Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Juni 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 21/03
(BPatG: Beschluss v. 18.06.2003, Az.: 29 W (pat) 21/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Bezeichnung Deutscher Lebensmittelrechtstagist als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 "Druckerzeugnisse (Fachzeitschriften)";
35 "Werbung"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluss vom 21. Oktober 2002 in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 19. Dezember 2002 aus den Gründen des Beanstandungsbescheids vom 17. Juli 2002 gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Der angemeldeten Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft, weil sie in üblicher Weise auf eine deutsche Veranstaltung zum Thema Lebensmittelrecht hinweise. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen stelle sie eine unmittelbar beschreibende Angabe über Gegenstand, Inhalt und Thematik der "Druckereierzeugnisse (Fachzeitschriften)" und der "Werbung" dar.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass in ihrem Verlag die "ZLR-Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht" erscheine, die in Fachkreisen als tonangebend bekannt sei und den "Deutschen Lebensmittelrechtstag" veranstalte und durch Druckwerke vermarkte. Sie beruft sich auf die Schutzfähigkeit von Werktiteln als Marke, wobei jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreiche, um dieses Hindernis zu überwinden. Schon unter diesem Aspekt sei die Kombination der Begriffe "Tag", "Lebensmittel" und "Recht" phantasievoll. Auch dürfe das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht undifferenziert auf Printtitel angewendet werden, die weitgehend aus geographischen Herkunfts- und Gattungsbezeichnungen bestehen. Andernfalls würde das Markenrecht die Auswahl der Titel für die Verlage begrenzen, was mit dem Kerngehalt der Pressefreiheit nicht vereinbar sei. Außerdem bezieht sie sich auf die Eintragung von Zeitungstiteln und Bezeichnungen mit dem Bestandteil "Tag".
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung stehen die Hindernisgründe des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.
1. Die Markenstelle ist zu Recht davon ausgegangen, dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft gem § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG fehlt. Die Eintragbarkeit von Titeln von Druckschriften oder anderen Medienträgern bemisst sich nach den allgemeinen Regeln. Dabei sind an die markenrechtliche Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG andere Anforderungen als an die Unterscheidungskraft von Werktiteln gemäß § 5 Abs 3 MarkenG zu stellen. Werktitel dienen im allgemeinen nur der Unterscheidung eines Werks von einem anderen und enthalten in der Regel keinen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werks und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft. Zudem entsteht der Titelschutz ohne weitere Prüfung mit der tatsächlichen Benutzungsaufnahme, endet aber auch unmittelbar mit der Aufgabe des Gebrauchs, während der Markenschutz eine differenziert zu beurteilende zeitliche Begrenzung hat. Aus der Schutzfähigkeit einer Bezeichnung als Titel kann daher nicht auf die Schutzfähigkeit als Marke geschlossen werden (BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt).
Demnach gilt für die markenrechtliche Beurteilung von Titeln für Druckerzeugnisse in gleicher Weise wie für andere Wortmarken, dass einer Bezeichnung dann jegliche Unterscheidungskraft fehlt, wenn ihr für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann oder es sich um einen verständlichen Ausdruck der deutschen Sprache handelt, der vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH WRP 2001, 1082, 1083 "marktfrisch"; BGH GRUR 2001,1043 - Gute Zeiten - schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001 1042 - REICH UND SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK; BGH GRUR 2002, 64 f. - INDIVIDUELLE; BGH GRUR 2002, 816 - BONUS II; BGH MarkenR 2002, 338 - Bar jeder Vernunft).
Das ist hier der Fall. Die Wortfolge "Deutscher Lebensmittelrechtstag" bezeichnet in sprachüblicher Weise eine Veranstaltung oder ein Treffen, das dem Thema des deutschen Lebensmittelrechts bzw. dem in Deutschland geltenden Lebensmittelrecht gewidmet ist. In Verbindung mit "Druckerzeugnissen (Fachzeitschriften)" gibt die angemeldete Bezeichnung lediglich einen Sachhinweis auf deren Inhalt und Gegenstand der Berichterstattung und hinsichtlich der Dienstleistung auf die thematische Ausrichtung der zu erbringenden "Werbung" für die Lebensmittelbranche.
2. Da die angemeldete Kennzeichnung ausschließlich aus Angaben besteht, die einen ohne Nachdenken erkennbaren unmittelbaren Hinweis auf Inhalt und Gegenstand der beanspruchten Waren und Dienstleistungen darstellen, kann sie zu deren Beschreibung im Verkehr dienen. Der Eintragung steht daher auch § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.
3. Für die Überwindung der Eintragungshindernisse im Wege der Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs 3 MarkenG reichen die behauptete Bekanntheit der "ZLR-Zeitschrift" und der Veranstaltung ebenso wenig wie der Hinweis auf die Voreintragungen aus. Die ursprünglich beschreibende Angabe "Lebensmittel-Zeitung" ist zwar für die Anmelderin kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragen. Die Rechtswirkungen erstrecken sich aber nur auf diese Marke und nicht auf eine davon abweichende Bezeichnung. Die Eintragung des Titels "Lebensmittelzeitung direkt" für die Anmelderin beruht letztlich darauf, dass der nachgestellte Begriff "direkt" eine insgesamt mehrdeutige Bezeichnung ergibt, die die konkrete Unterscheidungseignung begründet. Bei der von der Anmelderin herangezogenen Eintragung des Zeitungstitels "Berliner Allgemeine" ist der Bestandteil "Allgemeine" nicht als Gattungsbezeichnung angesehen worden und daher mit der angemeldeten Bezeichnung nicht vergleichbar.
