Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 13. April 2007
Aktenzeichen: 6 U 171/06

(OLG Köln: Urteil v. 13.04.2007, Az.: 6 U 171/06)

Tenor

I.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.8.2006 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 3/06 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Hauptausspruch wie folgt neu gefasst wird:

1.) Es wird festgestellt, dass der "Vertrag über die Vergütung der Nutzung der terrestrisch und satellitär herangeführten Programme der Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen in den Breitbandkabelnetzen der Kabelnetzbetreiber" vom 11.4./9.5./14.5./16.5./26.6.2003 zwischen der Beklagten und der E. U. AG, der J. GmbH & Co. KG sowie verschiedenen anderen Kabelnetzbetreibern (sog. „Regiovertrag“) in der Zeit vom 23.12.2005 bis zum 31.12.2006 die zeitgleiche und unveränderte (= "rechtefreie") Weiterleitung von Programmen der Sendeunternehmen, deren Urheber- und Leistungsschutzrechte die Beklagte wahrnimmt, vom Übergabepunkt bis zu den Fernsehgeräten in den Hotelzimmern der Klägerin erlaubt hat.

2.) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.) Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin zu ¾ und die Beklagte zu ¼ zu tragen.

III.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckung der Kostenerstattungsansprüche kann der jeweilige Kostenschuldner durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.) Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

B e g r ü n d u n g

Die Beklagte ist eine Wahrnehmungsgesellschaft, die die Urheber- und Leistungsschutzrechte von Medienunternehmen, insbesondere Fernseh- und Rundfunkanstalten, für diese wahrnimmt.

Die Klägerin betreibt das S.-Hotel C./R.-Hotel D. in B.-C. H.. Die Hotelzimmer sind mit Fernsehempfängern ausgestattet, die von einer hausinternen Verteileranlage unter anderem mit den von den Fernseh- und Rundfunkanstalten ausgestrahlten Programmen versorgt werden. Die Programmsignale werden von der Kabelnetzbetreiberin J. GmbH & Co. KG (im Folgenden: "J.") an das Hotel der Klägerin herangeführt. Mit J. und anderen Kabelnetzbetreibern hat die Beklagte im Frühjahr 2003, nachdem zwischen den Beteiligten vorher unterschiedliche Auffassungen über die Vergütungspflicht bei der Nutzung der Rundfunk- und Fernsehprogramme aufgetreten waren, einen "Vertrag über die Vergütung der Nutzung der terrestrisch und satellitär herangeführten Programme der Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen in den Breitbandkabelnetzen der Kabelnetzbetreiber" geschlossen. Mit diesem - auch als "Vergleichsvertrag" bezeichneten - sogenannten "Regio-Vertrag" ist ausweislich seiner Präambel die Höhe etwaiger Ansprüche der Sendeunternehmen wegen der Nutzung ihrer sämtlichen Urheber- und Leistungsschutzrechte in der Vergangenheit und während der zunächst bis zum Jahre 2005 vorgesehenen Vertragslaufzeit abschließend geregelt worden. Die Laufzeit ist später bis zum 31.12.2006 verlängert worden. Nach der in der Spruchfrist erfolgten Darstellung der Klägerin ist sie inzwischen nochmals, und zwar bis zum 31.12.2008, verlängert worden. In dem Vertrag heißt es unter § 2 ("Rechteeinräumung") in Ziffer 3 Satz 5:

"Eine Übertragung zur Nutzung der Rechte nach diesem Vergleichsvertrag an Dritte ist im Falle der EUAG/KDG, solange diese noch Vertragspartei der Einspeisungsverträge sind, und der Kabelnetzbetreiber nur dann zulässig, wenn die Kabelnetzbetreiber das Programm der Sendeunternehmen anderen Kabelnetzbetreibern der Netzebene 4 (nachfolgend "andere Betreiber") zuliefern und über die Signalzulieferung ein Vertrag zwischen den Kabelnetzbetreibern und den betreffenden anderen Betreibern besteht oder geschlossen wird."

