Bundesverwaltungsgericht:
Urteil vom 24. November 2010
Aktenzeichen: 6 C 16.09

(BVerwG: Urteil v. 24.11.2010, Az.: 6 C 16.09)

1. Nach Erledigung eines Begehrens auf rundfunkkonzentrationsrechtliche Unbedenklichkeitsbestätigung besteht ein Rehabilitationsinteresse an einer Fortsetzungsfeststellungsklage, wenn die Antragstellerin durch die ausdrücklich ablehnende Haltung der KEK und der Landesmedienanstalt zu einer rundfunkrechtlichen Übernahmeabsicht auch für jedes zukünftige entsprechende Vorhaben mit einer drohenden Verweigerung der Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 29 Satz 3 RStV "bemakelt" ist.

Tenor

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Juli 2009 wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I.

Die Klägerin ist ein europaweit agierendes Medienunternehmen. Die Beigeladenen sind Tochtergesellschaften der ProSiebenSat.1 Media AG (P7S1) und als private Veranstalter von bundesweit verbreiteten Fernsehprogrammen von der beklagten Landesmedienanstalt zugelassen. Gemeinsam mit zwei weiteren Fernsehveranstaltern, der Sat.1 Satelliten Fernsehen GmbH und der ProSieben Television GmbH, die ebenfalls Tochtergesellschaften der ProSiebenSat.1 Media AG sind, meldeten die Klägerin und die Beigeladenen mit Schreiben vom 8. August 2005 bei der Beklagten eine geplante mittelbare Veränderung von Beteiligungsverhältnissen an und beantragten, deren rundfunkrechtliche Unbedenklichkeit zu bestätigen. Gegenstand der im Verlauf des Verfahrens mehrfach modifizierten Anmeldung war das Vorhaben der Klägerin, sämtliche von der ProSiebenSat.1 Media AG Holding L.P. gehaltenen Anteile an der P7S1 käuflich zu erwerben und für die im Streubesitz befindlichen stimmrechtslosen Vorzugsaktien ein öffentliches Übernahmeangebot abzugeben. Nach Vollzug der beabsichtigten Beteiligungsveränderung hätte die Klägerin über 100 vom Hundert des stimmberechtigten Stammkapitals der ProSiebenSat.1 Media AG verfügt und wäre zu knapp 71 vom Hundert an deren Gesamtkapital beteiligt gewesen.

Die Beklagte legte die Anmeldung der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) vor, die mit Beschluss vom 10. Januar 2006 feststellte, dass die geplante Beteiligungsveränderung angesichts der Stellung der Klägerin auf medienrelevanten verwandten Märkten, insbesondere ihrer starken Position im Pressebereich, eine vorherrschende Meinungsmacht begründen würde, die derjenigen eines Fernsehveranstalters mit einem Zuschaueranteil von 42 vom Hundert entspräche. Nach den rundfunkstaatsvertraglichen Vorschriften über die Sicherung der Meinungsvielfalt könne das Vorhaben daher nicht als unbedenklich bestätigt werden. Zur Überprüfung dieses Beschlusses rief die Beklagte am 26. Januar 2006 die Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten (KDLM) an.

Mit Beschluss vom 19. Januar 2006 untersagte das Bundeskartellamt den von der Klägerin angestrebten Zusammenschluss mit der ProSiebenSat.1 Media AG.

In einer Pressemitteilung vom 1. Februar 2006 gaben die Klägerin und die P7S1 Holding L.P. bekannt, die Pläne zur Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG durch die Klägerin wegen der damit verbundenen, auf wirtschaftlichen und juristischen Unsicherheiten beruhenden Risiken nicht weiterverfolgen zu wollen.

In ihrer Sitzung vom 7. März 2006 kam die KDLM mehrheitlich zu der Auffassung, dass sich der Antrag der Beklagten auf Aufhebung des Beschlusses der KEK vom 10. Januar 2006 durch die Aufgabe der Übernahmepläne in der Sache erledigt habe. Ihren nachgeschobenen Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses nahm die Beklagte in der Sitzung zurück. In einer Presseerklärung teilte die KDLM mit, dass nach ihrer Ansicht - ungeachtet der Erledigung - die von der KEK angewandte Bewertung der Stellung der Klägerin auf medienrelevanten verwandten Märkten sowohl hinsichtlich der Abgrenzung als auch der Gewichtung der medienrelevanten Märkte in sich nicht schlüssig sei und einer rechtlichen Bewertung nicht standhalten würde.

Nachdem die Beklagte die Klägerin am 6. März 2006 als Beteiligte zum Verfahren hinzugezogen hatte, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 7. März 2006 gegenüber der Beklagten, dass man nach den negativen Bescheiden der KEK und des Bundeskartellamts angesichts der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine Möglichkeit gesehen habe, den Anteilserwerb wie geplant umzusetzen. Allerdings sei die Übernahme von ProSiebenSat.1 Media AG weiterhin ein strategisch richtiger und sinnvoller Schritt, der bei positiven rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch zukünftig vollzogen werden könnte.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2006 lehnte die Beklagte die Genehmigung der Fortsetzung der Anbietertätigkeit der Beigeladenen nach Erwerb der von der ProSiebenSat.1 Media AG gehaltenen Anteile durch die Klägerin ab. Zur Begründung führte die Beklagte unter anderem aus, dass sie zwar von einem grundsätzlich fortbestehenden Übernahmeinteresse der Klägerin ausgehe, dass jedoch auf der Grundlage der rechtlich bindenden Entscheidung der KEK, die zum Bestandteil des Bescheidinhalts gemacht werde, die Genehmigung versagt werden müsse.

Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte nach Einholung einer Stellungnahme der KEK mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2006 zurück.

Die Anteile an der ProSiebenSat.1 Media AG, die die Klägerin ursprünglich erwerben wollte, wurden Ende 2006 von einem Drittunternehmen gekauft. Mit Beschluss vom 6. Februar 2007 beurteilte die KEK diese Veränderung der Beteiligungsverhältnisse als medienrechtlich unbedenklich. Die darüber erteilten Genehmigungsbescheide der Beklagten vom 22. und 29. März 2007 sind bestandskräftig geworden.

Mit ihrer am 14. Juli 2006 erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihr die beantragte medienrechtliche Unbedenklichkeitsbestätigung zu erteilen, hilfsweise, die Beklagte zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, weiter hilfsweise, festzustellen, dass die Versagung der medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung rechtswidrig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht München hat die Klage mit Urteil vom 8. November 2007 abgewiesen. Das Verpflichtungsbegehren der Klägerin habe sich spätestens mit der Bestandskraft der Genehmigungsbescheide der Beklagten zum Erwerb der Unternehmensanteile durch einen Dritten und dem Vollzug dieser Beteiligungsveränderung erledigt. Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei im Hinblick darauf, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden an der Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG weiterhin interessiert sei, zwar zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung der Beklagten, dass durch die geplante Beteiligungsveränderung eine vorherrschende Meinungsmacht entstehen könne, sei nicht zu beanstanden.

Ihre vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung hat die Klägerin unter Rücknahme der erstinstanzlich gestellten Verpflichtungsanträge auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids der Beklagten vom 15. Mai 2006 und des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2006 beschränkt. Die insoweit aufrechterhaltene Berufung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. Juli 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der streitbefangenen Bescheide habe. Da ungewiss sei, ob sich in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse wie im Zeitpunkt des Bescheiderlasses einstellten, scheide die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr aus. Ebenso wenig ergebe sich ein schutzwürdiges Feststellungsinteresse daraus, dass eine gerichtliche Klärung der Sachfragen ein etwaiges neuerliches Übernahmevorhaben der Klägerin präjudizieren würde. Dem stehe zum einen entgegen, dass die Anteile an der ProSiebenSat.1 Media AG seit ihrer Veräußerung im Jahr 2007 nicht mehr zum Erwerb angeboten worden seien und auch eine gegenwärtige Verkaufsabsicht nicht ersichtlich sei. Dass die Klägerin aktuell die Möglichkeit zur Übernahme der Sendergruppe habe, sei nicht erkennbar. Die Marktverhältnisse und die Medienlandschaft seien zudem generell einem ständigen Wandel unterworfen und hätten sich seit der Beschlussfassung der KEK grundlegend verändert. Zum anderen habe sich die Zusammensetzung der KEK durch den zum 1. September 2008 in Kraft getretenen Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag strukturell geändert. Vor dem Hintergrund der personellen Erweiterung der KEK um Vertreter der Landesmedienanstalten sei es als offen anzusehen, ob der Klägerin im Falle erneuter Übernahmepläne die rundfunkrechtliche Unbedenklichkeitsbestätigung nochmals verweigert würde. Die Klägerin könne ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch nicht aus der von ihr geltend gemachten Absicht herleiten, mit der verwaltungsgerichtlichen Klage einen Amtshaftungsprozess vorzubereiten. Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht auf ein Rehabilitierungsinteresse berufen. Von dem Bescheid der Beklagten gehe keine diskriminierende, ansehensmindernde oder geschäftsschädigende Wirkung aus. Mit der objektiven Feststellung, dass die Klägerin durch die geplante Übernahme eine vorherrschende Meinungsmacht erlangen würde, sei insbesondere nicht der Vorwurf verknüpft, die Klägerin werde die erlangte Position missbräuchlich ausüben.

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:

Der Verwaltungsgerichtshof habe ihr unter Verstoß gegen § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO das Feststellungsinteresse abgesprochen. Die Erledigung des Klagebegehrens sei - wie dies bei Ablehnung einer rundfunkrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung für einen geplanten Unternehmenszusammenschluss typisch sei - eingetreten, bevor sie überhaupt gerichtlichen Rechtsschutz in der Hauptsache habe in Anspruch nehmen können. Ein anderer Weg zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Beklagten als die Fortsetzungsfeststellungsklage stehe ihr nicht zur Verfügung. Auch bei der rundfunkkonzentrationsrechtlichen Beurteilung möglicher künftiger Übernahmevorhaben der Klägerin werde es maßgeblich auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Auslegung des § 26 RStV ankommen. Es gebe indes keinen Anhalt dafür, dass die KEK - ungeachtet ihrer veränderten Organisationsstruktur und ihrer erweiterten personellen Zusammensetzung - von ihrer im zugrunde liegenden Verfahren praktizierten Handhabung dieser Vorschrift, die ihrer ständigen Spruchpraxis entspreche, in Zukunft abweichen werde. Soweit die Berufungsentscheidung es demgegenüber als offen betrachte, in welchem Sinne die KEK § 26 RStV in einem künftigen Verfahren verstehen werde, beruhe dies auf einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) und einer Überschreitung der Grenzen freier Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO). Der Klägerin könne das Feststellungsinteresse auch nicht mit der Begründung abgesprochen werden, die von ihr in Aussicht genommene Verfolgung von Amtshaftungsansprüchen stelle sich als von vornherein aussichtslos dar. Die Versagung des gerichtlichen Rechtsschutzes durch den Verwaltungsgerichtshof verletze die Klägerin in ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG sowie in ihren Grundrechten auf Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und auf unternehmerische Teilhabe am Wettbewerb (Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG). Die Berufungsentscheidung stelle sie faktisch rechtsschutzlos und behindere sie massiv in ihrem Bestreben, als traditionelles Presseunternehmen in den Rundfunk- und Fernsehmarkt hineinzuwachsen. Es sei zu befürchten, dass ihr die Einwände in den Entscheidungen der Beklagten bzw. der KEK aus dem Jahr 2006 bei bevorstehenden Zusammenschlussvorhaben sowohl von Seiten der Verhandlungs- und Vertragspartner als auch von behördlicher Seite entgegengehalten würden.

