Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 24. Februar 2012
Aktenzeichen: I-16 U 177/10

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 24.02.2012, Az.: I-16 U 177/10)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 12. Oktober 2010 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal teilweise abge-ändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.925,66 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2010 zu zah-len.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 33.333.33 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%punkten über dem Basissatz seit dem 24.03.2010 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 50.000 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%Punkten über dem Basissatz seit dem 31.10.2010 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klage und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung je-weils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit verschiedener fristloser und ordentlicher Kündigungen eines Anstellungsvertrages sowie den Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorstand der Beklagten und daraus folgender Entgeltansprüche des Klägers aus dem Anstellungsverhältnis.

Die Beklagte ist börsennotiertes Unternehmen und beschäftigt sich mit der Herstellung von Nahrungsmitteln und Pharmamaschinen. Der Kläger war aufgrund eines Anstellungsvertrages vom 28.06.2007 (vgl. Anlage KV 1 Bl. 11 GA) nach entsprechender Bestellung als Vorstand bei der Beklagten beschäftigt.

Der Anstellungsvertrag sah gem. § 11 Abs.1 eine Tätigkeit des Klägers für die Zeit bis zum 31.12.2010 vor mit der Möglichkeit einvernehmlicher Verlängerung. Das fixe Monatsgehalt des Klägers betrug gemäß § 6 Abs. 1 des Anstellungsvertrages 10.000 € brutto. Zusätzlich sollte der Kläger eine variable Vergütung erhalten, die im Jahr 2008 mindestens 50.000 € und im Jahr 2009 mindestens 40.000 € betragen sollte, § 6 Abs. 2 des Anstellungsvertrages. Letztlich stand dem Kläger aus dem Anstellungsvertrag ein Anspruch auf auch private Nutzung eines Dienstwagens zu, dessen geldwerter Vorteil der Kläger mit 607,49 € brutto monatlich beziffert. Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere zu Kündigungsmöglichkeiten und den Voraussetzungen der Geltendmachung von Ansprüchen wird auf den Inhalt des Einstellungsvertrages, insbesondere die §§ 11 und 14 verwiesen.

Im Jahre 2008 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kläger und dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten D…über die Kompetenzverteilung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand. Hintergrund war der Umstand, dass die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft D… T… GmbH des Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten für die Beklagte beratend tätig war und aus Sicht des Klägers unberechtigt Leistungen gegenüber der Beklagten abgerechnet hatte. Insbesondere Finanzierungsfragen und ein von der Treuhandgesellschaft erarbeiteter "Sale and Lease back" - Vertrag wurden von dem Kläger kritisiert. Anfang 2008 beauftragte der Kläger den mit ihm befreundeten Buchprüfer und Steuerberater W… mit der Überprüfung des Rechnungswesens der Beklagten und erörterte auch nach Abschluss des Mandats in regem E-Mail- Kontakt mit diesem Belange der Gesellschaft. Der Kläger holte dabei unter Offenlegung zahlreicher wirtschaftlicher Einzelheiten der Beklagten Rat für seine Vorstandstätigkeit ein (vgl. Anlage B 10).

In der zweiten Jahreshälfte 2008 fertigten zwei Mitarbeiter der Beklagten, die Zeugen Y… und S… für das Privathaus des Klägers auf dessen Veranlassung im Betrieb der Beklagten ein Edelstahltor. Der Kläger bezahlte der Beklagten das Material, nicht aber die Lohnkosten in Höhe von rund 750,00 €. Erstinstanzlich streitig war zwischen den Parteien, ob die Zeugen das Tor in ihrer Arbeitszeit errichtet und ob der Kläger dies angewiesen oder jedenfalls damit einverstanden gewesen ist.

Am 06.10.2009 beschloss der Aufsichtsrat der Beklagten die sofortige Abberufung des Klägers als Vorstand und die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages vom 28.06.2007 (vgl. Anlage B 13 Anlagenband Beklagtenvertreter). Mit Schreiben vom 06.10.2009 erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses (vgl. Bl. 21 GA), mit Schreiben vom 8. Oktober 2009 (vgl. KV 8 Bl. 24 GA) wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er mit Aufsichtsratsbeschluss vom 6. Oktober 2009 mit sofortiger Wirkung als Vorstand der Beklagten abberufen worden sei; zudem wurde dem Kläger hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin gekündigt. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2009 (KV 9 Bl. 25) wurde erneut außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt unter Bezugnahme auf eine beigefügte Niederschrift des Aufsichtsratsbeschlusses vom 6. Oktober 2009. Alle Kündigungen waren vom Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten unterzeichnet. Die Benennung von Kündigungsgründen enthielten die Kündigungsschreiben nicht.

In der Satzung der Beklagten heißt es in § 16 S. 3:

"Willenserklärung des Aufsichtsrates und seiner Ausschüsse werden namens des Aufsichtsrates von dem Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter abgegeben".

