Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 13. November 1996
Aktenzeichen: 26 WF 137/96
(OLG Köln: Beschluss v. 13.11.1996, Az.: 26 WF 137/96)
1. Der Kostenbeamte ist befugt, einer gemäß § 128 Abs. 3 BRAGO erhobenen Erinnerung abzuhelfen. Einem durch die Abhilfeentscheidung beschwerten Beteiligten des Festsetzungsverfahrens steht hiergegen wiederum der Rechtsbehelf der Erinnerung zu.
2. Mit der Bewilligung zur Prozeßkostenhilfe ist das Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren beendet. Eine nachfolgende Erörterung der Sache und ein darauf folgender Vergleichsabschluß sind nicht mehr Gegenstand des Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahrens. Hierfür spielt es keine Rolle, ob die Klage zugestellt worden ist oder nicht.
3. Die Entstehung einer Erörterungsgebühr nach § 31 I Nr. 4 BRAGO setzt lediglich die Anhängigkeit, nicht die Rechtshängigkeit des Verfahrens voraus.
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 31.07.1996 und die als Erinnerung zu behandelnde Beschwerde vom 24.01.1996 werden die Beschlüsse des Amtsgerichts - Familiengericht - Eschweiler vom 13. März 1996 - 12 F 319/94 - und vom 4. Januar 1996 - 12 F 319/94 - aufgehoben, soweit die vorgenannten Beschlüsse die Beschwerdeführer betreffen. Die Erinnerung des Bezirksrevisors vom 10.11.1995 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 16.02.1995 betreffend die dem Rechtsanwalt W. aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das Beschwerdeverfahren betrifft die Höhe der den
Beschwerdeführern aus der Landeskasse zu gewährenden Vergütung.
In dem zugrundeliegenden Unterhaltsabänderungsverfahren, in dem
beide Parteien Prozeßkostenhilfe beantragt hatten, war Termin im
Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren auf den 13.02.1995 bestimmt
worden. In diesem Termin wurde laut Sitzungsprotokoll nach Aufruf
der Sache und Feststellung der Erschienenen beiden Parteien
ratenfreie Prozeßkostenhilfe gewährt, dem Beklagten unter
Beiordnung von Rechtsanwalt W.. Sodann schlossen die Parteien nach
Erörterung der Sach- und Rechtslage einen Vergleich, mit dem das
Verfahren beendet wurde (Bl. 25 f d.A.).
Unter dem 14.02.1995 haben die Beschwerdeführer beantragt, die
ihnen aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 632,50 DM
festzusetzen. Dieser Betrag beinhaltet je eine volle Prozeß-,
Verhandlungs- und Vergleichsgebühr sowie Nebenkosten (Bl. 28 d.A.).
Mit Beschluß vom 16. Februar 1995 hat der Kostenbeamte die
Vergütung antragsgemäß festgesetzt (Bl. 28 R). Auf die hiergegen
gerichtete Erinnerung des Bezirksrevisors vom 10.11.1995 (Bl. 33 f)
hat der Kostenbeamte die Erstfestsetzung dahingehend abgeändert,
daß die an die Beschwerdeführer (Rechtsanwalt W.) aus der
Landeskasse zu gewährende Vergütung auf lediglich 437,00 DM
festgesetzt worden ist. Zur Begründung ist in dem Beschluß
ausgeführt worden, neben der vollen Vergleichsgebühr seien nur je
eine halbe Prozeß- und Erörterungsgebühr entstanden, weil nach
Mitteilung des Abteilungsrichters der Vergleich im
Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren abgeschlossen worden sei (Bl. 42
f). Die hiergegen unter dem 24.01.1996 von den Beschwerdeführern
erhobene sofortige Beschwerde (Bl. 46 f) hat der Amtsrichter als
Erinnerung gegen die Neufestsetzung behandelt und durch den jetzt
angefochtenen Beschluß vom 13. März 1996 zurückgewiesen (Bl. 51 f).
Zur Begründung hat der Amtsrichter angeführt, das Verfahren sei nur
bis ins Prozeßkostenhilfeprüfungsstadium gelangt. Die Festsetzung
einer vollen Erörterungs- und Prozeßgebühr sei schon deshalb nicht
möglich, weil eine Zustellung der Klage nicht erfolgt sei. Es sei
auch unerheblich, daß der Vergleich vom 13.02.1995 nach der
Bewilligung der Prozeßkostenhilfe und nach Erörterung der Sach- und
Rechtslage geschlossen worden sei, weil es sich bei dem Termin vom
13.02.1995 um einen einheitlichen Prozeßkostenhilfeprüfungstermin
gehandelt habe.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde vom 31.07.1996
(Bl. 64 ff) welcher das Amtsgericht nicht abgeholfen hat (Bl.
75).
II.
Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Beschwerde hat auch in
der Sache Erfolg. Dazu ist im einzelnen folgendes auszuführen:
1.