Materiellrechtlich stehe der Bescheid der Beklagten nicht mit § 26 RStV in Einklang. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift könne einer geplanten Veränderung der Beteiligungsverhältnisse an einem Rundfunkveranstalter allenfalls dann eine vorherrschende Meinungsmacht, die die medienrechtliche Unbedenklichkeit der geplanten Veränderung ausschließe, entgegengehalten werden, wenn das Unternehmen im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von zumindest 25 vom Hundert erreiche. Es sei indes unstreitig, dass sie - die Klägerin - aufgrund der geänderten Beteiligungsverhältnisse nur einen Zuschaueranteil von weniger als 25 vom Hundert erreicht hätte. Weil dies unstreitig sei, sei die Sache spruchreif und könne das Revisionsgericht gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO zu ihren Gunsten durchentscheiden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. November 2007 und den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Juli 2009 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, ihr nach Maßgabe ihres Antrags vom 8. August 2005 eine medienrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Versagung der medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung habe. Eine Sachentscheidung nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO sei dem Revisionsgericht aber verwehrt. Eine vorherrschende Meinungsmacht im Sinne des § 26 Abs. 1 RStV könne auch dann angenommen werden, wenn die Zuschaueranteile unter dem Schwellenwert des § 26 Abs. 2 RStV blieben. Der Verwaltungsgerichtshof habe keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob hiervon ausgehend die geplante Veränderung der Beteiligungsverhältnisse zu einer vorherrschenden Meinungsmacht der Klägerin geführt hätte. Die Sache sei daher an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

Die Beigeladenen zu 1 und 2 beantragten,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. November 2007 und den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Juli 2009 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, ihr nach Maßgabe ihres Antrags vom 8. August 2005 eine medienrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen.

Zur Begründung wiederholen sie im Wesentlichen die von der Klägerin vorgebrachten Gründe und vertiefen sie.

II.

Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs ist begründet. Die angefochtene Berufungsentscheidung verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage unter Verstoß gegen § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als unzulässig abgewiesen (1.). Ob die Klage in der Sache begründet oder unbegründet ist, kann der Senat mangels hierfür ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht beurteilen. Er kann daher weder gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO zu Gunsten der Klägerin entscheiden und ihrer Klage stattgeben (2.) noch die Klageabweisung gemäß § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig bestätigen (3.). Die Sache ist vielmehr gemäß § 144 Abs. 3 an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Das Begehren der Klägerin hat sich erledigt (a). Ihr kann zudem entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht das besondere Feststellungsinteresse für eine Sachentscheidung abgesprochen werden (b).

a) Die Klägerin hatte ursprünglich von der Beklagten die Bestätigung der rundfunkrechtlichen Unbedenklichkeit gemäß § 29 Satz 3 des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 2001, BayGVBl S. 502, hier noch anzuwenden in der Fassung des 7. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 23. Februar 2004, BayGVBl S. 32, begehrt. Nach § 29 Satz 1 RStV ist jede geplante Veränderung von Beteiligungsverhältnissen oder sonstigen Einflüssen bei der zuständigen Landesmedienanstalt vor ihrem Vollzug schriftlich anzumelden. Anmeldepflichtig sind nach § 29 Satz 2 RStV der Veranstalter und die an dem Veranstalter unmittelbar oder mittelbar im Sinne von § 28 Beteiligten. Nach § 29 Satz 3 RStV dürfen die Veränderungen nur dann von der zuständigen Landesmedienanstalt als unbedenklich bestätigt werden, wenn unter den veränderten Voraussetzungen eine Zulassung erteilt werden könnte. Bei dieser Unbedenklichkeitsbestätigung handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt, der mit der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) erstritten werden kann.

Das darauf gerichtete Verpflichtungsbegehren hat sich bereits vor Klageerhebung erledigt. Mit Schreiben vom 8. August 2005 meldeten die Klägerin und die Beigeladenen gemeinsam mit zwei weiteren Fernsehveranstaltern bei der Beklagten gemäß § 29 Satz 1 RStV eine geplante mittelbare Veränderung von Beteiligungsverhältnissen an und beantragten, deren rundfunkrechtliche Unbedenklichkeit gemäß § 29 Satz 3 RStV zu bestätigen. Das darauf gerichtete Begehren hat sich dadurch erledigt, dass die Klägerin mit Schreiben vom 7. März 2006 an die Beklagte erklärte, sie sehe nach den negativen Bescheiden der KEK und des Bundeskartellamts angesichts der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine Möglichkeit, den Anteilserwerb wie geplant umzusetzen.