4. Ein Anspruch auf Eintragung eines Printtitels als Marke, der eine beschreibende Sachangabe darstellt, kann auch nicht aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG auf der Grundlage des Schutzes der Pressefreiheit des Art 5 Abs 1 GG hergeleitet werden.
Das Ziel des Schutzes der Pressefreiheit liegt in der Gewährleistung der Meinungsvielfalt als Wesensgehalt einer freien Presse und freier Medien und nicht im Schutz eines Presse- bzw. Medienunternehmens gegenüber Konkurrenten, sofern es sich nicht um Monopolbildungen auf dem Mediensektor handelt, die zu Beeinträchtigungen der Freiheit der Presse und damit zu Einschränkungen der Informations- und Meinungsfreiheit als solcher führen (Model/Müller, Grundgesetz, 10. Aufl, Art 5 Rdn 12; v. Münch, Grundgesetz-Kommentar, 2. Aufl, Art 5 Rdn 24 S 254). Der Staat darf daher in den ökonomischen Wettbewerb auf dem Mediensektor nur eingreifen, soweit dieser Wettbewerb nicht funktioniert (vgl AK-GG-Stein, 2. Aufl, Art 5 Abs 1, 2 Rdn 161, 162). Dies ist jedoch nicht der Fall bei Anwendung der Vorschriften des Markengesetzes auf die Titel von Printobjekten im Eintragungsverfahren. Durch sie werden die vorgenannten allgemeinen Ziele nicht in grundrechtswidriger Weise tangiert. Weder wird durch die Versagung von Markenschutz die Möglichkeit der Verlage bei der Titelauswahl ihrer Druckschriften beschränkt noch werden die sonstige Gestaltung oder der Vertrieb beeinträchtigt. Die Anmelderin kann ihre Produkte und Dienstleistungen jederzeit unter dem Titel "Deutscher Lebensmittelrechtstag" mit jedem Inhalt und in jeglicher Ausgestaltung anbieten und die sich aus dem Werktitelschutz des § 5 MarkenG ergebenden Rechte geltend machen, auch wenn der Titel nicht als Marke eingetragen ist.
Soweit Art 5 Abs 1 GG nicht nur die rein inhaltsbezogenen Tätigkeiten von Medien, sondern im Interesse einer ungehinderten Verbreitung auch inhaltsferne Hilfsfunktionen von Presseunternehmen im Bereich der sog. "Neuen Medien" schützt, greift sein Schutzbereich hier nicht ein (BVerfG ZUM 1999, 841, 842 f; AK-GG-Stein, 2. Aufl, Art 5 Abs 1, 2 Rdn 117; Schmidt-Bleibtreu-Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 9. Aufl, Art 5 Rn 8a). Durch den fehlenden Schutz des Titels als Marke werden der Vertrieb der Druckerzeugnisse und die Erbringung der Werbedienste nicht beeinträchtigt.
Selbst wenn man aber davon ausgehen würde, dass für die Frage des Markenschutzes für Zeitschriftentitel Art 5 GG einschlägig sei, ist zu berücksichtigen, dass die Schutzversagungsgründe des Markengesetzes lediglich die immanenten Schranken gem Art 5 Abs 2 GG regeln und gewährleisten, dass kein Anbieter Konkurrenten von der Verwendung von Sachangaben ausschließen kann. Insofern ist das Markengesetz als eine sich bereits aus der Natur der Schranken der Pressefreiheit im Verhältnis zu den Rechten Dritter ergebende Verwirklichung des Grundrechts und nicht als unzulässige Einschränkung anzusehen (vgl Schmidt-Bleibtreu-Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 9. Aufl, Art 5 Rdn 12; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 6. Aufl 2002 Art 5 Rdn 56 ff, Art 19 Rdn 4; Leipholz/Rinck, Grundgesetz, 7. Aufl, Art 5 Rdn 681).
5. Die von der Anmelderin angegebenen Eintragungen von Wortmarken mit dem Bestandteil "Tag" sind nicht eintragungsbegründend. Zum einen lassen sie nicht die Waren und Dienstleistungen erkennen, für die die Eintragung begehrt wurde. Zum anderen vermag nach ständiger Rechtsprechung selbst die Eintragung identischer oder vergleichbarer Marken weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung zu führen, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstellt (vgl BGH GRUR 1989, 420, 421 - KSÜD; BlfPMZ 1998, 248 - Today; Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl, § 8 Rdn 262 mwN).
Vorsitzende Richterin Grabrucker ist im Urlaub und daher verhindert zu unterschreiben Pagenberg Pagenberg Richter Voit ist abgeordnet und daher verhindert zu unterschreiben.
Pagenberg Cl
BPatG:
Beschluss v. 18.06.2003
Az: 29 W (pat) 21/03
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