Oberlandesgericht München:
Urteil vom 26. Juni 2008
Aktenzeichen: 6 U 5592/07

(OLG München: Urteil v. 26.06.2008, Az.: 6 U 5592/07)

Tenor

I. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 17.10.2007 (Az.: 21 O 16751/07) abgeändert.

II. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 12.09.2007 (Az.: 21 O 16751/07) wird mit der Maßgabe bestätigt, dass

1. der Verfügungsbeklagten bei Meidung

€ eines Ordnungsgeldes von Euro 5,€ bis zu Euro 250.000,€, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder

€ einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer J H,

für jeden Fall der Zuwiderhandlung gemäß §§ 935 ff., 890 ZPO verboten wird,

Vorrichtungen zur Abstützung eines Pfostens, insbesondere eines Holzbalkens, mit einem in eine Bohrung des Pfostens einführ- und festlegbaren Ansatzteil, und eine mit dem Ansatzteil verbindbare Stützeinrichtung mit einem in seiner Länge verstellbaren Stellelement herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu gebrauchen, bei denen das Ansatzteil einen Hohlraum aufweist, welcher wenigstens einen Teil des Stellelements aufnimmt, und das Ansatzteil eine in den abzustützenden Teil des Pfostens einschlagbare Rohrhülse aufweist,

2. der Verfügungsbeklagten aufgegeben wird, dem Verfügungskläger Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Verfügungsbeklagte die vorstehend zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 28.12.2006 begangen hat, und zwar unter Angabe

der Herstellungsmengen (alternativ: der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse) sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und der gewerblichen Abnehmer, aufgeschlüsselt nach Liefermengen.

III. Im übrigen wird die Berufung wegen des weitergehenden Auskunftsantrags zurückgewiesen und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

IV. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 2/3, der Verfügungskläger zu 1/3.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen.

II.

Die angefochtene Entscheidung war dahingehend abzuändern, dass die einstweilige Verfügung nach Maßgabe des geänderten Verfügungsantrags zu bestätigen war (Unterlassung), denn der Verfügungsklägerin steht gemäß § 139 PatG ein Verfügungsanspruch auf die begehrte Unterlassung zu und es ist ein Verfügungsgrund gegeben.

1. Der Verfügungsgrund ist nicht weggefallen, weil das Verfügungspatent nicht rechtsbeständig sein könnte. Insbesondere kann der Senat im hier gegebenen summarischen Verfahren nicht davon ausgehen, dass das Verfügungspatent wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Bestand haben könnte.

4Aus dem im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheid des EPA vom 10.03.2005 (Anlage NK 9) ergibt sich, dass die hier allein relevante Entgegenhaltung DE ... Gegenstand des Prüfungsverfahrens war, dort zunächst als Hindernis für die Erteilung angesehen wurde, dann aber dennoch die Patenterteilung erfolgt ist.

5Da das Gesetz einen Dualismus von Erteilungs- und Verletzungsverfahren vorsieht, kann eine Durchbrechung dieser grundsätzlichen Regelung nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen erfolgen.

6Weil die maßgebliche Entgegenhaltung in das Prüfungsverfahren eingeführt wurde und dort Berücksichtigung fand, bewegt sich der Senat im Bereich der Spekulation, warum trotz der ursprünglichen Bedenken dennoch eine Erteilung erfolgt ist. Die hier gegebene Sachverhaltsgestaltung ergibt daher keinen Anlass von dem oben dargestellten Grundsatz Abstand zu nehmen, sodass das Verletzungsgericht vom Rechtsbestand des Verfügungspatents auszugehen hat.

2. Die summarische Prüfung ergibt auch einen Verfügungsanspruch der Klägerin.

Eine Einschränkung auf fehlende Passgenauigkeit, wie von der Verfügungsbeklagten vorgebracht, ist dem Patentanspruch nicht zu entnehmen. Auch die Patentbeschreibung gibt hierfür keine Anhaltspunkte. Objektiv ist die angegriffene Ausführungsform zum "einschlagen" unzweifelhaft geeignet. Mehr ist für die Verwirklichung der technischen Lehre des Verfügungspatents nicht zu fordern.

3. Der Auskunftsanspruch konnte nur im tenorierten Umfang gemäß § 140 b PatG ausgesprochen werden.

III.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91, 92 und 269 ZPO.

Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO).






OLG München:
Urteil v. 26.06.2008
Az: 6 U 5592/07


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