Darin liegt einerseits die Aufgabe des Vorhabens, dessen medienrechtliche Unbedenklichkeit in dem eingeleiteten Verwaltungsverfahren hätte geprüft und bestätigt werden sollen, und andererseits verfahrensrechtlich die Rücknahme der Anmeldung einer beabsichtigten Änderung der Beteiligungsverhältnisse nach § 29 RStV, welche das Verwaltungsverfahren eingeleitet hat. Das Verwaltungsverfahren hat mit dieser Aufgabe des Vorhabens seinen Gegenstand verloren und sich dadurch erledigt. Über das antragsabhängige Begehren der Klägerin konnte danach keine Entscheidung in der Sache mehr getroffen werden, mit der Folge, dass es sich seinerseits erledigt hat (zu einer vergleichbaren Fallgestaltung vgl. Urteil vom 14. April 1989 - BVerwG 4 C 22.88 - Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 29). War aber das Verwaltungsverfahren gegenstandslos geworden, trifft dies auch auf die gleichwohl noch ergangenen Bescheide der Beklagten vom 15. Mai und 4. Juli 2006 zu. Sie gingen mangels eines noch regelungsfähigen Gegenstandes von vornherein ins Leere, waren deshalb rechtlich bedeutungslos und konnten insbesondere keine der Bestandskraft fähigen Regelungen mehr bewirken. Ihrer ausdrücklichen Aufhebung bedarf es daher nicht.

Aufgrund der danach eingetretenen Erledigung ihres Begehrens konnte die Klägerin dessen ursprüngliche Berechtigung mit der Fortsetzungsfeststellungsklage zur gerichtlichen Überprüfung stellen. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auch dann statthaft, wenn sich ein Verpflichtungsbegehren bereits vor Klageerhebung erledigt hat (Urteil vom 18. Dezember 2007 - BVerwG 6 C 47.06 - Buchholz 442.066 § 42 TKG Nr. 3 S. 20). In diesem Fall ist die Klage darauf gerichtet, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet gewesen ist, den ursprünglich begehrten Verwaltungsakt zu erlassen.

b) Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage erfordert ein besonderes Feststellungsinteresse. Dieses kann typischerweise in einer Wiederholungsgefahr, einem Rehabilitationsinteresse, der Absicht eines Schadensersatzprozesses oder weiteren besonderen Umständen des Einzelfalls liegen. Vorliegend hat die Klägerin ein Rehabilitationsinteresse, weil durch die ausdrücklich ablehnende Haltung der KEK und der Beklagten zu der rundfunkrechtlichen Übernahmeabsicht der Klägerin auch jedes zukünftige entsprechende Vorhaben mit einer drohenden Verweigerung der Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 29 Satz 3 RStV bemakelt ist. Bis zum Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsverfahrens ist es zwar zu keiner Entscheidung der beklagten Landesmedienanstalt gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 RStV gekommen. Allerdings lag bereits am 10. Januar 2006 der Beschluss der KEK zum klägerischen Vorhaben vor, in dem die Gefahr der Entstehung einer vorherrschenden Meinungsmacht im Fall der Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG gesehen wurde. In diesem Beschluss lag die vor der Entscheidung der Beklagten gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 RStV abzugebende Beurteilung der KEK gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 RStV über die Frage der rundfunkkonzentrationsrechtlichen Unbedenklichkeit im Falle der Bestätigung von Veränderungen von Beteiligungsverhältnissen im Sinne von § 36 Abs. 1 Satz 2 RStV. Die daraufhin wegen der Verbindlichkeit dieser Beurteilung (§ 37 Abs. 2 RStV) absehbar gewesene ablehnende Entscheidung der Beklagten wirkte zwar nicht in der Weise ehrverletzend, dass sie in ein das Ansehen schützendes subjektives Recht der Klägerin eingegriffen hätte, behinderte sie aber beträchtlich in ihrer künftigen unternehmerischen Entfaltung.

Die Übernahme von Beteiligungen an Fernsehveranstaltern steht aus naheliegenden wirtschaftlichen Gründen unter besonderem Zeitdruck. Der Rechtsschutz, den das Gesetz den Beteiligten im Falle einer Verweigerung der medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung gewährt, steht dagegen nicht in ähnlich kurzer Frist zur Verfügung. Vielmehr müssen die Beteiligten damit rechnen, dass ein gerichtliches Verfahren auch bei zügiger Bearbeitung durch immerhin drei Instanzen längere Zeit in Anspruch nehmen wird. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit führt häufig dazu, dass die an der Veränderung der Beteiligungsverhältnisse Interessierten ihr Vorhaben im Falle einer Verweigerung der Unbedenklichkeitsbestätigung durch die zuständige Landesmedienanstalt aufgeben, ohne eine Klärung im Gerichtsverfahren abzuwarten. Diese für die Beteiligten im Hinblick auf den verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsschutz unbefriedigende Situation wird zusätzlich dadurch gekennzeichnet, dass der gescheiterte Käufer bei zukünftigen Akquisitionsgelegenheiten damit rechnen muss, dass seinem Erwerbsvorhaben die Argumente aus dem Bescheid entgegengehalten werden, durch den für das frühere Vorhaben die medienrechtliche Unbedenklichkeitbestätigung verweigert worden ist. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass sich ein Verkäufer kaum dem Risiko aussetzen wird, an einen solchen Kaufinteressenten zu verkaufen, wenn er mit einer entsprechenden Entscheidung wie dem früheren Bescheid rechnen muss. Im Übrigen würde auch der neuerliche Erwerb einer Beteiligung unter denselben wirtschaftlichen Zwängen stehen wie der erste, so dass häufig auch in dem zweiten Verfahren die zugrunde liegenden Fragen nicht gerichtlich geklärt werden können.

Die Klägerin muss mithin wegen der für sie ungünstigen Entscheidung der Beklagten damit rechnen, von einem potentiellen Veräußerer schon gar nicht als ernsthafter Verhandlungspartner für eine Übernahme in Betracht gezogen zu werden. Sie hat ein berechtigtes Interesse daran, diesen in der Verweigerung der medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung liegenden Makel für zukünftige Fälle zu beseitigen.