Die Klägerin hat unter Berufung auf ein als Anlage K 1 zur Klageschrift vorgelegtes Schreiben der J. vom 23.12.2005 behauptet, sie habe mit dieser einen Kabelanschlussvertrag geschlossen, und die Auffassung vertreten, der beschriebene Weitertransport von Programmen der Sendeanstalten von ihrer Empfangsstelle (= dem "Übergabepunkt") über eine Verteileranlage zu den Fernsehgeräten in den einzelnen Hotelzimmern greife nicht in die von der Beklagten wahrgenommenen Rechte der Medienunternehmen ein. Mit ihrem Hauptantrag hat sie eine dahingehende Feststellung begehrt. Hilfsweise hat sie die Feststellung erstrebt, dass der Regio-Vertrag die "rechtefreie Weiterleitung an die Klägerin erlaubt".

Das Landgericht hat die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag mit einem von dem Antrag abweichenden Wortlaut, dessentwegen auf den Tenor der Entscheidung Bezug genommen wird, stattgegeben. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat im Laufe des Berufungsverfahrens ihre gegen die Abweisung des Hauptantrages gerichtete Berufung zurückgenommen und den Hilfsantrag entsprechend der obigen Tenorierung zeitlich beschränkt.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung, mit der sie unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages die Abweisung auch des Hilfsantrages in der jetzt noch aufrechterhaltenen Fassung erstrebt und deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, vor, die Klägerin habe aus Gründen, auf die sogleich einzugehen ist, auch in Ansehung des Regio-Vertrages in dem noch streitgegenständlichen Zeitraum in die von ihr wahrgenommenen Rechte eingegriffen.

Wegen des Sachverhaltes im Übrigen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

II

Nach der Rücknahme der Berufung der Klägerin hat der Senat lediglich noch über die Berufung der Beklagten gegen deren Verurteilung auf den Hilfsantrag zu befinden, soweit dieser nach seiner zeitlichen Beschränkung aufrechterhalten wird. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Beklagten hat das Landgericht für den im Berufungsverfahren noch zur Entscheidung stehenden Zeitraum zwischen dem 23.12.2005 und dem 31.12.2006 zu Recht festgestellt, dass der Klägerin aufgrund des "Regio-Vertrages" die Weiterleitung der ihr von ish zugeführten Programmsignale vom Übergabepunkt bis zu den Fernsehgeräten in ihren Hotelzimmern erlaubt war.

1.) Ohne Erfolg beanstandet die Beklagte zunächst, die Kammer sei mit der Formulierung des Urteilstenors über den Antrag hinausgegangen und habe auf diese Weise § 308 ZPO verletzt. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und macht sich so den Wortlaut des zu ihren Gunsten ergangenen Urteilstenors zu eigen. Die Rüge könnte daher auch dann im Berufungsverfahren keinen Erfolg haben, wenn das Landgericht tatsächlich der Klägerin mehr zugesprochen hätte, als diese mit ihrem Hilfsantrag beantragt hatte. Das ist jedoch auch nicht der Fall: Die Klägerin wollte ausweislich der Begründung ihres Hilfsantrages schon erstinstanzlich festgestellt wissen, dass ihr dasjenige, was sie tatsächlich tut, nämlich die über das Breitbandkabel von ish empfangenen Programme in ihre einzelnen Hotelzimmer zu den dortigen Fernsehgeräten weiterzuleiten, urheberrechtlich aufgrund des Regio-Vertrages erlaubt ist. Dieses - eindeutige - Begehren war durch die Formulierung: "Es wird