Der Kläger wies die Kündigungen unter Hinweis auf § 174 BGB zurück.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien mangels Vorliegens eines Kündigungsgrundes und mangels Beifügung einer Vollmacht des Aufsichtsratsvorsitzenden im Kündigungsschreiben unwirksam. Soweit Kündigungsgründe im Prozess nachgeschoben worden seien, sei dies unzulässig wegen des Fehlens eines entsprechenden Aufsichtsratsbeschlusses. Darüber hinaus hat der Kläger die Nichteinhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB gerügt.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt, festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis durch die fristlosen Kündigungen der Beklagten vom 6. Oktober 2009, 8. Oktober 2009 und 13. Oktober 2009 sowie die ordentliche Kündigung vom 13. Oktober 2009 und auch darüber hinaus nicht aufgrund weiterer Kündigungen aufgelöst worden ist oder aufgelöst wird, sondern bis zum 31. Dezember 2010 ungekündigt fortbesteht und der Widerruf der Bestellung zum Vorstand aus wichtigem Grund unwirksam ist. Darüber hinaus hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn für die Monate November 2009 bis einschließlich Februar 2010 einen Betrag in Höhe von 10.607,49 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basissatz seit dem jeweiligen Monatsbeginn zu zahlen, für den Monat November 2009 abzüglich bereits gezahlter 127,39 €. Schließlich hat der Kläger noch beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere Beträge in Höhe von 50.000 € und 40.000 € nebst 8 % Zinsen über dem Basissatz seit dem 1. Februar 2010 zu zahlen, hilfsweise an ihn einen Betrag in Höhe von 170.000 € nebst Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und behauptet, die Kündigung/Abberufung habe ursprünglich auf einer mangelhaften Zusammenarbeit des Klägers mit dem Aufsichtsrat beruht und auf geringschätzigen Äußerungen des Klägers über den Aufsichtsratsvorsitzenden. Sie hat die Auffassung vertreten, eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger sei unzumutbar gewesen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Aufsichtsrat und Kläger sei aufgrund des Fehlverhaltens des Klägers zerrüttet. Dieser habe seine Loyalitäts-, Treue- und Berichtspflichten missachtet. Der Kläger habe sich mehrfach, zuletzt am 01.10.2010 in abwertender Weise über den Aufsichtsratsvorsitzenden geäußert und ein von ihm selbst mitentwickeltes Sanierungskonzept allein wegen Personaldifferenzen scheitern lassen. Er habe unternehmensrelevante Zahlen in adhoc-Mitteilungen veröffentlicht, ohne zuvor den Aufsichtsrat zu informieren. Zudem habe der Kläger durch seinen Austausch mit dem Steuerberater W… seine Verschwiegenheitspflichten und gegen das Verbot Insidergeschäften verstoßen. Erst im Verlauf des Verfahrens habe sie Kenntnis davon erlangt, dass der Kläger die bei der Beklagten beschäftigten Zeugen Y… und S… dazu veranlasst habe, ein Edelstahltor für sein Privathaus in ihrer Arbeitszeit anzufertigen. Auch dies rechtfertige die fristlose Kündigung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das angegriffene Urteil und den Akteninhalt verwiesen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen S… und Y…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.09.2010 (Bl. 143 ff. GA) verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage nur hinsichtlich eines zeitanteiligen Oktobergehalts 2009 und einer zeitanteiligen variablen Vergütung für 2009 stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen, da das Anstellungsverhältnis durch außerordentliche Kündigung vom 06.10.2009 beendet und die Abberufung des Klägers als Vorstand rechtmäßig gewesen sei. Die fristlose Kündigung vom 6. Oktober 2009 sei formell wirksam und materiell rechtlich begründet gewesen. Die Kündigung beruhe auf einem Beschluss des Aufsichtsrats und sei vom Aufsichtsratsvorsitzenden unterzeichnet, der hierzu laut Satzung der Beklagten befugt gewesen sei. Daher sei es nicht erforderlich gewesen, dem Kündigungsschreiben eine Vollmachtsurkunde beizufügen. Ein die fristlose Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs.1 BGB liege zwar nicht in der Beratung durch Herrn W… begründet, wohl aber im Hinblick auf einen dem Kläger anzulastenden Treuepflichtverstoß im Zusammenhang mit der Anfertigung des Edelstahltores. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätten die Zeugen das Tor während der Arbeitszeit mit Wissen des Klägers gefertigt. Hierdurch sei es zu einer Vermögensschädigung der Beklagten bekommen. Dabei sei es nicht relevant, dass der Vermögensschaden nur gering sei, da der Hauptvorwurf in der Ausnutzung der besonderen Vertrauensstellung als Alleinvorstand in hervorgehobener Stellung liege. Das Verlangen nach Gefälligkeit stelle einen Verstoß gegen die Vorbildfunktion dar. Bei der erforderlichen Abwägung zwischen den Interessen des Klägers an der Weiterbeschäftigung und den Interessen der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass der Kläger lediglich kurze Zeit beschäftigt gewesen sei und auf Seiten der Beklagten hohe Verpflichtungen zur Vergütung des Klägers entstünden. Diesen Kündigungsgrund habe die Beklagte auch in zulässiger Weise im Prozess nachgeschoben; einer besonderen Beschlussfassung des Aufsichtsrates hierzu habe es nicht bedurft, da der dafür zuständige Aufsichtsrat die Beklagte im Prozess gemäß § 112 Aktiengesetz allein vertrete. Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 sei mit der ursprünglichen Kündigung gewahrt worden. Dieser hätten die beleidigenden Äußerungen des Klägers gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden zugrundegelegen, die zuletzt am 1. Oktober 2009 gefallen sein sollen. Die Feststellungsanträge hinsichtlich der weiteren Kündigungen hätten sich damit erledigt. Der auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufs gerichtete Antrag sei zulässig aber unbegründet, da hinsichtlich des Widerrufs der organschaftlichen Stellung das zur Kündigung ausgeführte entsprechend gelte. Ein Entgelt stehe dem Kläger nur für die Zeit vom 01.10.2009 bis zum 06.10.2009 in Höhe von insgesamt 1.925,66 € zu. Eine variable Vergütung für 2008 könne er nicht beanspruchen, da er diese Vergütung nicht rechtzeitig geltend gemacht habe. Diese sei gemäß § 14 innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Diese Frist habe der Kläger versäumt. Fällig geworden sei die variable Jahresvergütung zum Ende des auf die Hauptversammlung folgenden Monats. Da die Hauptversammlung innerhalb der ersten 8 Monate des Geschäftsjahres stattzufinden habe, § 175 Abs. 1 S. 2 Aktiengesetz bedeute dies, dass die Hauptversammlung der Beklagten bis zum 31.08.2009 stattgefunden habe und der Bonus für 2008 spätestens am 30.09.2009 fällig geworden sei. Daher hätte der Anspruch bis spätestens Ende Dezember 2009 schriftlich geltend gemacht werden müssen, was jedoch erst mit Schriftsatz vom 19.02.2010 erfolgt sei. Da die fristlose Kündigung vom 06.10.2009 wirksam gewesen sei, könne der Kläger gemäß § 6 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 des Anstellungsvertrages den Bonus (variable Vergütung) nur anteilig bis Oktober 2009 und damit in Höhe eines Betrages von 33.333,33 € verlangen. Auch der Hilfsklageantrag auf Zahlung von 170.000 € sei unbegründet. Ein solcher Anspruch ergebe sich insbesondere nicht aus § 11 Abs. 2 des Anstellungsvertrages, da dieser ausschließlich die Rechtsfolgen für den Fall der Wahrnehmung eines der Beklagten eingeräumten vertraglichen Sonderkündigungsrechts regle. Zinsen könnten nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz geltend gemacht werden, da der Kläger Verbraucher im Sinne des § 288 des § 13 BGB sei.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgt. Der Kläger macht insbesondere geltend, die fristlose Kündigung vom 6. Oktober 2009 habe das Anstellungsverhältnis nicht beenden können. Die Kündigungserklärung sei mangels Schriftform gemäß § 125 S. 2 BGB in Verbindung mit § 11 Abs. 3 des Anstellungsvertrages unwirksam. Nach der Satzungsbestimmung gemäß § 16 S. 3 handele der Aufsichtsratsvorsitzende als Bote des Aufsichtsrates. In einem solchen Fall müsse der Beschluss für die Kündigung von allen an der Beschlussfassung beteiligten unterzeichnet und dem zu Kündigenden zugestellt werden. Der schriftliche Beschluss über die Kündigung sei ihm zu keinem Zeitpunkt zugegangen. Sollte der Aufsichtsratsvorsitzende eine eigene Kündigungserklärung als Vertreter im Namen des Aufsichtsrates abgegeben haben, könne sich die Beklagte nicht auf die Ermächtigung in der Satzung berufen, weil diese nicht klar genug formuliert gewesen sei. In diesem Fall sei § 174 BGB anwendbar. Zudem müsse der Widerruf vor oder gleichzeitig mit der Kündigung erfolgen, was jedoch nicht geschehen sei. Das Schreiben vom 8. Oktober habe neben dem Widerruf nur die hilfsweise ordentliche Kündigung enthalten, so dass das Anstellungsverhältnis frühestens durch die fristlose Kündigung vom 13. Oktober 2009 geendet haben könne. Für diese Kündigung sei die Erklärungsfrist des § 626 nicht geprüft und auch nicht eingehalten worden. Zu Unrecht habe das Landgericht den Vortrag der Beklagten zum Zeitpunkt der letzten angeblich abfälligen Äußerungen zugrundegelegt. Es habe auch kein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung vorgelegen. Das Landgericht habe verkannt, dass es gar nicht zu einer Vermögensschädigung gekommen sei. Die Materialkosten habe der Kläger unstreitig beglichen. Beide Zeugen hätten immer nur dann gearbeitet, wenn sie gerade Leerlauf gehabt hätten. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Arbeiten in einem Zeitraum von Oktober bis Dezember 2008 über insgesamt lediglich 12 Stunden stattgefunden hätten. Auch habe keiner der Zeugen bestätigen können, dass er, der Kläger, sie extra angewiesen habe, die Arbeiten während der Arbeitszeit zu erledigen. Es sei zu berücksichtigen, dass er davon ausgegangen sei, sie führten die Arbeiten "nach dem üblichen Verfahren für Privatarbeiten", also außerhalb der Arbeitszeit durch. Letztlich habe ihm als Vorstand auch die Befugnis zugestanden, den Zeugen während ihres Leerlaufs Arbeiten zuzuweisen. Das Landgericht habe auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Zeugen die Stunden nicht notiert und er selber keine Liquidation erhalten habe. Auch hätte das Landgericht die Betriebszugehörigkeit von nur zwei Jahren nicht zu seinen Lasten werten dürfen. Der Vorfall mit dem Edelstahltor habe sich im Zeitraum Oktober bis Dezember 2008 ereignet, also ein Jahr vor Ausspruch von Widerruf und Kündigungen. Danach habe er sich kein weiteres Fehlverhalten zuschulden kommen lassen. Zudem sei nicht hinreichend gewürdigt worden, dass der Beklagten die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung zugestanden habe. Dann hätte die Kündigungsfrist unter Berücksichtigung der Amtszeit vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Monats betragen. Eine Bindung für diese Dauer, wenngleich mit der Folge der Entschädigung, sei für die Beklagte nicht unzumutbar gewesen. Auch sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass er der alleinige Vorstand der Beklagten gewesen sei. Die Beklagte habe den Vorfall Edelstahltor als Kündigungsgrund auch nicht ohne erneuten Beschluss des Aufsichtsrates nachschieben dürfen. Hierzu hätte es grundsätzlich zweier Entscheidungen des Aufsichtsrates bedurft, nämlich zum einen eine Entscheidung über das prozessuale Nachschieben und zum anderen darüber, ob die Kündigung bzw. der Widerruf materiellrechtlich überhaupt auf den nachgeschobenen Grund gestützt werden sollte. Beides habe das Landgericht nicht überprüft. Damit sei nicht sichergestellt, dass der Prozessbevollmächtigte den Schriftsatz vom 20. Mai 2010, in dem der Kündigungsgrund Edelstahltor nachgeschoben worden sei, mit allen Aufsichtsratsmitgliedern im Einzelnen durchgesprochen und jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied mit dem Nachschieben ausdrücklich einverstanden gewesen sei. Auch habe das Landgericht hinsichtlich des Widerrufes der Bestellung nicht einfach auf die Ausführungen zur Kündigung verweisen dürfen, da zwischen den verschiedenen Rechtsverhältnissen zu unterscheiden sei. Jedenfalls für den Widerruf gelte, dass nur auf der Grundlage eines neuen Aufsichtsratsbeschlusses Gründe nachgeschoben werden könnten. Hinsichtlich der Vergütung für Oktober 2009 habe das Landgericht zwar eine richtige Berechnung durchgeführt, jedoch verkannt, dass die bereits gezahlten 127,39 € nicht vom Brutto- sondern vom Nettolohn abzuziehen seien, was aus dem Tenor nicht hervorgehe. Der Zinsanspruch bestehe i.H.v. 8 %, da der Vorstand - anders als ein GmbH-Geschäftsführer - nicht Verbraucher i.S.d. § 13 BGB sei. Soweit das Landgericht den Anspruch auf Zahlung eines Bonus für das Jahr 2008 unter Hinweis auf die nicht rechtzeitige Geltendmachung abgewiesen habe, habe es verkannt, dass im ganzen Jahr 2009 keine Hauptversammlung stattgefunden habe, sondern erst am 19. November 2010. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Jahresabschluss am 31. August 2009 auch nach Vortrag des Beklagten noch gar nicht vorgelegen habe, so dass auch noch keine Hauptverhandlung stattgefunden haben könne. Mithin habe die Ausschlussfrist nicht am 31. August 2009 in Gang gesetzt werden können und der Anspruch sei nicht untergegangen. Auch die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages sei unwirksam. Es liege kein entsprechender Beschluss des Aufsichtsrates vor, wie sich auch aus TOP 4 der Tagesordnung ergebe. Selbst wenn ein Beschluss in dieser Sitzung über die ordentliche Kündigung ergangen wäre, wäre dieser unwirksam, da er nicht von der Tagesordnung zur Sitzung gedeckt gewesen sei. Eine ausdrückliche ordentliche Kündigung sei auch erforderlich gewesen und nicht aufgrund der in § 11 enthaltenen Kopplungsklausel entbehrlich. Diese sei unwirksam, da sie gegen AGB-Recht bzw. gegen § 242 BGB verstoße.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Landgerichtes Wuppertal abzuändern und

2. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 6. Oktober 2009, zugegangen am 6. Oktober 2009, nicht zum 6. Oktober 2009 beendet worden ist, sondern das Anstellungsverhältnis bis zum 31.12.2010 fortbestanden hat;

3. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 13. Oktober 2009, zugegangen am 13. Oktober 2009, nicht zum 13. Oktober 2009 beendet worden ist, sondern das Anstellungsverhältnis bis zum 31.12.2010 fortbestanden hat;

4. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 8. Oktober 2009, zugegangen am 10. Oktober 2009, nicht beendet worden ist, sondern das Anstellungsverhältnis bis zum 31.12.2010 fortbestanden hat;

5. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 13. Oktober 2009, zugegangen am 13. Oktober 2009, nicht beendet worden ist, sondern das Anstellungsverhältnis bis zum 31.12.2010 fortbestanden hat;

6. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis auch nicht aufgrund weiterer Kündigungen oder eines anderen Beendigungstatbestandes aufgelöst worden ist oder vor dem 31. Dezember 2010 aufgelöst wird;

7. den Widerruf zur Bestellung zum Vorstand aus wichtigem Grund, zugegangen am 10. Oktober 2009, für unwirksam zu erklären;

8. festzustellen, dass der Widerruf der Bestellung zum Vorstand aus wichtigem Grund, zugegangen am 10. Oktober 2009, nichtig war;

9. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.607,49 € brutto abzgl. bereits gezahlter 127,39 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 1. November 2009 zu zahlen.

10. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.607,40 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basissatz ab dem 1. Dezember 2009 zu zahlen.

11. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.607,49 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 8 % über dem Basissatz seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen.

12. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.607,49 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basissatz ab dem 1. Februar 2010 zu zahlen.

13. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 50.000 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 1. Februar 2010 zu zahlen.

14. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 40.000 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basissatz ab dem 1. Februar 2010 zu zahlen.

Hilfsweise, für den Fall, dass der Senat die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages für wirksam erachtet, beantragt der Kläger,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 170.000 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 5. November 2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, entgegen der Auffassung des Klägers sei die Kündigung des Anstellungsvertrages vom 06.10.2009 wirksam gewesen. § 16 Satz 3 der Satzung begründe keine Botenstellung, sondern ein Recht zur Vertretung in der Erklärung, was eine klare Parallele zur Formulierung des § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB zeige. Der Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorstandsmitglied müsse auch nicht vor oder gleichzeitig mit der Kündigung erfolgen. Die Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 1 BGB sei hinsichtlich des nachgeschobenen Sachverhaltes Edelstahltor nur insoweit relevant, als dieser Sachverhaltskomplex innerhalb von zwei Wochen vor der Kündigung nicht bekannt gewesen sei. Der Sachverhaltskomplex Edelstahltor stelle auch einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB dar. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätten die Zeugen das vom Kläger in Auftrag gegebene Edelstahlrohr während ihrer Arbeitszeit gefertigt und nicht als Gefallen oder Freundschaftsdienst in ihrer Freizeit. Auch die Ausführungen des Klägers in der Berufungsbegründung, wonach nicht zu beanstanden sei, wenn der Kläger als Vorstand gegenüber den Zeugen anordne, dass diese Arbeiten am Edelstahltor für das Privathaus des Klägers während ihrer Arbeitszeit erledigen sollten, wenn gerade Leerlauf bestehe, zeigten das vom Landgericht angeprangerte Verständnis seiner Funktion und seiner Befugnisse als Vorstand. Die Abberufungsentscheidung habe zulässigerweise ohne erneuten Aufsichtsratsbeschluss auf die nachgeschobenen Kündigungsgründe gestützt werden können. Das Erfordernis eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses werde zwar von Teilen der Literatur so vertreten. Richtigerweise seien jedoch auch insoweit die zum Nachschieben von Kündigungsgründen entwickelten Grundsätze anzuwenden, was auch der Bundesgerichtshof vertrete. Dies ergebe sich jedenfalls dadurch, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.07.1998 (II ZR 131/97, juris Rdnr. 16) keinen Anlass sehe, im Hinblick auf die Nachschiebbarkeit von Kündigungsgründen zwischen Kündigungs- und Abberufungsgründen zu unterscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien mit Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat aber nur teilweise, nämlich i.H. eines Betrages von weiteren 50.000 € (Bonus für das Jahr 2008) nebst Zinsen Erfolg. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

1.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass das Anstellungsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 06.10.2009 nicht zum 06.10.2009 beendet worden ist, sondern bis zum 31.12.2010 weiterbestanden hat.

Der Feststellungsantrag ist - nach wie vor - zulässig. Es handelt sich um die Feststellung eines mittlerweile vergangenen Rechtsverhältnisses, welches Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann, wenn sich aus ihm noch Rechtsfolgen für Gegenwart oder Zukunft ergeben. Aus der Beurteilung des vergangenen Rechtsverhältnisses folgen noch Zahlungs- bzw. Vergütungsansprüche, die jedoch grundsätzlich beziffert werden müssten. Denn grundsätzlich ist dann, wenn Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist, im Interesse der endgültigen Klärung des Streitstoffes an einem Prozess eine Leistungsklage zu erheben. Es ist jedoch anerkannt, dass der Kläger - jedenfalls in der zweiten Instanz - nicht gezwungen ist, zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, auch wenn dies nachträglich möglich ist (vgl. Zöller/Greger, 29. Aufl. 2012, § 256 Rdnr. 7c m.w.N.).

Der Anspruch auf die begehrte Feststellung ist jedoch nicht begründet. Denn das Anstellungsverhältnis zum Kläger ist durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 6. Oktober 2009 mit sofortiger Wirkung beendet worden. Die Kündigungserklärung war formell wirksam, es lag ein Grund zur fristlosen Kündigung des Anstellungsverhältnisses vor, der - obwohl im Prozess nachgeschoben - auch berücksichtigt werden konnte.

a. Die formellen Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Kündigung vom 06.10.2009 sind gegeben.

aa) Die fristlose Kündigung vom 06.10.2009 beruht auf einer Entscheidung des hierfür zuständigen Aufsichtsrats durch Beschluss in der Sitzung vom 06.10.2009. Sie wurde vom hierzu bevollmächtigten Aufsichtsratsvorsitzenden dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 6.10.2009 erklärt. Die Beifügung einer Vollmacht gemäß § 174 BGB, wie vom Kläger (erstinstanzlich) geltend gemacht, ist nicht erforderlich, weil er satzungsgemäß zur Abgabe der Kündigungserklärung im Namen des Aufsichtsrates ausdrücklich bevollmächtigt war und hierdurch dem Schutzgedanken des § 174 BGB, dem Kündigungsempfänger Gewissheit darüber zu verschaffen, ob der Erklärende wirklich zur Abgabe der Kündigungserklärung bevollmächtigt ist und der Vertretene die Erklärung gegen sich geltend lassen muss, Genüge getan ist (vgl. OLG Düsseldorf Urt. v. 17.11.2003, 15 U 225/02, ZIP 2004, 1850 mwN). Vorliegend scheitert die formelle Wirksamkeit der Kündigung auch nicht daran, dass dem Kläger - wie er erstmals in der Berufungsinstanz geltend macht - kein von allen an der Beschlussfassung Beteiligten unterzeichneter Beschluss zugegangen ist. Dass der Aufsichtsratsbeschluss, der dem Kläger ausweislich des Schreibens seines Prozessbevollmächtigten vom 19.10.2009 (KV 10, Bl. 26 GA) jedenfalls mit Schreiben vom 13. Oktober 2009 zugegangen ist, ausweislich des erst in der Berufungsinstanz eingereichten Protokolls der Aufsichtsratssitzung ( ebenfalls K 10 benannt, Bl. 292 GA) nicht unterschrieben ist, kann aus den nachfolgenden Erwägungen dahinstehen.

