Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 13. April 1994
Aktenzeichen: 6 U 152/93
(OLG Köln: Urteil v. 13.04.1994, Az.: 6 U 152/93)
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 23. März 1993 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 0 677/92 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Gründe
E N T S C H E I D U N G S G R Ó N
D E
Die Berufung ist zulässig; insbesondere
bestehen an der Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Köln keine
Bedenken, nachdem der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung
vom 11. März 1994 klargestellt hat, daß er seinen
Unterlassungsanspruch nicht auf das Gesetz gegen
Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) stützt.
Die Berufung hat jedoch in der Sache
keinen Erfolg.
Der Antrag auf Erlaß einer
einstweiligen Verfügung ist zulässig; entgegen der Auffassung der
Antragsgegnerin war nämlich das Landgericht Köln zur Entscheidung
über diesen Antrag zuständig, da der Rechtsweg zu den ordentlichen
Gerichten gegeben ist (§ 13 GVG).
Der Senat ist trotz der Regelung des §
17 a Abs. 5 GVG im vorliegenden Fall nicht gehindert, die
Rechtswegzuständigkeit auch in der Berufungsinstanz zu prüfen.
§ 17 a GVG ist nach überwiegender
Auffassung (Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 53. Aufl. § 17 a GVG
Rdn. 5; Zöller/Gummer, Zivilprozeßordnung, 18. Aufl., vor §§ 17 bis
17 b GVG Rdn. 12; Kissel, Gerichtsverfassungsgesetz, 2. Aufl., §
17 a GVG Rdn. 24 m.w.N.) auch im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes anwendbar. Hierfür spricht zum einen der
Beschleunigungszweck des § 17 a Abs. 2 bis 4 GVG, der auch im
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zum Tragen kommt (OVG
Berlin NVwZ 1992, 685, 686), zum anderen auch der Wortlaut des § 17
Abs. 2 GVG, da hier neben dem Kläger auch der Antragsteller
genannt ist.
Auch wenn demnach die Regelung des § 17
a Abs. 5 GVG im einstweiligen Verfügungsverfahren Anwendung findet,
hat der Senat die Rechtswegzuständigkeit vorliegend zu prüfen, da
das Landgericht das in § 17 a GVG vorgesehene Verfahren nicht
eingehalten hat. Gemäß § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG hätte das
Landgericht über den Rechtsweg vorab entscheiden müssen, da die
Antragsgegnerin schon erstinstanzlich die Zulässigkeit des
Rechtswegs gerügt hatte. Nach der amtlichen Begründung des
Gesetzesentwurfs (BT-Drucksache 11/7030, S. 36 ff.) bildet die in
§ 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG den Parteien eröffnete Möglichkeit, eine
- anfechtbare - Vorabentscheidung über die Rechtswegfrage
herbeizuführen, das notwendige Korrelat dafür, daß die Parteien
später die in der Sache ergehende Entscheidung gemäß § 17 a Abs. 5
GVG nicht mehr mit der Begründung anfechten können, der Rechtsweg
sei nicht zulässig. Deswegen ist das Rechtsmittelgericht dann
nicht nach § 17 a Abs. 5 GVG von der eigenen Prüfung der
Rechtswegzuständigkeit ausgeschlossen, wenn das erstinstanzliche
Gericht unter Verstoß gegen § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG in der
Hauptsache entschieden und den zu ihm beschrittenen Rechtsweg
bejaht hat, ohne zuvor durch Beschluß über die Zulässigkeit des
Rechtswegs zu entscheiden (so: BGH NJW 1993, 1799; BGH NJW 1993,
388; vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Albers a.a.0. Rdn. 16; Kissel
a.a.0. Rdn. 24).
