Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Juli 2003
Aktenzeichen: 20 W (pat) 73/02
(BPatG: Beschluss v. 02.07.2003, Az.: 20 W (pat) 73/02)
Tenor
Der Beschluß des Patentamts vom 27. August 2002 wird aufgehoben und das Patent erteilt.
Bezeichnung: Verfahren und Vorrichtung zur Echokompensation in Übertragungssystemen Anmeldetag: 21. Mai 1993.
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 2 Blatt Beschreibung, Spalten 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 4 Blatt Zeichnungen (Figuren 1, 2, 3a, 3b, 4), gemäß Offenlegungsschrift.
Gründe
I Die Anmeldung wurde zurückgewiesen, weil die Ansprüche 1 und 2 keine klare technische Lehre vermittelten. Es sei aus ihnen nicht entnehmbar, wie die Korrektursignale gebildet werden.
Die Anmelderin beantragt wie entschieden.
Der Anspruch 1 lautet:
"1. Verfahren zur Echokompensation in Übertragungssystemen, bei dem zur selbsttätigen Identifikation der Übertragungseigenschaften der echoerzeugenden Systemmerkmale zur Schätzwertbildung (ZC) für das Echo (Z) mit Hilfe implementierbarer adaptiver NLMS - (Normalized Least Mean Square) Algorithmen eine Impulsantwort gebildet wird, welche die N Koeffizienten eines zur Systemnachbildung verwendbaren adaptiven Transversalfilters (HC) enthält, die in regelmäßigen Zeitabständen (Abtasttakt) nach Dekorrelieren der Eingangssignale (IN) mittels eines einen dekorrelierten Eingangssignalvektor (U1) erzeugenden ersten Dekorrelationsfilters (E1) durch einen Koeffizientenabgleich neu eingestellt werden und bei dem der jeweils ermittelte Schätzwert (ZC) für das Echo (Z) vom Echo (Z) des Übertragungssystems (H) subtrahiert wird, wobei von einem zweiten Dekorrelationsfilter (F2) eine Aktualisierungsgröße (U2) für den genauen Koeffizientenabgleich des adaptiven Transversalfilters (HC) erzeugt und entsprechend dem NLMS-Algorithmus mit dem dekorrelierten Eingangssignalvektor (U1) in einer Update-Einrichtung (UPD) verknüpft wird, dadurch gekennzeichnet, daß fortlaufend Korrektursignale (; 1, ...M) gebildet und zu dem als Subtraktionsergebnis erhaltenen und in der Folge mit den Koeffizienten (a1, ...aM) des zweiten Dekorrelationsfilters (F2) transformierten Fehlersignals (E) an Stellen (So; S1, ... SM) des zweiten Dekorrelationsfilters (F2) addiert werden, und daß die Korrektursignale (; 1, ...M) aus dem Eingangssignal (IN), den Koeffizienten (a1, ... aM) des zweiten Dekorrelationsfilters (F2) und einer in der Update-Einrichtung (UPD) gebildeten Größe () gebildet werden."
Der Anspruch 2 lautet:
"2. Vorrichtung eingerichtet zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1."
Folgende Entgegenhaltungen haben in der mündlichen Verhandlung eine Rolle gespielt:
(4) AT E 30 821 B,
(12) US 4 672 665,
(15) The Transactions of the IECE of JAPAN, Vol. E 62, No. 12, Dezember 1979, S 851 bis 857.
II Der Anspruch 1 ist gewährbar, sein Gegenstand patentfähig.
1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gilt als neu.
Die lineare Echoverzerrung nach (12) und (15) stimmt lediglich in den Verfahrensschritten nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 mit der Erfindung überein. Das zweite Dekorrelationsfilter 5, 8 bzw LP, TDL dekorreliert nicht das am Subtrahiererausgang anstehende Fehlersignal, sondern das Echo ((12) Fig 1, (15) Fig 2). Oder aber, wenn dem zweiten Dekorrelationsfilter ein Vorhersagefehlersignal zugeführt wird, so liefert es keine Aktualisierungsgröße für die Update-Einrichtung 27, sondern das Fehlersignal am Ausgang 19 ((12) Fig 2).