(1) Die Zuständigkeit für Abberufung und Kündigung des Dienstvertrages eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft liegt nach §§ 112, 84 Abs.3 S.5 AktG beim Aufsichtsrat. Die Entscheidung über Abberufung oder Kündigung kann nicht auf ein anderes Gremium oder eine andere Person übertragen werden. Davon zu unterscheiden ist die Frage nach der Zulässigkeit einer Vertretung in der Erklärung. Kündigung und Abberufung werden als empfangsbedürftige Willenserklärungen nicht allein durch Beschluss, sondern erst mit Zugang beim Organmitglied wirksam. Dabei ist eine Vertretung des gesellschaftsrechtlich zuständigen Organs, des Aufsichtsrates, möglich und in der Praxis die Regel. Rechtsdogmatisch bestehen zwei Möglichkeiten, sich eines Mittlers zu bedienen, der dem Organmitglied den Beschluss des Aufsichtsrates zur Kenntnis bringt. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass die Gesellschaft einen Beschluss zur Kündigung und/oder Abberufung fasst und ein Mitglied zum Ausspruch der Kündigung/Abberufung bevollmächtigt (" Mit der Erklärung der Abberufung und fristlosen Kündigung gegenüber .. wird … beauftragt"). Der Ausspruch der Kündigung/Abberufung erfolgt dann durch eine eigene Willenserklärung des Stellvertreters im Namen der Gesellschaft. Zum anderen kann der Aufsichtsrat auch selbst die Kündigung oder Abberufung erklären und durch einen Boten übermitteln lassen ("Der… wird beauftragt, die Erklärung des Aufsichtsrates zu übermitteln"). Für den letztgenannten Fall wird - vereinzelt - vertreten (vgl. Bauer/Krieger ZIP 2004, 1247, 1250), dass für den Fall, dass die Vertragsparteien Schriftform für eine Kündigung vorsehen, zur Einhaltung des Schriftformerfordernisses der Beschluss schriftlich abgefasst und von allen Beteiligten unterzeichnet sein muss, oder aber zumindest ein Protokoll übermittelt werden muss.

(2)

Ob der Kläger nunmehr durch Vorlage der zweiten Seite des Protokolls über die Sitzung vom 06.10.2009 hinreichend dargetan hat, dass der Aufsichtsratsvorsitzende mit Schreiben vom 06.10.2009 lediglich eine fremde Kündigungserklärung des Aufsichtsrates als Bote überbracht hat, kann dahinstehen. Bei der Kündigungserklärung gegenüber dem Kläger hat der Aufsichtsratsvorsitzende ausweislich seiner ausdrücklichen Formulierung im Kündigungsschreiben (" kündige ich hiermit ") jedenfalls ausdrücklich eine eigene Erklärung im Namen des Aufsichtsrates abgegeben, nachdem der Aufsichtsrat einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, wie von der Beklagten erstinstanzlich auch unbestritten vorgetragen wurde, ( vgl. Bl. 61 GA). Diese Vorgehensweise ist auch gedeckt durch die Ermächtigung in § 16 Abs.3 der Satzung, die dahingehend zu verstehen ist, dass Willenserklärungen des Aufsichtsrates, verstanden als die zur Umsetzung von Entscheidungen des Aufsichtsrates erforderlichen Erklärungen, vom Aufsichtsratsvorsitzenden abgegeben (und nicht etwa nur übermittelt) werden. Die Bestimmung enthält damit eine generelle Befugnis, entsprechende Erklärungen abzugeben. Bei Einschaltung eines Vertreters ist auch nach Auffassung von Bauer und Krieger keine schriftliche Beschlussfassung erforderlich ( vgl. Bauer/Krieger aaO S. 1250f.), sondern lediglich die eigene Kündigungserklärung des bevollmächtigten Vertreters, die hier vorliegt. Darüber hinaus hat der Kläger auch nicht dargetan, dass die Parteien für eine fristlose Kündigung überhaupt ein Schriftformerfordernis vereinbart haben. Das Formerfordernis in § 11 Abs.3 des Anstellungsvertrages bezieht sich lediglich auf die in § 11 geregelte ordentliche Kündigung. Damit kann letztlich die Beantwortung der Frage dahinstehen, ob überhaupt bei der Übermittlung einer fremden Kündigungserklärung des Aufsichtsrates als Bote zur Einhaltung des Schriftformerfordernisses gem. § 125 S.2 BGB erforderlich ist, dass der Beschluss schriftlich abgefasst und von allen Beteiligten unterzeichnet ist oder ob nicht die Zusendung eines Protokolls genügt (vgl. hierzu Bauer/Krieger aaO ), was nach Ansicht des Senats der Fall ist.

bb) Für die Wirksamkeit der Kündigungserklärung vom 6.10.2009 ist auch nicht erforderlich, dass der Kläger zuvor oder zumindest gleichzeitig als Vorstand abberufen und ihm dies auch mitgeteilt wurde. Daher steht der Wirksamkeit der Kündigungserklärung auch nicht entgegen, dass dem Kläger der Widerruf seiner Bestellung zum Vorstand erst mit Schreiben vom 8.10.2009 am 10.10.2009 zugegangen ist. Organstellung und Anstellungsverhältnis des Vorstandsmitglieds einer AG sind rechtlich streng voneinander zu trennen. Die Beendigung des einen Verhältnisses hat grundsätzlich keinen Einfluss auf den Fortbestand des anderen. Es gilt das sogenannte Trennungsprinzip, § 84 Abs.3 S.5 AktG (vgl. Schmidt/Lutter, AktG, 2008, Band I, § 84 Rdn.60) mit der Folge, dass das dienstvertragliche Anstellungsverhältnis unabhängig vom Bestehen des körperschaftlichen Organverhältnisses zu betrachten ist. Die Wirksamkeit der Kündigungserklärung hängt daher nicht von einer gleichzeitigen oder früheren Mitteilung seiner Abberufung ab. Dass die Kündigung nicht vorgenommen werden darf, solange der Widerruf durch den Aufsichtsrat nicht beschlossen ist (vgl. Münchner Kommentar zum AktG/Spindler, 3. Auflage 2008 § 84 Rdn. 152) steht der Wirksamkeit nicht entgegen, da unstreitig eine Beschlussfassung über den Widerruf zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung vom 6.10.2009 vorgelegen hat.

b) Die fristlose Kündigung vom 06.10.2009 ist auch materiell berechtigt, § 626 Abs. 1 BGB. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die klägerische Anweisung an ihm untergebene Mitarbeiter der Beklagten, ihm ein Edelstahltor für sein Privathaus anzufertigen, einen wichtigen Grund darstellt, der die Beklagte zur fristlosen Beendigung des Anstellungsverhältnisses berechtigte.

Die Angriffe der Berufung hiergegen gehen fehl. Die Kündigung des mit einem Vorstandsmitglied geschlossenen Anstellungsvertrages setzt einen wichtigen Grund i. S. v. § 626 BGB voraus. Ein solcher wichtiger Grund liegt dann vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der relevanten Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses, insbesondere also auch der Anspruch des Vorstandsmitglieds auf Leistung der Vergütung, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zumutbar ist, § 313 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dabei ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB unabhängig von der Frage der Zulässigkeit eines Bestellungswiderrufs nach § 84 Abs. 3 AktG zu beurteilen. Die Auslegung des § 626 Abs. 1 BGB hat die Besonderheiten einer Vorstandstätigkeit, also etwa die gesteigerten Treuebindungen und die erheblichen Vermögensbeeinträchtigungsmöglichkeiten, die das Vorstandsmitglied im Verhältnis zum Unternehmen hat, zu berücksichtigen, ist jedoch autonom auszulegen (vgl. BGH Urt. v. 23.10.1995, II ZR 130/94, WM 1995, 2064, 2065, Seibt in: Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl. 2010, § 84 Rn. 66 m. w. N.). Grundlage einer fristlosen Kündigung können insbesondere grobe Pflichtverletzungen i. S. v. § 84 Abs. 3 Satz 2, erster Fall BGB sein. Diese bilden in der Regel auch einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung nach § 626 BGB.