Das Landgericht hat in dem
angefochtenen Urteil jedoch zu Recht festgestellt, daß der
Rechtsweg zu den ordentlichen Zivilgerichten gemäß § 13 GVG
gegeben ist. Wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung fehlt,
richtet sich die Einordnung einer Streitigkeit als öffentlich- oder
bürgerlichrechtlich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus
dem der Klageanspruch hergeleitet ist, wobei nicht nur die
Anspruchsgrundlage, auf die sich der Antragsteller beruft, sondern
vielmehr die Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag
des Antragstellers darstellt, entscheidend ist (GmS-OGB, BGHZ 102,
280; BGHZ 108, 284, 286).
Bei dieser Beurteilung kommt es
vorliegend auf das Rechtsverhältnis zwischen der Antragsgegnerin
und den (möglicherweise) in ihrem Wettbewerb betroffenen Optikern
an, da der Antragsteller, der seine Antragsbefugnis auf § 13 Abs.
2 Nr. 2 UWG stützt, zur Begründung seines Antrags vorträgt, durch
die streitgegenständliche Veröffentlichung verzerre die
Antragsgegnerin den Wettbewerb zwischen den ortsansässigen Optikern
und benachteilige diejenigen, die in der Veröffentlichung nicht
genannt seien.
Die Antragsgegnerin und die
(möglicherweise) betroffenen Optiker stehen weder in einem
hoheitlichen Verhältnis der Óber- und Unterordnung zueinander, noch
wird das Rechtsverhältnis zwischen ihnen, aus dem der
geltendgemachte Anspruch hergeleitet wird, von
öffentlichrechtlichen Normen beherrscht. Im Vordergrund des
geltend gemachten Unterlassungsanspruchs steht vielmehr mit dem
behaupteten Eingriff in den Wettbewerb Dritter ein Sachverhalt, der
grundsätzlich nach bürgerlichem Recht zu beurteilen ist (vgl.
Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 6. Aufl., Kapitel 45
Rdn. 1 m.w.N.).
Hieran ändert auch nichts, daß gemäß §
51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB die Sozialgerichte über Streitigkeiten
entscheiden, die in Angelegenheiten nach dem SGB V aufgrund von
Entscheidungen oder Verträgen der Krankenkassen entstehen, auch
soweit durch diese Angelegenheiten Dritter betroffen werden.
Auch wenn durch die Ànderung von § 51
SGG durch Art. 32 des Gesundheitsreformgesetzes vom 20. Dezember
1988 (BGBl I. 2477) die Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte
erweitert sein sollte (so: Meyer-Ladewig, SGG, 4. Aufl., § 51 Rdn.
36), führt dies jedenfalls nicht dazu, daß grundsätzlich die
Streitigkeiten, die nach der Natur des Rechtsverhältnisses
bürglichrechtlich sind, von § 51 Abs. 2 SGG erfaßt werden, nur
weil die Antragsgegnerin eine Krankenkasse ist (vgl.
Großkommentar/Jacobs UWG, 1993, vor § 13 Abschnitt D Rdn. 37;
Teplitzky a.a.0. Rdn. 2).
Darüber hinaus ist § 51 Abs. 2 Satz 1
Nr. 3 SGG vorliegend schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar, da
sich der Antragsteller nicht gegen Entscheidungen der
Antragsgegnerin oder gegen die zwischen ihr und bestimmten Optikern
geschlossenen Verträge wendet. Der Antragsteller greift vielmehr
eine - nach seiner Ansicht - wettbewerbsrechtlich unzulässige
Veröffentlichung an, die aufgrund ihrer konkreten Gestaltung den
Wettbewerb einzelner Optiker zu Lasten anderer Optiker fördere, da
der unbefangene Leser aufgrund der konkreten Aufmachung der
Veröffentlichung davon ausgehe, er könne nur sparen, wenn er bei
den von der Antragsgegnerin benannten Optikern Sehhilfen kaufen
würde.
Auch wenn die von der Antragsgegnerin
geschlossenen Verträge Anlaß für die Veröffentlichung waren, ist
die vorliegende Streitigkeit nicht aufgrund der Verträge
entstanden, sondern allein auf einem durch die Veröffentlichung
begangenen Eingriff in den Wettbewerb Dritter.
