Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 22. Oktober 2002
Aktenzeichen: I-20 U 89/02
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 22.10.2002, Az.: I-20 U 89/02)
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 8. Kammer für Handelssa-chen des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Februar 2002 wird zurückge-wiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dier Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe 105 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Der Kläger zu 1. ist approbierter Zahnarzt. Er ist Geschäftsführer der Klägerin zu 2, die sich nach dem Inhalt des Handelsregisters mit der "berufliche[n] Organisation zur Ausübung der Zahnheilkunde in der Raumschaft R. durch einen oder mehrere selbständig und weisungsfrei arbeitende approbierte Zahnärzte unter Beachtung ihres Berufsrechts und ihrer Berufspflichten" befasst.
Ein bei der Beklagten krankenversicherter Patient legte dieser auf den Namen der Klägerin zu 2. lautende Kostenvoranschläge für eine prothetische Behandlung vor. Die Beklagte lehnte eine Kostenbeteiligung ab, weil es sich bei der Klägerin zu 2. als juristischer Person nicht um einen "niedergelassenen Zahnarzt" im Sinne des § 4 Abs. 2 MB/KK handele.
Dagegen wenden sich die Kläger. Sie meinen, die Auslegung der Versicherungsklausel durch die Beklagte sei unrichtig, zumal es sich bei der Klägerin zu 2. lediglich um eine "Organisationsgesellschaft" handele. Diese Äußerungen seien als sittenwidrige Behinderung im Sinne des § 1 UWG sowie als rechtswidriger Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb anzusehen.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe nicht zu Zwecken des Wettbewerbs, sondern lediglich im Rahmen der Überprüfung ihrer Leistungspflicht gehandelt. Des Weiteren fehle es an einem unmittelbaren Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter und beantragen,
1. es künftig zu unterlassen, im südb. Raum ansässigen Personen, die als Versicherungsnehmer bei dieser um eine Kostenbeteiligung an den zahnärztlichen Kosten nachsuchen, gegenüber zu erklären,
a) dass die Klägerin zu 2. die Zahnheilkunde durch eine GmbH nicht durch niedergelassene Zahnärzte ausübe und dass somit gemäß den allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Beklagte keine Lei- stungspflicht bestehe
sowie
b) dass die Voraussetzung für die Leistungspflicht der Beklagten - zahn- ärztliche Approbation - nicht erfüllt sei;
2. gegenüber den Klägern durch Vorlage einer übersichtlichen schriftlichen Auskunft zu erteilen, an welche im Raum Südb. ansässige Personen - Versicherungsnehmer - Behauptungen des vorstehend unter Nr. 1. dargestellten Inhalts schriftlich verbreitet wurden;
3. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot gemäß Nr. 1 Ord- nungsgeld anzudrohen.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Kläger mit Schriftsatz vom 23. September 2002 den "Raum Südb." auf das Gebiet des Regierungsbezirks F. bezogen.
Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Urteils,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zudem auf die Unmöglichkeit einer Auskunftserteilung.
Im übrigen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.
I.
Die Klage ist bereits unzulässig. Die Kläger verlangen die Unterlassung bestimmter Äußerungen gegenüber im "südb. Raum ansässigen Personen". Was unter "südb. Raum" zu verstehen ist, ist nicht hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.. Es blieb - bis zum Eingang des Schriftsatzes vom 23. September 2002 - unklar, was unter "südb. Raum" zu verstehen war. Aus den Schriftsätzen der Kläger ergab sich - zunächst - nichts für eine Auslegung dieses Begriffes. Im Schriftsatz vom 09. September 2002 haben sie es ausdrücklich abgelehnt, diesen Bereich näher zu beschreiben. Auch im Termin vom 10. September 2002 haben die Kläger trotz eines gerichtlichen Hinweises eine Klarstellung - gerade auch auf den Regierungsbezirk F. - nicht vorgenommen. Damit ist sowohl der räumliche Umfang der begehrten Unterlassung (Klageantrag zu 1.) als auch des Auskunftsbegehrens (Klageantrag zu 2.) unbestimmt geblieben.
