Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. November 2009
Aktenzeichen: 8 W (pat) 362/05
(BPatG: Beschluss v. 24.11.2009, Az.: 8 W (pat) 362/05)
Tenor
Das Patent 197 32 744 wird widerrufen.
Gründe
I.
Die Patentinhaberin hat das Patent 197 32 744 am 30. Juli 1997 beim Patentamt angemeldet.
Die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung "Anlage und Verfahren zur Versorgung einer Maschine mit neuen und nachbearbeitbaren Werkzeugen"
wurde am 4. August 2005 veröffentlicht. Dagegen haben jeweils am 4. November 2005 die Firmen K... AG in
... in H..., -Einsprechende I S... Ltd in C... Way in F... in UK -Einsprechende II -
L... GmbH in H... Straße in O..., -Einsprechende III -
W... GmbH in A... in H... -B... -Einsprechende IV und B... GmbH in K... Platz in B..., -Einsprechende V -
Einspruch erhoben. Sie haben zur Stützung ihres Vorbringens unter anderem auf die US 5 205 436 verwiesen und ausgeführt, dass der Gegenstand des Patents demgegenüber nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sei. Die Einsprechende I hat ferner die Ansicht vertreten, im Anspruch 1 sei die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Die Einsprechende V hat weiterhin die Technizität des Streitpatentgegenstandes nach den Ansprüchen 6 bis 10 und 17 bis 23 und die Einsprechende IV die Ausführbarkeit einiger Unteransprüche beanstandet.
Die Patentinhaberin ist dem Vorbringen der Einsprechenden in allen Punkten entgegengetreten. Sie hat mit Eingabe vom 9. Oktober 2009 die Hilfsanträge 1 und 2 und zuletzt in der mündlichen Verhandlung den Hilfsantrag 3 vorgelegt, mit denen sie das Patent hilfsweise verteidigt.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet: Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet:
Die Patentinhaberin hat zu dem geltenden Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag vorgetragen, dass dieser schon deshalb neu und erfinderisch sei, weil keine einzige der entgegengehaltenen Druckschriften, insbesondere nicht die US 5 205 436, ein Magazin für nachgearbeitete und daher wieder brauchbar gemachte Werkzeuge aufweise. Vielmehr habe die US 5 205 436 lediglich Magazine für neue oder benutzte Werkzeuge, die ohne Nacharbeitung wieder verwendet werden. Schon deshalb sei die Lehre des Streitpatents nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag bereits neu und erfinderisch. Die Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 bildeten dieses aus dem Stand der Technik nicht bekannte Magazin für nachgearbeitete und daher wieder brauchbar gemachte Werkzeuge weiter aus, so dass sich ein noch größerer Abstand zum bekannten Stand der Technik ergebe. Schließlich sei gemäß Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 eine Überprüfungseinrichtung für das auszugebende Werkzeug sowie ein Rückbuchungskasten für ein unzutreffend ausgewähltes Werkzeug an dem Magazin für fabrikneue Werkzeuge vorgesehen, was aus dem Stand der Technik nicht bekannt sei.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag gemäß Hauptantrag vom 6. März 2008, die Aufrechterhaltung des Patents zu beschließen, hilfsweise, es im Umfang der Hilfsanträge 1 und 2 vom 9. Oktober 2009, eingegangen am 12. Oktober 2009, sowie des Hilfsantrags 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung, beschränkt aufrecht zu erhalten.
Die Einsprechenden I, III, IV und V stellen jeweils den Antrag, das Patent 197 32 744 zu widerrufen.
Von der Einsprechenden II liegt der Antrag auf Widerruf des Patents vor.
Die Einsprechenden haben ihren Angriff auf das Streitpatent auch im Hinblick auf die Hilfsanträge aufrecht erhalten. Sie haben übereinstimmend ausgeführt, dass sowohl alle tragenden Patentansprüche 1 als auch die nebengeordneten Patentansprüche 17 gemäß Hauptantrag bzw. 16 oder 15 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 eine Vielzahl von nicht beschränkend wirkenden Zweckangaben aufwiesen und dass die Gegenstände des jeweiligen Patentanspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag sowie den Hilfsanträgen 1, 2 und 3 gegenüber der US 5 205 436 nicht neu oder nicht erfinderisch seien. Schließlich sei auch der Begriff "unzutreffend ausgewähltes Werkzeug" im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unklar.