Zutreffend und mit überzeugender Begründung ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Anweisung seiner Untergebenen zur Anfertigung eines Edelstahltores für sein Privathaus eine solche Pflichtverletzung darstellt, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen der Parteien die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses für die Beklagte unzumutbar erscheinen lässt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen Y… und S… ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Zeugen das Edelstahlrohr ohne Entlohnung seitens des Klägers in ihrer Arbeitszeit gefertigt haben, was der Kläger auch wusste. An diese Feststellungen ist der Senat gebunden, § 529 ZPO. Der Berufungsvortrag bietet keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen begründen könnten. Wie das Landgericht zutreffend festgehalten hat, haben beide Zeugen übereinstimmend ausgesagt, die Arbeiten am Tor während ihrer Arbeitszeit ausgeführt zu haben. Soweit der Kläger aus dem Umstand, dass der Zeuge Y… ausgesagt hat, die Arbeiten durchgeführt zu haben, wenn die anderen Mitarbeiter Feierabend hatten und die Maschinen frei waren, den Schluss gezogen hat, dass dann auch der Zeuge frei gehabt haben müsse, ist dieser Rückschluss nach den eindeutigen Angaben des Zeugen unzutreffend. Der Zeuge hat nämlich ausgesagt, eine sog. Vertrauensarbeitszeit gehabt zu haben, was bedeute, dass die Zeit, die er im Betrieb war, auch seine Arbeitszeit war. Damit aber hat auch er die Arbeiten am Edelstahltor in seiner Arbeitszeit ausgeführt. Dies geschah in Kenntnis des Klägers, was dieser auch in der Berufungsinstanz nicht mehr ernstlich in Abrede stellt. Auch ging die Initiative für die Anfertigung der Arbeiten vom Kläger aus, der den Zeugen Y… hierauf ansprach und diesem mit der Übersendung von Skizzen die Anweisung erteilte, für ihn persönlich tätig zu werden. Zutreffend hat das Landgericht auch festgestellt, dass es sich hierbei nicht um einen Freundschaftsdienst der Zeugen in ihrer Freizeit gehandelt hat, weil kein persönliches Verhältnis zum Kläger bestand. Daher war sowohl dem Kläger, der ja wusste, dass er die Arbeiten den Zeugen nicht gesondert entlohnen würde und dies auch zu keinem Zeitpunkt angeboten hat, als auch den Zeugen von vorneherein klar, dass die Arbeiten in ihrer Arbeitszeit durchgeführt wurden.

Mit überzeugender Begründung hat das Landgericht bei der Würdigung berücksichtigt, dass der Beklagten durch das Verhalten des Klägers - die Anweisung an Untergebene, für ihn Privatarbeiten durchzuführen - ein Vermögensschaden entstanden ist. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Zeugen hätten ja während eines Leerlaufs gearbeitet. Zumindest für den Zeugen Y… stimmt dies nicht uneingeschränkt. So hat dieser ausgesagt, ihm sei es unangenehm gewesen, dass der Kläger auf ihn zugekommen sei, weil der Betrieb eigentlich ausgelastet gewesen sei und er Stress gehabt habe, er habe nur auf Drängen des Klägers gehandelt. Wenn der Zeuge in einer solchen Situation nach dem Feierabend der übrigen Mitarbeiter in der ihm bezahlten Vertrauensarbeitszeit für den Kläger tätig wird, ist dies keine Tätigkeit währen der Zeit dienstlichen "Leerlaufs". Darüber hinaus dient vermeintlicher oder tatsächlicher Leerlauf, d.h. die Phase, in der kein akuter Arbeitsauftrag zu bearbeiten ist, nicht dazu, Privatarbeiten auszuführender, sondern der Regeneration, die letztlich nicht nur dem Arbeitnehmer, sondern über die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit auch dem Arbeitgeber zu Gute kommen soll. Der Annahme eines Vermögensschadens kann dieses Argument daher nicht entgegengehalten werden. Bei der Beurteilung der Schwere des dem Kläger anzulastenden Pflichtverstoßes kommt es auch nicht darauf an, dass der Vermögensschaden mit rund 750 € - zumal im Vergleich mit dem vertraglich vereinbarten Vorstandsgehalt gering sein mag. Denn den Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit hat das Landgericht zu Recht nicht in dem für das Unternehmen eingetretenen Vermögensschaden, sondern darin gesehen, dass der Kläger mit seinem Verhalten die gerade mit seiner Führungsposition einhergehenden Treuepflichten in grobem Maße verletzt hat. Bei der Beurteilung der ihm obliegenden Treuepflicht ist nicht entscheidend, ob der Kläger Alleinvorstand war oder weitere Vorstandsmitglieder für die Beklagte tätig waren. Wie der Kläger in der Berufungsbegründung selber hervorgehoben hat, war er als Vorstand Vertreter des Arbeitgebers und nahm als solcher besonderes Vertrauen in Anspruch, gerade weil ihm - wie er selber betont, eine Entscheidungsbefugnis über die ihm untergebenen Arbeitnehmer der Beklagten oblag, die er jedoch - entgegen seiner Auffassung - auch bei (vermeintlichem) "Leerlauf" nicht dazu missbrauchen durfte, Arbeitnehmer für seine Privatzwecke einzusetzen. Letztgenannte Auffassung des Klägers zeugt - wie die Beklagte zu Recht geltend macht - von einem grundlegenden Fehlverständnis der dem Kläger eingeräumten Vertrauensstellung. Gerade diese Vertrauensstellung hat er dadurch ausgenutzt, dass er ihm weisungsabhängig untergebene Arbeitnehmer der Beklagten dazu veranlasst hat, in ihrer Arbeitszeit für ihn persönlich tätig zu werden, wissend, dass sich die Zeugen, wie vom Zeugen Y… ausdrücklich bestätigt, aufgrund der Stellung des Klägers seinem Ansinnen kaum entziehen konnten. Dabei entlastet den Kläger auch nicht, dass er geglaubt haben will, die Zeugen würden die Arbeiten nach dem üblichen Verfahren für Privatarbeiten erstellen, also außerhalb der Arbeitszeit. Zu einem bei der Beklagten "üblichen Verfahren für Privatarbeiten von Führungskräften" hat der Kläger nichts vorgetragen. Dies lässt sich auch den Aussagen der Zeugen nicht entnehmen, die lediglich geschildert haben, wie verfahren wird, wenn Mitarbeiter für sich selber Privatarbeiten im Betrieb durchführen. Dies ist aber nicht mit der Situation zu vergleichen, dass ein Vorgesetzter in Führungsposition die Anweisung erteilt, im Betrieb Arbeiten an einem für Privatzwecken eingesetzten Tor durchzuführen. Dass der Kläger nicht ausdrücklich die Anweisung erteilt hat, die Arbeiten in der Arbeitszeit auszuführen, ist nicht von Belang, da sowohl der Kläger als auch die Zeugen von vorneherein nicht davon ausgehen konnten, dass die Arbeiten außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt werden sollten. Von den Zeugen konnte der Kläger dies ohne ausdrückliche Absprache nicht erwarten, weil er keine gesonderte Entlohnung angeboten hat und eine kostenlose Tätigkeit nicht erwarten konnte. Zudem hat er alsbald zur Kenntnis genommen, dass die Zeugen in ihrer Arbeitszeit am Tor gearbeitet haben, ohne sie darauf anzusprechen. Die Zeugen hingegen konnten aufgrund der Anweisung davon ausgehen, dass sie keine gesonderte Entlohnung erhalten würden, aber die "Erlaubnis" einer Führungskraft bestand, die Arbeiten während der Arbeitszeit auszuführen. Nach alledem ist die Wertung des Landgerichtes zutreffend, dass der Kläger mit seinem Verhalten bei den ihm untergebenen Mitarbeitern der Beklagten den Eindruck erweckt hat, als würden die klaren Verhaltensregeln für Privatarbeiten im Betrieb für ihn nicht gelten. Im Hinblick auf die in der hervorgehobenen Stellung mit entsprechender Vergütung zum Ausdruck kommenden Vorbildfunktion ist ein solches Verhalten nicht zu akzeptieren, sondern stellt eine grobe Pflichtverletzung dar.