Soweit die Kläger nunmehr mit Schriftsatz vom 23. September 2002 den "südb. Raum" mit dem Gebiet des Regierungsbezirk F., wie er in § 10 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz BW definiert ist, beschrieben haben, rechtfertigt dies nicht eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO. Der Senat hat im Termin vom 10. September 2002 - ebenso wie bereits die Beklagte im Schriftsatz vom 22. Juli 2002 - gemäß § 139 Abs. 3 ZPO darauf hingewiesen, dass der Begriff "südb. Raum" nicht hinreichend bestimmt ist. Die Kläger hätten, wäre ihnen eine sofortige Erklärung dazu im Termin nicht möglich gewesen, gemäß § 139 Abs. 5 ZPO einen Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist (deren Nutzung dann gegebenenfalls Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hätte sein könne) oder auf Vertagung stellen können (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 23. Aufl., § 139 Rdnr. 14). Beides ist nicht geschehen. Der Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist bezog sich allein auf die Möglichkeit zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 04. September 2002.
II.
Im Übrigen wäre eine hinreichend bestimmte Klage auch nicht begründet.
1.
Hinsichtlich einer Äußerung der Beklagten zu 1.b) des Klageantrages besteht keine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr.
a) Zur zahnärztlichen Approbation des Klägers hat sich die Beklagte in ihren Schreiben vom 04. April, 27. April und 14. September 2001 nicht geäußert, worauf das Landgericht in seinem angefochtenen Urteil zu Recht hinweist.
b) Das gleiche gilt für die Klägerin zu 2. Die Beklagte hat in ihren genannten Schreiben lediglich geltend gemacht, die Klägerin zu 2. sei "kein niedergelassener Zahnarzt"). Zur Approbation der Klägerin zu 2. (die im übrigen ersichtlich als juristische Person nicht als solche approbiert sein kann, vgl. § 1 Zahnheilkundegesetz und BGH NJW 1994, 786) finden sich demgegenüber keine Bemerkungen.
2.
Zu Recht hat das Landgericht Ansprüche der Kläger unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG mit der Begründung verneint, dass die Beklagte allenfalls zur Förderung eigenen Wettbewerbs gehandelt hat (dazu 1.), die Parteien jedoch nicht im Wettbewerb zueinanander stehen (dazu 2.). Damit scheiden wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus (vgl. OLG München VersR 1993, 428; VersR 1999, 960; aus prozessrechtlichen Gründen offen gelassen von BGH NJW 1998, 1223 unter II.3.; BGH NJW 1999, 279 unter II.1.).
a) Mit der beanstandeten Erklärung wollte die Beklagte ihren Versicherungsnehmer darauf hinweisen, dass dass ihrer Auffassung zufolge auf Grund der vereinbarten Versicherungsbedingungen eine Erstattungspflicht nicht bestehe. Sie wollte damit alleinfalls ihre eigene Stellung im Marktgeschehen fördern.
Für die Vermutung der Kläger, die Beklagte habe mit ihrer Erklärung auch fremde Wettbewerber, nämlich freiberuflich tätige, in Form einer Einzelpraxis oder Gemeinschaftspraxis (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Partnerschaft) niedergelassene Zahnärzte fördern wollen, ist nichts ersichtlich. Zwar reicht es aus, dass die Absicht der Förderung fremden Wettbewerbs nicht völlig hinter andere Beweggründe zurücktritt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. UWG Rdnr. 234). Die Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, wird jedoch nicht vermutet (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 233). Dafür ist nichts ersichtlich. In dem Schreiben werden diese Wettbewerber nicht angesprochen. Es bestehen auch keine wirtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen der Beklagten und diesen Wettbewerbern, die eine Förderungsabsicht nahelegen könnten.
b) Zwischen dem allenfalls geförderten eigenen Unternehmen der Beklagten und den benachteiligten Unternehmen der Klägerin zu 2. sowie - für den Fall, dass dieser auch im eigenen Namen nach außen hin tätig wird - des Klägers zu 1. besteht kein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Während letztere Zahnarztleistungen erbringen, befasst sich ersteres allein mit Krankenversicherungen. Diese Leistungen können sich auch bei weitester Auslegung des Begriffs nicht gegenseitig substituieren.