Hinsichtlich des Wortlauts der jeweiligen nebengeordneten Verfahrensansprüche und der jeweiligen Unteransprüche gemäß den Hauptbzw. Hilfsanträgen sowie weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
1. Über die Einsprüche ist gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung (vgl. BlPMZ 2005, 3 und 2006, 225) durch den zuständigen Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden. Die mit der Einlegung des Einspruchs vom 11. August 2004 beim Deutschen Patentund Markenamt gemäß § 147 Abs. 3 PatG begründete Entscheidungsbefugnis des technischen Beschwerdesenats für das vorliegende Verfahren ist durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes vom 21. Juni 2006 und die Aufhebung des § 147 Abs. 2 und 3 PatG zum 1. Juli 2006 nicht entfallen (s. a. BGH, Beschl. v.
17. April 2007 -X ZB 9/06 und v. 27. Juni 2007 -X ZB 6/05).
2.
Die Einsprüche sind jeweils fristund formgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig. Die Einsprüche sind auch begründet, denn sie führen zum Widerruf des angegriffenen Patents.
3.
Der Patentgegenstand betrifft nach dem jeweiligen Patentanspruch 1 des Hauptbzw. der Hilfsanträge 1 bis 3 eine Anlage zur Versorgung einer Maschine mit neuen und nachbearbeitbaren Werkzeugen. Nach Absatz [0002] der Streitpatentschrift benötigen Fertigungsautomaten Werkzeuge, die bestimmte Vorgänge durchführen müssen. Diese Werkzeuge nutzten sich im Laufe der Benutzung ab, so dass sie ausgesondert werden müssten. In vielen Fällen könne das Werkzeug jedoch nachgearbeitet werden, beispielsweise nachgeschliffen. Um die Stillstandszeiten möglichst klein zu halten, müsse dafürgesorgt werden, dass ständig Werkzeuge vorhanden seien, die gegen die unbrauchbaren Werkzeuge austauschbar seien.
Nach Absatz [0003] bis [0005] der Streitpatentschrift sind verschiedene Werkzeugwechseleinrichtungen oder Speichervorrichtungen für eine Werkzeugmaschine aus dem Stand der Technik bekannt.
Die Aufgabe der Erfindung ist gemäß der Streitpatentschrift Absatz [0006] darin zu sehen, eine Anlage und ein Verfahren zu schaffen, wie eine oder mehrere Maschinen mit Werkzeugen versorgt werden können, wobei sowohl die Benutzung fabrikneuer als auch nachgearbeiteter Werkzeuge möglich sein soll.
3.1 Zur Lösung dieser Aufgabe weist der Streitpatentgegenstand nach den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag deshalb drei Magazine auf, nämlich ein Magazin (2) für fabrikneue Werkzeuge, ein Magazin (7) für nachgearbeitete und damit wieder brauchbar gemachte Werkzeuge sowie ein Magazin (8) für unbrauchbare Werkzeuge, in das die Werkzeuge nach Benutzung eingelegt werden. Das Magazin (2) für fabrikneue Werkzeuge umfasst weiterhin eine Entnahmeeinrichtung, die bei Entnahme eines Werkzeugs die Tatsache der Entnahme und den Typ des Werkzeugs vermerkt. Das Magazin (7) für nachgearbeitete und damit wieder brauchbar gemachte Werkzeuge ist derart ausgebildet, dass diese Werkzeuge aus diesem Magazin entnommen werden können. Der Begriff Magazin ist in der Streitpatentschrift nicht näher definiert. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch versteht der Fachmann darunter einen Vorratslagerraum oder -Behälter in dem an bestimmter Stelle etwas -im vorliegenden Fall also Werkzeuge -gelagert ist oder gelagert werden kann.
3.2 Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 weist neben den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag zusätzlich das im erteilten Patentanspruch 11 stehende Merkmal 1.5 auf, wonach das Magazin für die nachbearbeiteten Werkzeuge und/oder das Magazin für die unbrauchbaren Werkzeuge als offenes Regal ausgebildet ist.
3.3 Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 weist neben den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 zusätzlich das im erteilten Patentanspruch 5 stehende Merkmal auf, wonach das Magazin für die fabrikneuen Werkzeuge als geschlossener Behälter mit einem Ausgabeschacht ausgebildet ist.