Auch die Tatsachen, daß die
Antragsgegnerin gemäß § 127 Abs. 3 SGB V ermächtigt ist, die von
ihr mit Leistungserbringern im Sinne von § 127 Abs. 2 SGB V
geschlossenen Verträge zu veröffentlichen, und sie sich in den
Verträgen selbst zu einer Veröffentlichung verpflichtet hat, führen
zu keinem anderen Ergebnis.
Der Senat braucht nicht darüber zu
entscheiden, ob eine Veröffentlichung der Antragsgegnerin, die
lediglich die Tatsache von Vertragsabschlüssen und deren Inhalt
wiedergibt, von § 127 Abs. 3 SGB V gedeckt ist, weil hierdurch die
Versicherten und Àrzte über preisgünstige Versorgungsmöglichkeiten
und über Leistungserbringer informiert werden, und ob eine
derartige Veröffentlichung gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG den
Sozialrechtsweg eröffnet, denn dieser Teil der Veröffentlichung
wird von dem Antragsteller nicht angegriffen. Beanstandet wird
lediglich die konkrete Form der Verlautbarung, die - nach
Auffassung des Antragstellers - dem unbefangenen Leser suggeriert,
bei nicht genannten Mitbewerbern wäre eine so angepriesene
preisgünstige Versorgungsmöglichkeit nicht zu erreichen. Damit
verläßt die Antragsgegnerin jedenfalls den Bereich der ihr durch
das SGB eingeräumten Befugnisse und greift unmittelbar in den
Wettbewerb Dritter ein, so daß sie ihr Verhalten auch nach den
Maßstäben des Wettbewerbsrechts in einer bürgerlichrechtlichen
Streitigkeit beurteilen lassen muß.
Die Unzuständigkeit des Landgerichts
Köln ergibt sich - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin -
auch nicht aus § 937 Abs. 1 ZPO. Zwar hat die Antragsgegnerin
schon am 2. Dezember 1992 eine Hauptsacheklage vor dem
Sozialgericht Frankfurt erhoben, mit der sie die Feststellung
begehrt, daß sie berechtigt ist, in sämtlichen Mitteilungen,
insbesondere in der Zeitschrift "... " Namen von Augenoptikern zu
veröffentlichen, die Brillen und Kontaktlinsen ohne Zuzahlung an
Versicherte abgeben; dies führt jedoch nicht dazu, daß das
Sozialgericht Frankfurt auch für den vorliegenden Antrag auf Erlaß
einer einstweiligen Verfügung zuständig ist.
Zunächst ist der Streitgegenstand der
beiden Verfahren nicht identisch, da die Antragsgegnerin in dem
Verfahren vor dem Sozialgericht lediglich festgestellt wissen
will, daß sie grundsätzlich berechtigt ist, Namen von
Leistungserbringern zu veröffentlichen, mit denen sie Verträge
abgeschlossen hat. Hingegen bedarf diese Frage im vorliegenden
Verfahren gerade keiner Entscheidung, da es lediglich um die
Beurteilung geht, ob eine Verlautbarung, die nur u.a. auch Namen
von Optikern wiedergibt, die Brillen und Kontaktlinsen ohne
Zuzahlung abgeben, durch ihre konkrete Aufmachung und Gestaltung
in den Wettbewerb Dritter eingreift.
Darüber hinaus bestehen nach Auffassung
des Senats auch Bedenken, § 937 ZPO bei der Prüfung der
Rechtswegzuweisung überhaupt anzuwenden, da es sich um eine Norm
handelt, die die Zuständigkeit innerhalb der ordentlichen
Gerichtsbarkeit regelt, wenn der Rechtsweg zu den ordentlichen
Gerichten bereits gegeben ist. Jedenfalls kann hiernach ein
Gericht, dem bereits die Rechtswegzuständigkeit fehlt, - wie oben
für die Sozialgerichtsbarkeit festgestellt - nicht als
"Hauptsachegericht" zuständig werden (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 20.
Aufl. § 919 Rdn. 5; Thomas/Putzo, ZPO, 18. Aufl., § 919 Rdn.
