Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Juli 2001
Aktenzeichen: 27 W (pat) 93/00

(BPatG: Beschluss v. 24.07.2001, Az.: 27 W (pat) 93/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung als Wortmarke für "Marketing, Marktforschung, Marktanalyse, Werbung, Unternehmens- und Organisationsberatung; Telekommunikation, Internetdienste; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Aktualisieren von Computer-Software, Computer-Beratungsdienste, Design von Computer-Software, Vermietung von Computer-Software, Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken, Entwicklungs- und Recherchendienste neuer Produkte für Dritte, Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten" angemeldet ist AGRARNET.de Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. In seiner Gesamtheit werde der angemeldete Begriff als Internetadresse für Informationen über bestimmte Waren und Dienstleistungen auf dem Gebiet der Landwirtschaft verstanden und nicht mit einem bestimmten Anbieter in Verbindung gebracht werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, die Tatsache, daß der Verkehr in der angemeldeten Bezeichnung eine Internetadresse sehen könnte, habe auf ihre Unterscheidungskraft keinen Einfluß. Das Wort AGRARNET sei sprachunüblich gebildet und stelle - zumal in der Verbindung mit .de - einen neuen, bisher unbekannten und lexikalisch nicht nachweisbaren Begriff dar. Den angegriffenen Beschlüssen sei nicht klar zu entnehmen, worin der beschreibende Bedeutungsgehalt liegen solle.

Die Anmelderin begehrt die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle und die Eintragung der Marke. Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet, weil der angemeldeten Bezeichnung im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt und die Markenstelle die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen hat (§§ 8 Abs 2 Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft ist die Eignung, Waren und Dienstleistungen nach ihrer betrieblichen Herkunft, nicht nach ihrer Beschaffenheit oder Bestimmung unterscheidbar zu machen (Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 8 RdNr 17; BGH GRUR 1995, 408 - "PROTECH"). Die angemeldete Bezeichnung ist hierzu nicht geeignet, weil ihr jedenfalls ein markenrechtlich relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise in erster Linie eine die beanspruchten Dienstleistungen betreffende Beschaffenheitsangabe, nicht jedoch eine Herkunftskennzeichnung entnehmen wird.

Denn insgesamt stellt sich die angemeldete Marke für die angesprochenen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen allein als Teil einer Internet-Adresse dar, die einen Bezug zur Landwirtschaft aufweist.

Der Bestandteil ".de" der angemeldeten Bezeichnung wird von den angesprochenen Verkehrskreisen als Top Level Domain in Form des country codes für Deutschland im Internet angesehen werden und trägt daher zur Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke nicht bei.

Eine markenrechtliche Schutzfähigkeit begründende Unterscheidungskraft ist aber auch aus dem Bestandteil "AGRARNET" nicht herzuleiten. Dieser Begriff ist jedenfalls im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen nicht geeignet, auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Das Wort "AGRAR-" kommt in einer Vielzahl von Fremdwörtern vor, die ebenso gebildet sind wie der in der angemeldeten Marke enthaltene Bestandteil "AGRARNET"; so enthält der Rechtschreibduden (22. Auflage 2000) die Wörter Agrarbevölkerung, Agrarland, Agrarpolitik, Agrarprodukt, Agrarreform, Agrarstaat, Agrartechnik. Von "sprachunüblicher Bildung" des analog gebildeten Wortes "AGRARNET" kann mithin nicht die Rede sein. Der Bestandteil "NET" erfreut sich bekanntlich umfangreichster Benutzung insbesondere als Hinweis auf das Internet; dieser wird in der angemeldeten Marke durch das Anhängsel ".de" noch verstärkt.

Damit werden die angesprochenen Verkehrskreise der Bezeichnung "AGRAR-NET.de" in ihrer Gesamtheit allein einen sachbezogenen Hinweis darauf entnehmen, daß es sich um eine(n Teil einer) Internetadresse aus Deutschland handelt, die einen Bezug zur Landwirtschaft aufweist, ohne daß es hierzu "gedanklicher Umwege" bedarf. Der angemeldeten Marke einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen zu entnehmen, besteht dagegen keinerlei Veranlassung.

Soweit sich die Argumentation der Beschwerdeführerin auf Waren bezieht, sind diese bereits aufgrund Schriftsatzes vom 23. November 1998 nicht mehr Gegenstand des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses und einer Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke daher nicht zugrunde zu legen.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshof erforderte (§ 83 Abs 2 MarkenG). Entscheidungserheblich waren vielmehr im wesentlichen nur tatsächliche Umstände.

Vors. Richter Dr. Schadeist aus dem Bundespatent-

gericht ausgeschieden unddaher gehindert, zu unter-

zeichnen.

Friehe-Wich Schwarz Friehe-Wich Pü






BPatG:
Beschluss v. 24.07.2001
Az: 27 W (pat) 93/00


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