Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 18. Mai 2004
Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 75/04
(OLG Hamm: Beschluss v. 18.05.2004, Az.: 1 Vollz (Ws) 75/04)
Tenor
Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 25 Abs. 4 GKG).
Gründe
I.
Der Betroffene befand sich in der Zeit vom 31. Januar 2002 bis zum 26. April 2004 in Strafhaft. Aufgrund einer Entscheidung des Leiters der Justizvollzugsanstalt Detmold vom 16. September 2003 wurde er am 17. September 2003 von der Justizvollzugsanstalt Detmold in die Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede I verlegt. Den gegen die Verlegungsentscheidung gerichteten Widerspruch des Betroffenen wies der Präsident des Landesjustizvollzugsamtes Nordrhein-Westfalen mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2003 als unbegründet zurück. Der dagegen gerichtete Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung, mit dem der Betroffene seine Rückverlegung in die Justizvollzugsanstalt Detmold anstrebte, hatte Erfolg. Mit Beschluss vom 08. April 2004 hob die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Detmold den Bescheid des Leiters der Justizvollzugsanstalt Detmold vom
16. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auf. Gleichzeitig setzte die Strafvollstreckungskammer den Gegenstandswert des Verfahrens auf 250,00 € fest.
Mit Schriftsatz vom 20. April 2004 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen gegen die Streitwertfestsetzung "sofortige Beschwerde" erhoben mit dem Antrag, den Gegenstandswert des Verfahrens auf 4.000,00 € festzusetzen. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Detmold hat der Streitwertbeschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen gegen die Streitwertfestsetzung ist gem. §§ 48 a Satz 1, 25 Abs. 3 Satz 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Soweit das Oberlandesgericht Koblenz in einer früheren Entscheidung die Auffassung vertreten hat, eine "isolierte" Streitwertbeschwerde sei nicht statthaft im Hinblick darauf, dass Nebenentscheidungen keiner weiteren Nachprüfung unterliegen könnten als die Sachentscheidung selbst (vgl. OLG Koblenz, NStZ 1982, 48), überzeugt diese von anderen Oberlandesgerichten nicht geteilte Ansicht nicht. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 26. Januar 1989 - 1 Vollz (Ws) 6/89 (veröffentlicht in NStZ 1989, 495) näher ausgeführt hat, richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen die in einem gerichtlichen Verfahren nach §§ 109 ff. StVollzG erfolgte Streitwertfestsetzung ausschließlich nach dem Gerichtskostengesetz (§§ 48 a Satz 1, 25 Abs. 3 GKG), welches ein eigenständiges Beschwerderecht gewährt und zwar unabhängig von den im Hinblick auf §§ 116, 121 StVollzG eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten gerichtlicher Entscheidungen anderer Art im vollzuglichen Bereich.
Die aus eigenem Recht (vgl. § 9 Abs. 2 BRAGO) eingelegte Streitwertbeschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen ist jedoch unbegründet. Die Wertfestsetzung der Strafvollstreckungskammer, die den Gegenstandswert auf 250,00 € festgesetzt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. § 48 a Satz 1 GKG erklärt hinsichtlich der Wertberechnung die Regelung des § 13 GKG für entsprechend anwendbar. Der Streitwert ist demgemäß nach den Grundsätzen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu bestimmen. Die Höhe des Gegenstandswertes richtet sich vorrangig nach der sich aus dem Antrag des Klägers bzw. Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG); nur wenn der Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 4.000,00 € anzunehmen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG). Dass vorliegend der vom Betroffenen gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung keinen zu beziffernden Wert hat, bedeutet nicht, dass gem. §§ 48 a, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG der Streitwert auf 4.000,00 € festzusetzen ist. Der Streitwert von 4.000,00 € stellt keinen Regelstreitwert, sondern lediglich einen Ersatzwert dar, auf den nur dann zurückzugreifen ist, wenn der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für eine anderweitige Wertbemessung bietet (zu vgl. OLG Hamm, NStZ 1989, 495; Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 9. Aufl., § 121 Rdnr. 1). Auch ist die besondere wirtschaftliche Situation zahlreicher Gefangener, die oft von mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit gekennzeichnet ist, zu berücksichtigen (vgl. Callies, a. a. O.; AK-StVollzG-Volckart, 4. Aufl., § 121 Rdnr. 9). Wendet sich ein Strafgefangener, wie im vorliegenden Fall der Betroffene, gegen eine angeordnete Verlegung in eine andere Vollzugsanstalt (§ 8 StVollzG), so hat sich die Festsetzung des Gegenstandswertes danach zu orientieren, welche Auswirkungen die Verlegung nach dem Vorbringen des Betroffenen für diesen hat. Insoweit ist neben der gegebenenfalls wechselnden Vollzugsform (offener/geschlossener Vollzug, vgl. § 10 StVollzG) und den geografischen Gegebenheiten (Entfernungsverhältnisse) insbesondere die (Rest-)Vollzugsdauer von Bedeutung. Vorliegend ging es um eine Verlegung des Betroffenen von einer Anstalt des geschlossenen Vollzuges in eine andere, wobei die Vollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede I, in die der Betroffene aufgrund der angefochtenen Entscheidung vom 16. September 2003 verlegt wurde, nur etwa 35 km von der Vollzugsanstalt Detmold entfernt liegt. Aus dem Vorbringen des Betroffenen ergab sich auch nicht, dass die Verlegung ihn in persönlicher, sozialer oder beruflicher Weise besonders nachteilig getroffen hat. Dem Betroffenen ging es vornehmlich darum, im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens nach §§ 109 ff. StVollzG, in dem er sich gegen die angeordnete Verlegung wandte, inzident den von Seiten der Vollzugsbehörde ihm gegenüber erhobenen Vorwurf zu entkräften, er sei gegenüber Mitgefangenen unerlaubt "rechtsberatend" tätig geworden. Berücksichtigt man ferner, dass das Strafende auf den 26. April 2004 notiert war, die Restvollzugsdauer zum Zeitpunkt der Beantragung einer gerichtlichen Entscheidung nach §§ 109 ff. StVollzG somit lediglich nur noch gut fünf Monate betrug, entspricht der von der Strafvollstreckungskammer festgesetzte Gegenstandswert von 250,00 € der Bedeutung der Sache für den Betroffenen.
Nach alledem war die Streitwertbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 25 Abs. 4 GKG).
OLG Hamm:
Beschluss v. 18.05.2004
Az: 1 Vollz (Ws) 75/04
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