Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Februar 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 339/99

(BPatG: Beschluss v. 09.02.2000, Az.: 32 W (pat) 339/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 4. August 1997 eingetragene Wortmarke 397 12 427

"FOCUS Medialine", die für eine Reihe von Waren- und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 41 und 42 Schutz genießt, wurde u.a. Widerspruch erhoben aus der für

"Finanzdienstleistungen, nämlich Vermögensverwaltung, Vermittlung von Investmentgeschäften und Fondsanteilen, Kreditberatung, Kreditvermittlung, Vermittlung von Versicherungen, Wertpapierverwaltung, Wertpapieranalyse, Konzeption, Ausgestaltung und Vermarktung von Investmentsfonds"

geschützten prioritätsälteren Marke 1 182 455

"FOCUS".

Die Markenstelle für Klasse 41 - besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes - hat die Ähnlichkeit der Vergleichsmarken durch Beschluß vom 26. März 1999 verneint und den Widerspruch zurückgewiesen.

Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt, auch wenn die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen einander teilweise ähnlich seien - einerseits Finanzdienstleistungen, andererseits Durchführung, Veröffentlichung und Herausgabe von Informationen - scheide auch bei einem zu fordernden großen Markenabstand eine Verwechslungsgefahr aus.

Vom Gesamteindruck her unterschieden sich die Vergleichsmarken wegen des zusätzlichen Wortbestandteils "Medialine" sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht hinreichend deutlich.

Eine Verwechslungsgefahr könne zwar nach dem Gesamteindruck auch dann bestehen, wenn jeweils nur ein Markenbestandteil der Vergleichsmarken identisch sei, jedoch sei in diesem Fall erforderlich, daß diese Teile in den jeweiligen Vergleichszeichen selbständig kennzeichnend seien. Vorliegend sei der Bestandteil "FOCUS" in der angegriffenen Marke weder prägend noch für den Gesamteindruck mitbestimmend, sondern allenfalls mit dem weiteren Markenbestandteil "Medialine" als gleichwertig anzusehen. Dies beruhe darauf, daß der Wortbestandteil "FOCUS" aufgrund zahlreicher Eintragungen in Alleinstellung oder in Zusammensetzungen nicht sehr kennzeichnungskräftig sei und der Verkehr sich aus diesem Grund an dem weiteren Zeichenbestandteil orientieren werde. Hinzukomme, daß dem Wortbestandteil "Medialine" in Bezug auf die für die angegriffene Marke geschützten Waren und Dienstleistungen kein beschreibender Gehalt zukomme. Damit seien die beiden Wortbestandteile "FOCUS" und Medialine der angegriffenen Marke in ihrer Kennzeichnungskraft gleichwertig, was einer Verwechslungsgefahr entgegenstehe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Sie macht geltend, das Verzeichnis der Waren und die Dienstleistungen der angegriffenen Marke enthalte weite Oberbegriffe, so daß zum Teil sogar Identität mit den durch die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistungen bestehe. So seien "mit Informationen versehene, maschinell lesbare Datenträger aller Art" der Oberbegriff auch für solche Datenträger, auf denen beispielsweise Programme zur Erbringung bzw Unterstützung von Finanzdienstleistungen gespeichert seien. Der Verkehr werde sich innerhalb der angegriffenen Marke an dem allein kennzeichnenden Bestandteil "FOCUS" orientieren, da "Medialine" beschreibend sei.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die angegriffene Marke teilweise in dem Umfang zu löschen, wie er sich aus dem Schriftsatz vom 3. Dezember 1997 (Bl. 22 f. der Amtsakte) ergibt.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht geltend, die Bezeichnung "FOCUS" sei zum Firmenschlagwort geworden, aber nicht für die Widersprechende, sondern für sie selbst. Der Bestandteil "Medialine" sei unbestimmt und daher phantasievoll, so daß eine Prägung der angegriffenen Marke allein durch "FOCUS" nicht in Betracht komme. Zudem fehle es an einer Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen. Während sich ihre Informationen im wesentlichen über Software an die Endverbraucher richteten, würden die Finanzdienstleistungen der Widersprechenden durch speziell ausgebildete Berater erbracht.

Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Amtsakte der Marke 397 12 427 Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig (§ 66 Abs 2 und 5 MarkenG), in der Sache erweist sie sich jedoch als unbegründet, da eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht gegeben ist.

Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist davon auszugehen, daß zwischen den vergleichenden Waren und Dienstleistungen keine allzugroße Ähnlichkeit besteht. So handelt es sich bei dem "Erstellen von Programmen" um eine typische Programmierdienstleistung, die kaum Bezüge zu den im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke aufgeführten, in der Regel von Beratern zu erbringenden Finanzdienstleistungen aufweist. Soweit sich die Widersprechende bei der Erbringung der Finanzdienstleistung auch entsprechender Software bedient, stellt diese ein bloßes Hilfsmittel dar. Der Widersprechenden mag zwar zuzugeben sein, daß eine "Wertpapieranalyse" durch eine Software erbracht werden kann, indes wäre eine derartige Analyse allgemeiner, über unterschiedliche Wertpapiere informierender Art. Derartige Wertpapieranalysen sind indes nicht auf den Einzelnpersonen betreffenden Beratungsfall zugeschnitten, von dem die entsprechende Dienstleistung der Gegenmarke ausgeht. Dies gilt auch für die "Veröffentlichung und Herausgabe von Informationen", da es sich hierbei um die unpersönliche Mitteilung von Nachrichten und Informationen handelt, die mit den Beratungsdienstleistungen der Widersprechenden nur allgemeine Berührungspunkte über den Gegenstand der Informationen aufweist.