3.4 Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 weist neben den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 zusätzlich das Merkmal 1.2.2 auf, wonach das Magazin für fabrikneue Werkzeuge weiterhin eine Überprüfungseinrichtung sowie einen Rückbuchungskasten für ein unzutreffend ausgewähltes Werkzeug aufweist. Aus den diesbezüglich erläuternden Ausführungen in den Absätzen [0018] und [0034] der Streitpatentschrift entnimmt der Fachmann, dass das Streitpatent unter der Überprüfungseinrichtung eine Einrichtung zum Überprüfen des auszugebenden Werkzeugs versteht. Diese Überprüfungseinrichtung kann für den Fall, dass die Werkzeuge Markierungen aufweisen beispielsweise eine automatische Überprüfungseinrichtung sein. Jedoch versteht die Streitpatentschrift unter einer Überprüfungseinrichtung gemäß den Ausführungen im Absatz [0018] durchaus auch ein einfaches Fenster, mittels dem der Benutzer das Werkzeug ansehen kann und auf diese Weise eine optische Überprüfung des auszugebenden Werkzeugs ermöglicht wird. Weiterhin ist ein Rückbuchungskasten für ein unzutreffend ausgewähltes Werkzeug vorgesehen, worunter gemäß den Ausführungen in Absatz [0035] der Streitpatentschrift eine kastenartige Einrichtung zu verstehen ist, von der aus das Werkzeug wieder in das Magazin gelangen kann.
4.
Gegen die Zulässigkeit hinsichtlich der ursprünglichen Offenbarung der Anspruchsfassungen gemäß Hauptanspruch bzw. Hilfsanträgen 1, 2 und 3 bestehenkeine Bedenken, da sich deren Merkmale aus den ursprünglichen Ansprüchen sowie auch aus den erteilten Unterlagen ergeben, wie der Senat überprüft hat.
5.
Das Patent offenbart die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Durchschnittsfachmann, ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit vertieften Kenntnissen in der Automatisierungtechnik, insbesondere bei Werkzeugmaschinen, sie ausführen kann. Der Auffassung der Einsprechenden, dass die Lehren der einzelnen unabhängigen Ansprüche gemäß dem Hauptantrag sowie den Hilfsanträgen 1 bis 3 schon deshalb nicht nacharbeitbar seien, weil sie lediglich eine Aufzählung von Merkmalen mit Zweckbestimmungen umfassen, kann der Senat nicht folgen. Bereits die im Patentanspruch 1 (Hauptantrag) angegebenen einzelnen technischen Einrichtungen, nämlich die Magazine sowie die Entnahmeeinrichtungen, wodurch sich zweifelsfrei auch die Technizität und gewerbliche Anwendbarkeit des Streitpatentgegenstandes nach Patentanspruch 1 (Hauptantrag) ergibt, leiten den Fachmann in Verbindung mit den diesbezüglichen erläuternden Textstellen in der Beschreibung des Streitpatents ohne weiteres an, eine Anlage zur Versorgung einer Maschine aufgabengemäß mit neuen und nachbearbeiteten Werkzeugen auszugestalten. Insbesondere sind durchaus auch Zweckangaben in einem Sachanspruch zulässig. Sie haben nach gefestigter Rechtsprechung regelmäßig die Aufgabe, den durch das Patent geschützten Gegenstand dahin zu definieren, dass er nicht nur die räumlichkörperlichen Merkmale erfüllt, sondern auch so ausgebildet sein muss, dass er für den im Patentanspruch angegebenen Zweck verwendbar ist (BGHZ 112, 140, 155 f. -Befestigungsvorrichtung II; BGH GRUR 1979, 149, 151 -Schießbolzen; BGH, Urt. v. 2.12.1980 -X ZR 16/79, GRUR 1981, 259, 260 -Heuwerbungsmaschine II; BGH Mitt. 2006, 506; GRUR 2006, 923 Tz. 15 -Luftabscheider für Milchsammelanlage). Im vorliegenden Streitfall bedeutet dies, dass die Magazine so ausgebildet sein müssen, dass sie entweder fabrikneue oder nachgearbeitete oder unbrauchbare Werkzeuge aufnehmen können, was zweifellos der Fall ist, weil sich diese unterschiedlichen Arten der Werkzeuge zumindest äußerlich in der Regel nicht wesentlich unterscheiden.