3).
Schließlich kann die Antragsgegnerin
auch nicht mit Erfolg einwenden, daß jedenfalls dann eine Ausnahme
zu machen sei, wenn das in der Hauptsache angerufene Gericht auch
Möglichkeiten für einen einstweiligen Rechtsschutz bieten könnte.
Abgesehen davon, daß dies vom Ansatz her schon bedenklich
erscheint, da es eine Verquickung der Fragen des Rechtswegs und der
Zuständigkeit innerhalb eines Rechtswegs darstellt, sieht das
Sozialgesetzbuch gerade einen solchen vorläufigen Rechtsschutz
nicht vor, da die Vorschriften des 8. Buchs der Zivilprozeßordnung
im Sozialgerichtsverfahren nicht anwendbar sind. Für eine
entsprechende Anwendung dieser Vorschriften ist angesichts der
eindeutigen gesetzlichen Regelung kein Raum.
Der geltendgemachte
Unterlassungsanspruch ist auch begründet. Das Landgericht hat zu
Recht mit der angefochtenen Entscheidung seine im Beschlußweg
erlassene einstweilige Verfügung vom 7. Dezember 1992
bestätigt.
Dem Antragsteller steht gegenüber der
Antragsgegnerin ein Anspruch, die Benennung von Optikern in der
konkreten Form der angegriffenen Veröffentlichung in ihrem Magazin
"..." Nr. 6/92, Ausgabe ... zu unterlassen, aus § 13 Abs. 2 Nr. 2,
§ 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Mißbrauchs hoheitlicher
Machtstellung zu.
Die beanstandete Veröffentlichung führt
beim durchschnittlichen Leser zu der irrigen Vorstellung, nur bei
den in dem Artikel genannten Optikern könnte der Versicherte ohne
Zuzahlung Brillen erwerben, deren Kosten in vollem Umfang von der
Antragsgegnerin übernommen würden. Dieser Eindruck wird in erster
Linie durch die "blickfangmäßig" hervorgehobene Óberschrift der
Veröffentlichung "Unser Spartip: Brillen ohne Zuzahlung"
hervorgerufen. Der unbefangene Leser, dem ein Spartip seiner
Krankenkasse unter dieser Óberschrift empfohlen wird, erwartet im
folgenden Text eine Aufklärung, auf welche Weise er beim Kauf von
Sehhilfen sparen kann. Diese Aufklärung wird ihm in der
angegriffenen Veröffentlichung durch eine abschließende Liste von
fünf Anbietern geboten, die mit sämtlichen Filialen im
Verbreitungsgebiet des Magazins genannt werden. Da nur diese fünf
Anbieter als "Spartip" der Antragsgegnerin bezeichnet werden, gehen
die angesprochenen Verkehrskreise davon aus, daß sie auch nur dort
Sehhilfen erwerben können, deren Kosten von der Antragsgegnerin
voll übernommen werden. Dieser Eindruck wird durch den weiteren
Text in der streitgegenständlichen Veröffentlichung verstärkt, daß
mit diesen Anbietern insoweit Verträge abgeschlossen worden sind
oder daß diese zumindest verbindlich Zusagen gegeben haben.
Da unstreitig auch andere Optiker, die
in der beanstandeten Veröffentlichung nicht genannt sind, im
Verbreitungsgebiet des Magazins "..." zuzahlungsfreie Sehhilfen
anbieten, stellt der Artikel in seiner konkreten Form eine
Täuschung der Verbraucher dar.
Hierin liegt ein Verstoß gegen § 1 UWG,
da die Antragsgegnerin als öffentlichrechtliche Körperschaft und
Trägerin der gesetzlichen Sozialversicherung in einem von ihr
herausgegebenen Magazin einen "Tip" veröffentlicht, der von den
Versicherten als "Empfehlung" angesehen wird. Der
durchschnittliche Verbraucher faßt eine derartige Mitteilung von
"amtlicher" Stelle so auf, daß er Gefahr liefe, seine Sehhilfen
teilweise selbst bezahlen zu müssen, wenn er sich nicht an diese
"Empfehlung" halte.