Im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung hat das Landgericht beanstandungsfrei gewürdigt, dass der Kläger erst rund zwei Jahre bei der Beklagten beschäftigt war, die finanziellen Folgen einer sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses durch die Regelungen zur für die ersten zwei Jahre festgelegten sog. "variablen" Vergütung abgemildert war und die Beklagte ohne die sofortige Beendigung des Vertragsverhältnisses noch mehr als ein Jahr an den Kläger gebunden gewesen und dies auch mit erheblichen Vergütungsverpflichtungen einhergegangen wäre. Auf eine ordentliche Kündigung konnte die Beklagte nicht ohne weiteres verwiesen werden. Diese war nach den vertraglichen Bedingungen zwar möglich, wäre aber ebenfalls mit erheblichen Zahlungsverpflichtungen verbunden gewesen. Angesichts des dem Kläger anzulastenden Treueverstoßes war der Klägerin dies nicht zuzumuten. Zu weiteren zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Umständen, wie soziale Folgen der Kündigung oder Möglichkeiten einer anderweitigen Existenz hat der Kläger nichts vorgetragen.

c) Der Kündigungsgrund " Edelstahltor" konnte auch Berücksichtigung finden, da er zulässigerweise im Prozess nachgeschoben wurde.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bedarf es für die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Anstellungsvertrages gem. § 626 BGB nicht der sofortigen Angabe eines wichtigen Grundes (BGH Urt. v. 5.5.1958, II ZR 245/56, BGHZ 27, 220, 225; BGH Urt. v. 1.12.2003, II ZR 161/02, 157, 151, 157f, Urt. v. 20.6.2005, II ZR 18/03, BGH WM 2005, 1411.). Dieser oder auch weitere wichtige Gründe können grundsätzlich auch noch im Rechtsstreit nachgeschoben werden, soweit sie bei Ausspruch der Kündigung objektiv vorlagen und dem kündigenden Gesellschaftsorgan nicht länger als zwei Wochen zuvor bekannt geworden waren (BGH Urt. v. 1.12.2003, II ZR 161/02, BGHZ 157, 151, 157 m.w.Nachw.) Diese Voraussetzungen sind vorliegend hinsichtlich des Kündigungsgrundes Edelstahltor gegeben, da die Beklagte unwidersprochen geltend gemacht hat, dass ihr die Umstände hinsichtlich der Anfertigung des Edelstahlrohres erst nach der Kündigung bekannt geworden sind. Wann der Beklagten die zunächst von ihr zur Begründung herangezogenen Kündigungsgründe - beleidigende Äußerungen - bekannt geworden sind, ist daher für die Entscheidung des Rechtsstreites nicht entscheidend.

bb) Entgegen der Auffassung des Klägers konnte der Kündigungsgrund "Edelstahltor" auch ohne vorherigen, gesonderten Beschluss des Aufsichtsrates in den Prozess eingeführt werden. Der Senat folgt insoweit der Auffassung des Bundesgerichtshofes in der auch vom Landgericht herangezogenen Entscheidung vom 13.07.1998 ( Az II ZR 131/97, zitiert nach juris Rdn. 12), wonach es einer besonderen Beschlussfassung über die Geltendmachung der nachgeschobenen Gründe schon deshalb nicht bedurfte, da der dafür zuständige Aufsichtsrat die Gesellschaft im Prozess, wie auch im vorliegenden Fall, gem. § 112 AktG allein vertritt. Die vom Kläger gerügte Kompetenzverletzung des Aufsichtsrates ist nicht gegeben. Denn diese Bedenken beruhen darauf, dass dann, wenn das Gesetz die Entscheidung über eine außerordentliche Kündigung einem bestimmten Organ vorbehält, sich dessen Entscheidungsgewalt sich nicht nur auf die Frage erstreckt, ob überhaupt gekündigt werden soll, sondern auch darauf, welche Gründe hierfür heranzuziehen sind ( vgl. BGH, Urt. v. 29.03.1973 - II ZR 20/70, zitiert nach juris Rdn. 19). Im Einzelfall können beachtliche Interessen dafür sprechen, einen an sich als Kündigungsgrund verwertbaren Tatbestand nicht zur Erörterung zu stellen. Für den Fall einer Genossenschaft hat der Bundesgerichtshof daher ausgeführt, dass das Vertretungsorgan einer Genossenschaft jedenfalls dann nicht von sich aus nachträglich die Gründe für die Kündigung eines Vorstandsmitgliedes erweitern kann, wenn die für die Entscheidung über eine außerordentliche Kündigung allein zuständige Generalversammlung die Kündigung nur aus bestimmten Gründen ausgesprochen hat (BGH, Urt. v. 14.10.1991,- II ZR 239/90, zitiert nach juris Rdn. 14). Dass dies vorliegend der Fall ist und beachtliche Interessen erkennbar sind, die vom Aufsichtsrat beschlossene fristlose Kündigung des Klägers nicht auch auf den Komplex "Edelstahltor" gestützt werden soll, ist nicht dargetan und auch nicht ersichtlich. Dann aber ist nicht überzeugend, dass dann wenn der zum Zeitpunkt der Kündigung bereits bekannte Sachverhalt den Mitgliedern des zuständigen Organs für eine fristlose Kündigung ausgereicht hat, im Falle des Hinzutretens weiterer Kündigungsgründe diese erst nach einem erneuten Beschluss in den Prozess eingeführt werden können ( vgl. Bauer/Krieger aaO S. 1251).