Der adaptive Echokompensator nach (4) bestimmt die Koeffizienten des zur Systemnachbildung verwendeten Transversalfilters 110 nicht aus Vorhersagefehlern für das Eingangssignal - ein dekorreliertes Eingangssignal -, sondern aus dem Eingangssignal (Fig 1).
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
Wenn der Fachmann bei der Echoentzerrung nach (15) dem zweiten Dekorrelationsfilter LP, TDL das Fehlersignal e (t) zuführte und die dekorrelierte Ausgangsgröße, mit einer geeigneten Korrektur versehen, als Aktualisierungsgröße der Update-Einrichtung CL zuführte, so würde letztlich immer noch die Maßnahmen fehlen, erfolgsbedingend die Korrektursignale der Lehre des Anspruchs 1 gemäß zu erzeugen.
Die Entgegenhaltung (4) zeigt zwar einen Korrektursignalgenerator 114. Als Eingangsgröße dienen dabei aber nur das Eingangssignal Xj-1 und das Fehlersignal ej. Er erzeugt lediglich eine Aktualisierungsgröße für die Echonachbildung 110, stellt somit eine Update-Einrichtung dar, die einen Koeffizientenabgleich mit Hilfe des Fehlersignals und des Eingangssignals vornimmt. Mit Dekorrelierung hat dies nichts zu tun.
Die übrigen im Prüfungsverfahren noch genannten Entgegenhaltungen bringen nicht mehr als die abgehandelten.
3. Die Anmeldung genügt PatG § 34.
Der Anspruch 1 gibt die entscheidende Richtung an. Die Angaben, die der Fachmann zur Ausführung der Erfindung benötigt, müssen nicht im Patentanspruch enthalten sein. Es genügt, wenn sie sich aus dem Inhalt der Anmeldung ergeben (BGH GRUR 2003, 223 - Kupplungsvorrichtung II).
Die Erfindung ist in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann. Die Beschreibung läßt erkennen, wie er die Korrektursignale bilden kann.
Die Addition mit dem dekorrelierten Fehlersignal E zeigen ihm Fig 2, 3a und 3b.
Wie man die Korrektursignale gewinnen kann, zeigt Fig 4. Die hierfür nötigen Eingangsgrößen, nämlich das Eingangssignal in Form der Kurzzeit-AKF-Werte rµ, , die Koeffizienten a1, ... aM des zweiten Dekorrelationsfilters und die Größe ergeben sich aus der ursprünglichen Anmeldungsbeschreibung und dem Fachwissen, das anhand der in ihr am Anmeldetag dargestellten Literaturstelle (15) belegt ist.
Die Kurzzeit-AKF-Werte rµ, werden aus dem Eingangssignal berechnet (Sp 3 Z 45 bis 48). Die Koeffizienten a1, ... aM liefert der NMLS-Algorithmus durch lineare Vorhersage ((15) Teil LP, Abschnitt 2.2). Dabei wird in der Update-Einrichtung die Größe gemäß Gleichung (5) ((15) S 852) erzeugt, um entsprechend dem NMLS-Algorithmus den Update-Vektor hj+1 für das Transversalfilter zu erhalten (Offenlegungsschrift Sp 3 Z 39 bis 44).
4. Der Anspruch 2 ist gleichfalls gewährbar.
Das oben Gesagte gilt sinngemäß auch für ihn. Durch die auf den Anspruch 1 bezugnehmende Zweckangabe wird mittelbar umschrieben, daß die Vorrichtung derart im einzelnen ausgebildet ist, daß sie alle im Verfahrensanspruch 1 im einzelnen angegebenen Funktionen ausführen kann (BPatGE 40, 219).
Dr. Anders Obermayer Martens Dr. Zehendnerbr/Be
BPatG:
Beschluss v. 02.07.2003
Az: 20 W (pat) 73/02
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