Es verstößt gegen die guten Sitten,
wenn die öffentliche Hand ihre amtliche Autorität und die mit ihr
verbundene Vertrauensstellung zur Förderung eigenen oder fremden
Wettbewerbs durch Irreführung der Verkehrskreise mißbräuchlich
ausnutzt (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., § 1 UWG
Rdn. 937).
Auch wenn die Antragsgegnerin bei
Bekanntgabe der von ihr geschlossenen Verträge hoheitlich handelt,
stellt die Veröffentlichung gleichwohl eine Wettbewerbshandlung
dar, da es genügt, da der Handelnde den Wettbewerb eines Dritten
zum Nachteil anderer fördert (Baumbach/Hefermehl, a.a.0.
Einleitung UWG Rdn. 232, 247 m.w.N.).
Dadurch, daß die Antragsgegnerin in der
beanstandeten Veröffentlichung den Eindruck erweckt, nur bei den
angegebenen Optikern seien zuzahlungsfreie Sehhilfen zu erwerben,
ohne gleichzeitig darauf hinzuweisen, daß es auch andere Anbieter
gibt, fördert sie den Wettbewerb der von ihr genannten Anbieter zu
Lasten aller übrigen, die ebenfalls zuzahlungsfreie Brillen und
Kontaktlinsen anbieten.
Die Antragsgegnerin handelte auch in
Wettbewerbsabsicht; diese ist schon dann zu bejahen, wenn die
Absicht nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktritt
(Baumbach/Hefermehl, a.a.0. Einleitung UWG Rdn. 234 m.w.N.). Der
Annahme einer Wettbewerbsabsicht steht daher auch nicht entgegen,
daß die Antragsgegnerin durch die Veröffentlichung auch ihre
Versicherten informieren wollte. Die Veröffentlichung der
Vertragsabschlüsse gegenüber den Versicherten bietet für die
Leistungserbringer nämlich einen besonderen Anreiz zum Abschluß von
Festbetrags-Lieferverträgen, da sie sich dadurch eine Förderung
ihres Wettbewerbs versprechen. Die Antragsgegnerin setzt ihr
Informationsrecht gegen-über den Optikern auch bewußt zu diesem
Zweck ein. Das wird daraus ersichtlich, daß die Antragsgegnerin
sich gegenüber den Optikern in den Verträgen verpflichtet, ihre
Versicherten über die Vertragsabschlüsse zu informieren.
Die Antragsgegnerin kann sich auch
nicht mit Erfolg auf die Bestimmung des § 127 Abs. 3 SGB V berufen.
Durch diese Vorschrift wird sie zwar ermächtigt, ihre Versicherten
über Leistungserbringer zu informieren, die bereit sind, Sehhilfen
zum Festbetrag zu liefern; sie ist jedoch gleichwohl nach
wettbewerbsrechtlichen Vorschriften verpflichtet, eine solche
Information vollständig und zutreffend zu erbringen. Ist aber diese
Information - wie oben dargestellt - irreführend und nicht
vollständig, so daß einige Anbieter zu Lasten anderer Anbieter
begünstigt werden, so ist eine derartige irreführende Information
der Versicherten nicht mehr durch § 127 Abs. 3 SGB V gedeckt. Durch
die Ermächtigung des § 127 Abs. 3 SGB V ist sie vielmehr
verpflichtet, ihre Informationen besonders zutreffend und
vollständig zu erbringen, um jede Irreführungsgefahr
auszuschließen, da der Verkehr den Angaben öffentlicher Stellen in
besonderer Weise Vertrauen schenkt.
Die Kostenentscheidung der danach
erfolglosen Berufung der Antragsgegnerin beruht auf § 97 Abs. 1
ZPO.
Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO
mit der Verkündung rechtskräftig.
OLG Köln:
Urteil v. 13.04.1994
Az: 6 U 152/93
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