Der Senat stimmt damit im Ergebnis mit dem Bundesgerichtshof überein, der der Klägerin in dem parallel geführten kartellrechtlichen Verfahren trotz dessen Erledigung ebenfalls ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Sachentscheidung zuerkannt hatte (BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - KVR 30/06 - BGHZ 174, 179 <183 ff.>). Danach ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ausnahmsweise schon dann zu bejahen, wenn die Beteiligten darlegen können, dass sie an der Klärung der durch den streitigen Bescheid aufgeworfenen Fragen ein besonderes berechtigtes Interesse haben, das sich auch aus der Präjudizierung eines vergleichbaren, wenn auch derzeit noch nicht absehbaren Vorhabens ergeben kann. Davon ist auszugehen, solange die früher beabsichtigte Veränderung der Beteiligungsverhältnisse jederzeit wieder in Angriff genommen werden und deswegen die frühere Beurteilung durch die Landesmedienanstalt noch prägende Bedeutung für die spätere Prüfung eines entsprechenden Vorhabens haben kann. Hier hat die Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass für sie das einstweilen gescheiterte Vorhaben weiterhin von Interesse ist und ungeachtet der zwischenzeitlichen Veräußerung der Unternehmensanteile an einen Finanzinvestor wirtschaftlich realisierbar ist. Die Beklagte wiederum hat wiederholt verlautbart, dass sie an der bisherigen tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung des Vorhabens unverändert festhält.

2. Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht zu Gunsten der Klägerin in der Sache selbst entscheiden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ohne weitere tatsächliche Feststellungen der Klage als begründet stattzugeben wäre, weil eine medienrechtliche Unbedenklichkeit der beabsichtigten Veränderung der Beteiligungsverhältnisse hätte bestätigt werden müssen. Eine medienrechtliche Unbedenklichkeit kann einer beabsichtigten Veränderung der Beteiligungsverhältnisse an privaten Rundfunkveranstaltern nach § 29 Satz 3 RStV nicht bestätigt werden, wenn ein Unternehmen durch die Änderung der Beteiligungsverhältnisse eine vorherrschende Meinungsmacht im Sinne des § 26 Abs. 1 RStV erlangt. Dass vorherrschende Meinungsmacht gegeben ist, wird nach § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV vermutet, wenn die einem Unternehmen zurechenbaren Programme im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 30 vom Hundert erreichen. Gleiches gilt nach § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV bei Erreichen eines Zuschaueranteils von 25 vom Hundert, sofern das Unternehmen auf einem medienrelevanten verwandten Markt eine marktbeherrschende Stellung hat oder eine Gesamtbeurteilung seiner Aktivitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, dass der dadurch erzielte Meinungseinfluss dem eines Unternehmens mit einem Zuschaueranteil von 30 vom Hundert im Fernsehen entspricht. Hiernach wäre die Klage ohne weiteres begründet und ihr bereits im Revisionsverfahren stattzugeben, wenn § 26 Abs. 1 und 2 RStV dahin auszulegen wären, dass eine vorherrschende Meinungsmacht im Sinne des § 26 Abs. 1 RStV nur dann angenommen werden darf, wenn die Schwellenwerte des § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 RStV erreicht sind. Denn nach dem insoweit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Sachverhalt hätte die Klägerin nach der beabsichtigten Übernahme der Beteiligungen diese Schwellenwerte nicht erreicht. § 26 Abs. 2 RStV ist jedoch nicht als abschließende Regelung dahin zu verstehen, dass vorherrschende Meinungsmacht im Sinne des § 26 Abs. 1 RStV nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 RStV angenommen werden darf, insbesondere also zwingend erfordert, dass die dort genannten Schwellenwerte für den Zuschaueranteil erreicht werden. § 26 Abs. 2 RStV enthält vielmehr Regelbeispiele, die es nicht ausschließen, bei Vorliegen gewichtiger Gründe eine vorherrschende Meinungsmacht im Sinne des § 26 Abs. 1 RStV auch dann anzunehmen, wenn die Schwellenwerte des § 26 Abs. 2 RStV nicht ganz erreicht werden.

Der Wortlaut des Gesetzes steht dieser Auslegung nicht entgegen, sondern unterstützt sie vielmehr (a). Die Entstehungsgeschichte bestätigt die Auslegung (b). Sie ist mit der Systematik des Gesetzes vereinbar (c) und entspricht insbesondere dem Sinn und Zweck der Vorschrift (d). Die hier gefundene Auslegung der landesrechtlichen Vorschrift des § 26 Abs. 1 und 2 RStV verstößt schließlich nicht gegen höherrangiges Bundesrecht (e).