festgestellt, dass der ... (= Regio-Vertrag) ... der ish die rechtefreie Weiterleitung an die Klägerin erlaubt", im Klageantrag nicht exakt getroffen. Es ging der Klägerin nämlich nicht darum, die Programmsignale "rechtefrei" zu erhalten, sondern sie wollte festgestellt wissen, dass sie die von J. erhaltenen Signale an die einzelnen Fernsehgeräte weiterleiten dürfe. Das Landgericht hat deswegen mit der Formulierung des Tenors: "..., dass der ... (= Regio-Vertrag) der ish ... die zeitgleiche und unveränderte (= "rechtefreie") Weiterleitung von Programmen der Sendeunternehmen, ..., vom Übergabepunkt bis zu den Fernsehgeräten in den Hotelzimmern der Klägerin erlaubt" den Kern des Begehrens der Klägerin erfasst und durch die redaktionelle Neufassung § 308 ZPO ersichtlich nicht verletzt.

Soweit der Wortlaut des Tenors der vorliegenden Entscheidung über die zeitliche Beschränkung hinaus von demjenigen der angegriffenen Entscheidung abweicht, stellt dies (z.B. "Vermietung" statt "Vergütung" in Zeile 1) ebenfalls eine lediglich redaktionelle Berichtigung dar.

2.) Der angesichts der Beanstandung der beschriebenen Versorgung der hoteleigenen Fernsehgeräte durch die Beklagte gem. § 256 ZPO zulässige Feststellungsantrag ist im noch begehrten Umfange begründet. Die Klägerin war aufgrund des Regio-Vertrages berechtigt, die ihr von ish zugeleiteten Signale über ihre hoteleigene Verteilanlage an die Fernsehgeräte in den einzelnen Hotelzimmern weiterzuleiten. Das ergibt sich aus § 2 Ziff. 3 Satz 5 des Regio-Vertrages. Nach dessen auf S. 3 dieses Urteils wiedergegebenem Wortlaut war der Kabelnetzbetreiber ish als Partner des Regio-Vertrages berechtigt, anderen Kabelnetzbetreibern der Netzebene 4 (= "andere Betreiber") das Programm der Sendeunternehmen zuzuliefern, sofern hierüber zwischen ish und dem anderen Betreiber ein Vertrag bestand oder geschlossen wurde. Diese Voraussetzungen haben im noch streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegen.

a) Die Klägerin stellt - wie die Kammer zutreffend entschieden hat - eine Kabelnetzbetreiberin der Netzebene 4 dar.

Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten existieren im Bereich der Weiterleitung von Hörfunk- und Fernsehsignalen insgesamt fünf Netzebenen in der Anordnung, wie sie in der Anlage B 2 zur Klageerwiderung dargestellt ist. Danach gehören zur Netzebe-