Auch die nach Auffassung der Einsprechenden I fehlenden Hinweise im Patentanspruch 1 des Streitpatents auf das nähere technische Zusammenwirken der einzelnen Magazine, machen den Patentanspruch 1 insgesamt nicht unzulässig, sondern allenfalls weit. Gleiches gilt sinngemäß auch für die Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3. Schließlich ist auch der Begriff "unzutreffend ausgewähltes Werkzeug" nicht unklar, sondern bereits für sich gesehen vollkommen verständlich und umfasst ein Werkzeug, das nicht den Zielvorstellungen des Empfängers entspricht.
Weil auch die jeweils auf ein Verfahren gerichteten nebengeordneten Patentansprüche des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 1 und 2 im Wesentlichen die Funktionsweise der Anlage zur Versorgung einer Maschine mit neuen und nachbearbeitbaren Werkzeugen beschreiben, sind diese von daher ohne Zweifel gewerblich anwendbar und haben auch technischen Charakter.
6. Die streitpatentgemäße Anlage zur Versorgung einer Maschine mit neuen und nachbearbeitbaren Werkzeugen nach dem Patentanspruch 1 (Hauptantrag) beruht gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik nach der US 5 205 436 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die US 5 205 436 beschreibt eine Anlage zur Ausgabe von Werkzeugen, wie beispielsweise Bohrer oder Schneidmesser, welche bestimmungsgemäß in Werkzeugmaschinen benötigt werden und in der Regel nachschleifbar, also nachbearbeitbar sind, weshalb die Anlage somit der Versorgung von Maschinen mit nachbearbeitbaren Werkzeugen dient (Merkmal 1). Gemäß Figur 1 kann das bekannte Werkzeugausgabesystem mehrere Magazine (tool dispenser 22, 22a, 22b) für Werkzeuge aufweisen, wobei jedes Magazin eine Entnahmeeinrichtung (helical coil delivery devices 40 oder robotic delivery system 60) umfasst, die gemäß Spalte 1, Zeilen 59 bis 61 mit einem Zentralcomputer verbunden und durch diesen kontrolliert werden. Hierzu werden bei einer Entnahme von Werkzeugen unterschiedliche Daten, beispielsweise nach Spalte 2, Zeilen 36 bis 43, der Benutzer, die Art des entnommenen Werkzeugs etc. erfasst und vermerkt, so dass letztendlich eine Inventur der in dem Werkzeugausgabesystem vorhandenen Gegenstände erstellt wird (Spalte 13, Zeilen 52 bis 54). Gemäß Spalte 8, Zeile 25 bis Spalte 9 Zeile 12 gibt es bei diesem bekannten Werkzeugausgabesystem weiterhin die Möglichkeit, auch Werkzeuge zurückzugeben, wozu verschiedene Rückgabeeinrichtungen (means of returning 72) vorgesehen sind. Diese Rückgabeeinrichtungen können nach Spalte 8, Zeilen 25 bis 29 entweder ganze Module (addon modul 22b) oder auch Abschnitte eines Werkzeugausgabegeräts (22) sein, beispielsweise leere Fächer (62) in einem Zusatzmodul (22b), die für die zurückzugebenden Werkzeuge reserviert (Spalte 8, Zeilen 50 bis 61) sind. Es kann auch ein Rückgabefach (78) in dem Gehäuse (28) eines Ausgabegeräts (22 b) zur Aufnahme benutzter Werkzeuge durch eine Öffnung (74) und eine Tür (76) vorgesehen sein. Bei jeder Rückgabe von Werkzeugen wird auch wieder gemäß Spalte 8, Zeilen 33 bis 44 der Benutzer, die Art des entnommenen Werkzeugs aber auch der Zustand des zurückgegebenen Werkzeugs durch den Zentralcomputer erfasst und vermerkt. Nach Spalte 9, Zeilen 3 bis 12 erlaubt diese bekannte Anlage insbesondere durch ihre Rückgabeeinrichtungen die Wiederaufbereitung von abgenutzten Werkzeugen (recycling of wornout tools) und ermöglicht die Wiederverwendung von gebrauchten Werkzeugen durch andere (allows reuse of used tools by others). Daher verbessern diese speziellen Rückgabeeinrichtungen auch die Effizienz, mit der alte, unbrauchbare Werkzeuge (old obsolete tools) durch neue Werkzeuge ersetzt werden. Schließlich ist in dieser Anlage auch ein Auswahlablauf vorgesehen (Spalte 10, Zeilen 35 bis 40), um gebrauchte Werkzeuge den fabrikneuen Werkzeugen (new tools) vorzuziehen.