3.
Des Weiteren bestehen Ansprüche wegen rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 1004 BGB analog) nicht.
a) Allerdings ist auch die (zahn-)ärztliche Praxis als "Gewerbebetrieb" im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur des "eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs" (dazu Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 823 Rdnrn. 19 ff.) anzusehen (vgl. Palandt/Thomas, a.a.O., Rdnrn. 20, 21 a.E. m.w.N.).
b) Die Äußerungen der Beklagten mag zwar spürbare Auswirkungen auf den Umsatz der Klägerin zu 2. haben (vgl. allgemein zu den Auswirkungen krankenversicherungsrechtlicher Regelungen auf Leistungserbringer BGH WuW 2001, 1089 unter II.3.b). Da ein Gewerbebetrieb jedoch nicht umfassend geschützt ist, reicht dies nicht aus. Der Schutz richtet sich nur gegen unmittelbare Eingriffe (vgl. zu diesem Erfordernis Palandt/Thomas, a.a.O., Rdnr. 21); daran fehlt es hier (vgl. OLG München NJW 1977, 1106 = VersR 77, 43; OLG Hamm VersR 1988, 687; LG Bonn r+s 1990, 135; OLG Köln r+s 1990, 137; OLG Köln VersR 1996, 234; OLG München VersR 1999, 960; Bach/Moser, Private Krankenversicherung, § 5 MB/KK Rdnr. 34 sämtlich zu § 5 Abs. 1 lit. c) MB/KK).
aa) Es handelt sich um die notwendige Folge der Erklärung einer Vertragspartei über ihre Auslegung des Vertrages gegenüber ihrem Vertragspartner. Ob diese Auslegung zutrifft und ob das darauf beruhende Verhalten eine Vertragsverletzung darstellt, ist - da ein Vertrag grundsätzlich nur die Vertragspartei berechtigt und verpflichtet - im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander zu klären (vgl. OLG Köln VersR 1996, 234).
Dritte werden davon nur mittelbar betroffen. Ob und inwieweit dies der Fall ist, hängt von der Entscheidung der Vertragsgegenseite ab, insbesondere, ob sie die Vertragsauslegung akzeptiert, dagegen außergerichtlich oder gerichtlich vorgeht oder ungeachtet der Entscheidung des Vertragspartners - auf eigene Kosten - den Dritten beauftragt. Es ist allein ihre Entscheidung, ob sie eine etwaige fehlerhafte Auslegung hinnehmen will oder nicht. Die Vertragsbedingungen, insbesondere die Allgemeinen Versicherungsbedingungen, dienen nicht dem Schutz von Leistungserbringern.