ne 3 Breitbandverteilnetze mit Übergabepunkten, zur Netzebene 4 Hausverteilanlagen (hausinterne Kabelnetze) und zur Netzebene 5 die Strecke ab der Antennensteckdose bis zum Endgerät. Nach dieser Einteilung stellt der hier streitige Bereich, nämlich die Weiterleitung der Programmsignale vom Übergabepunkt über die hoteleigene Verteileranlage zu den einzelnen Fernsehgeräten, den Bereich der Netzebene 4 dar. Das ergibt sich schon daraus, dass es sich um die Weiterleitungsstrecke zwischen dem Übergabepunkt, der das Ende der Netzebene 3 darstellt, einerseits und dem Endgerät, das schließlich das Programmsignal sichtbar macht, andererseits handelt. Zudem wird auf dieser Strecke durch eine Verteileranlage - dem Wortsinne nach also eine "Hausverteilanlage" - das Programm auf die verschiedenen Geräte in den einzelnen Hotelzimmern aufgeteilt. Die streitige Weiterleitung erfolgt damit im Bereich der Netzebene 4. Dagegen spricht nicht, dass es sich bei der Hotelanlage der Klägerin nicht um eine Wohnanlage handelt, die einen typischen Anwendungsfall der Netzebene 4 darstellen mag, und - wie der Beklagten einzuräumen ist - die Programme auf die beanstandete Weise einem größeren Kreis der Öffentlichkeit als bei Wohnanlagen zugänglich gemacht werden. Wegen der - auch wirtschaftlich verwertbaren - Zugänglichmachung der Programme auf den hoteleigenen Geräten für die letztlich unübersehbar große Zahl der Hotelgäste stellt sich das Verhalten der Klägerin - vergleichbar der Verwendung einer Verteileranlage in Justizvollzugsanstalten und Krankenhäusern (BGH GRUR 94, 45, 46 f - "Verteileranlagen"; GRUR 94, 797 f - "Verteileranlage im Krankenhaus") - überhaupt als öffentliche Wiedergabe der Programme dar (EuGH GRUR 07, 225 - SGAE/Rafael). Die Aufteilung der Netzebenen, auf die sich die Beklagte selbst stützt, betrifft demgegenüber ausschließlich die unterschiedlichen technischen Ebenen bei der Verbreitung der Programme vom Fernseh- bzw. Hörfunkstudio bis zu dem einzelnen Endgerät. In technischer Hinsicht kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass die - aus den vorstehenden Gründen eine öffentliche Wiedergabe darstellende - Verteilung der eingehenden Programmsignale durch ein Hotel auf seine verschiedenen Zimmer eine Weiterleitung auf der Netzebene 4, wie sie durch das von der Beklagten angeführte Schaubild definiert ist, darstellt. Der Senat sieht sich - wie schon die Kammer - in dieser Auffassung auch dadurch bestätigt, dass nicht ersichtlich ist, auf welcher anderen Ebene des Systems, in dem die Verbreitung der Programmsignale von der Sendeanstalt zu dem einzelnen Konsumenten in insgesamt fünf Schritten dargestellt wird, die beanstandete Weiterleitung durch die Klägerin anzusiedeln sein könnte. Auch die Beklagte trägt zu diesem in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich angesprochenen Punkt nichts vor.