Klageanträge 2- 5 :

Nach den Feststellungen zum Klageantrag zu 1 fehlt es bereits an dem erforderlichen Feststellungsinteresse für die begehrten Feststellungen, da das Rechtsverhältnis bereits durch die fristlose Kündigung vom 6.10.2009 am selben Tag beendet wurde. Die weitergehenden Feststellungsanträge sind aber jedenfalls aber aus den Gründen zu 1. auch unbegründet.

Klageantrag zu 6:

Der allgemein formulierte Klageantrag ist bereits unzulässig, da er sich so nur auf eine Rechtsfrage bezieht, die Frage zum Rechtsverhältnis aber schon unter 1 beantwortet wurde.

Klageanträge zu 7 und 8:

Dabei kann dahinstehen, ob es sich um eine Gestaltungsklage handelt, weil die Bestellung rückwirkend wiederhergestellt werden soll oder um eine Feststellungsklage, weil das Begehren des Klägers eben auch auf das Fehlen eines für erforderlich gehaltenen Aufsichtsratsbeschlusses gestützt wird (vgl. Hüffer, Aktiengesetz, 9. Auflage 2010 Rdn.34). Denn der Widerruf war weder unwirksam noch nichtig. Die Beklagte war vielmehr gem. § 84 Abs.3 AktG zum Widerruf der Bestellung berechtigt. Danach setzt der Widerruf der Bestellung das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus und auch die weiteren Wirksamkeitsvoraussetzungen entsprechen denen bei der Kündigung des Anstellungsverhältnisses. Insoweit kann auf die Ausführungen zum Anstellungsverhältnis verwiesen werden.

Dies gilt auch hinsichtlich der Notwendigkeit einer erneuten Beschlussfassung. Zwar wird verschiedentlich in der Literatur vertreten, das Nachschieben von Widerrufsgründen sei nur mit entsprechendem Beschluss möglich ( vgl. Hüffer, aa O Rdn. 34, Hefermehl/Spindler in Münchn Komm, aaO § 84 Rdn. 134). Dem wird jedoch entgegengehalten, dass es für das Nachschieben von Gründen keines neuen Beschlusses bedürfe, da es sich hierbei nicht um einen rechtsgestaltenden Akt handele (vgl. Thüsing in Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, 2006, § 5 Rdn.16). Dies spricht, wie schon zum Klageantrag zu 1 ausgeführt, dafür, auf das Erfordernis eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses auch bei der Abberufung jedenfalls dann zu verzichten, wenn nicht ausnahmsweise erkennbar wird, dass der Aufsichtsrat die fristlose Kündigung nur auf bestimmte Gründe stützen wollte, das anzunehmen ohne entsprechende Anhaltspunkte eher lebensfremd ist. Zudem ist auch nicht nachvollziehbar, warum für das Nachschieben von Gründen für die Kündigung ein anderer Maßstab anzulegen sein sollte als für den Widerruf der Bestellung als Vorstand, zumal der Beschlussfassung hinsichtlich der Kündigung sowie des Widerrufes eine einheitliche Willensbildung dahingehend zugrunde liegt, den Vorstand aus seinem Amt zu entfernen und da der Vorstand mit dem Widerruf seiner Bestellung für die AG nicht mehr tätig werden muss, auch seinen Anstellungsvertrag zu beenden. Zudem ist der Beklagten darin zu folgen, dass auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.07.1998- AZ II ZR 131/97, zitiert nach juris Rdn.12 u 16 für das von ihm für zulässig erachtete Nachschieben von Gründen ohne erneuten Aufsichtsratsbeschluss nicht zwischen der Kündigung und dem Widerruf differenziert, was sich angeboten hätte, wollte er insoweit einen abweichenden Standpunkt einnehmen

Klageanträge zu 9 bis 12:

Da das Anstellungsverhältnis wirksam zum 6.10.2009 beendet wurde, steht dem Kläger auch über den bereits ausgeurteilten Entgeltanspruch kein weitergehender als der vom Landgericht zeitanteilig zutreffend für die Zeit vom 01.10.-6.10.2009 berechnete und in Höhe von 1.925,66 € ausgeurteilte Vergütungsanspruch zu. Der Tenor der landgerichtlichen Entscheidung wurde zur Klarstellung dahingehend ergänzt, dass der Kläger zur Zahlung eines Bruttobetrages verurteilt wird.

Klageantrag zu 13 ( variable Vergütung 2008)

Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht dem Kläger die variable vertragliche Vergütung für das Jahr 2008 in Höhe von 50.000 € gem. § 6 Abs.2 des Anstellungsvertrages zu. Dieser Anspruch ist nicht mangels rechtzeitiger Geltendmachung ausgeschlossen. Soweit das Landgericht aus den Regelungen des Anstellungsvertrages i.V.m. § 175 Abs.1 S. 2 AktG darauf geschlossen hat, dass die Hauptversammlung bis zum 31.08.2009 stattgefunden hat, handelt es sich um einen unzutreffenden Rückschluss. Unstreitig hat die Hauptversammlung erst am 19. November 2010 stattgefunden, so dass der Kläger die variable Vergütung in Höhe des gem. § 6 Abs.2 geregelten Mindestbetrages von 50.000 €, die er bereits mit Klageerhebung geltend gemacht hat, jedenfalls nunmehr verlangen kann. Diese war gem. § 6 Abs.3 Ende Dezember 2010 fällig, so dass auch Verzugszinsen erst ab diesem Zeitpunkt anfallen.

Klageantrag zu 14 (variable Vergütung 2009)

Über den vom Landgericht zutreffend berechneten anteiligen Betrag in Höhe von 33.333,33 € steht dem Kläger kein Anspruch zu, da der Anstellungsvertrag - wie bereits ausgeführt - zum 6.10.2009 beendet wurde.

Hilfsantrag:

Eine Entscheidung über den Hilfsantrag ist nicht angezeigt, da dieser ausdrücklich unter der innerprozessualen Bedingung geltend gemacht wurde, dass der Senat von der Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung ausgeht ( vgl. S. 24 der Berufungsbegründung, Bl. 165 GA).

Zinsanspruch

Der tenorierte Zinsanspruch in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz ab Verzugsbeginn beruht auf §§ 288, 286 BGB.

Entgegen der Auffassung des Klägers stehen ihm keine Zinsen in Höhe von 8% über dem Basissatz zu, da es sich bei dem Kläger um einen Verbraucher im Sinne der §§ 288 Abs.2, 13 BGB handelt. Er ist ähnlich einem GmbH-Geschäftsführer nicht Unternehmer, handelt also nicht im Rahmen einer selbständigen beruflichen Tätigkeit, sondern im Rahmen des vereinbarten Dienstverhältnisses zu seinem Arbeitgeber. Die organschaftliche Stellung als Vorstand ändert hieran nichts.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs.1, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr.10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht geboten, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.

D… S… W…






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 24.02.2012
Az: I-16 U 177/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4d46912b64e4/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_24-Februar-2012_Az_I-16-U-177-10




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