Der Umfang vertraglicher Ansprüche von Versicherungsnehmern gegenüber der Beklagten als Krankenversicherer ist nicht - auch nicht mit Blickrichtung auf die Erwerbsinteressen von Leistungserbringern - gesetzlich vorgegeben. Entgegen der erstinstanzlich geäußerten Auffassung der Kläger handelt es sich bei den MB/KK nicht um ein Gesetz (im materiellen Sinne), sondern um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Der Umfang der durch den Vertrag gewährten Krankenversicherung ist nach § 178b Abs. 1 VVG zwischen den Vertragsparteien frei aushandelbar (vgl. auch die Nichterwähnung des § 178b VVG bei den zwingenden Vorschriften des § 178o VVG), und zwar ohne dass die Belange Dritter, wie etwa der Erbringer (zahn-) ärztlicher Leistungen, berücksichtigt werden müssten. Auch bei der Klauselkontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen nach § 305c Abs. 1, 307 BGB n.F. (= § 3, § 9 AGBG a.F.) ist sowohl nach dem Wortlaut der Vorschriften als auch deren Sinn und Zweck allein zu berücksichtigen, ob die berechtigten Erwartungen des Vertragspartners enttäuscht werden; die Interessen Dritter sind dabei - von dem Ausnahmefall, in dem eine Vertragspartei ersichtlich die Interessen Dritter zu wahren hat, abgesehen - unerheblich (vgl. OLG München VersR 1999, 960). Auch ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung unzulässiger AGB steht mittelbar betroffenen Unternehmen nicht zu (vgl. § 4 Unterlassungsklagengesetz). Dementsprechend wird auch von Kritikern der Klausel (vgl. Dreher VersR 1995, 245) die Auslegung und die Wirksamkeit des § 4 Abs. 2 Nr. 1 MB KK allein daraufhin untersucht, ob den Interessen der Versicherungsnehmer hinreichend Rechnung getragen wird. Auch bei einer einvernehmlichen oder einseitigen (§ 178g Abs. 3 VVG) Änderung der Versicherungsbedingungen brauchen die Belange Dritter nicht berücksichtigt zu werden. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof es in seinem Vorlagebeschluss vom 03.07.2001 (WuW 2001, 1089 unter II.3.b)cc)) für unbedenklich gehalten, wenn private Krankenversicherer in ihren Versicherungsbedingungen Regelungen über den Umfang ihrer Leistungspflichten treffen oder diese ändern, auch wenn dies erhebliche Rückwirkungen auf die Absatzchancen von Leistungserbringern im Gesundheitsbereich haben.
Genauso wie niemand einen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages hat - von hier nicht in Betracht kommenden allgemeinen Vorschriften über den Kontrahierungszwang oder von hier nicht geltend gemachten kartellrechtlichen Vorschriften (z.B. §§ 19, 20 GWB n.F.) abgesehen - , hat er einen Anspruch darauf, dass Dritte bei dem Abschluss eines Vertrages seinen Belangen Rechnung tragen. Etwaige Divergenzen über die Auslegung dieses Vertrages sind damit allein zwischen den Vertragsparteien auszutragen. Auch für die private Krankenversicherung gilt nichts anderes. Wie bereits ausgeführt, sind die Parteien bei der Ausgestaltung des Krankenversicherungsvertrages frei..
bb) Allerdings hat der Bundesgerichtshof (NJW 1999, 279) bestimmte Äußerungen eines Haftpflichtversicherers über seine - rechtswidrige - Regulierungspraxis von Verkehrsunfallschäden bei der Anmietung von Ersatzfahrzeugen als unmittelbaren Eingriff in den Gewerbebetrieb der davon betroffenen Unternehmen (dort: Autovermieter) angesehen. Damit kann die vorliegende Fallgestaltung jedoch nicht verglichen werden.
Zum Einen hat der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung es nicht beanstandet, dass der Versicherer über seine Rechtsauffassung informiert hat, vielmehr lediglich die konkrete Art und Weise der "Information" untersagt, die er als unzulässigen Eingriff in eine bereits bestehende und hinzunehmende Vertragsbeziehung sowie als planmäßigen gezielten Angriff gegen die Autovermieter ansah. Ein Vertrag zwischen der Klägerin zu 2. und dem Patienten über die zahnärztlichen Leistungen bestand noch nicht, die Kostenvoranschläge dienten lediglich der Vorbereitung eines etwaigen Vertragsschlusses, etwas anderes hätte auf Grund des Versicherungsvertrages auch gegen die Obliegenheiten des Patienten verstoßen. Zum Anderen betraf der Fall des Bundesgerichtshofs nicht vertragliche Ansprüche des Versicherungsnehmers, sondern gesetzliche Ansprüche des Unfallgeschädigten gemäß § 3 Nr. 1 PflVG i.V.m. §§, 823, 249 BGB, §§ 7, 18 StVG.