Es kann auch nicht angenommen werden, dass die Vertragsparteien in § 2 Ziff. 3 Satz 5 des Regio-Vertrages nicht alle Kabelnetzbetreiber der Netzebene 4, und insbesondere nicht Hotelbetreiber erfassen wollten. Bereits der eindeutige Wortlaut enthält eine Beschränkung auf nur bestimmte Kabelnetzbetreiber der Netzebene 4 nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Landgerichts Bochum in dem von ihr zitierten Urteil lässt sich eine derartige Beschränkung auch nicht aus der Präambel des Regio-Vertrages herleiten. Aus dieser Präambel ergibt sich, dass Anlass für den Vertragsschluss aufgetretene Meinungsverschiedenheiten zwischen der Beklagten und den Kabelnetzbetreibern waren, die bereits zu einem Verfahren vor dem Bundeskartellamt geführt hatten. Weiter ergibt sich aus der Präambel als ausdrücklicher Vertragszweck die Absicht der vertragsschließenden Parteien, die analoge Weitersendung von terrestrisch eingespeisten und weiterverbreiteten Hörfunk- und Fernsehprogrammen und insbesondere die hieraus folgenden Vergütungspflichten mit Blick auf diese Meinungsverschiedenheiten für die Vergangenheit und die bevorstehende Vertragslaufzeit bis - zunächst - zum Jahre 2005 umfassend zu regeln. Eine Einschränkung darauf, dass von dieser Vereinbarung eine Weitersendung der Programmsignale an Hotels, die diese an ihre einzelnen Hotelzimmer weiterleiten, nicht erfasst sein sollte, lässt sich der Präambel nicht entnehmen. Soweit dort an einer Stelle der Begriff "Haushalte" verwendet wird, dient dies nicht der Begrenzung im vorstehenden Sinne. Es heißt dort zwar, die Nutzung der Rechte der Sendeunternehmen durch die Kabelnetzbetreiber erfolge ausschließlich durch die analoge Weitersendung von terrestrisch oder satellitär eingespeisten Hörfunk- und Fernsehprogrammen "in Haushalte" in den Kabelnetzen und Gemeinschaftsantennenanlagen der Kabelnetzbetreiber (Kabelweitersendung). Aus der Verwendung des Begriffes "Haushalte" kann aber nicht geschlossen werden, dass der Vertrag ausschließlich eine Versorgung gerade von privaten Haushalten erfassen wollte. Dagegen spricht schon der Umstand, dass die Vertragsparteien erklärtermaßen die Vergütung der Nutzungen umfassend regeln wollten und andererseits bekannt war, dass schon damals die Kabelnetzbetreiber als Endkunden nicht nur private Haushalte, sondern auch Gastronomie- und Hotelbetriebe versorgten. Durch den angesprochenen Satz der Präambel soll die Art der Nutzung, nämlich ausschließlich die analoge Weitersendung von terrestrisch oder satellitär eingespeisten Hörfunk- und Fernsehprogrammen, beschrieben, nicht aber abschließend festgelegt werden, dass nur die Versorgung von privaten Haushalten erfasst werden sollte. Die Formulierung "in Haushalten" ist dahin zu verstehen, dass auf diese Weise zur Vermeidung umständlicherer Formulierungen der typische Endkunde beschrieben worden ist und nicht andere Vertragspartner der Kabelnetzbetreiber, wie etwa gewerblich tätige Hotelbetriebe, ausgegrenzt werden sollten. Gegen eine derartige Ausgrenzung spricht im Übrigen nicht nur der Umstand, dass sich in dem Vertrag keine Anhaltspunkte dafür finden, nach welchen Kriterien "Haushalte" von anderen Empfängern abgegrenzt werden sollten, sondern auch, dass trotz der Bemühungen der vertragsschließenden Parteien, mit dem Regio-Vertrag eine umfassende Regelung zu treffen, der Bereich der Versorgung von Hotels und vergleichbaren Gewerbebetrieben mit Programmsignalen über Breitbandkabel gänzlich ungeregelt geblieben wäre. Aus den vorstehenden Gründen kommt der Verwendung des Begriffes "Haushalte" auch in § 2 Ziff. 3 Satz 3 und 4 des Regio-Vertrages nicht die von der Beklagten in Anspruch genommene Bedeutung zu.

Die Position der Beklagten wird auch nicht durch die Entscheidung des EuGH vom 07.12.2006 in der Rechtssache C - 306/05 SGAE/Rafael (GRUR 07, 225) gestützt. Nach Auffassung auch des EuGH stellt die Verbreitung eines Signals mittels Fernsehrgeräten, die in Hotelzimmern aufgestellt sind, eine öffentliche Wiedergabe des Programms im Sinne von Art. 3 I der Richtlinie 2001/29/EG dar. Hiervon geht auch der Senat aus. Indes ist diese öffentliche Wiedergabe durch die Klägerin von der Vertragsvereinbarung erfasst.

Beabsichtigten die Parteien des umfassenden Regio-Vertrages und des Verlängerungsvertrages mithin die Erfassung jeglicher Beteiligter auf der Nutzungsebene 4, so kann sich die Beklagte mit Erfolg weder darauf berufen, dass der Kabelnetzbetreiber ish nicht weitergehende Rechte an die Klägerin habe übertragen dürfen, als ihm selber zustünden, noch dass die Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG verletzt sei. Nach dem Inhalt des Vertrages durfte die Kabelnetzbetreiberin ish die streitigen Rechte vielmehr der Klägerin einräumen.

b) Schließlich ist auch der für eine Rechteübertragung erforderliche Vertrag über die Signalzulieferung zwischen ish und der Klägerin geschlossen worden.

