Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. November 2006
Aktenzeichen: 14 W (pat) 331/04
(BPatG: Beschluss v. 14.11.2006, Az.: 14 W (pat) 331/04)
Tenor
Das Patent 199 05 521 wird in vollem Umfang aufrechterhalten.
Gründe
I Die Erteilung des Patents 199 05 521 mit der Bezeichnung
"Verfahren zur Herstellung von Sinterdolomit"
ist am 1. April 2004 veröffentlicht worden. Es umfasst 6 Patentansprüche, von denen Anspruch 1 nach Korrektur eines offensichtlichen Schreibfehlers wie folgt lautet:
"Verfahren zum Herstellen von aus Rohdolomit minderer Qualität gebrannten Briketts, deren Sinterdolomit eine Schüttdichte größer 3,23 g/cm3 aufweist und die Oxide des Sinterdolomits sich nur bis zu 15 Gew.-% in Hydroxide umwandeln, wenn sie Feuchtigkeit aus der Atmosphäre ausgesetzt werden, welches umfasst:
- Mahlen eines Rohdolomits minderer Qualität auf eine Maschengröße von bis zu 0,149 mm für 100 Gew.-% bis zu einer Maschengröße von bis zu 0,074 mm für 90 Gew.-%,
- Einbringen von Additiven zu dem gemahlenen Dolomit, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Fe2O3, welches eine Minimum-Reinheit von 98 % und eine Minimum-Korngröße von bis zu 0,044 mm für 98 Gew.-% aufweist, in einer Menge von 0,1 bis 0,8 Gew.-%, SiO2 welches eine Reinheit von 98 % und eine Korngröße von bis zu 0,149 mm für 100 Gew.-% aufweist, in einer Menge von 0,07 bis 0,3 Gew.-%
und Mg(OH)2, Ca(OH)2 oder eine Mischung der Hydroxide in einer Menge von 0,5 bis 10 Gew.-%, um den Mangel an Fe, Si, Mg und Ca des Rohdolomits minderer Qualität zu kompensieren,
- gleichmäßiges Mischen der Additive mit dem gemahlenen Dolomit;
- Verdichten der Mischung, um Briketts zu bilden, welche eine Dichte von 2 g/cm3 bis 2,5 g/cm3 aufweisen,
- Sieben der Brikettstücke, um Feinpartikel und Material geringer Härte zu entfernen,
- Brennen der Briketts in einem einzigen Sinterschritt bei einer Temperatur von 1700 bis 2000 ¡C für 1,5 bis 2 Stunden - und Abkühlen der Briketts."
Zum Wortlaut der auf Anspruch 1 unmittelbar zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 6 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Gegen dieses Patent ist am 1. Juli 2004 Einspruch erhoben worden, der auf die Behauptung gestützt ist, das beanspruchte Verfahren beruhe gegenüber dem durch die Entgegenhaltungen D1 DE 31 18 481 A1 und D2 EP 0 359 997 A1 belegten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin tritt dem Einspruchsvorbringen entgegen und beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten.
Wegen weiterer Einzelheiten des schriftlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II 1. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und mit Gründen versehen. Er ist somit zulässig, kann aber nicht zum Erfolg führen.
2. Die Patentansprüche sind zulässig.
Anspruch 1 geht inhaltlich auf die ursprünglichen Ansprüche 1, 3 und 4 i. V. m. Seite 1 Zeilen 24 bis 27 und Seite 15 Tabelle 7 der ursprünglichen Beschreibung zurück. Die erteilten Ansprüche 2 bis 6 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2, 5 und 7 bis 9.
3. Die Neuheit des Verfahrens nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist unbestritten. Da die Überprüfung durch den Senat zu keiner anderen Feststellung Anlass gibt, erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.
4. Das patentgemäße Verfahren beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zu Grunde, ein sehr wirtschaftliches Verfahren zum Herstellen eines Sinterdolomits, welcher die gewünschten Eigenschaften für die Feuerfestherstellung und andere, ähnliche Produkte aufweist, durch Verkürzung des Herstellungsverfahrens zu schaffen ([0019]).
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen gemäß Anspruch 1 gelöst.
Die Einsprechende hat angemerkt, dass sich die in der Streitpatentschrift formulierte Aufgabe den ursprünglichen Unterlagen so nicht entnehmen lasse, obwohl dort mehrere unterschiedliche Aufgabenstellungen angegeben seien. Dies ist jedoch nicht zu beanstanden, geschweige denn ein Widerrufsgrund. Die Bestimmung der Aufgabe hat sich ausschließlich an dem vom beanspruchten Verfahren objektiv Erreichten zu orientieren (Benkard PatG 10. Aufl. § 4 Rdn. 12, § 34 Rdn. 19 f.; Busse PatG 6. Aufl. § 1 Rdn. 92, § 4 Rdn. 20; Schulte PatG 7. Aufl. § 4 Rdn. 32); vorliegend ist hierbei insbesondere die nächstgelegene, erst im Prüfungsverfahren eingeführte D1 zu berücksichtigen.
Zwischen den Beteiligten ist unstrittig, dass die Entgegenhaltung D1 keine Brenndauern von 1,5 bis 2 Stunden (für den Sinterschritt bei einer Temperatur von 1700 bis 2000¡C) gemäß dem Merkmal nach dem vorletzten Spiegelstrich des erteilten Anspruchs 1 lehrt. Die einzige konkret in D1 angegebene Brenndauer beträgt 8 Stunden (handschr. S. 10 le. Abs.). In D2 ist überhaupt keine Brenndauer angegeben; nach dem von der Patentinhaberin insoweit nicht bezweifelten Vorbringen der Einsprechenden kann für die dort beschriebenen Drehrohröfen eine Brenndauer von 5 bis 6 Stunden angenommen werden.
Gegenüber diesen belegten bzw. glaubhaft gemachten Brenndauern beträgt die patentgemäße lediglich ca. 1/5 bis 2/5; d. h. sie unterscheidet sich dramatisch. Dies kann nicht als Wirkungsangabe charakterisiert werden, denn die Vorgabe, 1,5 bis 2 Stunden bei 1700 bis 2000¡C zu sintern, ist ersichtlich eine vom Fachmann einzuhaltende technische Maßnahme.
Diese Maßnahme ergibt sich auch nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik. Zwar ist die Einsparung von Material und Arbeit eine ständige Zielsetzung eines mit der Optimierung eines Verfahrens betrauten Fachmanns. Vorliegend gibt es jedoch im einschlägigen Stand der Technik keine Anregung, erheblich verkürzte Brenndauern in Erwägung zu ziehen; jedenfalls ist ein dahingehender Hinweis im Stand der Technik von der Einsprechenden nicht belegt worden. Hierzu kommt, dass die kurze Brenndauer von 1,5 bis 2 Stunden in üblichen Drehrohröfen - wie von der Einsprechenden überzeugend vorgetragen - nicht zu realisieren ist und somit eine Umstellung und eigene Konzipierung der Sinterlinie erforderlich macht. Auch hieraus wird ersichtlich, dass die Fachwelt längere Sinterdauern für notwendig gehalten hat und keine Überlegungen angestellt hat, dass sie - im Zusammenwirken mit den übrigen Maßnahmen des erteilten Anspruchs 1 - drastisch verkürzt werden könnten.
5. Anspruch 1 ist daher rechtsbeständig. Mit ihm haben die auf besondere Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 1 gerichteten Ansprüche 2 bis 6 Bestand.
BPatG:
Beschluss v. 14.11.2006
Az: 14 W (pat) 331/04
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