Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juli 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 188/04

(BPatG: Beschluss v. 19.07.2006, Az.: 32 W (pat) 188/04)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 28. August 2003 und vom 8. Juli 2004 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für die Dienstleistungen "Werbung; Erziehung; Ausbildung" zurückgewiesen worden ist.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 26. März 2003 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen angemeldete Wortmarke Unsere Weltist von der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts mit einem ersten Beschluss vom 28. August 2003 teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen

"Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Druckereierzeugnisse, z. B. Lotterielose, Spielkarten, Zeitschriften, Zeitungen, Poster, Fotografien (im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Lotterien und deren Durchführung), Photographien, Werbung, Transportwesen; Veranstaltung von Reisen; Organisation und Durchführung von Rundfunk-, Fernseh- und sonstigen Unterhaltungsveranstaltungen; Veranstaltung von sonstigen kulturellen Aktivitäten; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten"

wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Der sprachüblich zusammengestellte Begriff "Unsere Welt" werde insoweit lediglich als eine thematische Bezeichnung von Gegenstand und Inhalt dieser Produkte verstanden. Der Verkehr verstehe die Marke so, dass es um verschiedenste, die Menschen der Gegenwart interessierende Themen aus Natur, Wissenschaft usw. gehe, die angesprochen, erörtert oder in sonstiger Weise berührt würden. An der Marke bestehe auch ein Freihaltungsinteresse der Mitbewerber. Eine Internetrecherche habe zumindest bei Druckereierzeugnissen eine entsprechende Verwendung ergeben.

Auf die Erinnerung der Anmelderin hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle den Erstbeschluss teilweise, nämlich hinsichtlich der Zurückweisung der angemeldeten Marke für die Dienstleistung "Transportwesen", aufgehoben, im Übrigen aber die Erinnerung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Dass es sich bei der Wortfolge "Unsere Welt" um eine gängige Redewendung handele, ergebe sich aus einer Google-Recherche, wonach es aus Deutschland über 99 000 Treffer gebe. Das angesprochene allgemeine Publikum werde die Wortverbindung als thematischen Hinweis auffassen. Dem Beschluss beigefügt sind zwei Internetausdrucke, die eine entsprechende Verwendung belegen. Hinsichtlich der Dienstleistung "Veranstaltung von Reisen" könne die Marke dahingehend verstanden würden, dass es sich um ein Reiseprogramm handele, das Ziele in der ganzen Welt einschließe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die erforderliche Unterscheidungskraft könne der Marke nicht abgesprochen werden. Die in dem Beschluss angeführte Google-Recherche besage nichts darüber, dass die Begriffe in Kombination verwendet würden. Auch die im Zusammenhang mit den Informationsmedien angeführten Beispiele stützten den Beschluss nicht.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache teilweise - hinsichtlich der in der Beschlussformel genannten Dienstleistungen - Erfolg, weil einer Eintragung der angemeldeten Marke insoweit keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen. Bezüglich der verbleibenden beschwerdegegenständlichen Produkte und Dienstleistungsangebote fehlt dagegen, insoweit im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem Erinnerungsbeschluss, jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2003, 514 - Linde, Winward und Rado; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr.; vgl. BGH a. a. O. - Cityservice).

Handelt es sich bei den beanspruchten Erzeugnissen und Angeboten um solche, die neben ihrem Charakter als handelbare Waren oder Dienstleistungen auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können, so ist - unbeschadet eines etwaigen Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 MarkenG (vgl. zu den insoweit geringeren Anforderungen Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 118 m. w. Nachw.) - die markenrechtliche Unterscheidungskraft auch dann zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung geeignet ist, diesen gedanklichen Inhalt der Waren und Dienstleistungen zu beschreiben (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; 2001, 1042 - REICH UND SCHOEN; 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft; 2003, 342 - Winnetou).

Bei der Wortfolge "Unsere Welt" steht in Bezug auf die weiterhin zu versagenden Waren und Dienstleistungen für die angesprochenen breiten inländischen Verkehrskreise ein beschreibender Begriffsinhalt im Vordergrund des Verständnisses. Für die Waren "Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Druckereierzeugnisse ..." wird der Verkehr die Bezeichnung "Unsere Welt" naheliegend inhaltsbezogen (im Sinne einer Behandlung von unsere Welt betreffende Themen) verstehen. Dies gilt auch für die Mediendienstleistungen "Organistion und Durchführung von Rundfunk-, Fernseh- und sonstigen Unterhaltungsveranstaltungen; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten", da der Marke insoweit ein Hinweis auf das Thema dieser Dienstleistungen zu entnehmen ist. Gleichfalls nicht schutzfähig ist die Marke auch für die Dienstleistung "Veranstaltung von Reisen", da die Marke in Bezug auf diese Dienstleistung so verstanden wird, dass der Erbringer der Dienstleistung - z. B. der Reiseveranstalter - nicht nur Reiseangebote für bestimmte Regionen, sondern global für die ganze Welt anbietet.

Durch die von der Markenstelle ermittelten Internetausdrucke ergibt sich eine entsprechende inhaltsbezogene Verwendung der angemeldeten Wortfolge durch Dritte. Insbesondere die der Google-Suche zu entnehmende Trefferzahl für die Wortfolge "Unsere Welt" spricht gegen die Behauptung der Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung, bei der Wortfolge handele es sich nicht um eine gängige Redewendung bzw. nicht um eine Begriffsbestimmung, die in den deutschen Sprachgebrauch Eingang gefunden habe.

Eine andere Beurteilung ist für die Dienstleistungen "Werbung; Erziehung; Ausbildung" angezeigt. Bei diesen Dienstleistungen ist ein inhaltsbezogenes Verständnis der Marke nicht so naheliegend, um die Eignung, einen betrieblichen Herkunftshinweis zu geben, mit der gebotenen Sicherheit ausschließen zu können. Insoweit stellt die Wortfolge "Unsere Welt" auch keine unmissverständliche Merkmalsbezeichnung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar.






BPatG:
Beschluss v. 19.07.2006
Az: 32 W (pat) 188/04


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