a) Die in § 26 Abs. 1 RStV verwendete Formulierung "vorherrschende Meinungsmacht nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen" zwingt nicht dazu, in § 26 Abs. 2 RStV eine abschließende Konkretisierung dieses Rechtsbegriffs zu erblicken. Der Wortsinn des § 26 Abs. 1 RStV ist offen dafür, dass sich der Verweis auf die "nachfolgenden Bestimmungen" nicht allein auf § 26 Abs. 2 RStV, sondern weitergehend auch auf die §§ 27 ff. RStV bezieht (vgl. Trute, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Auflage, München 2008, § 26 RStV Rn. 38). Bei den Regelungen des § 26 Abs. 2 RStV handelt es sich nach dem eindeutigen Sprachgebrauch des Gesetzes einerseits um Vermutungstatbestände (§ 26 Abs. 2 Satz 1 RStV: "so wird vermutet") und damit nach hergebrachter Rechtsdogmatik um Vorschriften des Beweisrechts. Gesetzliche Vermutungen, die unbeschadet des Amtsermittlungsgrundsatzes auch im Verwaltungsrecht nichts Ungewöhnliches sind und zu einer Umkehr der objektiven Beweislast führen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 108 Rn. 12), erleichtern lediglich den Nachweis des Vorhandenseins gewisser Tatsachen (vgl. § 292 ZPO), bestimmen den materiellen Tatbestand, um dessen Nachweis es geht, aber nicht selbst, sondern setzen ihn voraus (vgl. Trute, a.a.O. § 26 RStV Rn. 37). Mit diesem Charakter als Beweislastregeln im Fall eines "non liquet" wäre es nicht vereinbar, § 26 Abs. 2 RStV abschließende materiellrechtliche Vorgaben für das Merkmal vorherrschender Meinungsmacht zu entnehmen. Der Gesetzeswortlaut lässt andererseits dafür Raum, die Bestimmungen des § 26 Abs. 2 RStV über bloße Vermutungsregeln hinaus zugleich als Regelbeispiele mit Leitbildcharakter für die Auslegung der sonst allzu vagen Generalklausel des § 26 Abs. 1 RStV aufzufassen, die, wie noch näher auszuführen sein wird, für den Normalfall eine bestimmte Entscheidung des Normanwenders intendieren.

b) Eine derartige Deutung im Sinne einer abschließenden Regelung könnte systematisch allerdings durch § 26 Abs. 4 Satz 1 RStV nahegelegt werden, der - soweit einem Unternehmen Maßnahmen zur Beseitigung der von ihm erlangten vorherrschenden Meinungsmacht vorzuschlagen sind - in Nr. 1 und 2 allein auf § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 RStV Bezug nimmt. Diese Bezugnahme nötigt indes für sich genommen und erst recht im Hinblick darauf, dass die nachfolgende Nr. 3 sowie die weitere Rechtsfolgennorm des § 26 Abs. 3 RStV nicht auf § 26 Abs. 2 RStV verweisen, nicht dazu, den Begriff der vorherrschenden Meinungsmacht als durch § 26 Abs. 2 RStV abschließend konkretisiert anzusehen.

c) Die amtliche Begründung zu § 26 RStV (abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, § 26 RStV S. 2 ff.) bestätigt dieses Ergebnis. In ihr wird hervorgehoben, dass es "dem Unternehmen unbenommen (bleibt) nachzuweisen, dass trotz Erreichens der 30-vom-Hundert-Grenze vorherrschende Meinungsmacht nicht gegeben ist ... Die Ausgestaltung der 30-vom-Hundert-Grenze als Vermutungsgrenze schließt umgekehrt nicht aus, dass die KEK vorherrschende Meinungsmacht im Fernsehen auch unterhalb dieser Grenze feststellt. Allerdings wird dies an die KEK besondere Anforderungen an den Nachweis stellen." Aus diesen Erwägungen geht klar hervor, dass der Rundfunkgesetzgeber mit der Regelung der Zuschaueranteilsgrenze in § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV die Absicht verfolgt hat, Maßgaben für den behördlichen Nachweis vorherrschender Meinungsmacht zu schaffen, nicht aber, diesen Begriff materiellrechtlich abschließend zu umreißen. An diesem Befund hat sich auch durch den 6. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, mit dem in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV die Voraussetzung einer "geringfügigen Unterschreitung des Zuschaueranteils" durch die 25-vom-Hundert-Grenze ersetzt worden ist, und die dafür angeführten Motive nichts geändert. In der Begründung dieses Staatsvertrags (ebenfalls abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O. § 26 RStV S. 4) heißt es zwar: "Durch die Streichung des Wortes €geringfügig€ in Absatz 2 Satz 2 wird die Möglichkeit eröffnet, die Stellung eines Unternehmens auf medienrelevanten Märkten ab einer Untergrenze von 25 vom Hundert Zuschaueranteil einzubeziehen ..." Dass mit der Änderung der Bestimmung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV vom ursprünglichen Regelungskonzept des Verhältnisses zwischen § 26 Abs. 1 und 2 RStV abgerückt werden sollte, ist jedoch nicht erkennbar. Gegen eine solche Abkehr spricht auch, dass in der staatsvertraglichen Begründung anschließend ausgeführt wird: "§ 26 Abs. 2 Satz 1 bleibt durch die Änderung in § 26 Abs. 2 unberührt. Die in dieser Vorschrift verankerte 30-%-Grenze darf auch weiterhin nicht überschritten werden." Die Kontinuität mit der Vorgängerfassung wird darüber hinaus durch die Eingangspassage deutlich betont: "Die Regelung des § 26 geht auch weiterhin vom Zuschaueranteilsmodell aus. Weiterhin wird vorherrschende Meinungsmacht vermutet, wenn die einem Unternehmen zurechenbaren Programme im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 30 vom Hundert erreichen."

d) Dem Sinn und Zweck der Vorschrift, zur Sicherung der Meinungsvielfalt im Fernsehen (vgl. die amtliche Überschrift) dem Entstehen vorherrschender Meinungsmacht vorzubeugen, wird nur ein Normverständnis gerecht, das eine Konzentrationskontrolle auch außerhalb der starren Zuschaueranteilsgrenzen des § 26 Abs. 2 RStV für zulässig hält. Die Kernvorschrift der rundfunkrechtlichen Konzentrationskontrolle findet sich in der Generalklausel des § 26 Abs. 1 RStV und erlaubt die Veranstaltung einer unbegrenzten Anzahl von bundesweit verbreiteten Fernsehprogrammen, solange das Unternehmen "nach Maßgabe der folgenden Vorschriften" dadurch keine "vorherrschende Meinungsmacht" erlangt.