Somit erschließt sich dem Fachmann aus dem Offenbarungsgehalt der US 5 205 436 ohne weiteres, dass diese bekannte Anlage zur Versorgung einer Maschine mit neuen und nachbearbeitbaren Werkzeugen unterschiedliche Arten von Werkzeugen nicht nur aufnehmen, sondern zudem auch unterscheiden und auch unterschiedlich handhaben kann, nämlich zumindest fabrikneue, benutzte, verschlissene und unbrauchbare Werkzeuge. Aus diesem Grund weist diese bekannte Anlage zwangsläufig auch Lagerplätze und somit Magazine für diese unterschiedlichen Gruppen von Werkzeugen auf, ähnlich wie es beim Streitpatentgegenstand der Fall ist. Denn mangels näher bestimmender Merkmale im Patentanspruch 1 des Streitpatents entsteht auch bei der bekannten Anlage, schon durch das Einfüllen von fabrikneuen Werkzeugen in ein Magazin, ein Magazin für fabrikneue Werkzeuge. Dieses Magazin für fabrikneue Werkzeuge umfasst, wie jedes der vorhandenen Magazine, eine Entnahmeeinrichtung (helical coil delivery devices 40 oder robotic delivery system 60), die bei Entnahme eines Werkzeugs die Tatsache der Entnahme und den Typ des Werkzeugs vermerkt (Merkmale 1.2 und 1.2.1). Da die Rückgabeeinrichtungen der bekannten Anlage nach Spalte 9, Zeilen 8 bis 10 auch die Effizienz verbessern, mit der unbrauchbare Werkzeuge (obsolet tools) durch neue ersetzt werden, erschließt sich daraus dem Fachmann, dass die Rückgabeeinrichtungen auch dazu vorgesehen sind, unbrauchbare Werkzeuge aufzunehmen, weshalb diese zur Aufnahme vorgesehenen Module oder Anlagenteile somit ein Magazin für unbrauchbare Werkzeuge im Sinne der Merkmale 1.4 und 1.4.1 des Patentanspruchs 1 (Hauptantrag) bilden, in das die Werkzeuge nach Benutzung eingelegt werden.
Die bekannte Anlage weist zwar nicht wörtlich ein Magazin für nachgearbeitete Werkzeuge auf (Merkmal 1.3), aus dem diese entnommen werden können (Merkmal 1.3.1), weshalb der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag gegenüber dem Inhalt nach der US 5 205 436 als neu gelten mag.
Jedoch erschließen sich dem Fachmann aus dem Hinweis in Spalte 9, Zeilen 3 bis 12 der US 5 205 436, wonach die bekannte Anlage sowohl die Wiederaufbereitung von abgenutzten Werkzeugen (recycling of wornout tools) als auch die Wiederverwendung von gebrauchten Werkzeugen durch andere (allows reuse of used tools by others) erlaubt, zwei weitere Anwendungsfälle der bekannten Anlage zur Versorgung einer Maschine mit neuen und nachbearbeitbaren Werkzeugen. Während die Wiederverwendung von gebrauchten Werkzeugen durch andere zweifellos bedeutet, dass gebrauchte, jedoch weiterhin benutzbare Werkzeuge nach Gebrauch zurück in die Anlage kommen, damit diese Werkzeuge von anderen Benutzern bei Bedarf entnommen werden können, ohne dass es eines Nacharbeitens oder Nachschleifens dieser Werkzeuge bedarf, gibt der andere Anwendungsfall, nämlich die Wiederaufbereitung von abgenutzten Werkzeugen dem Fachmann die Lehre zur Hand, dass abgenutzte, also nicht sogleich wiederverwendbare Werkzeuge an die Anlage zurückgegeben werden, damit sie einer Aufbereitung zugeführt werden können. Weil dies bei den hier angesprochenen Werkzeugen, nämlich Bohrer und Fräser üblicherweise auf einer Schleifmaschine erfolgt, vermittelt dies dem Fachmann, dass diese derart wieder brauchbar gemachten Werkzeuge nach der Wiederaufbereitung auch zurück in das Magazin gegeben werden, damit sie wieder benutzt werden können, wodurch der Speicherort für derartige Werkzeuge zu einem Magazin für nachgearbeitete und damit wieder brauchbar gemachte Werkzeuge wird, aus dem diese entnommen werden können (Merkmale 1.3 und 1.3.1).