Soweit die Beschwerdeführer die Verfahrensweise des Amtsgerichts
beanstanden, greifen ihre diesbezüglichen Rügen allerdings nicht
durch. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer war das
Amtsgericht berufen, über den als sofortige Beschwerde bezeichneten
Rechtsbehelf vom 24.01.1996 in eigener Zuständigkeit zu befinden.
Die Beschwerdeführer verkennen offenbar, daß der Kostenbeamte
befugt war, der Erinnerung des Bezirksrevisors gegen die
Erstfestsetzung gemäß Beschluß vom 16.02.1995 abzuhelfen und die
Kosten neu festzusetzen (vgl. zur Abhilfebefugnis allgemein
Riedel/Sußbauer (Chemnitz), BRAGO, 7. Aufl. 1995, Rdn. 39 zu § 128;
Gerold/Schmidt (von Eicken), BRAGO, 12. Aufl. 1995, Rdn. 18 zu §
128 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen; Hartmann,
Kostengesetze, 26. Aufl. 1995, Rdn. 36 a.E. zu § 128 BRAGO). Von
dieser Abhilfebefugnis hat der Kostenbeamte mit der Neufestsetzung
gemäß Beschluß vom 4. Januar 1996 Gebrauch gemacht. Gegen diesen
Beschluß stand den hierdurch beschwerten Beschwerdeführern wiederum
der Rechtsbehelf der Erinnerung zu (vgl. dazu allgemein
Riedel/Sußbauer (Chemnitz), a.a.O. und allgemein für § 11 RPflG
Hansens in Arnold/Meyer-Stolte, RPflG, Rdn. 23 zu § 11). Als eine
solche Erinnerung hat deshalb das Amtsgericht zu Recht den als
sofortige Beschwerde bezeichneten Rechtsbehelf der Beschwerdeführer
vom 24.01.1996 behandelt und richtigerweise hierüber gemäß § 128
Abs. 3 BRAGO in eigener Zuständigkeit entschieden.
2.
In der Sache führt die Beschwerde zum Erfolg. Der jetzt
angefochtene Beschluß und die Neufestsetzung der Kosten gemäß dem
Beschluß vom 4. Januar 1996 sind aufzuheben und die Erinnerung des
Bezirksrevisors gegen die Erstfestsetzung zurückzuweisen. Denn die
an die Beschwerdeführer zu erstattende Vergütung aus der
Landeskasse umfaßt neben der Vergleichsgebühr auch je eine volle
Prozeß- und Erörterungsgebühr.
a)
Im vorliegenden Fall ist der Vergleich vom 13.02.1995 nicht
gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO im Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren
geschlossen worden. Dies ergibt sich eindeutig aus dem
Terminsprotokoll (insoweit liegt ein entscheidender Unterschied zu
dem vom Senat entschiedenen Fall FamRZ 1993, 1472 f. vor). Danach
wurde den Parteien vor Erörterung der Sach- und Rechtslage
Prozeßkostenhilfe bewilligt. Mit dieser Bewilligung war das
Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren beendet. Die anschließende
Erörterung und der Vergleichsabschluß waren daher nicht mehr
Gegenstand des Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahrens.
b)
Das Amtsgericht ist nur aufgrund eines unzutreffenden
Rückschlusses zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangt: Weil die
Zustellung der Klage, die sich an die Prozeßkostenhilfeprüfung
anschließe, nicht erfolgt sei, sei auch das Verfahren nur bis zum
Prozeßkostenhilfeprüfungsstadium gelangt. Das trifft jedoch nicht
zu. Die Parteien können auch nach erfolgter
Prozeßkostenhilfebewilligung in einem noch nicht rechtshängigen
Verfahren einen Prozeßvergleich abschließen. Ein Prozeßvergleich
ist in jedem Verfahrensstadium möglich, vgl. § 279 Abs. 1 Satz 1
ZPO.
c)
Es trifft schließlich auch nicht zu, daß die Entstehung einer
vollen Erörterungs- und Prozeßgebühr die Rechtshängigkeit des
Verfahrens voraussetze. Für die Prozeßgebühr liegt dies auf der
Hand. Sie entsteht, sobald der Prozeßbevollmächtigte irgendeine
Tätigkeit zur Ausführung des Auftrags, als Prozeßbevollmächtigter
in dem Rechtsstreit tätig zu werden, entfaltet hat. Eine solche
Tätigkeit ist jedenfalls die Klageeinreichung. Aber auch die
Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO setzt nicht die
Rechtshängigkeit, sondern lediglich die Anhängigkeit des Verfahrens
voraus (Riedel/Sußbauer (Keller), a.a.O., Rdn. 86 zu § 31;
Gerold/Schmidt (von Eicken), a.a.O., Rdn. 149 zu § 31; KG, JurBüro
1988, 1671 ff).
3.
Nach alledem hat es bei der ursprünglichen Kostenfestsetzung
gemäß dem Beschluß vom 16.02.1995 zu verbleiben. Eine
Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, § 128 Abs. 5 BRAGO.
OLG Köln:
Beschluss v. 13.11.1996
Az: 26 WF 137/96
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