich als Synonym für "Bayern" verwendet. Deshalb ist davon auszugehen, dass die angemeldete Marke, die aus einer bloßen Aneinanderreihung zweier beschreibender Begriffe ohne semantische oder syntaktische Besonderheiten besteht, von einem rechtserheblichen Teil der maßgeblichen inländischen, normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ohne weiteres im Sinne eines Angebots von Flugreisen verstanden wird, die von Bayern aus bzw. nach und/oder in Bayern erbracht werden, und folglich zur Bezeichnung dieses Umstands dienen kann.

Dass das Wort "bavaria" außer zur Bezeichnung des Bundeslandes "Bayern" auch als Name einer Frauengestalt, die als Sinnbild Bayerns gilt, Verwendung findet, ist nicht geeignet, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu beseitigen; denn dieses Schutzhindernis besteht immer schon dann, wenn eine Angabe jedenfalls mit einer ihrer Bedeutungen zur Beschreibung der beanspruchten Waren/Dienstleistungen dienen kann (EuGH GRUR 2004, 146, 147 f., Nr. 32 - DOUBLEMINT).

Auch, dass der Anfangsbuchstabe des Wortes "bavaria" klein geschrieben ist, vermag die Eignung der angemeldeten Marke, als beschreibende Bezeichnung im oben dargestellten Sinne zu dienen, nicht in Frage zu stellen. Die sich am Englischen orientierende, an sich orthografisch nicht korrekte Kleinschreibung deutscher Nomina ist unterdessen in Deutschland weithin werbeüblich. Hinzu kommt, dass die Schreibweise des Wortes "bavaria" mit kleinem Anfangsbuchstaben durchaus als korrekt angesehen werden kann, weil es sich bei dem Wort "bavaria" - zumindest auch - um ein Wort der englischen Sprache handelt.

Weiterhin ist es entgegen der Ansicht der Anmelderin auch nicht erforderlich, dass die angemeldete Marke zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für die beanspruchten Dienstleistungen oder für Merkmale dieser Dienstleistungen verwendet worden ist; es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass es zu diesem Zweck verwendet werden kann (EuGH a. a. O. Nr. 38 - BIOMILD).

Letztlich ist auch der Umstand, dass das Deutsche Patent- und Markenamt eine Anzahl von Marken mit dem Bestandteil "bavaria" zur Eintragung zugelassen hat, nicht geeignet, der angemeldeten Marke zur Eintragung zu verhelfen. Die Entscheidung über die Eintragung einer angemeldeten Marke stellt eine Rechtsfrage dar, die anhand der harmonisierten Bestimmungen des Markenrechts zu erfolgen hat, ohne dass insoweit ein Ermessensspielraum besteht. Dass das Deutsche Patent- und Markenamt eine identische oder vergleichbare Marke eingetragen hat, vermag daher nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs sowie der überwiegenden Zahl der Senate des Bundespatentgerichts weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung zu führen (EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1015, Nr. 47 - BioID; EuGH MarkenR 2006, 19, 22, Nr. 48 - Standbeutel; BGH GRUR 1997, 527, 529 - Autofelge; BPatG GRUR 2006, 333, 337 f. - Portraitfoto Marlene Dietrich; BPatG MarkenR 2007, 236, 238 f. - CASHFLOW; a. A.: der 29. Senat in BPatG Mitt. 2007, 168 - Volks-Handy und GRUR 2007, 329 - Schwaben Post). Der Beschwerde muss daher der Erfolg versagt bleiben.

Da der Eintragung der angemeldeten Marke bereits das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann die Frage, ob die Marke auch jeglicher Unterscheidungskraft entbehrt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), dahingestellt bleiben.

Es besteht kein Grund, im Hinblick auf die rechtliche Bedeutung identischer oder ähnlicher Voreintragungen gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die Ansicht des Senats zur Bedeutung einer inländischen Voreintragungspraxis steht im Einklang mit der langjährigen und einheitlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts, die durch Urteile des Europäischen Gerichtshofs zum Gemeinschaftsmarkenrecht gestützt worden ist. Der Senat schließt sich insoweit auch der Auffassung der Senate des BPatG an, die zum Ausdruck gebracht haben, dass eine einzelne abweichende Auffassung nicht das Erfordernis der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu begründen vermag (BPatG a. a. O. S. 239 - CASHFLOW; a. a. O. - Portraitfoto Marlene Dietrich).






BPatG:
Beschluss v. 04.04.2007
Az: 26 W (pat) 257/04


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