Es trifft zunächst nicht zu, dass - wie die Beklagte im Anschluss an die Erörterung in der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 12.02.07 noch vorgetragen hat - ein "Signalzulieferungsvertrag" schon deswegen gar nicht geschlossen sein kann, weil unter einer "Signal- (zu) lieferung" die technische Verbindung zwischen Betreibern der Netzebene 3 mit Betreibern der Netzebene 4 verstanden werde, während die technische Verbindung zwischen Betreibern der Netzebene 3 und Hotels als "Kabelanschlussvertrag" bezeichnet werde. Die streitgegenständliche Regelung in § 2 Ziff. 3 Satz 5 des Regio-Vertrages sieht eine Übertragung von Nutzungsrechten durch die Kabelnetzbetreiber auf andere Kabelnetzbetreiber der Netzebene 4 vor und bezeichnet die Versorgung jener "anderen Betreiber" als "Signalzulieferung". Ungeachtet der Frage, ob der Begriff "Signalzulieferung" gemeinhin die Verbindung zwischen Beteiligten der Netzebene 3 und der Netzebene 4 anspricht, steht damit fest, dass die Vertragsparteien für die Wirksamkeit der hier in Rede stehenden Rechteübertragung eine vertragliche Vereinbarung gerade zwischen dem betreffenden Kabelnetzbetreiber und dem "anderen Betreiber" über die Signalzulieferung vorgesehen haben.

Einen solchen Vertrag hat die Klägerin auch mit ish geschlossen. Das ergibt sich aus dem als Anlage K 1 zur Klageschrift vorgelegten Bestätigungsschreiben der ish an die Klägerin vom 23.12.2005, in dem unzweideutig ein vertraglicher Bindungswille zum Ausdruck gebracht wird und die essentialia des Vertrages benannt werden. Das Schreiben enthielt daher jedenfalls auch das Angebot zum Abschluss eines neuen Vertrages, wie aus der abschließenden Bitte hervorgeht, "eine Kopie dieses Schreibens zum Zeichen Ihres Einverständnisses zurückzusenden". Dieses Angebot hat die Klägerin zumindest konkludent durch die nachfolgenden Tarifzahlungen angenommen. Das Schreiben verhält sich - nämlich unter der Kundennummer xxxxxxx-01 - über einen Kabelanschlussvertrag zum Pauschaltarif und besagt zweitens, dass aufgrund dieses Vertrages die damals 72 Hotelzimmer der Klägerin versorgt wurden. Weiter hat ish in jenem Schreiben bestätigt, dass sie der Klägerin im Rahmen des Kabelanschlussverhältnisses auch das Recht einräume, die von ihr gelieferten Programme ihren Kunden zugänglich zu machen. Die vertragliche Vereinbarung betrifft

somit - wie es der Regio-Vertrag in § 2 Ziff. 3 Satz 5 verlangt - die Signalzulieferung von ish an die Klägerin und bestätigt, dass ish der Klägerin die hierfür erforderlichen Rechte übertragen hat. Dass ish in jenem Bestätigungsschreiben die Wirksamkeit dieser Rechteübertragung von dem künftigen Fortbestand ihrer Befugnis zur Unterlizensierung abhängig gemacht hat, stellte lediglich einen zutreffenden Hinweis auf

eine mögliche künftige Rechtsänderung dar, der die Wirksamkeit der Rechteübertragung nicht beeinträchtigt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1, 97 Abs.1, 269 Abs.3 S.2, 516 Abs.3 S.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO liegen nicht vor. Der Senat hat im wesentlichen den Regio-Vertrag auszulegen. Die dabei anzuwendenden Rechtsgrundlagen sind höchstrichterlich geklärt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren von ursprünglich insgesamt 10.000 € (Senatsbeschluss vom 12.10.2006) hat sich durch die teilweise Rücknahme der Klage in der Berufungsverhandlung auf zunächst 7.500,-- € und die spätere Rücknahme der Berufung der Klägerin auf alsdann 2.500 € reduziert.






OLG Köln:
Urteil v. 13.04.2007
Az: 6 U 171/06


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