4.
Auch Ansprüche gemäß § 824 BGB stehen den Klägern nicht zu. Dabei kann offenbleiben, ob und inwieweit die beanstandeten Äußerungen "kreditgefährdend" sind.
a) Soweit die Kläger rügen, die Beklagte lege den Begriff des "niedergelassenen Zahnarztes" im Sinne des § 4 Abs. 2 MB/KK falsch aus, handelt es sich dabei nicht um eine Tatsache im Sinne des § 824 BGB.
Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oderGegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des menschlichen Seelenlebens (BGH NJW 1998, 1223). Dies ist bei dem Streit der Parteien darüber, wie ein in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltener Begriff auszulegen ist, nicht der Fall; dabei handelt es sich vielmehr um eine Rechtsfrage (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 133 Rdnrn. 29, 39; § 5 AGBG Rdnr. 7).
Betroffen von der angegriffenen Äußerung ist im Übrigen lediglich die Klägerin zu 2., dagegen nicht der Kläger zu 1.
b) Die Kläger möchten ausweislich der Begründung ihrer Schriftsätze unter dem Klageantrag zu 1.b) die Äußerung in dem Sinne angreifen, dass die Klägerin zu 2. - nicht der Kläger zu 1. - (nach außen hin) die Zahnheilkunde ausübe (und damit Vertragspartner der Patienten werde).
Es handelt sich bei dieser Frage ebenfalls nicht um eine Tatsache im Sinne des § 824 BGB. Die Parteien streiten nicht um die tatsächlichen Grundlagen, die bei einer Würdigung nach § 164 Abs. 1 BGB zu beachten wären, sondern um das Ergebnis der Würdigung.
Zudem trifft die Auffassung der Beklagten zu. Dass die Heilbehandlungsverträge der Patienten mit der Klägerin zu 2. geschlossen werden sollen, ergibt sich eindeutig aus den vorgelegten Kostenvoranschlägen vom 09. Januar 2001 (Bl. 47 - 52 GA), die auf den Namen der Klägerin zu 2. lauten. Die Patienten sollten sich zur Zahlung des Betrages an diese auf deren Bankkonto verpflichten - jedenfalls den Voranschlägen zufolge. Demzufolge sollte die Klägerin zu 2., nicht der Kläger zu 1. Vertragspartner des Patienten werden. Dass es sich in Wirklichkeit anders verhält, dass vielmehr der Kläger zu 1. Inhaber der Praxis ist, mit ihm persönlich die Behandlungsverträge geschlossen werden sollten und er sich lediglich für organisatorische Fragen der Klägerin zu 2. als seiner Erfüllungsgehilfin (§ 278 BGB) bedient, ist nicht konkret vorgetragen worden; zudem wird nichts dazu dargetan, wie dies dem Patienten - trotz der anderslautenden ihm überreichten schriftlichen Unterlagen - erkennbar sein sollte, womit eine tatsächlich andersartige Gestaltung im Rahmen der Würdigung gemäß § 164 Abs. 1 BGB unerheblich wäre.
5.
Schließlich stehen auch Ansprüche aus § 826 BGB den Klägern nicht zu. Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Kläger scheidet bereits deswegen aus, weil die Beklagte eine zumindestens vertretbare Auslegung von Vertragsklauseln geltend macht.
Die h.M. in Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 1978, 589; OLG München VersR 1990, 614; LG Köln VersR 1992, 43; LG Mainz VersR 1992, 44; OLG Köln VersR 1992, 952; OLG Hamm VersR 1993, 427; OLG München VersR 1993, 428; OLG Düsseldorf VersR 1994, 207; OLG Karlsruhe VersR 1994, 1459) und Literatur (Bach/Moser, a.a.O., § 4 MB/KK Rdnrn. 21, 22; grundsätzlich so auch, allerdings mit Einschränkungen Prölls/Martin, VVG, 26. Aufl., § 4 MBKK 94 Rdnrn. 8 ff.; kritisch Taupitz VersR 1992, 1064; Dreher VersR 1995, 245) verlangt, dass der approbierte (Zahn-)Arzt sich öffentlich erkennbar zur Ausübung des ärztlichen Berufes in selbständiger Praxis bereit erklärt hat; ist eine juristische Person Praxisinhaberin, sind die für sie tatsächlich tätig werdenden (Zahn-)Ärzte nicht in selbständiger Praxis tätig.
