Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Mai 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 153/99

(BPatG: Beschluss v. 08.05.2000, Az.: 30 W (pat) 153/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung angemeldet für die Waren "Arbeitsschutzhandschuhe gewirkt mit PVC-Noppen" ist die Bezeichnung GRIPPER.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit 2 Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft (im Erstbeschluß auch wegen eines Freihaltebedürfnisses) zurückgewiesen. GRIPPER sei auch im Deutschen als "Greifer" verständlich. Die beanspruchten Arbeitsschutzhandschuhe seien zum Greifen und Halten bestimmt. Die PVC-Noppen verhinderten ein unbeabsichtigtes Entgleiten der ergriffenen Gegenstände. Die Personifizierung von Gegenständen sei werbeüblich.

Die dagegen gerichtete Beschwerde hat die Anmelderin nicht begründet. Sie hat jedoch im Verfahren vor der Markenstelle eingehend zur Frage der Schutzfähigkeit Stellung genommen.

Sie beantragt erkennbar, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Ergänzend wird auf den Inhalt der beigezogenen Amtsakte verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie kann jedoch nicht zum Erfolg führen. Bei der angemeldeten Bezeichnung GRIPPER handelt es sich im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren um eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung ua der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung sowie zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren dienen können. Bei der angemeldeten Bezeichnung handelt es sich um eine derartige Angabe.

Das Wort GRIPPER ist englisch und bedeutet Greifer, Halter (siehe zB Langenscheidts Handwörterbuch Englisch; The Oxford English Dictionary 2nd Edition Volume VI - "One who or that which grips"). Greifer oder Halter kann - wie die Beispiele in der letztgenannten Fundstelle zeigen - eine Person oder auch ein Hilfsmittel, also ein Gerät oder ein Werkzeug sein. Es ist trotz seiner Fremdsprachigkeit für das hier maßgebene Publikum zumindest soweit verständlich, daß es nicht seine Eignung verloren hat, als Sachangabe zu fungieren. Die englischen Wörter gripper, grip und to grip stehen den entsprechenden deutschen Wörtern "Greifer, Griff" und "greifen" nämlich auch jetzt noch klanglich nahe und haben dieselbe Sprachwurzel, wie Vorgänger des Wortes greifen belegen (s Kluge, Etymologisches Wörterbuch - grifen, grifan, gripan, greipar, greipan, gripan uam). Darüber hinaus finden sich in der deutschen Sprache vereinzelt Bezeichnungen, die dem englischen Wort gripper noch heute sehr nahe kommen oder sogar entsprechen. Griper heißt in der Seemannssprache ein kleiner vierarmiger Anker (s Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl, Bd 4). Die Bezeichnung geht nach dieser Fundstelle auf das niederdeutsche Wort gripen (= greifen) zurück. Eine Zange mit einer Arretiervorrichtung zum (Fest-)Halten von Gegenständen wird allgemein mit Gripzange bezeichnet (siehe zB Katalog der Firma Westfalia, 1998 S 84). Der Griff eines Tennisschlägers wird mit einem Grip-Band umwickelt, um ein Abrutschen der Hand zu verhindern. Im KFZ-Bereich bezeichnet "Grip" die Griffigkeit (Bodenhaftung) von Reifen (siehe zB Brockhaus Enzyklopädie, 20. Aufl, Bd 9). In der (gröberen) Umgangssprache bedeutet "Grips" Verstand (das Vermögen geistigen Begreifens; s Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm Bd 4, 1935). Durch diese Beispiele wird belegt, daß der Sinn des englischen Wortes gripper sich auch ohne spezielle Englischkenntnisse erfassen läßt.

Im Zusammenhang mit den für die Anmeldung beanspruchten Waren "Arbeitsschutzhandschuhe gewirkt mit PVC-Noppen" kann "gripper" eine wesentliche Eigenschaft bezeichnen und ist daher freihaltebefürftig. Arbeitsschutzhandschuhe werden bei Tätigkeiten eingesetzt, bei denen mit den Händen Gegenstände ergriffen und/oder gehalten werden. Beim Greifen/Halten ermöglichen solche Handschuhe - wenn sie mit (PVC-Noppen) versehen sind - uU einen sichereren bzw festeren Griff, als dies mit der bloßen Hand oder einem Handschuh ohne Noppen oä möglich wäre. Abgesehen von ihrer Schutzfunktion gegenüber Verletzungen bzw gegenüber Schmutz sind sie somit für den Greifvorgang und für das (Fest-)Halten echte, bei speziellen Arbeiten gegebenenfalls auch unverzichtbare Hilfsmittel und können daher ebenso als Greifer bzw gripper bezeichnet werden wie andere demselben Zweck dienende Hilfsmittel. Dem steht insbesondere nicht entgegen, daß ein Handschuh zum selbständigen Greifen nicht in der Lage ist. Dies wird auch bei einer Gripzange oder anderen Greif- oder Haltevorrichtungen nicht vorausgesetzt. Auch beim Tennisspielen wird ein Schläger verwendet, der nicht selbst schlägt. Ein Schuh wird umgangssprachlich als Treter bezeichnet (s zB Rechtschreibduden 21. Aufl), obwohl er auch nur den tretenden (iSv schreitenden) Fuß bekleidet.

Die angemeldete Marke ist deshalb als eine wesentliche Eigenschaft beschreibende Sachangabe wegen eines Freihaltebedürfnisses der Mitbewerber vom Schutz als Marke ausgeschlossen. Es kann bei dieser Sachlage dahinstehen, ob es ihr darüber hinaus an der für eine Marke erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Dr. Buchetmann Sommer Schwarz-Angele Na/Hu






BPatG:
Beschluss v. 08.05.2000
Az: 30 W (pat) 153/99


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