Das Zuschaueranteilsmodell des § 26 Abs. 2 RStV ist nicht ausreichend, um eine von Verfassungs wegen gebotene effektive Medienkonzentrationskontrolle sicherzustellen (vgl. Trute, a.a.O. § 26 RStV Rn. 38 m.w.N.). So wäre es schwer verständlich, wenn gegenüber einem Unternehmen mit einem Zuschaueranteil von 25 vom Hundert und einer marktbeherrschenden Stellung auf einem (einzigen) medienrelevanten verwandten Markt (vgl. § 26 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 RStV) Maßnahmen zur Vielfaltssicherung getroffen werden könnten, während bei einer geringfügigen Unterschreitung der 25-vom-Hundert-Grenze und gleichzeitig vorliegender marktbeherrschender Stellung auf mehreren medienrelevanten verwandten Märkten - etwa bei den verschiedenartigen Printmedien und den Online-Diensten - ein konzentrationsrechtliches Tätigwerden ausgeschlossen wäre (vgl. Trute, a.a.O. § 26 RStV Rn. 38). Auch unterhalb des Schwellenwerts von 25 vom Hundert kann ein - letztlich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abzuleitendes - Bedürfnis bestehen, zum Schutz der publizistischen Vielfalt bzw. zur Vermeidung eines dominierenden Einflusses auf die freie Meinungsbildung in dem nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besonders sensiblen Bereich der Rundfunkordnung einzuschreiten (BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <152 ff., insbes. 172 ff.>).

e) Die Anwendung der landesrechtlichen Vorschriften aus § 29 Satz 3 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 und Abs. 2 RStV ist weder aus Gründen des Gewerbe- (aa) noch des Verfassungsrechts (bb) des Bundes zu beanstanden.

aa) Privatrechtlicher Rundfunk wird von gewerblichen Unternehmen veranstaltet, die grundsätzlich dem Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere der Fusionskontrolle nach deutschem und europäischem Recht unterliegen. So darf das Landesrundfunkrecht die Prüfung durch das Bundeskartellamt zur Voraussetzung der Rundfunkzulassung machen (BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <174>). Der Landesgesetzgeber durfte aber das allgemeine Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen für unzureichend halten, eine hinreichende Vielfalt des Medienangebots zu gewährleisten und deshalb medienspezifische Konzentrationsregelungen als unverzichtbar ansehen. Denn das Kartellrecht allein ist unzureichend, das gebotene Maß an Vielfalt im Angebot der elektronischen Medien zu gewährleisten. Das Recht der Wettbewerbsbeschränkungen richtet sich gegen "Kartellierungen" durch vertragliche Absprachen und "Konzernierungen" durch den Zusammenschluss von Gesellschaften, während das interne Wachstum von Unternehmen nicht erfasst wird. Hinzu kommen Zieldivergenzen: Das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen soll die übermäßige Konzentration wirtschaftlicher Macht verhindern. Demgegenüber verlangen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Medienrechts publizistische Vielfalt, die nicht schon dadurch gewährleistet wird, dass mehrere Anbieter miteinander konkurrieren. Der Entstehung vorherrschender Meinungsmacht kann nur mit den Instrumenten medienspezifischer Konzentrationskontrolle und Vielfaltssicherung begegnet werden (vgl. m.w.N. Kübler, Medien, Menschenrechte und Demokratie S. 266 ff.).

bb) Die einfachgesetzliche Vorschrift des § 26 Abs. 1 RStV, die einen unternehmerischen Anspruch auf Veranstaltung einer unbegrenzten Zahl von Fernsehprogrammen nur unter der Voraussetzung der Nichterlangung vorherrschender Meinungsmacht einräumt, schränkt die grundgesetzliche Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ein. Die Rundfunkfreiheit bedarf jedoch der Ausgestaltung. Die wesentlichen Kriterien dafür ergeben sich aus der Funktion des Rundfunks, im Interesse der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung die Vielfalt der bestehenden Meinungen in möglichster Breite und Vollständigkeit zum Ausdruck zu bringen (BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <152 f.>). Insoweit kann es die Rundfunkfreiheit nicht rechtfertigen, für den privaten Rundfunk auf rechtliche Sicherungen der Rundfunkfreiheit ganz zu verzichten und die Entwicklung im Wege der Deregulierung den Kräften des Marktes anzuvertrauen (BVerfG, Urteil vom 16. Juni 1981 - 1 BvL 89/78 - BVerfGE 57, 295 <323>). Vielmehr hat der Gesetzgeber, auch wenn an die Breite des Programmangebots und die Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk nicht gleich hohe Anforderungen gestellt werden können wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Vorkehrungen zu treffen, die dazu bestimmt und geeignet sind, ein möglichst hohes Maß gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk zu erreichen und zu sichern (Trute, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Auflage, München 2008, § 26 RStV Rn. 26 bis 27; BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <159>).