Der Einwand der Patentinhaberin, dass der in der US 5 205 436 verwendete Ausdruck für "recycling" zum einen nicht zwangsläufig ein Nacharbeiten im Sinne des Streitpatents, also das wieder brauchbar Machen von Werkzeugen bedeuten muss, und dass selbst dann die Rückführung an die Anlage zur Versorgung einer Maschine mit neuen und nachbearbeitbaren Werkzeugen nicht offenbart sei, konnte den Senat nicht überzeugen. Es mag zwar zutreffen, dass es unterschiedliche Möglichkeiten des "Recyclings" also des Wiederverwertens im weitesten Sinn geben mag. Doch gerade für Werkzeuge, wie Bohrer oder Fräser, die nach einer gewissen Zeit zwar stumpf werden, aber beispielsweise eine ausreichende Länge aufweisen, ist die typische Art des Wiederverwertens das Nachschleifen. Hierdurch können derartige Werkzeuge auf kostengünstige Weise auf einen neuwertigen Zustand gebracht werden. Weiterhin vermittelt auch die deutliche Unterscheidung von verschlissenen (worn out tools) und unbrauchbaren Werkzeugen (obsolete tools) dem Fachmann, dass mit dem Recycling das Herstellen von wieder brauchbar gemachten Werkzeugen und deren Wiederverwendung zu verstehen sein soll, während unbrauchbare Werkzeuge gerade nicht mehr wiederverwendet werden sollen.
Nach alledem vermittelt diese bekannte Anlage nach Überzeugung des Senats dem Fachmann somit auch ein Magazin oder dergleichen für nachgeschliffene oder nachgearbeitete und damit wieder brauchbar gemachte Werkzeuge im Sinne des Merkmals 1.3, aus dem diese entnommen werden können.
Letztendlich konnte auch der Hinweis der Patentinhaberin mit Verweis auf die von der Einsprechenden I als Anlage A12 genannte Druckschrift, insbesondere Seite 72 linke Spalte, nicht überzeugen, die nach Auffassung der Patentinhaberin auch dieselbe, in der US 5 205 436 offenbarte Anlage zeige und beweisen solle, dass bei dem bekannten Magazin nachgeschliffene Werkzeuge (regrinds) nicht zurück in die Anlage gelangen (not redispensable). Denn die Druckschrift gemäß Anlage A12 ist eine eigenständige Druckschrift und zeigt lediglich ein mögliches Ausführungsbeispiel für eine Anlage zur Versorgung einer Maschine mit neuen und nachbearbeiteten Werkzeugen. Insbesondere kann der Inhalt der Anlage A12 nicht den gesamten Offenbarungsgehalt der US 5 205 436 und die dort offenbarten vielfältigen Ausführungsmöglichkeiten für eine Anlage zur Versorgung einer Maschine mit neuen und nachbearbeitbaren Werkzeugen beschränken.
Somit erschließen sich dem Fachmann alle Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag aus der US 5 205 436 allein unter Anwendung seines Fachwissens. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
7. Auch der gewerblich anwendbare Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 mag gegenüber dem Stand der Technik nach der US 5 205 436 neu sein; er beruht jedoch demgegenüber ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag nur durch das Merkmal 1.5. Daher ist das mangelnde Vorliegen der Patentfähigkeit hinsichtlich der Merkmale 1 bis 1.4.1 gegenüber dem Gegenstand nach der US 5 205 436 A übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag wird verwiesen.
Bereits in Spalte 8, Zeile 54 bis 56 der US 5 205 436 ist beschrieben, dass bei der bekannten Anlage zur Versorgung einer Maschine mit neuen und nachbearbeiteten Werkzeugen leere Fächer (empty trays 62) für die zurückzugebenden Werkzeuge reserviert sind, weshalb sich dem Fachmann in Verbindung mit der Darstellung in Figur 5 ein offenes Regal im Sinne des Merkmal 1.5 des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 erschließt. Daher weist diese bekannte Anlage auch das Merkmal 1.5 des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 auf.
Unter Verweis auf die Ausführungen zum Hauptantrag erschließen sich daher dem Fachmann auch alle Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 aus der US 5 205 436 in nahe liegender Weise allein unter Anwendung seines Fachwissens.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
8. Auch der gewerblich anwendbare Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 mag gegenüber dem Stand der Technik neu sein; er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nur durch das zusätzlich aufgenommenen Merkmal 1.5, wobei das Merkmal 1.5 des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 dem Merkmal 1.6 im Hilfsantrag 2 entspricht. Daher ist das mangelnde Vorliegen der Patentfähigkeit hinsichtlich der Merkmale 1 bis 1.4.1 sowie 1.6 gegenüber dem Gegenstand nach der US 5 205 436 übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 wird verwiesen.