Besteht mithin keine allzugroße Ähnlichkeit zwischen den sich gegenüberstehenden Dienstleistungen, sind keine allzu strengen Anforderungen an den Abstand der Vergleichsmarken zu stellen, (BGH GRUR 1996, 200 "Innovadiclophlont"). Den hiernach erforderlichen Abstand hält die jüngere Marke indes gegenüber der Widerspruchsmarke ein. Die Marken unterscheiden sich in ihrer Gesamtheit, auf die es für die Prüfung der Verwechslungsgefahr in erster Linie ankommt (BGH GRUR 1989, 264 "REYNOLDS R1"; 1991, 139 "Duft-Flacon", GRUR 1996, 404 "Blendax Pep"; 1996, 406 "JUWEL"; GRUR 1996, 198 "Springende Raubkatze") in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht deutlich. Die angegriffene Marke weist den zusätzlichen Bestandteil "Medialine" auf, der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet. Eine Verkürzung allein auf den gemeinsamen Bestandteil "FOCUS" ist nicht zulässig. Dem einzelnen Bestandteil einer Kombinationsmarke kann für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nur dann maßgebliche Bedeutung zugebilligt werden, wenn gerade dieser Bestandteil den Gesamteindruck des Zeichens prägt oder doch wesentlich mitbestimmt (BGH GRUR 1996, 199 "Springende Raubkatze"; GRUR 1996, 404 "Blendax Pep"; GRUR 1996, 406 "JUWEL"; GRUR 1999, 585 "LORA DI RECOARO"). Eine isolierte kollisionsbegründende Gegenüberstellung wäre nur dann zulässig, wenn das Element "FOCUS" in der angegriffenen Marke prägende Bedeutung hätte. Dies ist indes nicht der Fall.

Wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei "FOCUS" um eine kennzeichnungsschwache Angabe. Diese geringe Kennzeichnungskraft ergibt sich bereits daraus, daß der Bestandteil "FOCUS" in einer ganzen Reihe geschützter Drittzeichen auftritt (vgl BGH BlPMZ 1967, 57 "VITAPUR"; Marken Lexikon 1999, 3236f.). Darüber hinaus hat "FOCUS" zumindest einen beschreibenden Anklang, weil dieses Fremdwort in der Bedeutung "Brennpunkt" in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen ist (DUDEN, Die deutsche Rechtschreibung, 20. Auflage, S 276). Dementsprechend ist diese Bezeichnung auch umfassend als Hinweis auf aktuelle Informationen verwendbar (Deutscher Juristinnenbund "aktuelle informationen", 4/99, 19 "focus" "Kommission Ältere Menschen"; Textilwirtschaft 40/1999, 36 "Funktion im Fokus").

Handelt es sich mithin bei dem den Vergleichsmarken gemeinsamen Bestandteil "FOCUS" um ein kennzeichnungsschwaches Element, ist dieses nicht geeignet, den Gesamteindruck der angegriffenen Marke zu prägen. Da auch "Medialine" als Hinweis auf eine Produkt- bzw Dienstleistungslinie auf dem Gebiet der Medien kennzeichnungsschwach ist, wird der Gesamteindruck der jüngeren Marke durch gleichgewichtige Elemente bestimmt, so daß kein Element allein geeignet ist, den Gesamteindruck des Kombinationszeichens zu prägen (vgl BGH GRUR 1991, 319, 320 "HURRICANE"). Demgemäß ist eine Verwechslungsgefahr wegen des zusätzlichen Bestandteils "Medialine" auszuschließen.

Dementsprechend ist auch nicht zu befürchten, daß die Vergleichsmarken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden (§ 9 Abs 1 Nr 2 le Halbs MarkenG). Eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens ist ohne weiteres zu verneinen. Vielmehr spricht die Kennzeichnungsschwäche, die dem Bestandteil "FOCUS" anhaftet, gegen eine Eignung als Stammbestandteil einer Zeichenserie (Althammer/Ströbele MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 186), so daß der Verkehr keinen Anlaß hat, an ein Serienzeichen der Widersprechenden zu denken, wenn er mit der angegriffenen Marke konfrontiert wird.

Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs 1 MarkenG bestand kein Anlaß.

Frau Vorsitzende Richterin Forst hat Urlaub und kann daher nicht unterschreiben Dr. Fuchs-Wissemann Klante Dr. Fuchs-Wissemann Na






BPatG:
Beschluss v. 09.02.2000
Az: 32 W (pat) 339/99


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