Diese Auffassung ist durch die Rechtsprechung, mit der die Zulässigkeit einer Zahnbehandlungen als eigene vertragliche Leistungen anbietenden GmbH bestätigt worden ist (BGH NJW 1994, 787), nicht in Frage gestellt. Der Bundesgerichtshof betont vielmehr, dass sich neben den in eigener selbständiger Praxis niedergelassenen Zahnärzten (wegen der er auf die oben zitierte Rechtsprechung zur Auslegung des § 4 Abs. 2 MB/KK verweist) ein weiteres Berufsbild (nämlich der Ausübung zahnärztlicher Tätigkeit im Rahmen juristischer Personen) entwickelt habe.
Einwendungen werden gegen diese Auffassung unter dem Gesichtspunkt erhoben, dass sich bei GmbHs, deren Gesellschafter und Geschäftsführer nur approbierte (Zahn-)Ärzte seien, keine hinreichenden Unterschiede zu einer (Zahn-)Arzt-GbR oder -Partnerschaft feststellen ließen, deren Erstattungsfähigkeit im Rahmen des § 4 Abs. 2 MB KK nicht in Frage gestellt werde (vgl. Dreher VersR 1995, 245; Prölls/Martin, a.a.O., Rdnr. 11). Dagegen lässt sich einwenden, dass sich dies für den Krankenversicherer in zumutbarer Weise nicht überprüfen lässt. Ob die Leistungen von einem approbierten (Zahn-)Arzt erbracht werden, geht aus den Rechnungen oder Kostenvoranschlägen nicht hervor. Der Versicherer müsste zudem das Handelsregister einsehen und in die Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) Einblick nehmen. Gerade vor solchen Einzelfallprüfungen der Qualifikation des Heilbehandlers soll die Vorschrift des § 4 Abs. 2 MB KK den Versicherer bewahren. Anders als bei Krankenhäusern (vgl. BGH NJW 1978, 589) muss nicht bereits aus anderen Gründen eine Überpüfung des Leistungserbringers erfolgen.
Einer näheren Erörterung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Selbst wenn die Rechtsauffassung der Kläger zur Auslegung des § 4 Abs. 2 MB KK zutreffen sollte, handelte die Beklagte mit der Äußerung ihrer Auffassung nicht vorsätzlich sittenwidrig. Ihre Rechtsauffassung ist vertretbar. Die angegriffenen Äußerungen hielten sich zudem im Rahmen der der Beklagten zukommenden Überprüfung ihrer Leistungspflicht auf Grund des Krankenversicherungsvertrages und gingen nicht darüber hinaus.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) sind nicht ersichtlich.
Der Berufungsstreitwert wird auf Grund des wirtschaftlichen Interesses der Kläger an der Verfolgung der geltend gemachten Ansprüche auf 130.000,00 Euro festgesetzt. Aus den vorgelegten Kostenvoranschlägen ergibt sich, dass den Klägern je Patient ein erhebliches Honorarvolumen entgeht (beim Patienten Z. mehr als 33.000,00 DM, s. Bl. 47 - 52 GA). Bei der Beklagten handelt es sich um eine größere private Krankenversicherung. Die Kläger haben selbst in ihrer Klageschrift den Wert mit 250.000,00 DM beziffert, was angesichts der erheblichen im Raum stehenden Honorare je Patient sowie der Stellung der Beklagten nachvollziehbar ist.
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 22.10.2002
Az: I-20 U 89/02
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