Das nunmehr neu aufgenommene Merkmal 1.5 des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 ergibt sich jedoch bereits aus der zeichnerischen Darstellung nach Figur 2 oder der Figur 5 der US 5 205 436 in Verbindung mit den diesbezüglich erläuternden Ausführungen in Spalte 4. Demnach zeigt das bekannte Magazin, in das ohne weiteres fabrikneue Werkzeuge eingelegt werden können, wodurch es zum Magazin für fabrikneue Werkzeuge wird, einzeln abgetrennte Abteile, die somit als geschlossene Behälter ausgebildet sind, welche zur Ausgabe durch einen Lift an einen Ausgabeschacht, nämlich im Bereich der Tür (58) befördert werden. Schließlich ist es gemäß der zeichnerischen Darstellung gemäß den Figuren 5 und 6 in Verbindung mit entsprechenden Textstellen in Spalte 5, Zeilen 44 bis 66 sogar möglich, ganze Behälter (bucket 66) für Werkzeuge oder Werkzeugsätze in einem derartigen Abteil abzulegen. Somit weist diese bekannte Anlage auch das Merkmal 1.5 des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 auf.
Unter Verweis auf die Ausführungen zum Hilfsantrag 1 erschließen sich daher dem Fachmann auch alle Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 aus der US 5 205 436 in nahe liegender Weise allein unter Anwendung seines Fachwissens. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
9. Auch der gewerblich anwendbare Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 mag gegenüber dem Stand der Technik neu sein; er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 nur durch das zusätzlich aufgenommene Merkmal 1.2.2. Daher ist das mangelnde Vorliegen der Patentfähigkeit hinsichtlich der Merkmale 1 bis 1.2.1 sowie 1.3 bis 1.6 gegenüber dem Gegenstand nach der US 5 205 436 A übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 wird verwiesen.
Nach den Ausführungen in Spalte 4, Zeilen 25 bis 60 kann die bekannte Anlage an allen Ausgabeeinrichtungen und somit auch an denen für neue Werkzeuge auch Barcode-Leser umfassen, die insbesondere auch Barcodes auf Werkzeugen bei der Ausgabe lesen können, so dass sich hier dem Fachmann eine Überprüfungseinrichtung für das auszugebende Werkzeug erschließt, da alle Daten auf einem Zentralcomputer verarbeitet werden. Da bei der bekannten Anlage, wie vorstehend beschrieben, an allen Rückgabeeinrichtungen jederzeit jegliche Werkzeuge zurückgegeben werden können, weil neben der Werkzeugnummer auch Hinweise auf den Zustand des zurückgegebenen Werkzeugs erfasst werden können, erschließt sich hieraus dem Fachmann, dass dann auch beispielsweise unzutreffend ausgewählte Werkzeuge zurückgegeben werden können, die möglicherweise aufgrund einer fehlerhaften Zifferneingabe nicht den Zielvorstellungen des Empfängers entsprechen. Wie vorstehend beschrieben, können diese Rückgabeeinrichtungen kastenartig (return bin 78) ausgebildet sein (Spalte 8, Zeilen 50 bis 61), weshalb sie dann für diesen Rückgabefall einen Rückbuchungskasten für ein unzutreffend ausgewähltes Werkzeug im Sinne des Merkmals 1.2.2 bilden. Somit weist diese bekannte Anlage auch das Merkmal 1.2.2. des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 auf.
Unter Verweis auf die Ausführungen zum Hilfsantrag 2 erschließen sich daher dem Fachmann auch alle Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 aus der US 5 205 436 in nahe liegender Weise allein unter Anwendung seines Fachwissens. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
10. Mit den Patentansprüchen 1 nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 3 fallen auch alle anderen Patentansprüche der jeweiligen Anträge, ohne dass es einer Prüfung und Begründung dahin bedarf, ob diese übrigen Patentansprüche etwas Schutzfähiges enthalten (BGH, GRUR 1997, 120 -Elektrisches Speicherheizgerät).
Das Patent hat somit insgesamt keinen Bestand.
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BPatG:
Beschluss v. 24.11.2009
Az: 8 W (pat) 362/05
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