3. Die Berufungsentscheidung erweist sich auf der Grundlage der bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das wäre nur dann der Fall, wenn ohne weitere tatsächliche Feststellungen davon ausgegangen werden könnte, dass die KEK mit ihrer für die Beklagte verbindlichen Beurteilung eine vorherrschende Meinungsmacht der Klägerin nach Änderung der Beteiligungsverhältnisse zu Recht angenommen hätte. Bei der Feststellung, ob eine vorherrschende Meinungsmacht eintritt, kommt der KEK jedoch ein Beurteilungsspielraum zu (a). Ob die KEK sich hier innerhalb der gerichtlich nachprüfbaren Grenzen ihres Beurteilungsspielraums (b) gehalten hat, kann im Revisionsverfahren nicht festgestellt werden, weil der Verwaltungsgerichtshof den insoweit erhobenen Einwänden der Klägerin nicht nachgegangen ist.

a) Der Begriff der vorherrschenden Meinungsmacht ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff, bei dessen Konkretisierung die KEK über einen Beurteilungsspielraum verfügt. Zwar haben grundsätzlich die Gerichte die Rechtsanwendung der Verwaltungsbehörden uneingeschränkt zu überprüfen. Doch kann ein gesetzlich vorgegebenes Entscheidungsprogramm wegen der hohen Komplexität der geregelten Materie so vage und seine Konkretisierung im Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle an ihre Funktionsgrenzen stößt (BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 u.a. - BVerfGE 84, 34 <49 f.>). Die Pflicht zur gerichtlichen Überprüfung reicht nicht weiter als die materiellrechtliche Bindung der Exekutive. Sie endet dort, wo das materielle Recht der Verwaltungsbehörde in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Entscheidungen abverlangt, ohne dafür hinreichend bestimmte Entscheidungsprogramme vorzugeben (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1992 - 1 BvR 167/87 - BVerfGE 88, 40 <56, 61>; Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <156 f.>). Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverwaltungsgericht dem Gesetz unter anderem dann eine Beurteilungsermächtigung für die Exekutive entnommen, wenn der von ihr zu treffenden Entscheidung in hohem Maße wertende Elemente anhaften und das Gesetz für sie deshalb ein besonderes Verwaltungsorgan für zuständig erklärt, das mit besonderer fachlicher Legitimation in einem besonderen Verfahren entscheidet, zumal wenn es sich um ein Kollegialorgan handelt, das mögliche Auffassungsunterschiede bereits in sich zum Ausgleich bringt und die zu treffende Entscheidung damit zugleich versachlicht (s. Urteile vom 16. Mai 2007 - BVerwG 3 C 8.06 - BVerwGE 129, 27 Rn. 27, vom 28. November 2007 - BVerwG 6 C 42.06 - BVerwGE 130, 39 Rn. 29 und vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - BVerwGE 131, 41 Rn. 20). Das ist hier der Fall. Die Beurteilung einer vorherrschenden Meinungsmacht nach § 26 RStV hängt, wie schon erwähnt, bei geringer gesetzlicher Determiniertheit von einer komplexen Bewertung ab, die die besonders sachverständigen (§ 35 Abs. 3 RStV) und an Weisungen nicht gebundenen (§ 35 Abs. 6 Satz 1 RStV) Mitglieder der KEK in einem dafür eigens vorgesehenen Verfahren durch Mehrheitsbeschluss (§ 37 Abs. 1 RStV) vorzunehmen haben.

b) Ob die KEK die Grenzen des ihr eingeräumten Beurteilungsspielraums eingehalten oder überschritten hat, unterliegt verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Die Verwaltungsgerichte haben nachzuprüfen, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat.

Zum richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs gehört hier, dass § 26 Abs. 2 RStV zwar nicht zwingend erfordert, dass die dort genannten Schwellenwerte für den Zuschaueranteil erreicht werden, aber Regelbeispiele enthält, die es nur bei Vorliegen gewichtiger Gründe ermöglichen, eine vorherrschende Meinungsmacht auch dann anzunehmen, wenn die Schwellenwerte nicht ganz erreicht werden. Diese indizielle Bedeutung der Regelbeispiele kann im Rahmen einer Gesamtabwägung nur kompensiert werden, wenn sich der Einzelfall aufgrund individueller Besonderheiten vom Normalfall so deutlich abhebt, dass ein Festhalten an der regelmäßig vorgesehenen Rechtsfolge unangemessen erscheint. Dabei hat die KEK zum einen den Sinn des Regelbeispiels und die dabei vom Gesetzgeber getroffenen Wertungen zu beachten und zum anderen sicherzustellen, dass die besonderen Umstände, auf die sie sich stützt, ihrem Gewicht nach den Regelbeispielen entsprechen. Besteht eine Ähnlichkeit mit einem Regelbeispiel, ist es dem Rechtsanwender nicht erlaubt, eigene Wertungen an die Stelle der Wertungen des Gesetzgebers zu setzen. Die KEK ist zu einer freien Gesamtabwägung erst dann aufgerufen, wenn der Einzelfall Besonderheiten aufweist, die sich durch kodifizierte Regelbeispiele nicht angemessen erfassen lassen. Die KEK hat danach die vom Gesetzgeber getroffene Wertung, dass ein Zuschaueranteil von weniger als 25 vom Hundert in der Regel als unbedenklich einzustufen ist, zu beachten. Nur wenn die vom Gesetzgeber vorgegebene Eingriffsschwelle im Lichte der Ziele des Gesetzes offensichtlich unangemessen ist, kann der § 26 Abs. 1 RStV im Rahmen einer Gesamtabwägung auch bei Unterschreitung der Schwellenwerte Anwendung finden (Holznagel/Krone, Wie frei ist die KEK€ Ein Beitrag zur Auslegung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, MMR 2005, 666 <673>).

Da es an der Möglichkeit einer Entscheidung in der Sache selbst nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO fehlt und das angegriffene Urteil nicht aus anderen Gründen richtig ist (§ 144 Abs. 4 VwGO), ist das Berufungsurteil gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.






BVerwG:
Urteil v. 24.11.2010
Az: 6 C 16.09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4d0d9ffb309d/BVerwG_Urteil_vom_24-November-2010_Az_6-C-1609




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